Urteil des OLG Koblenz vom 28.04.2011

OLG Koblenz: gehweg, fahrbahn, ampel, kollision, fahrrad, betriebsgefahr, quelle, sorgfalt, fahrzeug, kreuzung

OLG
Koblenz
28.04.2011
12 U 500/10
Aktenzeichen:
12 U 500/10
9 O 19/07 LG Mainz
Oberlandesgericht
Koblenz
Beschluss
In dem Rechtsstreit
1. …
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
2.
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
1. …
- Beklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
2. …
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am
OberlandesgerichtWünsch, die Richterin am OberlandesgerichtKagerbauer und den Richter am
OberlandesgerichtWiedner am 28.04.2011
- bezüglich der Berufung des Klägers zu 1. gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig-
beschlossen:
Die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Teil-Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts
Mainz vom 31.03.2010 wird zurückgewiesen.
Die Zurücknahme der Berufung durch die Klägerin zu 2. hat den Verlust des Rechtsmittels zur Folge.
Von den Gerichtskosten im Berufungsverfahren und von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2.
im Berufungsverfahren tragen der Kläger zu 1. 4/5 und die Klägerin zu 2. 1/5. Ihre eigenen
außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren tragen die Kläger selbst.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 551.788,80 € festgesetzt. Davon entfallen auf die
Berufung des Klägers zu 1. 450.000,00 €, auf die Berufung der Klägerin zu 2. 101.788,80 €.
Gründe:
Die Berufung des Klägers zu 1. hat keine Aussicht auf Erfolg. Auf den Beschluss des Senats vom 15.03.2011
wird Bezug genommen. Die Ausführungen des Klägers zu 1. in dem Schriftsatz vom 15.04.2011 führen
nicht zu einer anderen Beurteilung.
Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des
Landgerichts begründen, liegen nicht vor (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Damit besteht kein Anlass, im
Berufungsverfahren die Beweisaufnahme zu wiederholen oder zu ergänzen.
Der Senat geht daher davon aus, dass der Kläger zu 1. die Fahrbahn der …[Z] Straße vor der Kreuzung mit
der ...[Y] Straße bzw. dem …[X] Ring verlassen hat, auf dem Gehweg weiterge-
fahren und dann auf die ...[Y] Straße aufgefahren ist, um diese vor dem dort haltenden Lkw des Beklagten zu
1. zu überqueren. Auf der ...[Y] Straße ist der Kläger zu 1. im Bereich vor der Fußgängerfurt mit dem
anfahrenden Lkw des Beklagten zu 1. zusammengestoßen.
Die Tatsache, dass der Kläger zu 1. die Fahrbahn der ...[Z] Straße verlassen hat und auf dem Gehweg
weitergefahren ist, ergibt sich bereits aus der Aussage des Zeugen ...[A]. Der Zeuge hat angegeben, der
Kläger zu 1. sei vom Bürgersteig auf die Straße gefahren.
Auch der Zeuge ...[B] hat erklärt, der Kläger zu 1. sei rechts an seinem Auto vorbei und dann auf den
Bürgersteig gefahren. Bedenken gegen diese Aussage des Zeugen bestehen nicht. Der Kläger zu 1.
bezweifelt die Richtigkeit der Angaben dieses Zeugen, weil der Zeuge sich in dem Fahrzeug hinter dem Lkw
des Beklagten zu 1. befunden und von dort aus keine Sicht auf das Unfallgeschehen gehabt habe. Soweit
ersichtlich beziehen sich die Zweifel des Klägers zu 1. darauf, dass der Zeuge das unmittelbare
Unfallgeschehen im Frontbereich des Lkw des Beklagten zu 1. sehen konnte. Um diesen Bereich geht es
aber nicht, soweit in Frage steht, ob der Zeuge sehen konnte, dass der Kläger zu 1. von der Straße auf den
Gehweg gewechselt ist. Berücksichtigt man die vom Sachverständigen ...[C] angenommene Fahrlinie des
Klägers zu 1. (Skizzen 2 und 6 in der Anlage zum Gutachten vom 23.02.2009), so hat der Wechsel auf den
Gehweg vor der Baustellenabsperrung stattgefunden. Dass auch dieser Bereich für den Zeugen wegen des
vor ihm stehenden Lkw nicht einsehbar gewesen ist, ist nicht erkennbar und wird vom Kläger zu 1. wohl
auch nicht behauptet.
Die Darstellung des Klägers zu 1., er habe nicht den Gehweg benutzt, sondern habe neben dem Lkw des
Beklagten zu 1. auf der Fahrbahn gestanden, sei dann mit dem Beklagten zu 1. losgefahren und von diesem
erfasst worden, erscheint nach dem Gutachten des Sachverständigen ...[C] nicht nachvollziehbar. Der
Sachverständige hat ausgeführt, dass zwischen dem Anfahren des Beklagten zu 1. an der Ampel und der
Kollision über 10 Sekunden verstrichen seien; wenn der Kläger zu 1. zeitgleich mit dem Beklagten zu 1.
losgefahren sei, hätte er lange vor dem Beklagten zu 1. an der Kollisionsstelle sein müssen.
Im Hinblick auf diese Feststellung des Sachverständigen bestehen gegen die Aussagen des Zeugen ...[D],
er habe den Kläger zu 1. neben dem Lkw des Beklagten zu 1. gesehen, Bedenken. Der Zeuge hat sich im
Übrigen nicht festlegen können, ob sich der Kläger zu 1. auf der Fahrbahn oder auf dem Gehweg befunden
hat.
Steht damit fest, dass der Kläger zu 1. auf dem Gehweg gefahren ist, dann ist er im Weiteren von dem
Gehweg auf die ...[Y] Straße aufgefahren und hat versucht, vor dem LKW des Beklag-
ten zu 1. die ...[Y] Straße zu überqueren. Wie bereits in dem Beschluss des Senats vom 15.03.2011
dargestellt, hat der Kläger zu 1. sich mit dieser Fahrweise grob verkehrswidrig verhalten. Er ist extrem riskant
gefahren, als er außerhalb der Fußgängerfurt versucht hat, vor dem Lkw die Straße zu überqueren. Er ist
unter Verstoß gegen § 2 StVO mit seinem Fahrrad auf dem Gehweg gefahren. Bei dem Auffahren von dem
Gehweg auf die ...[Y] Straße hätte er gemäß § 10 StVO äußerste Sorgfalt walten lassen müssen. Statt dessen
ist er - wie sich aus den Aussagen der Zeugen ...[A] und ...[E] ergibt - auf die ...[Y] Straße gefahren, als die
Ampel für die Fußgänger, wegen der der Beklagte zu 1. angehalten hatte, wieder rot zeigte und daher mit
einem Wiederanfahren des Beklagten zu 1. zu rechnen war.
Demgegenüber fällt, wie ebenfalls im Beschluss vom 15.03.2011 ausgeführt, auf Seiten der Beklagten
lediglich die Betriebsgefahr des Lkw ins Gewicht. Dem Beklagten zu 1. kann keine Vorfahrtverletzung zur
Last gelegt werden, seine Alkoholisierung hat sich nicht ausgewirkt. Er konnte den Kläger zu 1. nicht
rechtzeitig sehen. Er musste auch nicht damit rechnen, dass ein Fahrradfahrer vor der Fußgängerfurt die
Fahrbahn überquert, obwohl die Ampel für die Fußgänger rot zeigt.
Im Ergebnis bleibt es dabei, dass gemäß den §§ 9 StVG, 254 BGB wegen der gravierenden Vorwürfe gegen
den Kläger zu 1. eine Haftung der Beklagten zu 2. ausscheidet.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
Die Kostenentscheidung bezüglich der Berufung des Klägers zu 1. beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zum Verlust des Rechtsmittels und die Kostenentscheidung bezüglich der Berufung der
Klägerin zu 2. beruhen auf § 516 Abs. 3 ZPO.
Wünsch
Kagerbauer
Wiedner
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Richterin
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht
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