Urteil des OLG Koblenz vom 22.11.2007

OLG Koblenz: geschäftsführer, gesellschaft mit beschränkter haftung, recht auf information, einstweilige verfügung, hauptsache, ablauf der frist, rechtliches gehör, informationsrecht, auskunft

Gesellschaftsrecht
OLG
Koblenz
22.11.2007
6 U 1170/07
1. Hat eine GmbH mehrere Geschäftsführer und besteht zwischen diesen eine Ressortverteilung, so steht
grundsätzlich jedem der Geschäftsführer das Recht auf Information über alle Angelegenheiten der Gesellschaft
zu, und zwar auch über diejenigen, die allein das Ressort eines Mitgeschäftsführers betreffen.
2. Das Informationsrecht eines Geschäftsführers wird in unzulässiger Weise eingeschränkt, wenn die
Gesellschaft ihm vorschreibt, Auskünfte und Unterlagen, die zum Ressort eines anderen Geschäftsführers
gehören, sich ausschließlich von diesem Mitgeschäftsführer, nicht aber von anderen Mitarbeitern der
Gesellschaft geben zu lassen.
3. Stört einer der Geschäftsführer durch die Art und Weise, wie er Mitarbeiter der Gesellschaft um Informationen
über das Ressort eines Mitgeschäftsführers ersucht, auf Dauer den Betriebsfrieden, so ist die Gesellschaft nicht
berechtigt, ihm jegliche Kommunikation mit den Mitarbeitern zu untersagen. Vielmehr steht ihr in diesem Fall als
Mittel zur Wiederherstellung des Betriebsfriedens grundsätzlich nur die Möglichkeit offen, den Geschäftsführer
von seinem Amt abzuberufen.
Geschäftsnummer:
6 U 1170/07
7 HK.O 110/07
LG Trier
Verkündet
am 22.11.2007
Wetzlar, Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle des
Oberlandesgerichts
OBERLANDESGERICHT
KOBLENZ
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
W… N…,
W… N…,
Verfügungskläger und Berufungskläger,
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
1. N… Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
2. F… N… als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der N… Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
Verfügungsbeklagte und Berufungsbeklagte,
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht
Sartor, den Richter am Oberlandesgericht Ritter und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Metzger
auf die mündliche Verhandlung vom 02.11.2007
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 02.08.2007 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer ‑ Kammer
für Handelssachen ‑ des Landgerichts Trier teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:
Die Verfügungsbeklagte zu 1) wird verpflichtet, dem Verfügungskläger bis zur entsprechenden Entscheidung in
der Hauptsache die
unbehinderte Ausübung seiner Informations-, Frage- und Einsichts-rechte als Geschäftsführer unmittelbar
gegenüber den Angestellten der N... GmbH & Co. KG Elektrotechnische Spezialfabrik für Industrie-
Schaltanlagen-Systeme (N... GmbH & Co. KG) zu gewähren und entgegenstehende Weisungen bis zur
Entscheidung in der Hauptsache außer Kraft zu setzen.
Der gegen die Verfügungsbeklagte zu 2) gerichtete, hilfsweise gestellte Antrag zu 2. (gemäß Antragsschrift vom
05.07.2007; in der Berufungsschrift: Antrag zu 3.) wird als unzulässig zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat bis 31.12.2007 beim Gericht der Hauptsache Klage zu erheben. Nach fruchtlosem
Ablauf der Frist wird auf Antrag die einstweilige Verfügung aufgehoben.
Die Berufung wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen den
Verfügungsbeklagten zu 2) richtet.
Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens werden wie folgt
verteilt:
Der Verfügungskläger und die Verfügungsbeklagte zu 1) tragen die Gerichtskosten je zur Hälfte. Der Kläger trägt
die außergerichtlichen Kosten des
Verfügungsbeklagten zu 2) sowie seine eigenen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte. Die Verfügungsbeklagte
zu 1) trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Verfügungsklägers.
Gründe
I.
Der Verfügungskläger ist neben seinem Sohn, dem Verfügungsbeklagten zu 2), Geschäftsführer der
Verfügungsbeklagten zu 1) und verlangt von dieser, hilfsweise vom Verfügungsbeklagten zu 2), die Aufhebung
einer Weisung, durch die der Verfügungskläger daran gehindert wird, Informationen über Angelegenheiten der
Gesellschaft von den Mitarbeitern des Unternehmens einzuholen.
Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist Komplementärin der N... GmbH & Co. KG Elektrotechnische Spezialfabrik für
Industrie-Schaltanlagen-Systeme (im Folgenden: N... GmbH & Co. KG). Ihr alleiniger Gesellschafter ist der
Verfügungsbeklagte zu 2). Der Verfügungskläger und der Verfügungsbeklagte zu 2) sind untereinander
zerstritten. In einer Vereinbarung vom 28.08.2006 haben sie unter Abänderung des Gesellschaftsvertrages der
GmbH und des Geschäftsführeranstellungsvertrages des Verfügungsklägers u. a. vereinbart, dass die operative
Geschäftsführung allein dem Verfügungsbeklagten zu 2) zustehe und der Verfügungskläger als Geschäftsführer
„auf den repräsentativen Bereich beschränkt“ sei.
Der Verfügungsbeklagte zu 2) hat die Mitarbeiter der N... GmbH & Co. KG angewiesen, dem Vater auf dessen
Anforderung keine Informationen über Angelegenheiten der Gesellschaft zu erteilen, und hat diesen aufgrund
entsprechenden Gesellschafterbeschlusses abgemahnt mit der Aufforderung, die unmittelbare Kommunikation
mit den Mitarbeitern zu unterlassen.
Der Verfügungskläger hat vorgetragen, ihm lägen gewichtige Indizien dafür vor, dass es in der N... GmbH &
Co. KG zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Zur Überprüfung dieses Verdachts sei er u. a. auf Informationen
seitens der Mitarbeiter des Unternehmens angewiesen.
Der Verfügungskläger hat beantragt,
1. die Verfügungsbeklagte zu 1) zu verpflichten, dem Verfügungskläger bis zur entsprechenden Entscheidung
in der Hauptsache die unbehinderte Ausübung seiner Informations-, Frage- und Einsichtsrechte als
Geschäftsführer unmittelbar gegenüber den Angestellten der N... GmbH & Co. KG Elektrotechnische
Spezialfabrik für Industrie-Schaltanlagen-Systeme (N... GmbH & Co. KG) zu gewähren und entgegenstehende
Weisungen bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Kraft zu setzen;
hilfsweise,
2. den Verfügungsbeklagten zu 2) zu verpflichten, gegenüber den Angestellten der N... GmbH & Co. KG eine
Weisung dergestalt zu erteilen, dass die Angestellten der N... GmbH & Co. KG bis zur entsprechenden
Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet seien, dem Geschäftsführer Herrn W... N... direkt die von ihm
verlangten Informationen und Auskünfte zu erteilen und die von ihm angeforderten Geschäftsunterlagen
unmittelbar an ihn herauszugeben.
Die Verfügungsbeklagten haben Zurückweisung der Anträge beantragt und vorgetragen, der Verfügungskläger
sei ressortloser Geschäftsführer und habe deshalb kein Recht, Angestellte des Unternehmens über
Angelegenheiten der Gesellschaft zu befragen. Zudem habe er durch die Befragung von Mitarbeitern den
Betriebsfrieden gestört. Diese fühlten sich durch seine Anfragen, die in einem unangemessenen, beleidigenden
Ton gehalten seien, bedroht. Zu Unregelmäßigkeiten sei es im Unternehmen nicht gekommen.
Das Landgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen
Entscheidung wird Bezug genommen.
Der Verfügungskläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor, das Landgericht habe sein Recht auf
rechtliches Gehör verletzt. Er wiederholt im Wesentlichen seinen Vortrag erster Instanz und ergänzt ihn unter
Vorlage weiterer Mittel der Glaubhaftmachung.
Der Verfügungskläger beantragt,
1. die Verfügungsbeklagte zu 1) zu verpflichten, dem Verfügungskläger bis zur entsprechenden Entscheidung
in der Hauptsache die unbehinderte Ausübung seiner Informations-, Frage- und Einsichtsrechte als
Geschäftsführer unmittelbar gegenüber den Angestellten der N... GmbH & Co. KG Elektrotechnische
Spezialfabrik für Industrie-Schaltanlagen-Systeme (N... GmbH & Co. KG) zu gewähren und entgegenstehende
Weisungen bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Kraft zu setzen;
hilfsweise zu 1.,
2. die Verfügungsbeklagte zu 1) zu verpflichten, die Weisung, dass die Mitarbeiter dem Verfügungskläger auf
dessen unmittelbare Anfrage keinerlei Auskünfte mehr zu geben hätten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache
insoweit aufzuheben, als
a) die Auskunftsersuchen den Geschäftsführungsbereich des Verfügungsklägers betreffen (repräsentatives
Ressort) oder
b) leitende Angestellte, insbesondere Herr Dr. H... und Frau J..., um Auskunft ersucht werden oder
c) die Auskunftsersuchen die Buchführung betreffen, insbesondere hinsichtlich der Liquiditätssituation, der
aktuellen Kreditstände bei den Banken oder der Verbuchung von Geschäftsvorfällen von nicht unerheblicher
Bedeutung;
hilfsweise zu 2.,
3. den Verfügungsbeklagten zu 2) zu verpflichten, gegenüber den Angestellten der N... GmbH & Co. KG eine
Weisung dergestalt zu erteilen, dass die Angestellten der N... GmbH & Co. KG bis zur entsprechenden
Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet seien, dem Geschäftsführer Herrn W... N... direkt die von ihm
verlangten Informationen und Auskünfte zu erteilen und die von ihm angeforderten Geschäftsunterlagen
unmittelbar an ihn herauszugeben;
hilfsweise zu 3.,
4. den Verfügungsbeklagten zu 2) zu verpflichten, die Weisung, dass die Mitarbeiter dem Verfügungskläger
auf dessen unmittelbare Anfrage keinerlei Auskünfte mehr zu geben hätten, bis zur Entscheidung in der
auf dessen unmittelbare Anfrage keinerlei Auskünfte mehr zu geben hätten, bis zur Entscheidung in der
Hauptsache insoweit aufzuheben, als
a) die Auskunftsersuchen den Geschäftsführungsbereich des Verfügungsklägers betreffen (repräsentatives
Ressort) oder
b) leitende Angestellte, insbesondere Herr Dr. H... und Frau J..., um Auskunft ersucht werden oder
c) die Auskunftsersuchen die Buchführung betreffen, insbesondere hinsichtlich der Liquiditätssituation, der
aktuellen Kreditstände bei den Banken oder der Verbuchung von Geschäftsvorfällen von nicht unerheblicher
Bedeutung.
Die Verfügungsbeklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen;
hilfsweise,
der Gegenseite aufzugeben, innerhalb von 4 Wochen Klage zur Hauptsache zu erheben.
Sie schließen sich den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils an und vertiefen
ihrerseits ihren Vortrag aus der Vorinstanz. Die Verfügungsbeklagten machen außerdem geltend es fehle
vorliegend an einem Verfügungsgrund.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen. Beide Parteien haben
nach Schluss der mündlichen Verhandlung weitere Schriftsätze eingereicht (bis Bl. 413 GA).
II.
Die Berufung ist zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) Anspruch darauf, dass ihm die uneingeschränkte
Informationsmöglichkeit über die Tätigkeit der N... GmbH & Co. KG auch unmittelbar gegenüber den Mitarbeitern
der Gesellschaft gewährt wird. Dieser Verfügungsanspruch ist Ausfluss des Geschäftsführeramtes, welches der
Verfügungskläger innehat. Dass er dieses Amt im Rahmen der notariell beurkundeten Vereinbarung vom
28.08.2006 (Anlg. KS&P 1 zu Bl. 41 ff. GA) mit Wirkung zum 31.12.2010 niedergelegt hat, ist ohne Einfluss auf
seine derzeitige Stellung als Geschäftsführer.
Passivlegitimiert ist die Verfügungsbeklagte zu 1), nicht der Verfügungsbeklagte zu 2) als Mitgeschäftsführer.
Denn das zugrunde liegende Rechtverhältnis besteht allein zwischen dem Verfügungskläger und der GmbH,
deren Geschäftsführer er ist. Ebenso wie die Gesellschaft gegen den Geschäftsführer Anspruch auf
ordnungsgemäße Ausübung seines Amtes hat, so ist sie es auch, die ihm gegenüber verpflichtet ist, hierfür die
Voraussetzungen zu schaffen. Soweit der Verfügungsbeklagte zu 2), der als Mitgeschäftsführer für die
Gesellschaft handelt, den Verfügungskläger in seiner Tätigkeit behindert, hat hierfür die Gesellschaft nach
§ 31 BGB einzustehen (vgl. dazu BGH NJW-RR 1992, 992, 993; OLG Saarbrücken NJW-RR 1994, 497, 498).
Ein Geschäftsführer hat, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gegen die GmbH, für die er tätig ist,
Anspruch auf sachgerechte Unterrichtung über alle Angelegenheiten des Unternehmens einschließlich der
Einsicht in die Buchführung und in andere Unterlagen der Gesellschaft. Das gilt ebenso, wenn zwischen
mehreren Geschäftsführern ‑ wie hier ‑ eine Ressortverteilung besteht. Auch in einem solchen Fall kann jeder
der Mitgeschäftsführer Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen, einschließlich derjenigen,
die nicht zu seinem eigenen Ressort gehören (OLG Karlsruhe NZG 2000, 264, 266; vgl. z. B. Baumbach / Hueck,
GmbHG, 18. Aufl., § 35 Rdnr. 62). Insofern gilt für alle Geschäftsführer das Prinzip: "Jeder darf alles wissen, und
jeder hat Anspruch darauf, über alles informiert zu werden" (Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 37 Rdnr. 25).
Dieses Informationsrecht folgt notwendiger Weise daraus, dass selbst der nur für ein bestimmtes Ressort
zuständige Geschäftsführer eine unverzichtbare Gesamtverantwortung für die Gesellschaft trägt und
dementsprechend verpflichtet ist, die Tätigkeit seiner Mitgeschäftsführer zu überwachen (vgl. BGH NJW 1997,
130, 131 f.; Rowedder / Koppensteiner aaO.). Selbst einem ressortlosen Geschäftsführer (sog.
Zölibatsgeschäftsführer) verbleiben diese Überwachungspflichten und damit auch die entsprechenden
Informationsrechte (Scholz § 37 Rdnr. 37). Die Pflichten eines Geschäftsführers können durch eine Aufteilung
von Zuständigkeiten zwischen mehreren Mitgeschäftsführern jedenfalls hinsichtlich eines Kernbereichs nicht
abbedungen werden (Ulmer / Paefgen, GmbHG, § 36 Rdnr. 107). Das gilt nach einhelliger Meinung u. a. für die
laufende Buchhaltung (arg. § 41 Abs. 1 GmbHG) und jährliche Rechnungslegung (§ 42 a Abs. 1 GmbHG), den
Schutz der Gesellschaftsgläubiger (arg. §§ 9 a Abs. 1, 64 GmbHG) und die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen
Pflichten der Gesellschaft (z. B. § 34 Abs. 1 AO), aber auch für Einzelmaßnahmen, die für die Gesellschaft von
grundlegender Bedeutung sind (BGH NJW 1990, 2560, 2565), so etwa die Auswahl und Überwachung der
leitenden Mitarbeiter (Scholz § 43 Rdnr. 40) und existentielle Entscheidungen wie z. B. Pläne für die
Unternehmenspolitik (aaO.).
Im vorliegenden Fall bestehen für den Verfügungskläger jedoch nicht nur die Pflichten des o. bez. Kernbereichs,
sondern aus der vereinbarten Ressortverteilung in der N... GmbH ergeben sich bereits Pflichten ‑ und
dementsprechend Informationsrechte ‑, die unmittelbar Ausfluss seines Ressorts sind. Der Gesellschaftsvertrag
i. d. F. der not. beurk. Vereinbarung 28.08.2006 bestimmt unter § 8:
Abs. 4 Ein satzungsmäßiges Recht zur Geschäftsführung haben Herr F... N... und bis zum 31.12.2010 Herr
W... N.... …
Abs. 5 So lange Herr F... N... Geschäftsführer ist, steht die operative Geschäftsführung ausschließlich
Herrn F... N... … zu. Herr F... N... ist daher nach dem übereinstimmenden Willen der Gesellschafter der N... GmbH
auch zur alleinigen Entscheidung über die Vornahme aller Handlungen, die über den gewöhnlichen
Geschäftsbetrieb hinausgehen, befugt.
Der mit dem Verfügungskläger bestehende Geschäftsführeranstellungsvertrag enthält dazu folgende
Bestimmungen:
§ 1
Abs. 1 (gemäß der Vereinbarung vom 28.08.2006 aufgehoben mit der Maßgabe, dass die Veränderung
frühestens am 02.01.2011 zum Handelsregister angemeldet werden darf und Herr W... N... im Rahmen der
Wahrnehmung repräsentativer Aufgaben weiter zur Einzelvertretung befugt ist)
Abs. 2 Der Geschäftsführer ist jedoch auf die Wahrnehmung repräsentativer Aufgaben beschränkt, die
Führung des operativen Geschäfts obliegt daher dem oder den weiteren Geschäftsführern.
§ 2
Abs. 1 Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft und damit die der N... GmbH & Co. KG mit
der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen und die ihm als Geschäftsführer nach Gesetz sowie diesem
Vertrag obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen.
Abs. 2 Der Geschäftsführer nimmt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und
strafrechtlichen Vorschriften wahr.
§ 3
Abs. 1 Der Geschäftsführer hat, soweit dies das Wohl der Gesellschaft erfordert, zu ihrer Verfügung zu
stehen und ihre Interessen wahrzunehmen. … Insbesondere ist er entsprechend seiner Beschränkung auf die
repräsentative Tätigkeit regelmäßig nur zur Wahrnehmung solcher Aufgaben verpflichtet.
In der not. beurk. Vereinbarung 28.08.2006 ist außerdem festgelegt:
Herr F... N... ist von etwaigen Beschränkungen durch Zustimmungskataloge befreit und allein für die operative
geschäftliche Leitung der N... GmbH & Co. KG und der N... GmbH zuständig. Herr W... N... bleibt bis zur
Niederlegung seines Amtes nur aus wichtigem Grund abberufbar und auf den repräsentativen Bereich
beschränkter Geschäftsführer.
Der Gesellschaftsvertrag der GmbH regelt die Ressortverteilung demnach lediglich insoweit, als der
Verfügungskläger als Geschäftsführer nicht zuständig ist für das "operative Geschäft", d. h. nach dem im
Geschäftsleben üblichen Sprachgebrauch, diejenigen Tätigkeitsfelder des
Unternehmens
, die seinem
eigentlichen Zweck entsprechen und mit denen es
Gewinne
erzielen möchte (vgl. z. B. Wikipedia,
http://de.wikipedia.org
, Stichwort: "Operatives Geschäft"). Das sind bei dem Unternehmen der N... GmbH &
Co. KG ausschließlich Produktion und Vertrieb von Industrie-Schaltanlagen-Systemen. Dem
Geschäftsführeranstellungsvertrag ist darüber hinaus zu entnehmen, dass das Ressort des Verfügungsklägers
auch bezüglich des nicht-operativen Geschäfts eingeschränkt sein soll. Wenngleich es allerdings in § 1 Abs. 2
des Geschäftsführeranstellungsvertrages heißt, die Tätigkeit des Verfügungsklägers sei auf die "Wahrnehmung
repräsentativer Aufgaben" beschränkt, so ergibt sich doch aus anderen Bestimmungen des Vertrages, dass er
auch zur Einzelvertretung befugt ist und die Rechte des Arbeitgebers wahrzunehmen hat. Unabhängig davon,
wie diese Regelungen in ihrer Gesamtheit auszulegen sind, bleibt jedenfalls festzuhalten, dass der
Verfügungskläger kein ressortloser Geschäftsführer ist und deshalb ein Recht auf alle Informationen hat, die sein
Ressort betreffen. Hinzukommen die Informationsrechte, die zur Erfüllung der bereits behandelten
unverzichtbaren Geschäftsführerpflichten erforderlich sind. Diese betreffen nicht nur die Vorgänge innerhalb der
GmbH, deren Geschäftsführer er ist, sondern auch die Tätigkeit der N... GmbH & Co. KG. Denn alle
Angelegenheiten der GmbH & Co. KG sind zugleich solche der Verfügungsbeklagten zu 1), da deren Tätigkeit
darin besteht, als Komplementärin die Geschäfte der KG zu führen.
Der Verfügungskläger ist in seinem Recht auf Information nicht auf die Auskünfte und Unterlagen beschränkt, die
er vom Verfügungsbeklagten zu 2) als seinem Mitgeschäftsführer erhält. Der Ressort-Geschäftsführer kann die
erforderlichen Informationen über Angelegenheiten aus einem anderen Ressort zwar in erster Linie von dem
Mitgeschäftsführer verlangen, der hierfür zuständig ist (vgl. Lutter / Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 37 Rdnr. 32).
Ggf. ist er jedoch auch verpflichtet, Dritte (BGH NJW 2001, 969, 971: z. B. die Bank des Unternehmens),
insbesondere aber das Personal des Unternehmens (vgl. dazu BGH NJW-RR 1986, 1293, 1294), zu befragen.
Denn nur so kann er seine Überwachungsfunktion in jeder Hinsicht effektiv ausüben. Eine gegenseitige Kontrolle
aller Mitgeschäftsführer wäre nur in begrenztem Umfang möglich, wenn diese sich darauf zu beschränken hätte,
dass allein der zu Kontrollierende über seine ‑ möglicherweise pflichtwidrige ‑ Tätigkeit befragt würde. Daraus
folgt, dass es dem Geschäftsführer nicht von vornherein verwehrt sein darf, Auskünften auch von Mitarbeitern der
Gesellschaft einzuholen. Vielmehr hat er hierauf ein Recht, das sich unmittelbar und zwingend aus seinem Amt
als Geschäftsführer ergibt.
Zu Unrecht wendet die Verfügungsbeklagte zu 1) hiergegen ein, der Verfügungskläger sei aufgrund der
bestehenden Ressortverteilung nicht befugt, in den Tätigkeitsbereich seines Mitgeschäftsführers einzugreifen,
und dürfe die Mitarbeiter des Unternehmens deshalb nicht über Angelegenheiten aus diesem Tätigkeitsbereich
befragen. Es ist vielmehr streng zwischen aktiver und kontrollierender Geschäftsführung zu unterscheiden. In der
Tat folgt aus einer Ressortverteilung zwischen Geschäftsführern, dass keiner der Geschäftsführer sich in den
Bereich des anderen Ressorts aktiv "einmischen" darf (vgl. Ulmer / Paefgen § 35 Rdnr. 108), d. h.,
Entscheidungen treffen oder Maßnahmen ergreifen darf, für die ausschließlich der Mitgeschäftsführer zuständig
ist. Eine solche Intervention ist erst erlaubt ‑ und geboten ‑, wenn ein Geschäftsführer erkennt, dass der andere
die Geschäfte nicht ordnungsgemäß führt (BGH NJW-RR 1986, 1293; Lutter / Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl.,
§ 37 Rdnr. 32). Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser ihm im Normalfall Auskünfte über Angelegenheiten des
eigenen Ressorts verweigern oder insofern eine Auskunfterteilung durch Dritte unterbinden dürfte. Es wäre
widersinnig, wenn ein Geschäftsführer nur dann verpflichtet wäre, eine Kontrolle seiner Tätigkeit zuzulassen,
wenn bereits konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass er pflichtwidrig handele. Denn dadurch würde die
gesetzlich gebotene gegenseitige Überwachung von Mitgeschäftsführern weitgehend unmöglich gemacht.
Die von der Verfügungsbeklagten zu 1) vertretene Meinung, dem Informationsrecht des Verfügungsklägers sei
bereits durch die ihm eingeräumte Möglichkeit Genüge getan, an Geschäftsführersitzungen mit dem
Verfügungsbeklagten zu 2) teilzunehmen, ist abzulehnen. Insofern kann die Verfügungsbeklagte sich nicht auf
die Entscheidung des OLG Karlsruhe in NZG 2000, 264 ff. berufen. Dort wird lediglich die Frage behandelt, ob
ein Geschäftsführer über die Teilnahme an regelmäßigen Geschäftsführerkonferenzen hinaus von einem
Mitgeschäftsführer verlangen könne, dass dieser ihm über die täglichen Geschäfte Bericht erstatte. Wenn das
OLG Karlsruhe dies verneint, so mag das damit zu begründen sein, dass eine solche zusätzliche
Inanspruchnahme dem Mitgeschäftsführer möglicherweise nicht zuzumuten ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass
ein Geschäftsführer in einem solchen Fall auch kein Recht hätte, die Angestellten der Gesellschaft zu befragen.
Denn diese Kontrollmöglichkeit ist ohnedies eine zusätzliche und tritt neben das Recht, die notwendigen
Informationen vom Mitgeschäftsführer ‑ sei es in persönlichen Gesprächen, sei es innerhalb der
Geschäftsführersitzungen ‑ zu verlangen. Der Verfügungskläger ist sogar verpflichtet, eine solche ergänzende
Kontrolle auszuüben, wenn ihm dies erforderlich erscheint (vgl. dazu BGH NJW-RR 1986, 1293, 1294).
Soweit die Verfügungsbeklagte (u. a. unter Berufung auf OLG Saarbrücken NJW-RR 1994, 497, 498) geltend
macht, einer GmbH stehe es frei, das Recht eines Geschäftsführers auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen der
Gesellschaft zu beschränken, ist dem in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Eine Beschränkung des
Informationsrechts eines Geschäftsführers durch die Gesellschaft ist allenfalls dann zulässig, wenn hierfür ein
sachlicher Grund besteht, wie z. B. ein besonderes Geheimhaltungsinteresse oder eine zu befürchtende
Interessenkollision (vgl. Baumbach / Hueck § 35 Rdnr. 62). Es mag dahinstehen, inwieweit eine solche
Beschränkung mit den gesetzlichen Pflichten eines Geschäftsführers vereinbar sein kann. Jedenfalls ist ein
ausreichender Grund für eine solche Einschränkung im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Ein Zerwürfnis
zwischen zwei Geschäftsführern ‑ wie hier ‑ darf nicht dazu führen, dass der eine von ihnen der Kontrolle durch
den anderen teilweise entzogen wird. Denn die Gesellschafterversammlung ist rechtlich nicht in der Lage, einen
Geschäftsführer ganz oder teilweise von seiner zwingend vorgeschriebenen Überwachungspflicht und der damit
verbundenen Haftung zu entbinden (BGH NJW-RR 1995, 669, 670; Scholz § 37 Rdnr. 37). Diese aber lässt es
nicht zu, dass dem Geschäftsführer die Möglichkeit völlig genommen wird, sich außer über den
Mitgeschäftsführer auch auf andere Weise über wesentliche Umstände in der Gesellschaft zu unterrichten.
Soweit die Verfügungsbeklagte zu 1) dem Verfügungskläger vorwirft, er übe sein Fragerecht in unangemessener
Form und unter Störung des Betriebsfriedens aus, kann sie daraus nicht das Recht herleiten, das
Informationsrecht des Verfügungsklägers zu beschneiden. Es mag dahinstehen, ob die Vorwürfe der
Verfügungsbeklagten berechtigt sind. Sollte dies der Fall sein, so stünde der Gesellschaft das rechtliche Mittel
der Abmahnung zu Gebote (vgl. zum Dienstvertrag aber BGH NZG 2007, 674), wodurch der Verfügungskläger
aufzufordern wäre, die Mitarbeiter des Unternehmens nur in der gebotenen Form um Auskunft zu bitten. Sollte
eine solche Abmahnung zu keinem Erfolg führen, so stünde es der Gesellschaft im Falle einer schwerwiegenden
Störung des Betriebsfriedens frei, den Verfügungskläger von seinem Geschäftsführeramt wegen wichtigen
Grundes abzuberufen. Möchte die Verfügungsbeklagte diesen Weg nicht beschreiten, will sie also den
Verfügungskläger in seinem Amt belassen, so darf sie ihn nicht andererseits seiner unverzichtbaren Rechte
berauben und dadurch in die Gefahr bringen, wegen Verstoßes gegen seine Überwachungspflicht einer
entsprechenden Haftung ausgesetzt zu sein. Die Gesellschaft ist rechtlich nicht in der Lage, einen ihrer
Geschäftsführer 'auf kaltem Wege' abzusetzen, ohne dies im Handelsregister eintragen zu lassen.
Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich, dass die vom Verfügungsbeklagten zu 2) erteilte Weisung,
wonach die Mitarbeiter der Gesellschaft dem Verfügungskläger in keinem Fall Auskunft erteilen dürfen,
rechtswidrig ist. Gleich, wie weit das Informationsrecht des Verfügungsklägers im Einzelnen gehen mag, so steht
doch fest, dass es in einem bestimmten Umfang auch gegenüber den Mitarbeitern ausgeübt werden darf und
deshalb in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird, wenn dem Verfügungskläger diese Informationsmöglichkeit
vollständig verwehrt wird.
Die mit der einstweiligen Verfügung angegriffene Anweisung kann auch nicht teilweise aufrecht erhalten werden.
Der Senat sieht sich nicht in der Lage, die Weisung des Verfügungsbeklagten zu 2) in sinnvoller Weise
einzuschränken, etwa derart, dass der Verfügungskläger die Mitarbeiter nur unter bestimmten Voraussetzungen
und nur in einem bestimmten Umfang um Auskunft ersuchen dürfe. Solche Voraussetzungen sind im Rahmen
einer generellen Weisung der Gesellschaft hier praktisch kaum festzulegen.
Die Verfügungsbeklagte zu 1) weist zwar zu Recht darauf hin, dass ein Geschäftsführer nicht verpflichtet ist, jede
einzelne Maßnahme im Unternehmen selbst zu überwachen (vgl. z. B. Scholz § 43 Rdnr. 35). Diese
Begrenzung der Pflichten des Geschäftsführers ist jedoch nicht deckungsgleich mit einer Begrenzung seiner
Rechte. Dem Geschäftsführer muss vielmehr schon im Vorfeld seiner Pflichtausübung das Recht eingeräumt
werden, sich über Vorgänge in der Gesellschaft zu informieren und auf diese Weise zu erfahren, ob eine
Verpflichtung zu einer weiteren Prüfung und ggf. zu einer Intervention besteht. Eine verbindliche Festlegung der
Grenzen, innerhalb derer der Geschäftsführer in Zukunft berechtigt sein soll, Auskünfte von Angestellten
einzuholen, ist nach Auffassung des Senates jedenfalls im vorliegenden Verfahren nicht möglich. Das zeigt sich
auch darin, dass der Verfügungskläger in der Vergangenheit zum Teil durchaus Anlass zu einer eingehenderen
Überprüfung hatte.
Der Verfügungsbeklagte zu 2) hatte bereits in der Vergangenheit mindestens zweimal gegen seine Verpflichtung
verstoßen, den Mitgeschäftsführer über Angelegenheiten zu informieren, die zum Kernbereich notwendiger
Allzuständigkeit der Geschäftsführer gehörten. So hatte der Verfügungsbeklagte zu 2) im Mai 2006 und im
Januar 2007 jeweils einen leitenden Angestellten, die Herren Schöntag und Dr. H..., eingestellt, ohne den
Verfügungskläger zuvor zu Rate gezogen zu haben, obwohl dieser hierauf einen Anspruch hatte. Bei der
Auswahl eines leitenden Angestellten handelt es sich um eine Maßnahme, die für die Gesellschaft naturgemäß
von grundlegender Bedeutung ist und deshalb ‑ unabhängig von der Ressortverteilung ‑ nur von den
Geschäftsführern in ihrer Gesamtheit entschieden werden darf (Scholz § 43 Rdnr. 40). In diesem Zusammenhang
ist es unerheblich, ob der Verfügungskläger, wie von der Gegenseite behauptet, nachträglich ausreichend über
die Vorgänge unterrichtet wurde; denn die Pflichtwidrigkeit lag bereits darin, dass dieser vor vollendete
Tatsachen gestellt wurde.
Anlass zu Misstrauen mussten außerdem die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Projekt einer J… V… in
China geben. Da dieses unstreitig bereits rund sechs Wochen nach der hierzu vom Verfügungskläger im August
2006 formell erklärten Zustimmung liquidiert werden musste, bestand Anlass zu dem Verdacht, dass der
Verfügungskläger im Zeitpunkt seiner Zustimmung nicht über die erkennbare Gefahr eines Scheiterns unterrichtet
worden war. Die Verfügungsbeklagten tragen keine konkreten Umstände dazu vor, weshalb diese Gefahr sich
anderthalb Monate vor deren Verwirklichung noch nicht abgezeichnet haben soll. Angesichts eines möglichen
Verlustes von knapp 2,5 Mio. EUR bedurfte dieses Projekt wegen seiner grundlegenden Bedeutung für die
Gesellschaft der Zustimmung des Verfügungsklägers als Mitgeschäftsführer (vgl. dazu Scholz aaO.). Selbst wenn
dieser seine Zustimmung zuvor bereits mündlich erteilt haben sollte, so würde es doch eine Beschneidung
seiner Informationsrechte darstellen, wenn ihm anlässlich der förmlichen Bestätigung wesentliche negative
Veränderungen in diesem Zusammenhang verschwiegen worden wären.
Konkreter Anlass für den Verdacht, dass es im Unternehmen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte,
bestand für den Verfügungskläger auch aufgrund der Tatsache, dass der in seinen Besitz gelangte
"Monatsbericht April 2007" vom 29.05.2007 einen Verlust von 40.000,00 EUR aufwies, während in dem offiziell
vorgelegten "Monatsbericht April 2007" vom 04.06.2007 ein Gewinn von 398.000,00 EUR genannt wird. Insofern
ist es unerheblich, ob diese Differenz tatsächlich allein auf Probleme der EDV-Anlage zurückzuführen war, wie
der Verfügungsbeklagte zu 2) an Eides Statt versichert hat. Denn bereits der Verdacht, die offiziellen
Gewinnzahlen seien möglicherweise nicht korrekt, verpflichtete den Verfügungskläger zu Nachforschungen, die
auch in der Befragung von Mitarbeitern liegen konnten (vgl. dazu z. B. BGH NJW-RR 1986, 1293, 1294). In
seinem Verdacht konnte sich der Verfügungskläger zudem dadurch bestärkt sehen, dass die Kreditlinie der
Gesellschaft bei deren Hausbank um etwa 550.000,00 EUR überschritten worden war. Dies mag für sich allein
bei einem Unternehmen der Größenordnung der N... GmbH & Co. KG weniger schwer wiegen; in Verbindung mit
den unterschiedlichen Monatsberichten jedenfalls lag darin ein konkreter Anlass für den Verfügungskläger, sein
Kontrollrecht auszuüben.
Unter welchen Voraussetzungen in Zukunft für den Verfügungskläger der Anlass für einen Verdacht auf
Unregelmäßigkeiten und damit ein konkretes Informationsrecht als gegeben gelten soll, lässt sich allenfalls in
Form einer Generalklausel festlegen. Eine solche hätte jedoch in der Praxis keinen Wert, so dass eine
entsprechende Einschränkung der vom Verfügungskläger angegriffenen Weisung nicht sinnvoll wäre. Da
andererseits die Weisung des Verfügungsbeklagten zu 2) in ihrer jetzigen Form nicht bestehen bleiben kann, ist
die Verfügungsbeklagte zu 1) verpflichtet, sie insgesamt zurückzunehmen.
Der Verfügungskläger hat einen Verfügungsgrund für die begehrte einstweilige Verfügung glaubhaft gemacht
(§§ 935, 940 ZPO).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Verfügungsbeklagte zu 2) die Angestellten der N... GmbH & Co. KG
anwies, Anfragen des Verfügungsklägers betreffend Angelegenheiten der N... GmbH sowie der N... GmbH &
Co. KG nicht zu beantworten, und dass diese Anordnung bislang nicht wieder rückgängig gemacht wurde. Dem
Vortrag des Verfügungsbeklagten ist überdies zu entnehmen, dass er nicht beabsichtigt, seine diesbezügliche
Anweisung freiwillig zurückzunehmen. Der Verfügungskläger hat glaubhaft gemacht, dass die von ihm um
Information ersuchten Mitarbeiter sich gemäß dieser Weisung verhalten haben, insbesondere E-Mails des
Verfügungsklägers nicht beantwortet, sondern lediglich an den Verfügungsbeklagten weitergeleitet haben. Sollte
dieser Zustand fortbestehen, so ergäbe sich für den Verfügungskläger die Gefahr, wegen Verstoßes gegen seine
Geschäftsführerpflichten zivilrechtlich und strafrechtlich belangt zu werden. Denn er könnte sich gegenüber
einem solchen Vorwurf grundsätzlich nicht darauf berufen, durch interne Regelungen an der Ausübung seiner
Rechte als Geschäftsführer gehindert worden zu sein (Baumbach / Hueck § 41 Rdnr. 14).
Da der Verfügungskläger jederzeit in die Situation geraten kann, dass sich für ihn als Geschäftsführer ein Anlass
ergibt, seine Überwachungspflicht durch Befragen von Mitarbeitern des Unternehmens auszuüben, ist es ihm
nicht zuzumuten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu warten. Er kann auch nicht darauf verwiesen
werden, sich jeweils im Einzelfall durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung die Möglichkeit
ausreichender Information zu verschaffen. Dies wäre z. B. bei rasch zu treffenden Entscheidungen im
Unternehmen, wie z. B. darüber, ob Insolvenzantrag zu stellen ist, nicht praktikabel. Vielmehr ist eine Regelung
geboten, durch welche der Verfügungskläger sofort in den Stand gesetzt wird, seine Informationsrechte
uneingeschränkt auszuüben und dadurch die Gefahr seiner Inanspruchnahme als Geschäftsführer abzuwenden.
Dem Hauptantrag des Verfügungsklägers war daher unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung
stattzugeben.
Der gegen den Verfügungsbeklagten zu 2) gerichtete Antrag zu 3. (gemäß Berufungsschrift; im Schriftsatz vom
05.07.2007: Antrag zu 2.) ist unzulässig, da er zu den gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) gerichteten Anträgen
in einem subjektiven Eventualverhältnis steht. Ein solches verbietet sich, da es dazu führen würde, dass bis zur
Entscheidung über den Hauptantrag in der Schwebe bliebe, ob überhaupt ein Prozessrechtsverhältnis zu der
hilfsweise verklagten Partei besteht (BAG NJW 1994, 1084, 1086; Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 60 Rdnr. 12). Eine
Deutung des Antrags als Streitverkündung (vgl. dazu Musielak aaO.) scheidet hier nach Auffassung des Senates
aus. Wenngleich der Antrag nur hilfsweise gestellt worden ist, war über ihn u. a. im Hinblick auf die Verteilung der
Verfahrenskosten zu entscheiden.
Eine Entscheidung über den Antrag zu 4. dagegen war nicht geboten. Er war nicht als unzulässig
zurückzuweisen, da er in einem zulässigen objektiven Eventualverhältnis zu dem Antrag zu 3. steht. Der Antrag
zu 4. ist zwar hilfsweise zum Antrag zu 3. gestellt worden, d. h., dem Wortlaut nach für den Fall, dass der Antrag
zu 3. ‑ wie geschehen ‑ zurückgewiesen wird. Aus der Staffelung der Hilfsanträge zu 2. bis 4. ergibt sich jedoch,
dass eine Entscheidung hierüber nur gewünscht ist, sofern sämtliche vorrangig gestellten Anträge
zurückgewiesen werden. An dieser Voraussetzung fehlt es, da dem gegen die Verfügungsbeklagte zu 1)
gestellten Hauptantrag stattgegeben wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 ZPO. Die Anordnung der
Klageerhebung hatte auf Antrag der Verfügungsbeklagten zu 1) gemäß §§ 926 Abs. 1, 936 ZPO zu erfolgen.
Der Gegenstandswert wird für das Berufungsverfahren wie folgt festgesetzt:
Verfahren gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) 50.000,00 EUR
Verfahren gegen den Verfügungsbeklagten zu 2) 50.000,00 EUR
insgesamt 50.000,00 EUR
Sartor Ritter Dr. Metzger