Urteil des OLG Koblenz vom 14.06.2007

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OLG
Koblenz
14.06.2007
10 U 1643/06
Wiedereinsetzung ist bei entschuldigter Versäumung eines Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu
gewähren, wenn die Berufungsbegründung noch bis zum Ablauf der Monatsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO n.F.
eingereicht wird. Darauf, dass nur eine kürzere Fristverlängerung beantragt wurde, kommt es nicht an, ebenso nicht
darauf, dass wegen beschränkter Einwilligung des Gegners dem Antrag nur teilweise hätte stattgegeben werden dürfen
und die hiernach zulässige Höchstfrist nicht gewahrt wurde (Fortführung von BGH, NJW 96, 1350).
Geschäftsnummer:
10 U 1643/06
15 O 407/05 LG Koblenz
in dem Rechtsstreit
1. Firma C. Beteiligungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer F. G., M. T. 25, K.,
2. C. AG, vertreten durch den Vorstand, M. T. 25, K.,
Beklagte und Berufungsklägerinnen,
-Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte K. und Partner, K. -
g e g e n
RA B. B. als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Fa. M. M. GmbH, F. 1, R.,
Kläger und Berufungsbeklagter,
-Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B. und Partner, R. -
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht W., die
Richterin am Oberlandesgericht S.-W. und die Richterin am Landgericht L.
am 14. Juni 2007
b e s c h l o s s e n :
Den Beklagten wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters
der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 3. November 2006 auf ihre Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gewährt.
G R Ü N D E :
Die Beklagten haben ihre Berufung nicht innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist begründet. Auf Antrag der
Beklagten wurde die Frist zur Berufungsbegründung mit Verfügung vom 9. Januar 2007 verlängert bis zum 8. Februar
2007. Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2007 haben die Beklagten beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung um eine
weitere Woche wegen krankheitsbedingter Abwesenheit des alleinigen Sachbearbeiters zu verlängern, und hierzu
erklärt, die Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten dieser Fristverlängerung telefonisch zugestimmt. Dieser
Schriftsatz wurde am späten Nachmittag des 8. Februar 2007 per Telefax an das Landgericht Koblenz übermittelt, wobei
sich jedoch aus der Anschrift ergab, dass er für das Oberlandesgericht Koblenz bestimmt war. Erst am 9. Februar 2007
wurde er an das Oberlandesgericht weitergeleitet.
Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2007 haben die Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die
Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Sie haben geltend gemacht und dargelegt, dass es lediglich auf
dem Versehen einer ansonsten zuverlässigen Angestellten beruhe, dass der Fristverlängerungsantrag nicht rechtzeitig
beim Oberlandesgericht eingegangen sei.
Die Berufung wurde mit einem weiteren Schriftsatz vom 15. Februar 2007 begründet.
Damit ist festzustellen, dass die Beklagten die Frist zur Berufungsbegründung versäumt haben.
Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO kann ihnen gewährt werden, weil sie glaubhaft
gemacht haben, dass sie im Ergebnis ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert waren.
Entschuldigungsgründe werden zwar lediglich dafür glaubhaft gemacht, dass der Antrag auf erneute Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist nicht rechtzeitig beim Oberlandesgericht eingegangen ist. Auch bei einem rechtzeitig
eingegangenen Antrag auf Verlängerung. der Berufungsbegründungsfrist entsprechend den gesetzlichen Vorgaben
hätten die Beklagten aber an sich die Berufungsbegründungsfrist versäumt.
Der gestellte Antrag entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben. Ihm hätte deshalb nicht in dem gewünschten Umfang
von einer Woche stattgegeben werden dürfen. Gemäß § 520 Absatz 1 Satz 2 ZPO bedarf die Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist, soweit sie über einen Monat hinausgeht, der Einwilligung des Gegners. Die Klägerin hat
hierzu unwidersprochen dargelegt, dass gegenüber der Bürovorsteherin der Prozessbevollmächtigten der Beklagten
nicht die Einwilligung für eine Fristverlängerung um eine ganze Woche, nämlich bis zum 15. Februar 2007, erteilt worden
war, sondern lediglich bis zum. 12. Februar 2007. Dieser nur beschränkten Einwilligung hätte der
Fristverlängerungsantrag der Beklagten Rechnung tragen müssen. Da er dies nicht getan hat, war er fehlerhaft. Insoweit
hätte auch bei einem rechtzeitig bei Gericht eingehenden Fristverlängerungsantrag eine Fristverlängerung nicht über
den 12. Februar 2007 hinaus gewährt werden dürfen.
Die Berufungsbegründung wurde jedoch erst mit Schriftsatz vom 15. Februar 2007 vorgelegt und damit auch unter
Überschreitung einer nach einem ordnungsgemäßen Fristverlängerungsantrag gesetzten Frist. Es ist seitens der
Beklagten auch weder dargetan, aus welchen Gründen fehlerhaft eine Fristverlängerung in einem Umfang beantragt
wurde, in welchen der Gegner nicht eingewilligt hatte, noch wurden Entschuldigungsgründe dafür vorgetragen, dass die
Berufungsbegründung zu einem Zeitpunkt eingereicht wurde, der nach dem Datum liegt, bis zu welchem die
Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit einer Fristverlängerung sich einverstanden erklärt hatten.
Auf den Umstand, dass bei rechtzeitigem Verlängerungsantrag mutmaßlich im Vertrauen auf die Erklärung der Beklagten
die Verlängerung um eine Woche gewährt worden wäre, könnten die Beklagten sich nicht stützen, da diese
Verlängerung auf rechtswidrige Weise erschlichen worden wäre.
Indes hat der Bundesgerichtshof entschieden (Beschluss vom 21. Dezember 1995 - VII ZB 17/95 -, NJW 1996 S. 1350),
dass für in derartigen Fällen dann, wenn die Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 1 ZPO erst nach dem Zeitpunkt
abläuft, bis zu dem eine Fristverlängerung beantragt war und erwartet werden konnte, die Einreichung der
Berufungsbegründung noch bis zum Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist genügt und in einem solchen Fall
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Der Senat geht davon aus, dass diese Entscheidung auch für
die Neufassung von § 234 Abs. 1 ZPO Geltung beansprucht, vorliegend also die Monatsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 2
ZPO n.F. maßgeblich ist, die gewahrt ist (Fristbeginn nach dem glaubhaften Vorbringen der Beklagten mit Kenntnis von
der Versäumung am 13. Februar 2007, Ablauf demnach am 13. März 2007). Auf die Einhaltung der zulässig beantragten
Verlängerung selbst (BGH a. a. 0.) kommt es hiernach also im Ergebnis nicht an.
Den Beklagten ist folglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 238 Abs. 4 ZPO.
W. S.W. L.