Urteil des OLG Koblenz vom 12.12.2006

OLG Koblenz: freiwillige versicherung, beschwerdeinstanz, verordnung, rückstellung, kapitalertrag, eherecht, quelle, anwartschaft, umrechnung, avb

Familienrecht
OLG
Koblenz
12.12.2006
11 UF 441/06
Nur die im Rahmen der freiwilligen Versicherung bei der VBL extra zugesicherte Garantierente ist als unverfallbar in den
öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen.
Diese nur in der Leistungsphase dynamischen Anwartschaften bei der VBL extra sind gemäß § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB
unter Anwendung der Barwertverordnung umzurechnen.
Geschäftsnummer:
11 UF 441/06
8 F 428/05
AG Bingen
OBERLANDESGERICHT
KOBLENZ
BESCHLUSS
in der Familiensache
A… G…,
- Antragstellerin -
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
K…-H… G…,
- Antragsgegner -
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt
weiterhin beteiligt:
Deutsche Rentenversicherung Bund, 10704 Berlin,
Versicherungs-Nr.: 52 …… G 011 (Antragsgegner),
Deutsche Rentenversicherung Berlin, 14047 Berlin,
Versicherungs-Nr.: 12 …… Q 507 (Antragstellerin),
Kirchliche Zusatzversorgungskasse Darmstadt, Postfach 10 08 43, 65208 Darmstadt,
Versicherungs-Nr.: P-R 312 …… 01….04 (Antragstellerin),
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, Hans-Thoma-Straße 19,
76133 Karlsruhe,
Versicherungs-Nr.: …… 156 9/VL 209 (Antragsgegner),
- Beschwerdeführerin –.
Der 11. Zivilsenat – 3. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter
am Oberlandesgericht Werner, den Richter am Oberlandesgericht Diener und die Richterin am Landgericht Karl
am 12. Dezember 2006
b e s c h l o s s e n:
Auf die Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder wird das Urteil des Amtsgerichts –
Familiengerichts – Bingen am Rhein vom 14.06.2006 zu Ziffer 2), zweiter Absatz, teilweise abgeändert und neu gefasst
wie folgt:
Zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder,
Versicherungs-Nr.: …… 156 9/VL 209 werden auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen
Rentenversicherung Berlin – Versicherungs-Nr.:
12 …… Q 507 Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 164,83 € monatlich, bezogen auf den
30.9.2005, begründet.
Zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der freiwilligen Versicherung der VBL –
Versicherungs-Nr.: …… 156 9/VL 209 (VBLextra) werden Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe
von 5,77 € monatlich, bezogen auf den 30.9.2005, auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen
Rentenversicherung Berlin, Versicherungs-Nr.: 12 …… Q 507, begründet.
Der Monatsbetrag der zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Gerichtsgebühren werden für die Beschwerdeinstanz nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeinstanz werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.
Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil.
Der Gegenstandswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 1.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e:
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder ist
auch begründet.
Das Amtsgericht hat statt der nun geltenden Tabellenwerte der 3. Verordnung zur Änderung der Barwertverordnung noch
die Tabellenwerte der Tabelle 1 der Barwertverordnung in der Fassung der 2. Verordnung zur Änderung der
Barwertverordnung zugrunde gelegt.
Die in der Ehezeit (1.9.1970 bis 30.9.2005) von der Antragstellerin bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse
erworbenen Anwartschaften in Höhe von 33,44 € monatlich sind daher umzurechnen wie folgt:
33,44 € x 12 x 10,2 (Barwertfaktor aus der Tabelle 1 bei einem Alter von 53 Jahren am Ende der Ehezeit: 6,8 x 150 %) x
0,0001734318 x 26,13 = 18,55 €.
Die Anwartschaften des Antragsgegners bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder sind umzurechnen wie
folgt:
532,64 € x 12 x 12,0 (Tabelle 1, Barwertfaktor bei einem Alter 57 Jahren am Ende der Ehezeit: 8,0 x 150 %) x
0,0001734318 x 26,13 = 347,59 €).
Die VBL hat weiterhin mitgeteilt, dass ab 1.12.2002 bei ihr außerdem eine freiwillige Versicherung des Antragsgegners
bei der VBL Extra (Tarifvariante D, AVB 01) besteht. Die insgesamt auf diese freiwillige Versicherung entfallenden
Anwartschaften auf eine Betriebsrente belaufen sich auf 24,76 € monatlich. Der nach § 8 AVBextra garantierte Anteil
beläuft sich auf monatlich 18,56 €. Auch diese Anwartschaften sind teildynamisch, da sie während der
Anwartschaftsphase statisch sind und ab Rentenbeginn jährlich um 1 % steigen.
Da der Antragsgegner die Tarifvariante D gewählt hat, ist er bei der VBLextra nur im Hinblick auf eine Altersrente
versichert. Es ist daher bei der Barwertverordnung die Tabelle 2 maßgebend. Die VBL hat gebeten, aus
versicherungstechnischen Gründen die Begründung einer Rentenanwartschaft nach § 1 Abs. 3 VAHRG getrennt
(quotiert) nach Pflichtversicherung und freiwilliger Versicherung vorzunehmen.
Nach Auffassung der VBL ist die gesamte Anwartschaft in Höhe von 24,76 € unverfallbar und gemäß §§ 1587 a Abs. 4,
1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB mit Hilfe der Barwertverordnung umzurechnen.
Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem OLG Köln (Beschluss vom 14.8.2006
- 12 UF 12/06 – und vom 21.8.2006 – 4 UF 153/06 – der Auffassung, dass nur die Garantierente als unverfallbar in den
Versorgungsausgleich einzubeziehen ist, während die Differenz zwischen der Garantierente von 18,57 € und den
Anwartschaften in Höhe von insgesamt 24,76 € erst später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen
ist, § 1587 f., Ziffer 4 BGB. Gemäß § 8 der Versicherungsbedingungen für die freiwillige Versicherung VBLextra sind die
Betriebsrenten der Höhe nach bis zu 75 % garantiert. Bei unerwartet ungünstiger Entwicklung von Risiko und/oder
Kapitalertrag können Anwartschaften und Ansprüche, sofern der Einsatz der Verlustrücklage und der Rückstellung nach
§ 27 der Versicherungsbedingungen zu ihrer Aufrechterhaltung nicht ausreicht, um bis zu 25 % ihres ursprünglichen
Betrages herabgesetzt werden. Dies bedeutet nach Auffassung des Senats, dass insoweit die Anwartschaften nicht
unverfallbar sind. Wenn man anders entscheiden würde und dann später tatsächlich doch nur die Garantierente gezahlt
würde, würde eine Abänderung gemäß § 10 a VAHRG im vorliegenden Fall an der Wesentlichkeitsgrenze des § 10 a
Abs. 2 VAHRG scheitern.
Gemäß § 1587 a Abs. 4 BGB sind die in der Leistungsphase dynamischen Anwartschaften des Antragsgegners bei der
VBLextra nach § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB und daher unter Anwendung der Barwertverordnung umzurechnen (vgl. BGH,
FamRZ 1994, 23, 24). Hier kommt nicht die sogenannte versicherungsvertraglich Lösung gemäß § 2 III BetrAVG zum
Zuge (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 a Rn. 238 m.w.N.), so dass dahinstehen kann, ob
in einem solchen Fall deckungskapitalbezogene betriebliche Altersversorgungen nach § 1587 a III Nr. 1 BGB
umzuwerten sind (s. BGH, a.a.O., vgl. dazu auch Borth, FamRZ 96, 641 ff., 648).
Die Umrechnung der Garantierente in Höhe von 18,57 € ist daher vorzunehmen wie folgt:
18,57 € x 12 x 12,045 (Tabelle 2, Alter am Ende der Ehezeit 57 Jahre, 7,3 x 165 %) x 0,0001734318 x 26,13 = 12,16 €.
Gemäß § 1 III VAHRG ist daher der Versorgungsausgleich bezüglich der Zusatzversorgungen der Parteien
durchzuführen wie folgt:
Anwartschaften des Antragsgegners bei der VBL 347,59 €
Anwartschaften des Antragsgegners bei der VBLextra 12,16 €
359,75 €
abzüglich der Anwartschaften der Antragstellerin bei der
Kirchlichen Zusatzversorgungskasse - 18,55 €
341,20 €
: 2 = 170,60 €.
3,38 % dieses Ausgleichsbetrages sind zu Lasten der VBLextra auszugleichen (12,16 x 100 : 359,75), folglich also 5,77
€. Die Differenz zu 170,60 €, folglich also 164,83 € ist zu Lasten der VBL auszugleichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 8 GKG, 93 a I 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung aus § 49 GKG.
Werner Diener Karl