Urteil des OLG Koblenz vom 20.02.2009
OLG Koblenz: gesellschafter, darlehen, abfindung, klinik, widerklage, gesellschaftsvertrag, bilanz, ertragswert, grundstück, verbindlichkeit
OLG
Koblenz
20.02.2009
10 U 57/05
Unternehmensbewertung - Verpachtung einer Klinikmobilie; Abfindung ausscheidender GbR-Gesellschafter nach
"wahren Werten"; Ertragswertverfahren bei erheblicher Abhängigkeit des Pachtzinses vom Klinikumsatz; klinikspezifische
Ausgestaltung des Ertragswertverfahrens;
eigenständige richterliche Schätzung mit sachverständiger Hilfe; methodische Anforderungen an die
Ertragswertermittlung
Geschäftsnummer:
10 U 57/05
1 O 437/00 LG Koblenz
Verkündet am 20. Februar 2009
Birgit Schäfer, Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
in dem Rechtsstreit
Kläger, Berufungskläger und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte -
g e g e n
Beklagte, Berufungsbeklagte und Berufungskläger,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte -
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die
Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2008
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. Dezember 2004
teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
1. an den Kläger zu 1) 161.415 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz jährlich aus 32.283 € für die Zeit vom
1.7.2000 bis 30.6.2001, aus 64.566 € für die Zeit vom 1.7.2001 bis 30.6.2002, aus 96.849 € für die Zeit vom 1.7.2002 bis
30.6.2003, aus 129.132 € für die Zeit vom 1.7.2003 bis 30.6.2004 und aus 161.415 € für die Zeit ab dem 1.7.2004 zu
zahlen;
2. an die Klägerin zu 2) 242.122 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz jährlich aus 48.424,40 € für die Zeit vom
1.7.2000 bis 30.6.2001, aus 96.848,80 € für die Zeit vom 1.7.2001 bis 30.6.2002, aus 145.273,20 € für die Zeit vom
1.7.2002 bis 30.6.2003, aus 193.697,60 € für die Zeit vom 1.7.2003 bis 30.6.2004 und aus 242.122 € für die Zeit ab dem
1.7.2004 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der
Beklagten haben der Kläger zu 1) 19,52 % und die Klägerin zu 2) 29,29 % zu tragen. Im Übrigen haben die Beklagten
die Gerichtskosten als Gesamtschuldner und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen. Von den
außergerichtlichen Kosten der Kläger haben die Beklagten als Gesamtschuldner jeweils 51,19 % zu tragen. Im übrigen
haben die Kläger ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G R Ü N D E:
I.
Die Kläger machen einen Abfindungsanspruch im Zusammenhang mit ihrem Ausscheiden aus einer GbR geltend. Die
Parteien streiten über den für den Abfindungsanspruch anzusetzenden Wert der GbR.
Die Beklagten sind seit dem Ausscheiden aller übrigen Gesellschafter nunmehr die alleinigen Gesellschafter der Dres. A.
Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft (Dres. A. GbR). Der Kläger zu 1) war an dieser Gesellschaft mit 4 %, die
Klägerin zu 2) mit 6 % bis zum 31.12.1999 beteiligt. Beide Gesellschafter sind aufgrund form- und fristgerechter
Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zum vorgenannten Datum ausgeschieden.
Gegenstand des Unternehmens der Dres. A. GbR ist die Verpachtung ihrer als Klinik nebst zugehöriger Verwaltung
eingerichteten Immobilie B.straße 6, 7 und C.straße in D. an die - nach Ausscheiden der übrigen Gesellschafter dem
Beklagten zu 1) zuzurechnende – E. GmbH. In der verpachteten Immobilie wird von der E. GmbH ein Gefäßzentrum
betrieben, in welchem überwiegend varizenchirurgische Behandlungen (Venenoperationen) durchgeführt werden. Die
verpachteten Gegenstände machen das wesentliche Vermögen der Dres. A. GbR aus. Zu diesen gehört insbesondere
der Grundbesitz B.straße 7 und C.straße sowie die medizinisch-technische Ausstattung der Klinik, die für den
Klinikbetrieb eigens angeschafften notwendigen Anlagen und Vorrichtungen, die Betriebsausstattung und sonstige
Einrichtungen einschließlich der geringwertigen Wirtschaftsgüter.
Bereits im Jahre 1998 sind zwei weitere ehemalige Mitgesellschafter – die Eheleute F. – aus der Gesellschaft
ausgeschieden. Im Rahmen der Ermittlung des diesen zustehenden Abfindungsanspruchs waren sich alle Gesellschafter
dahingehend einig, dass zur Bestimmung des Wertes des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft die
Verkehrswertbestimmung durch den Gutachterausschuss erfolgen sollte. Daraufhin fertigte der Gutachterausschuss für
Grundstückswerte im Bereich des Landkreises A. entsprechende Gutachten, die dann Bemessungsgrundlage für den
Abfindungsanspruch der Eheleute F. wurden.
Der Gutachterausschuss gelangte dabei für das mit einem Klinikgebäude bebaute Grundstück zu einem Ertragswert von
6.255.000 DM. Bezüglich eines weiteren unbebauten Grundstücks wurde ein Wert von 400.000 DM, ausgehend vom
Bodenwert, ermittelt. Bezüglich einer Eigentumswohnung in der B.straße 6 kam der Gutachterausschuss zu einem Wert
in Höhe von 210.000 DM.
Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter richten sich nach dem Gesellschaftsvertrag vom 28.7.1989. In § 5 Abs. 2
dieses Vertrages ist geregelt, dass im Fall der Kündigung durch einen Gesellschafter die Gesellschaft nicht aufgelöst
wird, vielmehr der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.
Für das Ausscheiden von Gesellschaftern und die Berechnung des Abfindungsanspruchs findet sich in § 14 des
Vertrages folgende Regelung:
„Gesellschafter, die aus der Gesellschaft ausscheiden, erhalten von der Gesellschaft eine Abfindung in Höhe ihres
Auseinandersetzungsguthabens aufgrund einer besonderen Bilanz, die auf den dem Ausscheidungszeitpunkt folgenden
Vierteljahresschluss oder, wenn der Gesellschafter zum Ende des Geschäftsjahrs ausscheidet, auf diesen Zeitpunkt
aufzustellen ist.
Dieser Ausscheidungsbilanz sind die wahren Werte zum Auseinandersetzungszeitpunkt zugrunde zu legen.
Das Abfindungsguthaben ist in fünf gleichen Jahresraten auszuzahlen. Die erste Rate ist fällig sechs Monate nach dem
Ausscheidungszeitpunkt.
Das jeweilige Abfindungs(rest)guthaben ist mit 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jährlich
zu verzinsen. Die Zinsen sind jeweils mit den Jahresraten fällig.“
Der von der Firma E. GmbH zu zahlende Pachtzins setzt sich aus zwei Positionen zusammen. Der eine Teil bestimmt sich
nach der Größe der von der Pächterin genutzten Fläche des unbeweglichen Anlagevermögens, wobei die beiden
Parteien insoweit von einem monatlichen Zins in Höhe von 17,50 DM/m² ausgegangen sind (400.000 DM). Die
Überlassung des beweglichen Anlagevermögens, insbesondere der medizinisch technischen Ausstattung, wird
zusätzlich mit einem umsatzabhängigen Pachtzins, nämlich mit einer Jahrespacht in Höhe von ursprünglich 3 %, im
Zeitpunkt des Ausscheidens der Kläger von 8 % des Gesamtumsatzes der Klinik einschließlich der Ambulanz vergütet.
Der zwischen der Dres. A. GbR und der Firma E. GmbH geschlossene Pachtvertrag sieht eine Befristung bis zum
31.12.2015 vor. Inzwischen erfolgte eine Kündigung durch die Pächterin zum 31.12.2002, die jedoch auch weiterhin
ihren Betrieb in den Pachträumen fortführt. Nach dem Pachtvertrag hatte die Pächterin die notwendigen Versicherungen
und Nebenkosten mit Ausnahme der Grundsteuer zu tragen. Weiterhin sieht der Vertrag eine Pflicht der Verpächterin vor,
die für den vertragsmäßigen Gebrauch des Pachtobjekts erforderlichen Ersatzbeschaffungen vorzunehmen.
Im Rahmen der Gründung der Dres. A. GbR im Jahr 1990 wurden Verbindlichkeiten zur Finanzierung der Immobilie bzw.
der Umbauten aufgenommen. Diese Verbindlichkeiten betragen 8,980 Mio. DM. Die bestehenden
Darlehensrückzahlungsansprüche der Darlehensgeber wurden seinerzeit mit acht verschiedenen
Lebensversicherungen der Gesellschafter abgesichert, die im Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung einen Wert
von ca. 3.000.000 DM aufwiesen. Versicherungsnehmer aus den Versicherungsverträgen waren immer die
Gesellschafter aus der GbR. Bezugsberechtigt ist nach den Versicherungsverträgen die versicherte Person, also der
jeweilige Gesellschafter. Nach Abschluss der Versicherungsverträge wurden die Ansprüche der Versicherungsnehmer,
also der Gesellschafter, zur Sicherung der Darlehen an die …bank G. eG als Darlehensgeber abgetreten. Die
Versicherungsbeiträge für die einzelnen Versicherungen wurden jeweils von einem Konto der Gesellschaft selbst bezahlt
und anschließend den jeweiligen Gesellschaftern über Verrechnungskonten wieder belastet. Mit der Darlehensgeberin
war vereinbart worden, dass die Tilgung der aus den Darlehen zugunsten der Bank bestehenden Ansprüche aus den am
1.9.2005 fälligen Lebensversicherungen erfolgen sollte. Nach einer Aufstellung der Beklagten vom 29.11.2005 wurde
bezüglich der Lebensversicherungen ein Betrag von insgesamt 2.823.728 € (= 5.522.731,93 DM) ausgezahlt und zur
Tilgung der aufgenommenen Darlehen verwandt. Die Kläger haben die Auszahlungsbeträge bezüglich der von ihnen
abgeschlossenen Lebensversicherungen bestätigt. In Bezug auf die zurückzuzahlenden Darlehen ergab sich eine
Deckungslücke von 174.998,88 € (= 342.268,06 DM).
Die Parteien streiten über die Höhe des den Klägern jeweils zustehenden Abfindungsanspruchs, insbesondere über die
Methode der Wertermittlung für die Gesellschaft.
Die Beklagten haben bei der Ermittlung des Abfindungsanspruchs die von dem Gutachterausschuss ermittelten Werte
zugrunde gelegt, woraus sich letztlich ein negativer rechnerischer Unternehmenswert ergibt, so dass die Beklagten
jegliche Zahlung verweigern.
Die Kläger haben vorgetragen:
Bei der Berechnung des ihnen zustehenden Abfindungsbetrages sei von einem Unternehmenswert in Höhe von
18.317.000 DM auszugehen, woraus sich für den Kläger zu 1) ein Anspruch in Höhe von 732.680 DM und für die
Klägerin zu 2) ein Anspruch in Höhe von 1.099.020 DM ergebe. Die Bewertung des Unternehmens der Dres. A. GbR
habe nach der Ertragswertmethode zu erfolgen.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, eine Berücksichtigung des negativen Kapitals als unselbständiger
Rechnungsposten habe nicht zu erfolgen, da die Tatsache eines Minuskapitals bei der Wertermittlung keine Rolle spiele.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an den Kläger zu 1) 374.613,33 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 74.992,67 € seit dem 1.7.2000, aus
149.845,33 € seit dem 1.7.2001, aus 224.768 € seit dem 1.7.2002, aus 299.690,66 € seit dem 1.7.2003 und aus
374.613,33 € seit dem 1.7.2004 zu zahlen;
2. an die Klägerin zu 2) 561.920 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 112.384 € seit dem 1.7.2000, aus
224.768 € seit dem 1.7.2001, aus 337.152 € seit dem 1.7.2002, aus 449.536 € seit dem 1.7.2003 und aus 561.920 € seit
dem 1.7.2004 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen
und widerklagend,
1. es wird festgestellt, dass bei der im Zuge des Ausscheidens der Klägers zu 1) aus der Dres. A. Grundstücks- und
Verwaltungs Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung als Verbindlichkeit des
Klägers zu 1) zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos ein Betrag von 93.267,47 € (= 182.415,32 DM) als
unselbständiger Rechnungsposten einzustellen ist;
2. es wird festgestellt, dass bei der im Zuge des Ausscheidens der Klägerin zu 2) aus der Dres. A. Grundstücks- und
Verwaltungs Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung als Verbindlichkeit der
Klägerin zu 2) zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos ein Betrag von 139.901,22 € (= 273.623,02 DM) als
unselbständiger Rechnungsposten einzustellen ist.
Die Kläger haben beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten haben vorgetragen:
Den Klägern stehe ein Abfindungsanspruch nicht zu, da von einem negativen rechnerischen Unternehmenswert
auszugehen sei. Entscheidend sei im vorliegenden Rechtsstreit lediglich die Rechtsfrage, welcher „wahre Wert“ der GbR
zugrunde zu legen sei. Im Hinblick auf den Unternehmensgegenstand der Dres. A. GbR müsse im Rahmen der
objektivierten Bestimmung des wahren Wertes des Vermögens der GbR auf ein Ertragswertverfahren abgestellt werden,
welches an den objektivierten Vorgaben der Wertermittlungsverordnung ermittelt werden könne. Vor diesem Hintergrund
sei die von dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte vorgenommene Bewertung zutreffend, so dass insbesondere
das mit dem Klinikgebäude bebaute Grundstück einen Verkehrswert von 6.250.000 DM habe. Zusammen mit dem
weiteren Grundstück und dem Miteigentumsanteil bezüglich des Anwesens B.straße 6 in D. und der medizinisch-
technischen Ausstattung der Klinik ergebe sich ein Gesellschaftsvermögen von 6.942.460 DM. Diesem
Gesellschaftsvermögen stünden jedoch Verbindlichkeiten in Höhe von 8.960.000 DM gegenüber, so dass – auch unter
Berücksichtigung von Versicherungsansprüchen – ein negativer rechnerischer Unternehmenswert festzustellen sei.
Im Übrigen habe zwischen den Gesellschaftern Einigkeit dahingehend bestanden, dass die Wertermittlung –
entsprechend der Berechnung bei dem seinerzeitigen Ausscheiden der Eheleute F. – durch den Gutachterausschuss zu
erfolgen habe. Man habe insoweit übereinstimmend die Wertermittlung durch den Gutachterausschuss als mit dem
Gesellschaftsvertrag in Einklang stehend angesehen.
Die von der Klägerseite vorgenommene Berechnung des Unternehmenswertes berücksichtige insbesondere nicht, dass
aufgrund des Krankenhausplanes des Landes Rheinland-Pfalz von 1997 ein Abbau von rund 3.500 Betten im Bereich
der stationären Krankenhausleistungen bis zum Jahr 2002 erfolgen solle, was entsprechend zu einem erheblichen
Umsatzrückgang im Bereich der Klinik führe. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass auf die Pachterlöse erhebliche
Ertragssteuern zu zahlen seien. Schließlich sei von großer Bedeutung, dass der Unternehmenserfolg der E. GmbH ganz
maßgeblich auf den Einsatz des Beklagten zu 1) als Geschäftsführer und Chirurgen gegründet sei.
Die Beklagten haben weiterhin die Auffassung vertreten, dass im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtabrechnung
auch die wechselseitigen Ansprüche auszugleichen seien, so dass auch die negativen Kapitalkonten der Kläger zu
berücksichtigen seien.
Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom
22. Februar 2001 in Verbindung mit dem Beschluss vom 8. September 2003. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird verwiesen auf das schriftliche Sacherständigengutachten des Wirtschaftsprüfers und
Steuerberaters Dr. I. H. vom 25. April 2003 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 17. Dezember 2003. Weiterhin
hat der Sachverständige, auf Antrag der Beklagten, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2004, auf
deren Sitzungsniederschrift verwiesen wird, seine Gutachten mündlich erläutert.
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt,
an den Kläger zu 1) 165.658,57 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 33.131,71 € seit dem 1. Juli 2000, aus
66.263,42 € seit dem 1. Juli 2001, aus 99.395,13 € seit dem 1. Juli 2002, aus 132.526,84 € seit dem 1. Juli 2003 und aus
165.658,57 € seit dem 1. Juli 2004 und an die Klägerin zu 2) 248.487,85 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus
49.697,57 € seit dem 1. Juli 2000, aus 99.395,14 € seit dem 1. Juli 2001, aus 149.092,71 € seit dem 1. Juli 2002, aus
198.790,28 € seit dem 1. Juli 2003 und aus 248.487,85 € seit dem 1. Juli 2004 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage
abgewiesen. Die Widerklage hat es abgewiesen.
Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der landgerichtlichen
Entscheidung wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf das erstinstanzliche Urteil
verwiesen.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Wertermittlung für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der
Ertragswertmethode vorzunehmen sei, so dass das erstinstanzlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen H. von
seinem Ansatz her brauchbar sei. Sie machen jedoch geltend, dass der Sachverständige verschiedene Faktoren seiner
Bewertung zu ihren Lasten fehlerhaft angesetzt habe und deshalb zu einem zu niedrigen Unternehmenswert gelangt sei.
Gegenüber dem von den Beklagten vertretenen Standpunkt weisen sie darauf hin, dass die Gesellschaft bürgerlichen
Rechts nicht lediglich eine Immobilie vermietet, sondern ein voll ausgestattetes und funktionsfähiges Klinikgebäude
verpachtet habe.
Die Kläger beantragen,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an den Kläger zu 1) weitere 208.954,76 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 41.790,95 seit dem
1.7.2000, aus 83.581,90 € seit dem 1.7.2001, aus 125.372,85 € seit dem 1.7.2002, aus 167.163,80 € seit dem 1.7.2003
und aus 208.954,76 € seit dem 1.7.2004 zu zahlen;
2. an die Klägerin zu 2) weitere 313.432,15 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 62.686,43 € seit dem
1.7.2000, aus 125.372,86 € seit dem 1.7.2001, aus 188.059,29 € seit dem 1.7.2002, aus 250.745,72 € seit dem 1.7.2003
und aus 313.432,15 € seit dem 1.7.2004 zu zahlen
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen,
1. das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen;
2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils
a. festzustellen, dass bei der im Zuge des Ausscheidens des Klägers zu 1) aus der Dres. A. Grundstücks- und
Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung als Verbindlichkeit des
Klägers zu 1) zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos ein Betrag von 93.267,47 € (= DM 182.415,32) als
unselbständiger Rechnungsposten einzustellen ist;
b. festzustellen, dass bei der im Zuge des Ausscheidens der Klägerin zu 2) aus der Dres. A. Grundstück- und
Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung als Verbindlichkeit der
Klägerin zu 2) zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos ein Betrag von 139.901,22 € (= 273.623,02 DM) einzustellen
ist
sowie die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagten rügen, dass das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten auf einer fehlerhaften
Bewertungsmethode basiere. Sie sind der Auffassung, dass der Sachverständige fehlerhaft den Ertragswert der E. GmbH
berechnet habe und dass für die Bestimmung des Abfindungsanspruchs für das Ausscheiden aus der Dres. A.
Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts allein die Sachwerte der Immobilie und des Inventars
maßgeblich seien, nicht aber ein Ertragswert. Sie rügen, dass keine Auseinandersetzungsbilanz aufgestellt worden sei.
Sie berufen sich darauf, dass bei einem früheren Ausscheiden von Gesellschaftern alle an der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts Beteiligten sich darauf geeinigt hätten, die Bewertung durch den Gutachterausschuss vornehmen zu lassen, und
halten die durch diesen vorgenommene Bewertung auch für den Abfindungsanspruch der Kläger für maßgeblich.
Sie machen weiterhin geltend, bei einer Ertragswertermittlung, wie der Sachverständige H. sie vorgenommen habe,
müsse berücksichtigt werden, dass der Beklagte zu 1), von dessen Reputation und Tätigkeit der Klinikbetrieb in erster
Linie abhänge, wenige Jahre nach dem Ausscheiden der Kläger die Altersgrenze erreiche und dann nicht mehr in der
Klinik tätig sein könne. Es müsse weiter beachtet werden, dass bei der bereits 1999 in Vorbereitung befindlichen
Gesundheitsreform mit erheblichen Ertragseinbußen des Klinikbetriebes habe gerechnet werden müssen, die ein
rentables Betreiben der Klinik als zweifelhaft erscheinen ließen. Bei der Bewertung sei auch die Finanzierungsstruktur
nicht berücksichtigt worden. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe als reine Besitzgesellschaft keine Gewinne
erzielen sollen. Die vereinbarte Umsatzpacht habe lediglich der Deckung der Kosten dienen sollen – Zinsen und
Prämien der zur Absicherung der Finanzierung aufgenommenen Lebensversicherungen -. Nachdem die Beklagten
zunächst geltend gemacht hatten, dass die sich aus der Bilanz zum 31.12.1999 ergebenden negativen Kapitalkonten in
vollem Umfang von dem Abfindungsanspruch der Kläger abzusetzen seien, waren sie zuletzt der Auffassung, dass zu
untersuchen sei, ob in diesen negativen Kapitalkonten Entnahmen der Kläger enthalten seien, die als Darlehen gewertet
werden könnten, wobei allerdings nicht sie, die Beklagten, darlegungs- und beweisbelastet seien.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst
Anlagen verwiesen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 9. Oktober 2006 (Bl. 607 ff. d.A.). Hinsichtlich des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. Dezember 2008 (Bl. 929 ff. d.A.) sowie auf
die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. J. vom 7.12.2007 (Bl. 653 ff. d.A.) verwiesen.
II.
Im Ergebnis ist die Berufung der Beklagten in geringem Umfang begründet, die Berufung der Kläger nicht begründet.
Hierbei saldieren sich im Ergebnis Teilerfolge beider Seiten bei ihren inhaltlichen Angriffen zu einem geringfügigen
Abänderungserfolg der Beklagten bezogen auf die streitgegenständlichen Anträge.
Die den Klägern zustehende Abfindung ist auf 161.415 € und 242.122 € zu reduzieren. Zugrunde zu legen ist ein
maßgeblicher Unternehmenswert von 4.035.368 €.
Im Einzelnen gilt bei der abschließenden Beurteilung durch den Senat unter Berücksichtigung der schriftlichen und
mündlichen Äußerungen der Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. J. als wesentlicher Beurteilungsgrundlage für die vom
Senat vorzunehmende Schätzung nach § 287 ZPO folgendes:
Maßgeblich für die Höhe des jeweiligen Abfindungsanspruchs der Kläger ist der Wert der Dres. A. Grundstücks- und
Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts und ihrer Beteiligungen daran.
Hierzu sind vorab folgende grundsätzliche „Weichenstellungen“ für die Bewertung vor der Diskussion der Einzelschritte
der gutachterlichen Stellungnahmen festzuhalten (vgl. auch Senat, Urt. v. 14.12.2007– 10 U 1153/02 -, OLGR 2008
S.772, in Anl. z. Sitzungsprotokoll v. 18.4.2008).
Die vorzunehmende Wertermittlung bedeutet, wie auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, die richterliche
Ermittlung eines für die zu treffende Entscheidung über den Klageanspruch maßgeblichen tatsächlichen Sachverhalts
(vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990, Az: XII ZR 101/89). Hierfür bedarf es zunächst der ebenfalls tatrichterlicher
Richtigkeitsprüfung im Rahmen der nach § 287 ZPO anzustellenden Ermessensausübung unterliegenden Wahl einer für
die im Ergebnis erforderliche Schätzung geeigneten Methode (grundlegend bezüglich der vorzunehmenden Schätzung
vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1955, Az: II ZR 227/53). Entsprechend den nach dieser Methode bedingten
Feststellungserfordernissen sind dann, je nach den jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten unter Heranziehung
sachverständiger Beratung, teilweise konkret verifizierbare Anknüpfungstatsachen zu ermitteln und festzustellen,
teilweise in Ausübung sachgerechten Ermessens Festlegungen zu im Verfahren der Wertermittlung einzusetzenden
Schätzfaktoren zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1991, Az: II ZR 58/91). Die Schätzung selbst ist und bleibt
Sache des Gerichts, nicht etwa eines Sachverständigen. Die insoweit für den Senat entscheidungserheblichen
Gesichtspunkte werden nachfolgend aufgeführt.
Für die Wertermittlung ist entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. auf die Ertragsprognose für das
Unternehmen in der Zukunft aus der Sicht des Stichtages abzustellen. Dies entspricht der wesentlichen Einschätzung
des Wertes eines Unternehmens im Rechtsverkehr. Maßgeblich ist der finanzielle Zukunftsertrag (vgl. BGH, Urteil vom
18. April 2002, Az: IX ZR 72/99). Der von den Beklagten für zutreffend erachtete Sachwertansatz erscheint untauglich.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Bewertung der Gesellschaftsanteile nach Sachwertgesichtspunkten
zwischen den Parteien auch nicht gesellschaftsvertraglich vereinbart. Nach § 14 des Gesellschaftsvertrages erhalten
Gesellschafter, die aus der Gesellschaft ausscheiden, eine Abfindung in Höhe ihres Auseinandersetzungsguthabens
aufgrund einer besonderen Bilanz, die auf den dem Ausscheidungszeitpunkt folgenden Vierteljahresschluss oder, wenn
der Gesellschafter zum Ende des Geschäftsjahres ausscheidet, auf diesen Zeitpunkt aufzustellen ist. Dieser
Auseinandersetzungsbilanz sind die wahren Werte zum Auseinandersetzungszeitpunkt zugrunde zu legen. Eine
Bestimmung darüber, wie die „wahren Werte“ zu ermitteln sind, enthält der Gesellschaftsvertrag nicht. Insbesondere
lassen sich ihm keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Gesellschafter als die „wahren Werte“ – wie von den
Beklagten gewünscht – nur die Sachwerte der Immobilien und des Inventars bezogen auf den Zeitpunkt des
Ausscheidens angesehen haben. Zu ermitteln ist damit der „wahre“ innere Wert der Anteile der Kläger. Hierbei ist
maßgeblich der volle wirtschaftliche Wert des fortzuführenden Unternehmens, da das Unternehmen auch nach dem
Ausscheiden des Gesellschafters von den anderen Gesellschaftern fortgeführt wird. Demzufolge gilt als wahrer Wert in
der Regel der Fortführungswert und nicht der Liquidationswert. Bei der Unternehmensbewertung ist für das
fortzuführende Unternehmen die Ertragswertmethode anzuwenden. Der Ertragswert bestimmt im wesentlichen den
Verkehrswert, der für die Abfindungsbemessung entscheidend ist. Er richtet sich nach den künftig nachhaltig erzielbaren
Überschüssen, die zum Bewertungsstichtag abzuzinsen sind (Winnefeld, Bilanzhandbuch, 4. Aufl. Kapitel N, Rdn. 455).
Die Auffassung der Beklagten wird auch nicht durch die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. J.
gestützt. Dieser kommt nach ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Abfindungsklauseln,
welche dem ausscheidenden Gesellschafter nur eine Abfindung unterhalb des Wertes seines Anteils zugestehen, zu
dem Ergebnis, dass zu ermitteln sei, ob Gründe dafür vorliegen, dass in Abweichung vom Gesellschaftsvertrag das
Ertragswertverfahren zu wählen sei. Aus seinen Ausführungen erschließt sich jedoch nicht, dass in dem
Gesellschaftsvertrag ein anderes als das übliche Ertragswertverfahren vereinbart wurde. Eine Abfindungsklausel, die
dem ausscheidenden Gesellschafter nur eine Abfindung unterhalb des wahren wirtschaftlichen Wertes seiner
Beteiligung gewährt, ist in dem Vertrag nicht enthalten. Dies ist als Rechtsfrage nicht Gegenstand der
Beurteilungskompetenz des Sachverständigen, sondern in vom Senat vorzunehmender Vertragsauslegung zu
entscheiden.
Eine Bewertung nach Sachwerten hat vorliegend auch nicht deshalb zu erfolgen, weil die Gesellschafter sich bei dem
Ausscheiden der Gesellschafter F. darauf verständigt hatten, die Bewertung der gemeinsamen Immobilien durch den
Gutachterausschuss vornehmen zu lassen, und weil die Abfindung der Gesellschafter F. auf dieser Basis ohne
Ertragswertermittlung erfolgt ist. Dass die Gesellschafter in Abänderung des Gesellschaftsvertrages bei diesem Anlass
beschlossen haben, dass die Abfindung beim Ausscheiden künftig nicht mehr auf der Grundlage der wahren Werte,
sondern nur des Sachwertes erfolgen solle, haben auch die Beklagten nicht vorgetragen. Dass die Kläger, die beim
Ausscheiden der Gesellschafter F. noch in der Gesellschaft verblieben, der für die Gesellschaft und die verbleibenden
Gesellschafter günstigen Abfindungsberechnung nicht widersprochen haben, ist nachvollziehbar und bindet sie nicht für
den Fall ihres eigenen Ausscheidens hinsichtlich der Bewertung ihres Anteils und der Berechnung des
Abfindungsanspruchs.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus der Struktur des „Gesamtunternehmens“ mit Trennung von
Besitz und Betriebsgesellschaft nicht, dass für die Bewertung der Besitzgesellschaft nur auf die Sachwerte, nicht aber auf
den Ertragswert abzustellen ist. Die Auffassung der Beklagten, bei der Dres. A. Grundstücks- und
Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts habe es sich um eine reine Besitzgesellschaft gehandelt, die lediglich die
Kosten habe erwirtschaften sollen, aber keine Gewinne, und die nicht am wirtschaftlichen Erfolg der E. GmbH habe
teilnehmen sollen, sondern lediglich durch diese Pachtzahlungen in Höhe der bei ihr entstandenen Kosten für Zinsen
und Begleichung der Lebensversicherungsprämien erhalten sollen, findet in den tatsächlichen Verhältnissen, so wie sie
im Gesellschaftsvertrag geregelt sind und auch in den Bilanzen zum Ausdruck kommen, keine Stütze. Zunächst einmal
kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts keineswegs als reine Immobiliengesellschaft und als Besitzgesellschaft im
Rahmen der Betriebsaufspaltung angesehen werden. Sie ist nicht lediglich Eigentümerin der Immobilie, die sie
sozusagen zum Selbstkostenpreis an die Betriebsgesellschaft vermietet, sondern ihr gehört eine voll ausgestattete und
funktionsfähige Klinik, die sie in ihrer Gesamtheit an die Betreibergesellschaft E. GmbH verpachtet hat, wobei sie über die
vereinbarte teilweise Umsatzpacht für die beweglichen Gegenstände, welche die Festpacht für die Immobilie bei weitem
übersteigt, am Geschäftsergebnis der Betriebsgesellschaft durchaus teilnimmt. Auch trifft es nicht zu, dass sie keinen
Gewinn erwirtschaften sollte. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 28. Juli 1989 ist Gesellschaftszweck die
gewinnbringende Verwaltung und Vermietung des gemeinsamen Grundbesitzes. Auch die Beklagten gehen in ihrem
Schriftsatz vom 30. April 2007 (S. 12) davon aus, dass die Gesellschafter Gewinnentnahmen getätigt haben und dass es
entnahmefähige Ertragsteile gegeben hat. Aus dieser Vertragsgestaltung ergibt sich, dass auch die Dres. A.
Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts einen über den Sachwert der ihr gehörenden
Gegenstände hinausgehenden Geschäftswert gebildet hat.
Damit stellt die Ertragswertmethode in Bezug auf die hier zu bewertenden Gesellschaftsanteile die zutreffende
Wertermittlungsmethode dar.
Für die Ertragsprognose geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen H. von den sich aus den
Jahresbilanzen der letzten drei Jahre vor dem Ausscheiden der Kläger ergebenden Pachtzahlungen aus, die der
Sachverständige mit durchschnittlich 1.479.000 DM angegeben hat. Gegen diese Höhe haben die Parteien
Einwendungen nicht erhoben. Sie ergibt sich aus den der Bewertung zugrunde liegenden Jahresabschlüssen. Soweit
die Beklagten die Auffassung vertreten, der umsatzabhängige Teil des Pachtzinses dürfe in die Bewertung nicht
einfließen, da er der Schuldentilgung sowie der Zahlung der Prämien für die Lebensversicherung habe dienen sollen
und absehbar gewesen sei, dass die Zahlung dieses Pachtanteils nur zeitlich begrenzt sei, kann dem nicht gefolgt
werden. Diese Auffassung der Beklagten findet in den geschlossenen Verträgen keine Stütze. Anhand der von den
Parteien vorgelegten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass der umsatzabhängige Teil der Pacht zweckgebunden nur für
einen bestimmten Zeitraum gezahlt werden sollte.
Für die Ermittlung der maßgeblichen Nettoausschüttungen nimmt der Senat abweichend von den Ausführungen des
Sachverständigen Dr. H. insoweit den Empfehlungen des Sachverständigen Prof. Dr. J. folgend zwei zeitliche Phasen an,
und zwar zunächst die Zeit bis Ende 2005 (Phase I) und sodann als Phase II die Folgezeit. Diese zeitliche Aufspaltung
findet darin ihre Rechtfertigung, dass zum 1.9.2005 (für die vorzunehmenden Berechnungen wird zur Vereinfachung auf
das Jahresende abgestellt) die zur Ablösung der zur Finanzierung des Grundbesitzes abgeschlossenen
Lebensversicherungen fällig und auch zur Tilgung der Darlehen eingesetzt wurden. Damit verringerte sich die
Zinsbelastung der Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt erheblich, sodass die Nettoerträge stiegen. Nach der „Wurzeltheorie“
des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 1973, 509) kann dieser Umstand auch zugunsten der Kläger berücksichtigt
werden, da diese Entwicklung in der Vertragsgestaltung zwischen den Parteien bereits angelegt war und damit auch zum
Bewertungsstichtag als sicher bevorstehend anzusehen war. Für die Folgezeit ab 2006 sieht der Senat mit dem
Sachverständigen H. keine Veranlassung, etwa wegen des Ablaufs der Festpachtzeit Ende 2015, keine
Unternehmensfortsetzung auf Dauer („ewige Rente“) anzunehmen. Der Senat geht davon aus, dass nach 2015 bei im
Zweifel prognostizierbaren vergleichbaren Marktbedingungen eine im wesentlichen unveränderte Fortsetzung der
Vertragsbeziehungen weiter im beiderseitigen Interesse sein wird (näher zu Befürchtungen im Zusammenhang mit der
Gesundheitsreform weiter unten in anderem Zusammenhang; auch vorliegend kann der Senat diesem Gesichtspunkt
entscheidende Bedeutung nicht beimessen). Damit entfällt auch die sich angesichts des Immobilienbestands stellende
Frage des zusätzlichen Ansatzes eines (abzuzinsenden) Restwerts.
Aus dem ertragserhöhenden Einsatz der Lebensversicherungen folgt andererseits, dass diese nicht – wie der
Sachverständige Dr. H. es getan hat – als nicht betriebsnotwendiges Sondervermögen neben dem Ertragswert der
Gesellschaft gesondert berücksichtigt werden können. Der Senat sieht insoweit auch einen methodischen Widerspruch,
der jedenfalls nach den vorliegenden Prämissen nicht als unvermeidlich in Kauf genommen werden muß, da sich die
Erträge der Lebensversicherungen ab ihrem tatsächlichen Anfall über die korrelierende Minderung der Zinsbelastung in
entsprechend steigenden Erträgen widerspiegeln und damit sehr wohl bei geeigneter Ausgestaltung der
Ertragswertbeurteilung von dieser adäquat miterfaßt werden.
Ertragswertbeurteilung von dieser adäquat miterfaßt werden.
Nicht ertragsmindernd kann entgegen der Auffassung der Beklagten ein sogenannter „Managementfaktor“ angesetzt
werden bezogen auf das zum Bewertungsstichtag bereits absehbare Ausscheiden des Beklagten zu 1) als Chefarzt des
von der E. GmbH in den an diese verpachteten Räumen betriebenen Dr. A. Gefäßzentrums. Dieser Umstand betrifft zwar
zunächst direkt nur die E. GmbH. Als Folge des umsatzabhängigen Pachtanteils könnte er sich jedoch auch auf die
Erträge der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts auswirken. Es ist indes nicht
nachvollziehbar, dass der Ertrag ausschließlich und unmittelbar oder auch nur dauerhaft entscheidend von der
persönlichen Tätigkeit des Beklagten zu 1) abhängen soll. Das von der E. betriebene Krankenhaus beschäftigt nach dem
unbestrittenen Vortrag der Kläger 75 Mitarbeiter. Nicht nur der Beklagte zu 1) ist dort als Arzt tätig, sondern neben ihm
noch drei Oberärzte und mehrere Assistenzärzte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 1) alle im
Krankenhaus anfallenden Operationen, welche die Beklagten selbst mit mehreren tausend jährlich angeben, alleine
durchführen könnte. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Beklagten nach dem Ausscheiden der Mitgesellschafter wohl
alleinige Gesellschafter sowohl der Betriebs- als auch der Besitzgesellschaft sind, durch die Bestellung eines neuen gut
qualifizierten und renommierten Chefarztes für eine möglichst gewinnbringende Fortführung der Geschäfte des
Krankenhauses sorgen werden. Nicht gänzlich unberücksichtigt kann zudem bleiben, daß möglicherweise die Kosten
eines jüngeren Nachfolgers auch über einige Zeit niedriger sein könnten.
Weiterhin kann auch die von den Beklagten angesprochene Gesundheitsreform nicht im Rahmen einer
Ertragsminderung berücksichtigt werden. Entsprechend der „Wurzeltheorie“ des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1973,
509) dürfen für die maßgebliche Prognose grundsätzlich ausschließlich zum Stichtag feststehende und bekannte
Anknüpfungsmomente berücksichtigt werden und Weiterentwicklungen in der Folgezeit lediglich insoweit, als für diese
zum Stichtag bereits die „Wurzel“ einer entsprechenden absehbaren Entwicklung gelegt war. Voraussetzung für die
Berücksichtigung ist jedoch, dass eine entsprechende absehbare Entwicklung auch wirklich konkret erwartbar war. Nicht
berücksichtigt werden können spekulative Hoffnungen oder Befürchtungen, die ihre Grundlage in politischen Planungen
oder allgemeinwirtschaftlichen Erwartungen haben, sofern diese sich nicht konkret im Ertrag des Unternehmens
niederschlagen. Dass dies vorliegend der Fall war, kann nicht festgestellt werden. Die Beklagten haben zwar
umfangreich dargelegt, dass nach ihrem Dafürhalten mit den beabsichtigten Änderungen der Finanzierung im
Gesundheitswesen, die sie mit einer Vielzahl von Unterlagen zum Gesetzgebungsprozess untermauert haben, die
Rentabilität des Gefäßzentrums Dr. A. entscheidend beschränkt und dadurch auch die Ertragskraft der E. GmbH ganz
erheblich geschwächt werde, was sich auch auf die Pachteinnahmen der Dres. A. Grundstücks- und
Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts auswirken müsse. Schon dass diese von ihnen befürchteten Einbußen
auch tatsächlich eingetreten sind und das Gefäßzentrum Dr. A. wirtschaftlich die von ihnen prognostizierte negative
Entwicklung genommen hat, ist nicht ersichtlich. Es hätte den Beklagten als den nunmehr alleinigen Gesellschaftern der
Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts durchaus freigestanden, durch die Vorlage
konkreter Zahlen wenigstens zu belegen, dass sich die von ihnen befürchteten Ertragsrückgänge realisiert haben und
damit die Erträge der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund einer bereits im Zeitpunkt des Bewertungsstichtages
angelegten Entwicklung rückläufig sind, was die Annahme einer entsprechenden fundierten Prognose zum Stichtag
bestärkt hätte. Entsprechender konkreter Tatsachenvortrag fehlt jedoch. Insgesamt sieht der Senat nicht, daß im Rahmen
einer realistischen „ex ante-Prognose“ auf der Basis angelegter Entwicklungen im Sinne der „Wurzeltheorie“ die
angesprochenen Ertragsrisiken wirklich bereits hinreichend konkret und gewichtig gewesen wären.
Für die konkrete Bewertung sind vorab, vor Erstellung des Rechenwerks, die zu einzelnen Ansätzen des
Sachverständigen Dr. H. erhobenen Beanstandungen der Parteien abzuhandeln und die in den Einzelpunkten vom
Senat vorzunehmenden Weichenstellungen zu treffen:
Hinsichtlich der Reinvestitionsrate nimmt der Senat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. H. einen Wert von
2,5 % gemäß den getätigten Abschreibungen an. Der Sachverständige Prof. Dr. J. hat Einwendungen gegen diese Höhe
der Reinvestitionsrate nicht erhoben. Der Senat ist der Auffassung, dass eine Reinvestitionsrate von 2,5 %, die einer
Abschreibung über 40 Jahre entspricht, den Gegebenheiten im Krankenhausbereich, insbesondere der dort
erforderlichen Berücksichtigung moderner Standards bezüglich Hygiene, Unterbringung der Patienten, besser Rechnung
trägt, als die von den Klägern für richtig erachtete Reinvestitionsrate von 1,4 %, die einer Abschreibung von 70 Jahren
entspricht. Andererseits sind keine Tatsachen ersichtlich, die dafür sprechen, dass im Krankenhausbereich eine
Abschreibung innerhalb von nur 25 Jahren üblich sei. Es trifft nicht zu, dass der Sachverständige Prof. Dr. J. eine
entsprechende Behauptung aufgestellt hätte.
Die Schuldzinsen mindern sich in der Phase II nach Rückzahlung der zur Finanzierung der Immobilie aufgenommenen
Darlehen dauerhaft. Entgegen der Auffassung der Kläger sind auch die für das Darlehen der E. GmbH gezahlten Zinsen
abzusetzen. Damit wird berücksichtigt, dass die Lebensversicherungen insgesamt bei der Dres. A. Grundstücks- und
Verwaltungsgesellschaft zu berücksichtigen sind und nicht als Sondervermögen der Gesellschafter. Diese profitieren von
den Lebensversicherungen durch erhöhte Nettoerträge nach Tilgung der durch die Lebensversicherungen gesicherten
Darlehen.
Die vom Sachverständigen Dr. H. angesetzten Raumkosten in Höhe von 57.000 DM sind nicht gesondert zu
berücksichtigen. Nach Auffassung des Senats ist dieser Betrag in der erheblich darüber liegenden Reinvestitionsrate
enthalten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Nettoausschüttungen nicht um die Prämien der Lebensversicherungen
zu kürzen. Wie die Parteien dargelegt haben, beruht das verzinsliche Darlehen der E. GmbH darauf, dass die Prämien
der Lebensversicherungen von dieser gezahlt wurden. Die an diese hierfür zu erbringenden Zinsen sind im Rahmen der
Berechnung der Nettoerträge – wie oben ausgeführt – zu berücksichtigen. Damit ergibt sich, dass die Prämien für die
Lebensversicherungen nicht von den Gesellschaftern der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft
bürgerlichen Rechts aus den erhaltenen Ausschüttungen beglichen wurden. Damit können auch die
Nettoausschüttungen nicht um den Betrag der jährlichen Prämien für die Lebensversicherungen gekürzt werden. Die
Lebensversicherungen verbleiben damit insgesamt im Bereich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Ausgaben
hierfür finden dadurch Berücksichtigung, dass die gegenüber der E. GmbH aufzuwendenden Zinsen für die Finanzierung
der Versicherungsprämien dauerhaft zu berücksichtigen sind.
Die Erträge berechnen sich damit wie folgt:
Phase I
Phase II
Umsatzerlöse
1.479.000 DM
1.479.000 DM
Reinvestitionsrate
-345.000 DM
-345.000 DM
Versicherungen, Beiträge und
Abgaben
-6.000 DM
-6.000 DM
Betriebl. Kosten
-6.000 DM
-6.000 DM
Sonstige Aufwendungen
-1.000 DM
-1.000 DM
Sonstige Steuern
-21.000 DM
-21.000 DM
EBIT
1.100.000 DM
1.100.000 DM
Finanzergebnis/ Zinsen
-448.258 DM
-137.211 DM
Jahresüberschuss nach Zinsen
651.742 DM
962.789 DM
Pers. Einkommensteuer, 35 %
-228.110 DM
-336.976 DM
Jährl. Nettoausschüttung
423.632 DM
625.813 DM
Für die Phase I wird nicht von den vom Sachverständigen H. angegebenen Zinsen von 447.000 DM ausgegangen, da
eine Berechtigung für den gemachten Abschlag nicht zu erkennen ist. Für die Berechnung in Phase I legt der Senat die
sich aus dem Jahresabschluss 1999 ergebenden Zinsen, wie sie von der Gesellschaft konkret gezahlt wurden, zugrunde.
Es ergibt sich damit folgende Zinsaufstellung:
für langfristige Verbindlichkeiten
329.871,00 DM
für kurzfristige Verbindlichkeiten
10.847,48 DM
E. GmbH
107.539,96 DM
448.258,44 DM
Für die Phase II ist zu berücksichtigen, dass die Zinszahlungen für langfristige Verbindlichkeiten durch die Ablösung der
Darlehen mit Hilfe der Zahlungen der Lebensversicherungssummen weitgehend entfallen. Es verbleibt noch ein
Restdarlehen von 342.248,50 DM, bei einer angenommenen Verzinsung von jährlich 5,5 % ist ein Zinsbetrag von
18.823,67 DM zu berücksichtigen. Bei Unterstellung, dass die übrigen Zinszahlungen gleich bleiben, ergibt sich folgende
Zinsaufstellung
Restdarlehen
18.823,67 DM
Kurzfristige Verbindlichkeiten
10.847,48 DM
E. GmbH
107.539,96 DM
137.211,11 DM
Bezüglich der vorzunehmenden Kapitalisierung geht der Senat von folgenden Grundfaktoren aus:
Der Basiszinssatz ist in Übereinstimmung mit den Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. J. mit 6 % für die Dauerphase II
ab 2006 anzusetzen und nicht, wie die Kläger meinen, mit nur 5,5 %, da einleuchtende Gründe für eine Abweichung von
der Einschätzung der Sachverständigen nicht vorliegen, vielmehr zum Stichtag eine entsprechende Langfristprognose
durchaus gerechtfertigt erschien – wobei der Senat nicht verhehlt, daß nach seiner Einschätzung insoweit eher der obere
Rand des vertretbaren Rahmens erreicht sein dürfte, was, wie noch auszuführen, noch im Zusammenhang einer
Gesamtabwägung zu berücksichtigen sein wird -.
Anders allerdings für die Phase I bis Ende 2005: Insofern machen die Kläger im Ansatz zu Recht geltend, daß zum
Stichtag der Wert von 6 % allenfalls für die Langfristprognose zutreffend war, dagegen für den insoweit anzusetzenden
kürzeren Anlagehorizont deutlich geringere Werte realistisch waren (vgl. auch Senat a.a.O., in Anl. z. Sitzungsprotokoll v.
18.4.2008: S. 16 f.). Für die Phase I hält der Senat entsprechend eine – ebenfalls als eher noch hoch angesehene –
Verzinsung von 5,5 % für zutreffender.
Die Marktrisikoprämie ist jedoch nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. J. mit 5,5 % anzusetzen und
nicht, wie der Sachverständige Dr. H. dies getan hat, mit 5 %. Der Senat hält insofern die Einschätzung des
Sachverständigen Prof. Dr. J. aufgrund auch seiner mündlichen Erläuterungen für zutreffender. Es ist festzuhalten, dass
dieser Ansatz wiederum jedenfalls für Phase I in Relation zur Basiszinshöhe als an der oberen Grenze liegend
einzuschätzen ist.
Auch beim Betafaktor, der der Risikobewertung des Unternehmens am Markt dient, folgt der Senat dem
Sachverständigen Dr. H., der den Betafaktor mit 0,9 angesetzt hat, nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. J. hat insoweit
erläutert, dass für ihn der Zuschlag von 50 %, den der Sachverständige Dr. H. auf den zunächst mit 0,6 angesetzten
Betafaktor gemacht hat, nicht nachvollziehbar sei. Er hat allenfalls einen Zuschlag wegen der Kleinheit des Betriebes für
denkbar gehalten. Der Senat folgt den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. J.. Insoweit vermag der Senat den
Risikoeinschätzungen der Parteien nicht zu folgen. Der von den Klägern für zutreffend erachtete Betafaktor von 0,3 ist
eindeutig zu niedrig und trägt der Risikolage des vorliegend zu bewertenden Betriebes nicht hinreichend Rechnung.
Andererseits ist die von den Beklagten angenommene Risikobewertung mit einem Betafaktor von über 1 ebenfalls nicht
zutreffend, sondern zu hoch.
Im Ergebnis lässt der Senat es bei dem Betafaktor von 0,6 bewenden. Insoweit fällt auf, daß der Sachverständige Dr. H.
(S. 25 seines Gutachtens) der Ermittlung des Faktors eine aus der Sicht des Senats willkürliche Rundung beim Adjusted
Beta auf 0,5 zugrunde gelegt hat (zur Beurteilung von Rundungen noch sogleich), was auf ein leicht überhöhtes
Ergebnis deutet. Ein „Small Cap-Zuschlag“ erscheint angesichts der doch nicht ganz unerheblichen Betriebsgröße nicht
zwingend einleuchtend. Insgesamt läßt sich zu den Festlegungen zum Betafaktor festhalten, daß diese tendenziell leicht
in Richtung Untergrenze zu Gunsten der Kläger liegen.
Der typisierte Einkommensteuersatz wird auch in Bezug auf die angenommene Ersatzkapitalanlage mit 35 % angesetzt
gemäß den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. J., wobei mit dem Sachverständige Dr. H. als zutreffend
zugrunde gelegt wird, dass die persönliche Steuerpflicht nur einen Anteil von einem Drittel der Zuflüsse betrifft. Dies stellt
aus der Sicht des Senats wiederum eine tendenziell zu einem eher überhöhten Zinssatz beitragende Annahme dar; ein
höherer steuerpflichtiger Anteil der Zuflüsse erschiene durchaus nicht als lebensfremd.
Insgesamt kompensieren sich die angedeuteten Einschätzungsgewichtungen bezüglich einzelner Punkte zu Gunsten
oder zum Nachteil der einzelnen Parteien – die nicht in Frage stellen, dass der jeweils angesetzte Wert aus der Sicht des
Senats das jeweilige „Schätzoptimum“, allerdings unter Inkaufnahme eines gewissen vergröbernden „Rundungseffekts“,
darstellt - im Ergebnis, so dass der Senat insgesamt das gefundene Ergebnis zur Verzinsung für ausgewogen und
angemessen hält. Was – insbesondere bei der nachfolgenden Berechnung, aber auch allgemein - die Zulässigkeit von
Rundungen angeht, sieht der Senat es als systemwidrig und fehlerträchtig an, bei einzelnen Zwischenschritten allzu
großzügige Rundungen vorzunehmen, da sie die Gefahr mit sich bringen, die Ergebnisse willkürlich zu verfälschen, die
ihrerseits ja bereits auf „runden“ Schätzannahmen beruhen (vgl. auch Senat a.a.O., S. 18). Grundsätzlich ist folglich mit
mehreren Stellen hinter dem Komma zu rechnen und nur sehr zurückhaltend, lediglich bei den Endergebnissen
gegebenenfalls auch großzügiger zu runden.
Auch ein Wachstumsfaktor ist schließlich mit 1 % zu berücksichtigen.
Es berechnet sich damit der Kapitalisierungszins wie folgt:
Phase I Basiszins 5,5 %
Risikozuschlag 3,3 % (5,5x0,6 Betafaktor)
8,8 %
Steuer - 1,03 % ( 1/3 x 35 %)
Wachstum -1,0 %
Zinssatz
6,77 %
Phase II Basiszins 6,0 %
Risikozuschlag 3,3 % (5,5x0,6 Betafaktor)
9,3 %
Steuer - 1,09 % (1/3 x 35 %)
Wachstum - 1,0 %
Zinssatz
7,21 %
Für Phase I ergibt sich bei einer Laufzeit von 6 Jahren und einem Zinssatz von 6,77 % für den Barwert einer
nachschüssigen Jahresrente in Höhe der Erträge von jährlich 423.632 DM folgender Betrag zum Stichtag:
(Formel A
n
= R • 1 • q
n
- 1 )
q
n
423.632 x 1:1,0677
6
x (1,0677
6
- 1) : (1,0677 – 1) =
423.632 x 0,6750 x 7,1119 = 423.632 x 4,8005 =
2.033.645 DM.
Für Phase II ist zunächst eine „ewige Rente“ mit dem für diese Phase maßgeblichen Zinssatz zu bilden.
(Formel A = R x 1 : (q – 1) )
625.813 x 1 : 0,0721 = 625.813 x 13,8696 =
8.679.776 DM.
Dieser Wert ist noch - mit dem Zinssatz für Phase I – auf den Stichtag abzuzinsen.
(Formel K
o
= K
n
q
n
8.679.776 x 1 : 1,0677
6
= 8.679.776 x 0,6750 =
5.858.849 DM.
Insgesamt ergibt sich damit ein Wert von 2.033.645 + 5.858.849 =
7.892.494 DM =
4.035.368 €
Entsprechend ihren Anteilen bemißt sich demnach die Abfindung für den Kläger zu 1) auf 4 % =
161.415 €
und diejenige für die Klägerin zu 2) auf 6 % =
242.122 €
Das angefochtene Urteil ist auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Angriffs
entsprechend abzuändern. Die Berufung der Kläger ist zurückzuweisen. Zinsen sind wegen Verzugs zuzusprechen wie
beantragt nach den jeweiligen vertraglichen Ratenfälligkeiten.
Die Widerklage ist nicht begründet und wurde vom Landgericht zu Recht abgewiesen. Die Beklagten selbst haben in
ihrem Schriftsatz vom 30.4.2007 dargelegt, dass entgegen ihrem bisherigen Vorbringen nicht sämtliche auf den
negativen Kapitalkonten der Kläger verbuchten Beträge von dem Abfindungsguthaben in Abzug zu bringen seien,
sondern nur durchsetzbare Forderungen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter. Hierzu gehörten nicht die als
Privatentnahmen verbuchten Beiträge für die Lebensversicherungen. Soweit die Beklagten die Auffassung vertreten,
dass beim Jahresabschluss zum 31.12.1999 für jeden der Kläger dieses Verfahrens und des Parallelprozesses
gesondert die unter „Variables Kapital“ und „Privatentnahmen“ verbuchten Beträge daraufhin untersucht werden
müssten, ob dort neben Versicherungsprämien und Gewinnentnahmen noch weitere Entnahmen enthalten seien, die als
Darlehensforderung gegen den jeweiligen ausgeschiedenen Gesellschafter zu werten und damit von seinem
Abfindungsguthaben in Abzug zu bringen seien, sie selbst in dieser Frage jedoch nicht darlegungs- und beweisbelastet
seien, verkennen sie die Grundsätze des Zivilprozesses. Als beklagte Partei sind sie grundsätzlich für alle Umstände
darlegungs- und beweispflichtig, die den gegen sie geltend gemachten Anspruch verringern können. Die Kläger, die
ihrerseits für die Höhe ihrer Forderung darlegungs- und beweisbelastet sind, sind jedoch nicht gehalten vorzutragen und
nachzuweisen, dass in der Bilanz nicht ausgewiesene Forderungen der Gesellschaft gegen sie auch tatsächlich nicht
bestehen. Wenn die Beklagten behaupten wollen, dass in der Bilanz nicht ausgewiesene Darlehensforderungen der
Gesellschaft gegen die Kläger bestehen, also die auch von ihnen zu verantwortende Bilanz falsch ist, müssen sie
darlegen und nachweisen, dass derartige Forderungen bestehen und dass sie von dem Abfindungsguthaben
abzusetzen sind. Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast stellt sich als Selbstverständlichkeit des
Zivilprozesses dar; es handelt sich insoweit nicht etwa um einen hinweisbedürftigen, von den Parteien übersehenen
Punkt.
Die Berufung der Beklagten ist folglich auch insoweit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 und 4 ZPO, die Anordnungen zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben
sind.
Die Gegenstandswerte für den zweiten Rechtszug werden wie folgt festgesetzt:
Berufung des Klägers zu 1) : 208.954,76 €
Berufung der Klägerin zu 2): 313.432,15 €
Berufung der Beklagten gegenüber dem Kläger zu 1): 165.658,57 € zuzüglich Widerklage (vgl. insoweit Senatsbeschluß
zu 10 W 112/05) 2/3 x 93.267,47 € = 62.178,31 € = 227.836,88 €
Berufung der Beklagten gegenüber der Klägerin zu 2): 248.487,85 € zuzüglich Widerklage (vgl. insoweit Senatsbeschluß
zu 10 W 112/05) 2/3 x 139.901,22 € = 93.267.48 € = 341.755,33 €
Gesamtstreitwert im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1) und den Beklagten: 208.954,76 € + 227.836,88 € =
436.791,64 €
Gesamtstreitwert im Verhältnis zwischen der Klägerin zu 2) und den Beklagten: 313.432,15 € + 341.755,33 € =
655.187,48 €
Berufungsverfahren insgesamt:
1.091.979.12 €
Weiss Schwager-Wenz Zeitler-Hetger