Urteil des OLG Koblenz vom 09.10.2003

OLG Koblenz: beratung, herausgabe, rüge, dokumentation, abgrenzung, erlass, architekt, schwager, baukosten, interpolation

Prozessrecht
OLG
Koblenz
09.10.2003
10 U 1203/02
1. Auch einem Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist grundsätzlich das gesamte Parteivorbringen bis
zur Herausgabe des Hinweises zugrunde zu legen, folglich auch der Inhalt eines Schriftsatzes, der nach
der Beratung, aber vor der Herausgabe des Hinweises noch bei Gericht eingeht.
2. Der in einem solchen Fall ohne Berücksichtigung des nach der Beratung eingegangenen Schriftsatzes
herausgegebene Hinweis ist wirksame Grundlage für die weitere Fortsetzung des Verfahrens nach § 522
Abs. 2 ZPO. Ebenso ist die mit ihm verbundene Setzung der Äußerungsfrist wirksam. Es bedarf keines
neuerlichen Hinweises und keiner neuerlichen Fristsetzung. Der nach der Beratung eingegangene
Schriftsatz ist bei der abschließenden Entscheidung, ob nach § 522 Abs. 2 Satz 1 zu verfahren ist, zu
berücksichtigen; damit ist zu ihm das rechtliche Gehör nachträglich gewährt.
Geschäftsnummer:
10 U 1203/02
4 O 215/01 LG Koblenz
in dem Rechtsstreit
H…. S…..,
Kläger und Berufungskläger,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwälte
g e g e n
B……. B…..-B..,
Beklagter und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am
Oberlandesgericht Dr. Reinert
am 9. Oktober 2003
e i n s t i m m i g
e i n s t i m m i g
beschlossen:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 5. August
2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Der Senat hat mit Hinweisbeschluss vom 8. Mai 2003 darauf hingewiesen, dass die Berufung des Klägers
keine Aussicht auf Erfolg hat. Auf den Hinweisbeschluss wird Bezug genommen. Der Kläger hat der
Zurückweisung der Berufung mit Schriftsatz vom 25.6.2003 widersprochen. Das Vorbringen gibt zu einer
abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.
II.
Die in formeller Hinsicht gegen den Erlass des Hinweisbeschlusses vom 8.5.2003 (GA 197) geäußerten
Bedenken sind unbegründet. Richtig ist, dass die ergänzenden Ausführungen des Klägers mit Schriftsatz
vom 14.5.2003 noch am selben Tag (Nachtbriefkasten) bei Gericht eingegangen waren und damit
vorlagen, als der auf der Beratung vom 8.5.2003 beruhende Hinweisbeschluss am 16. Mai 2003 zur
Geschäftsstelle gelangte und von dieser herausgegeben wurde. Eine verfahrensrelevante Verletzung des
rechtlichen Gehörs ist jedoch damit, dass in dem Hinweisbeschluss auf die Ausführungen vom 14.5.2003
nicht mehr eingegangen wurde, im Ergebnis nicht verbunden.
Insoweit zunächst folgende klarstellende Erläuterungen zu den Besonderheiten des Verfahrens nach §
522 Abs. 2 ZPO in der Praxis des Senats:
Es entspricht ständiger Senatspraxis (vgl. Senat, VersR 2003 S. 658 = NJW 2003 S. 2100 = OLG-Report
2003 S. 210), dass Hinweisbeschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO in einem senatsintern in bestimmter Weise
formalisierten Verfahren ergehen. Das heißt, dass zunächst senatsintern, nachdem mit Vorliegen der
Berufungserwiderung die Sache grundsätzlich „ausgeschrieben“ ist (vgl. Senat aaO.), gesondert ein
vorläufiger, der Geschäftsbelastung Rechnung tragender Termin zur Vorberatung nach § 522 Abs. 2 ZPO
vom Vorsitzenden festgelegt wird; dieser Termin bleibt entsprechend den Möglichkeiten und
Erfordernissen der Bearbeitung disponibel und kann in interner Abstimmung vorgezogen oder auf einen
späteren Zeitpunkt verschoben werden (Maßstab der „Unverzüglichkeit“ nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Den Parteien wird im Sinn einer „Serviceleistung“ zur allgemeinen Orientierung und Förderung der
Verfahrenstransparenz und zugleich zur Ersparung von Rückfragen entsprechend lediglich mitgeteilt,
dass der Senat „voraussichtlich nicht vor“ diesem Termin „darüber beraten wird, ob nach § 522 Abs. 2 ZPO
zu verfahren ist“. Eine gerichtliche „Selbstbindung“ hinsichtlich des tatsächlichen Beratungszeitpunkts ist
mit dieser Mitteilung nicht intendiert und wird durch sie auch angesichts der unmißverständlich
formulierten Unverbindlichkeit nicht bewirkt. Die Parteien müssen vielmehr unter Berücksichtigung des
Gebots der „Unverzüglichkeit“ nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO damit rechnen, daß grundsätzlich jederzeit –
jedenfalls nach Vorliegen der Berufungserwiderung (vgl. Senat aaO.) – nach Maßgabe der
Geschäftsbelastung des Senats über die Frage des § 522 Abs. 2 ZPO beraten wird und entweder der in
dieser Bestimmung vorgesehene Hinweis (nach ständiger Senatspraxis in Beschlussform und aufgrund
bereits in diesem Stadium einstimmigen Beratungsergebnisses) ergeht – oder auch nach dem
Vorberatungsergebnis, insofern übrigens dann auch ohne weitere „Korrekturmöglichkeit“ aufgrund
weiterer Eingaben des Berufungsgegners, die Sache durch Senatsbeschluß dem Einzelrichter übertragen
oder vom Vorsitzenden Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt wird. Der Senat hält einen
weiteren, zusätzlichen Hinweis auf eine etwa solcherart vorgezogene Beratung grundsätzlich
ebensowenig für veranlaßt wie einen solchen darauf, dass etwa die Beratung sich aus Gründen der
Geschäftsbelastung über den vorgesehenen Zeitpunkt hinaus verzögern wird.
Soweit das Vorberatungsergebnis hiernach zu irreversiblen Entscheidungen führt, gebietet die
Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs freilich grundsätzlich unabhängig davon, dass die
Parteien jederzeit mit einer entsprechenden Beratung und Entscheidung rechnen müssen, dass jedenfalls
alle bis zur Herausgabe der Entscheidung tatsächlich noch eingehenden Parteiäußerungen auch noch
Berücksichtigung finden, sei es inhaltlich, sei es wenigstens im Rahmen einer Prüfung nach §§ 530 ff.
ZPO. Mögliche Konsequenzen eines Verstoßes für derartige Entscheidungen können im vorliegenden
Zusammenhang dahingestellt bleiben. Soweit die Vorberatung zu einem Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz
2 ZPO führt, ist nämlich zwar auch hierbei das Gericht selbstverständlich grundsätzlich verpflichtet, alle
noch eingehenden Äußerungen zu berücksichtigen; ein möglicher objektiver Verstoß kann aber im
Ergebnis zu keiner weitergehenden Konsequenz führen, als dass das „übergangene“ Vorbringen dann
eben bei der abschließenden Beratung der Sache zusammen mit etwa auf den Hinweis eingegangenen
weiteren Parteiäußerungen mitberücksichtigt und damit der Verstoß vollumfänglich „geheilt“ wird.
Hierzu zunächst illustrierend der Ablauf im vorliegenden Verfahren:
Auf die Berufungsbegründung des Klägers vom 12.11.2002 (GA 166) hatte die Beklagte mit Schriftsatz
vom 24.1.2003, bei Gericht eingegangen am 29.1.2003, erwidert. Mit Eingang der Berufungserwiderung
war sogleich Termin zur Vorberatung bestimmt worden. Entsprechend war den Parteien bereits mit
Verfügung vom 29.1.2003 mitgeteilt worden, dass voraussichtlich nicht vor dem 8.5.2003 Termin zur
Vorberatung ansteht. Hierauf konnten sich die Parteien einstellen. Der Kläger hat in Kenntnis dieser
Information gleichwohl erst am 14.5.2003 ergänzend auf die Berufungserwiderung erwidert. Er ist damit
letztlich selbst das Risiko eingegangen, dass seine Ausführungen auf die Berufungserwiderung nicht
Gegenstand der Erörterungen in der Senatsberatung sein würden, was dann naturgemäß bei der
Beratung am 8.5.2003 auch nicht der Fall war. Der Schriftsatz vom 14.5.2003 dürfte im Übrigen – anderes
ist weder aktenkundig (insoweit findet sich lediglich ein „Abvermerk“ der Geschäftsstelle betreffend die
Übersendung von Abdrucken an den Gegner vom 15.5.2003) noch erinnerungspräsent -, wiewohl im
Geschäftsgang, vor Herausgabe des Hinweisbeschlusses am 16.5.2003 nicht zur Kenntnis von
Vorsitzendem oder Berichterstatter gelangt sein. Für die Folgezeit finden sich ein
Fristverlängerungsantrag des Klägers vom 12.6.2003 nebst stattgebendem Senatsbeschluss und sodann
nach Gewährung von Akteneinsicht eine fristgerechte, eingehende Stellungnahme des Klägers zu dem
Hinweis des Senats mit in den Vordergrund gestellter Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs, die in
Frage stelle, ob der Hinweis „ordnungsgemäß ergangen“ sei.
Die Fragestellung des Klägers zielt sinngemäß über die Rüge einer Gehörsversagung als solcher hinaus
dahin, ob der Hinweis vom 8.5.2003 wirksam im Sinn einer Verfahrensvoraussetzung für eine
Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO sei.
Zur Rüge einer Gehörsversagung als solcher und ihren möglichen Konsequenzen für den inhaltlichen
Bestand mit ihr in Zusammenhang stehenden gerichtlichen Handelns ist aus der Sicht des Senats zu
sagen:
Auch wenn es zutreffen mag, dass die Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die
Berücksichtigung auch von Parteiäußerungen im Zeitraum zwischen jeder gerichtlichen Beratung und der
Bekanntgabe des jeweiligen Beratungsergebnisses gebietet, erscheint die Sanktionierung von Verstößen
hiergegen im Sinne einer Infragestellung der Wirksamkeit des jeweiligen gerichtlichen Handelns allein bei
wenigstens in irgendeiner Weise endgültigen gerichtlichen Entscheidungen geboten, denn um die
Gewähr inhaltlicher Richtigkeit solcher Entscheidungen im Sinn des jeweils verfochtenen Parteiinteresses
geht es bei der verfahrensrechtlichen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs letztlich und allein, nicht um
deren zweckfreie Institutionalisierung als solche; entsprechend kommt es für die Auswirkung einer
Gehörsverletzung auf die Entscheidungswirksamkeit stets auf die Beruhensmöglichkeit an (vgl. nur
BVerfGE 53, 219, st. Rspr.).
Der in § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorgesehene Hinweis bedeutet in keinerlei Hinsicht eine in diesem Sinn
irgendwie endgültige Entscheidung. Er spiegelt eine, wenn auch auf umfassender Sachprüfung
beruhende (vgl. Senat aaO.), vorläufige Meinungsbildung des Gerichts auf der Grundlage des bei der
Beratung dem Spruchkörper präsenten Sach- und Streitstands wider, die in keiner Weise den weiteren
Verfahrens- und Entscheidungsablauf präjudiziert. Eine Entscheidung wird erst in der Folgezeit nach
Ablauf der gesetzten Stellungnahmefrist oder auch (vgl. Senat, Beschluss vom 12.3.2003 – 10 U 880/02 -)
vorher nach Eingang einer als abschließend zu verstehenden Stellungnahme des Berufungsführers
getroffen. Hierbei ist dann im Sinn der abschließenden Gewährung rechtlichen Gehörs das gesamte
Parteivorbringen umfassend zu berücksichtigen, wozu dann etwa auch im Rahmen des prozessual
Zulässigen neues, erst durch den Hinweis veranlaßtes Vorbringen gehören kann, insbesondere aber
auch gerade Vorbringen, das nach Auffassung des Berufungsführers durch den Spruchkörper bei seinem
Hinweis nicht zutreffend gewürdigt oder auch fehlerhafterweise gänzlich übersehen worden war: Gerade
Letzteres aber macht deutlich, dass in ebensolcher Weise in diesem Verfahrensabschnitt auch Vorbringen
ergänzend berücksichtigt und damit eine objektive Gehörsverletzung unproblematisch „geheilt“ werden
kann, das aufgrund von Unzulänglichkeiten des Geschäftsablaufs bei Erlaß des Hinweises
unberücksichtigt geblieben war – wie hier ein zwischen Beratung und Herausgabe des Hinweises noch
eingegangener Schriftsatz -.
Das Erfordernis der Gewährung rechtlichen Gehörs selbst kann mithin nicht Grundlage dafür sein, wie
immer geartete Bedenken hinsichtlich einer inhaltlichen „Wirksamkeit“ des Hinweises zu rechtfertigen.
Endgültige, verbindliche Bedeutung hat der Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO allerdings in formeller
Hinsicht einmal insoweit, als er mit der Setzung einer Äußerungsfrist verbunden ist, zum anderen insoweit,
als überhaupt ein Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergangen sein muss, damit eine
Zurückweisungsentscheidung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO erlassen werden kann. Der Kläger stellt mit
seiner Gehörsrüge sinngemäß auch diese mit dem Hinweis verbundenen Rechtswirkungen in Frage.
Nach Auffassung des Senats genügt aber vorliegend der auf der Beratung vom 8.5.2003 beruhende, am
16.5.2003 herausgegebene Hinweisbeschluss den so verstandenen formellen Anforderungen nach § 522
Abs. 2 ZPO. Für eine Zurückweisungsentscheidung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO bedarf es nicht eines
vorherigen weiteren Hinweises und einer neuen Fristsetzung aufgrund neuerlicher Beratung unter
Einbeziehung des Schriftsatzes vom 14.5.2003.
Was die Frage der Fristsetzung als solcher angeht, stellen sich vorliegend insoweit keine besonderen,
zusätzlichen Fragen spezifischer Natur. Vielmehr hängt die Frage der Wirksamkeit der Fristsetzung im
angesprochenen Sinn unmittelbar mit der parallelen Fragestellung für den Hinweis selbst zusammen. Die
bisher weithin ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit der Äußerungsfrist nach § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO, insbesondere zur Behandlung insoweit verspäteten Vorbringens, bedürfen deshalb an dieser Stelle
keiner Erörterung. Genügt mit anderen Worten der Hinweis selbst den im vorliegenden Zusammenhang
aufzustellenden Anforderungen, dürften auch gegen die Wirksamkeit der Fristsetzung grundsätzlich keine
weiteren Bedenken bestehen.
Zur „Tatbestandswirkung“ des nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergangenen Hinweises als gesetzlicher
Verfahrensvoraussetzung für das weitere Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO muß nach Auffassung des
Senats grundsätzlich bereits sein formell-äußerlich ordnungsgemäßer Erlass genügen. Dass es auf seine
inhaltliche Richtigkeit und Fehlerfreiheit nicht ankommen kann, ist offensichtlich, denn das weitere
Verfahren dient ja gerade dazu, eine insoweit etwa erforderliche Korrektur noch zu ermöglichen.
Ebensowenig kann aber dann grundsätzlich, bedenkt man die dargelegte dienende Bedeutung der
Gehörsgewährleistung für die inhaltliche Richtigkeit gerichtlicher Meinungsbildung und auf sie gestützten
gerichtlichen Handelns, die Wirksamkeit des Hinweises im hier in Rede stehenden prozeduralen Sinn
deshalb in Frage gestellt werden, weil bei seinem Erlass eine Gehörsverletzung unterlaufen ist. Anders
gewendet, kann gerade deshalb, weil Hinweis und Äußerungsfrist gerade die vollständige und
umfassende Gewährung rechtlichen Gehörs ermöglichen sollen, ein insoweit bei dem Hinweis etwa noch
bestehendes Defizit nicht Grund dafür sein, gerade den zur Vervollständigung etwa bestehender
Gehörsdefizite bestimmten weiteren Verfahrensabschnitt zu blockieren.
Eine Grenze für die Annahme einer im in Rede stehenden Sinn wirksamen Hinweiserteilung und
Fristsetzung kann deshalb jedenfalls in Bezug auf die Gewährung rechtlichen Gehörs allenfalls dahin
gezogen werden, dass lediglich ein das Parteivorbringen praktisch gänzlich ignorierender, offensichtlich
neben der Sache liegender „Hinweis“ als taugliche Grundlage für das weitere Verfahren nach § 522 Abs.
2 ZPO ausgeschieden werden müßte.
Der Senat sieht folglich vorliegend die formellen Voraussetzungen einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2
Satz 1 ZPO als gegeben an.
III.
In der Sache geben die Ausführungen des Klägers mit Schriftsatz vom 14.5.2003 (GA 193) und vom
25.6.2003 (GA 204) zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung.
Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 14.5.2003 (GA 193) darlegt, dass der Architekt F…. lediglich
planerische Teilleistungen bezüglich des Fachwerkhauses erbracht habe, er als Bauleiter das gesamte
Bauvorhaben überwachen sollte, Angebote eingeholt, Aufträge vergeben und handwerkliche Arbeiten
überwacht und abgerechnet habe, seine Leistungen nach Angaben des Architekten F…. mit mindestens
18.000 DM nebst MWSt. abzurechnen seien, fehlt es gleichwohl an einer schlüssigen Darlegung, welche
Leistungen der Kläger bezüglich der Leistungsphasen 6 (Vorbereitung der Vergabe, Ermitteln der
Mengen und Aufstellung von Leistungsverzeichnissen) und 9 (Objektbetreuung und Dokumentation,
Überwachen der Beseitigung von Mängeln und Dokumentation des Gesamtergebnisses) im einzelnen
erbracht hat. Wie bereits im Hinweisbeschluss vom 8. Mai 2003 ausgeführt, hat die Beklagte bestritten,
dass der Kläger bei der Vorbereitung der Vergabe und bei der Objektbetreuung und Dokumentation
mitgewirkt hat. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beklagte federführend den Architekten F.... mit
der Bauwerksplanung beauftragt hatte, dieser auch den Antrag auf Baugenehmigung stellte und als
Entwurfsverfasser in Erscheinung trat, hätte der Kläger schon detailliert darlegen und ggf. unter Beweis
stellen müssen, welche Leistungen bezüglich dieser Leistungsphasen er überhaupt erbracht haben will,
damit eine Abgrenzung zu den von Architekten F.... erbrachten Leistungen möglich ist. Der Kläger selbst
räumt mit Schriftsatz vom 14.5.2003 ein, dass der Architekt und Entwurfverfasser F.... auch die Unterlagen
für einige Gewerke erstellt habe, z.B. für den Dachdecker, Schreiner, Glaser, die Versiegelung, außerdem
für die Statik und die Wärmeberechnung. Soweit er vorträgt, er habe indes Unterlagen an Handwerker
versendet, Angebote erbeten und ausgewertet und auch Gewerke ausgeschrieben, für die F.... keine
Berechnungen erstellt habe, fehlt es indes an einer Abgrenzung der einzelnen Tätigkeiten zu denen des
Architekten F.....
Hinsichtlich der Leistungsphasen 7 (Mitwirken bei der Vergabe, Ermitteln der Kosten und Mitwirkung bei
der Auftragsvergabe) und 8 (Objektüberwachung, Bauüberwachung, Überwachen der Ausführung des
Objekts) des § 15 HOAI räumt die Beklagte zwar ein, dass der Kläger punktuell bei der Vergabe und
partiell bei der Objektüberwachung mitgewirkt habe. Der Anspruch ist aber nicht fällig, da die
Honorarrechnung nicht prüffähig ist. Auch hier hätte detailliert dargelegt werden müssen, welche
Leistungen der Kläger im einzelnen erbracht hat und wie diese im Verhältnis zu den Leistungen des
Architekten F.... stehen. Für die Leistungsphasen 7 bedarf es eines Kostenanschlags, solange dieser nicht
vorliegt einer Kostenberechnung. Die Leistungsphase 8 verlangt eine Kostenfeststellung, solange diese
nicht vorliegt, einen Kostenanschlag (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 und 3 HOAI). Auch wenn nicht das Formular der
DIN 276 Verwendung finden muss, bedarf es doch der in diesem Formular enthaltenen maßgeblichen
Angaben. Daran fehlt es indes. Die in der Honorarrechnung gemachten Angaben bezüglich der geplanten
und tatsächlichen Baukosten sind so nicht überprüfbar. Entgegen der Auffassung der Berufung ist es auch
nicht Aufgabe des Gerichts oder gegebenenfalls eines gerichtlichen Sachverständigen, durch
Ausforschung zu ermitteln, welche Leistungen der Kläger erbracht hat, und darauf basierend die
Berechtigung des Honoraransatzes zu klären. Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung muss der Kläger als
Architekt erbringen. Es mag daher offen bleiben, ob der Kläger die richtige Honorarzone zugrunde gelegt
hat, die Interpolation zutreffend ist und letztlich die Angaben zu den geplanten und tatsächlichen
Baukosten zutreffend sind.
Der Hinweis auf § 12 Abs. 4 HOAI, dass üblicherweise für Wohnhäuser mit überdurchschnittlicher
Ausstattung die Honorarzone IV gilt, entbindet den Kläger nicht, eine prüffähige Schlussrechnung
vorzulegen. Der Kläger kann nicht für die Leistungsphasen 6 bis 9 pauschal den hälftigen Ansatz von 48
% des auf die entsprechende Honorarzone fallenden Honorars beanspruchen. Hinzu kommt, worauf
bereits hingewiesen wurde, dass der Kläger mangels schriftlichen Architektenauftrags nur das
Mindesthonorar in Ansatz bringen kann (§ 4 IV HOAI). Auch für dieses wären seinerseits aber wiederum
auch die vorstehend dargelegten Anforderungen zu erfüllen.
Die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 25.6.2003 zu den Leistungen, die er erbracht haben
will, geben zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung. Auffallend ist, dass der Kläger hier
wiederum Leistungen aus der Immobilenvermittlung aufführt. Der Kläger, der unterschiedliche Briefköpfe
und Stempel verwendet, firmiert hier unter „I… S……“, Handel – Vermittlung von Haus und Grundbesitz
sowie unter der Bezeichnung „S….. I………“ (GA 208, 211, 216), während er im Übrigen teilweise unter
Anschrift seines Architektenbüros firmiert (u.a. GA 28 bis 30, 35). Soweit der Kläger hier Leistungen
aufführt, betreffen diese Tätigkeiten, die er in seiner Eigenschaft als Makler bei der Vermittlung des
Objekts getätigt hat, jedoch zum Teil nicht spezifische Architektenleistungen (vgl. Auflistung GA 206),
ungeachtet dessen, ob er diese Leistungen als Maklerleistungen – hinsichtlich des Grundstücks in W……..
- gegenüber der Beklagten abgerechnet hat. Eine zur Entscheidungsfindung taugliche Abgrenzung ist
nach wie vor nicht möglich.
Die Berufung ist aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Berufungsstreitwert wird auf 7.706,08 € festgesetzt.
Weiss Schwager-Wenz Dr. Reinert