Urteil des OLG Karlsruhe vom 24.07.2003
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OLG Karlsruhe Beschluß vom 24.7.2003, 21 W 12/03
Kostenerstattungsanspruch: Erstattungsfähigkeit der Kosten für eine Hotelübernachtung
Leitsätze
1. Einer Partei kann nicht abverlangt werden, die in einer Rechtssache notwendig werdenden Reisen zur Nachtzeit zu beginnen. Als Nachtzeit ist in
Anlehnung an § 758 a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr anzusehen. Sofern zur pünktlichen Anreise zu einem Gerichtstermin ein
Reisebeginn vor 6.00 Uhr morgens erforderlich wäre, sind daher Hotelübernachtungskosten erstattungsfähige Kosten des Rechtsstreits.
2. Als Übernachtungskosten sind in den Großstädten des Oberlandesgerichtsbezirks Karlsruhe höchstens 75 EUR je Nacht als notwendige Kosten
erstattungsfähig.
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 27. August 2002 - 24 O
109/93- abgeändert:
aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Oberlandesgerichtes in Karlsruhe vom 6. Mai 1999 sind an Kosten zu erstatten:
2.319,87 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 % für die Zeit vom 13. September 2000 bis 30. September 2001 und i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz
nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 31. Dezember 2001 und i.H.v. 5 % Punkten über dem
Basiszinssatz für die Zeit ab 1. Januar 2002 von der Beklagten an den Kläger.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 6/10 und die Beklagte 4/10. Insoweit wird der Gegenstandswert für
das Beschwerdeverfahren auf 728,57 EUR festgesetzt.
Der Kläger hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Insoweit wird der Gegenstandswert auf 439,82 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Gemäß rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. Mai 1999 sind der Beklagten die Kosten erster und zweiter Instanz zu 95
%, die Kosten dritter Instanz zu 100 % auferlegt. Über die Kosten erster und zweiter Instanz erging Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Juli 2000,
über die Kosten dritter Instanz erging Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. September 2000. Hierbei nicht einbezogen waren die vom Kläger mit
Schriftsatz vom 12. September 2000 geltend gemachten Reisekosten und Auslagen. Hierüber ist der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss
des Landgerichts Mannheim vom 27. August 2002 ergangen, mit welchem die geltend gemachten Kosten nur teilweise zur Erstattung festgesetzt
wurden. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2002 Rechtsmittel eingelegt.
II.
2 Das sachdienlich als sofortige Beschwerde zu wertende Rechtsmittel vom 4. Oktober 2002 ist gemäß §§ 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO zulässig,
insbesondere fristgerecht eingelegt. Zur Entscheidung ist gemäß § 568 ZPO der Einzelrichter berufen.
3 Die sofortige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
4 Die Reisekosten vom 16. März 1998 wurden zurecht nicht berücksichtigt. Die Wahrnehmung des an diesem Tag stattfindenden
Besprechungstermin mit seinem Prozessbevollmächtigten durch den Kläger war nicht notwendig im Sinne des § 91 ZPO. Der dieser Besprechung
nachfolgende Schriftsatz des Klägervertreters vom 24. April 1998 knüpft lediglich erweiternd und vertiefend an Tatsachenvortrag an, welcher
bereits zuvor in erster Instanz geführt worden war (Schriftsätze vom 20. Februar und 23. März 1995). Somit waren die erstinstanzlichen
Prozessbevollmächtigten des Klägers ausreichend informiert, weitere Einzelheiten hätten ohne Durchführung einer Besprechung
fernmündlich/schriftlich geklärt werden können. Darauf, dass der nach Zurückverweisung des Rechtsstreits durch den Bundesgerichtshof vom
Kläger vollzogene Anwaltswechsel eine persönliche Besprechung erforderlich gemacht hätte, kann sich der Kläger von vornherein nicht berufen.
Denn es ist nicht dargetan, dass dieser Anwaltswechsel notwendig gewesen wäre (ebenso schon Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Juli 2000,
S. 6).
5 Die Reisekosten des Klägers für die Terminswahrnehmung am 23. Januar 1996, 4. Juni 1997, 19. Januar 1999 und 6. Mai 1999 wurden im
angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss bereits grundsätzlich berücksichtigt, allerdings ohne die geltend gemachten Hotelkosten. Insoweit hat
die sofortige Beschwerde des Klägers teilweise Erfolg. Angemessene Kosten einer Hotelübernachtung anlässlich dieser Reisen sind dem Kläger
zu erstatten. Als angemessen und ausreichend sind aber von den von Klägerseite geltend gemachten Beträgen jeweils nur höchstens 75
EUR/Nacht anzusetzen.
6 Die Hotelübernachtungen waren für den Kläger notwendig, er war nicht gehalten, zur Wahrnehmung der Gerichtstermine jeweils noch am selben
Morgen von seiner Wohnung in Münster nach Karlsruhe anzureisen. Einer Partei kann nicht abverlangt werden, die in einer Rechtssache
notwendig werdenden Reisen zur Nachtzeit durchzuführen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758 a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00
Uhr anzusehen. Eine Anreise, bei welcher der Kläger seine Wohnung vor 6.00 Uhr morgens hätte verlassen müssen, musste der Kläger also nicht
durchführen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, wenn der Kläger zu Terminsbeginn jeweils um 10.00 Uhr im Gerichtsgebäude in Karlsruhe
hätte anwesend sein wollen.
7 Anzuerkennen sind allerdings nur Übernachtungskosten in notwendigem Umfang. Dieser beträgt höchstens 75 EUR je Nacht. Zu diesem Preis
werden in Karlsruhe ebenso wie in den anderen im Oberlandesgerichtsbezirk liegenden Großstädten in ausreichendem Umfang dem heute
üblichen Standard entsprechende Einzelzimmer angeboten.
8 Da die Beklagte die Kosten zweiter Instanz zu 95 %, die Kosten dritter Instanz zu 100 % zu tragen hat, sind somit 3 Übernachtungen à 75 EUR zu
95 %, eine Übernachtung à 75 EUR zu 100 %, insgesamt 288,75 EUR, zusätzlich zur Erstattung festzusetzen.
9 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Da Gerichtskosten nur insoweit anfallen, als die Beschwerde zurückgewiesen
wurde, wurden dem Kläger die Gerichtskosten in vollem Umfang auferlegt. Der Beschwerdewert ergibt sich aus den vom Kläger für die in der
Beschwerde weiter verfolgten Positionen angemeldeten Kosten unter Berücksichtigung der prozentualen Höhe seines
Kostenerstattungsanspruchs. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 ZPO liegen nicht vor.