Urteil des OLG Karlsruhe vom 30.11.2006

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OLG Karlsruhe Beschluß vom 30.11.2006, 16 WF 215/06
Zugewinnausgleich: Anspruch auf Auskunft über illoyale Vermögensverschiebungen; Darlegungs- und
Beweislast
Tenor
Der Antragsgegnerin wird Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das Teilurteil des Amtsgerichts
- Familiengericht - Tauberbischofsheim vom 15.09.2006 versagt.
Gründe
I.
1
Zwischen den Parteien ist auf Antrag des Ehemannes das Scheidungsverfahren anhängig.
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Der Antragsteller wurde mit Teilanerkenntnisurteil vom 24.10.2003 verurteilt, Auskunft über den Stand seines
Endvermögens am 13.09.2002 durch Vorlage eines schriftlichen Verzeichnisses zu erteilen .... Mit Teilurteil
vom 05.07. 2005 wurde er verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Auskunft durch Schreiben seines
anwaltlichen Vertreters vom 23.03.2005 sowie 07.01.2005 eidesstattlich zu versichern ... . Dies ist am
06.02.2006 vor dem Amtsgericht ... erfolgt.
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Vorliegend begehrt die Antragsgegnerin in der Folgesache Zugewinnausgleich ergänzende Auskunft über von
ihr behauptete illoyale Vermögensverfügungen des Antragstellers.
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Unstreitig hat der Antragsteller bei der Berechnung seines Zugewinns vorgetragen, dass zu seinem
privilegierten Anfangsvermögen das von seiner Mutter ihm am 2.4.1996 übertragene Grundstück gehöre. Die
Antragsgegnerin trägt nun vor, sie habe in Erfahrung gebracht, dass der Antragsteller am 27.07.2001 das
Grundstück auf die gemeinsame Tochter V., geboren am 04.05.1989, übertragen hat. Dies könne eine illoyale
Vermögensverfügung sein. Der Antragsteller müsse ergänzend Auskunft über sein Vermögen zum 30.11.2000
erteilen.
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Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antragsteller zu verurteilen, Auskunft zum 30.11.2000 über sein
gesamtes Barvermögen sowie Wertpapiervermögen bei den Banken durch Vorlage entsprechender
Bankbestätigungen sowie eine Kopie der notariellen Urkunde, die der Grundstücksübertragung des
Antragstellers auf seine Tochter vom 27.07.2001 zugrunde lag.
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Der Antragsteller hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.
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Mit Teilurteil vom 15.09.2006 hat das Familiengericht die Klage der Antragsgegnerin auf ergänzende Auskunft
zurückgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Ein Recht auf Auskunft über illoyale
Vermögensminderung ergebe sich aus § 242 BGB. Es müssten jedoch konkrete Tatsachen vorgetragen
werden, die ein unter § 1375 Abs. 2 BGB fallendes Handeln nahe legen. Hierfür genüge nicht die Übertragung
eines Grundstücks auf das gemeinsame Kind der Parteien zu einem Zeitpunkt, zu dem die Parteien unstreitig
noch nicht getrennt gelebt haben. Zudem habe die Antragsgegnerin hiervon offensichtlich Kenntnis gehabt. Für
etwas anderes sei sie darlegungs- und beweisfällig geblieben.
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Gegen das der Antragsgegnerin am 22.09.2006 zugestellte Urteil hat diese mit am 20.10.2006 eingegangenen
Fax Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren begehrt.
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Sie trägt vor, im Februar 2006, nachdem der Antragsgegner die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe
und der Antragsgegnerin erinnerlich war, dass ein Grundstück des Antragstellers noch während der Ehe
vorhanden gewesen sei, sei sie misstrauisch geworden. Im Rahmen der Grundbucheinsicht habe sich
herausgestellt, dass die dem Antragsteller gehörende Immobilie ... (Grundstück Flst.-Nr. ...) am ....2001 auf die
gemeinsame Tochter V. übertragen worden sei (Teilausdruck aus dem Grundbuch Nr. ...; ... . Sie habe sich
erst im Laufe des Verfahrens im Jahr 2003 insbesondere aufgrund der Übertragung eines anderen Anwesens
der Parteien in ... auch an dieses Grundstück des Antragstellers erinnert. Sie habe sich nicht erinnert, dass
eine Übertragung vom Antragsteller an die Tochter V. erfolgt sei.
10 Sie beantragt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag auf
Auskunft weiterverfolgt.
11 Der Antragsteller beantragt Zurückweisung des Antrags auf Prozesskostenhilfe.
II.
12 Die beabsichtigte Berufung hat keine hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO).
13 Das Familiengericht hat zutreffend den Antrag auf Auskunft (§ 242 BGB) versagt.
14 1.) Die Übertragung eines Grundstücks auf die gemeinsame Tochter V. kann zwar einen Fall des § 1375 Abs. 2
Nr. 1 BGB darstellen. Sie ist der Antragsgegnerin bekannt und unstreitig. Der Antragsteller behauptet als Motiv,
es habe die berufliche Zukunft der Tochter gesichert werden sollen, die derzeit eine ... arbeit fertige und eine
selbständige Tätigkeit anstrebe. Anspruch auf Vorlage des notariellen Übertragungsvertrags hat die
Antragsgegnerin nicht.
15 2.) Die Antragsgegnerin hat auch keinen Anspruch auf Auskunft über das Bar- und Wertpapiervermögen des
Antragstellers am 30.11.2000. Der Anspruch ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Übertragung des
Grundstücks auf die Tochter V. als illoyale Vermögensminderung im Sinne des § 1375 Abs. 2 Nr. 3 BGB
bezeichnet werden könnte.
16 a) Ein Anspruch auf Auskunft über illoyale Vermögensverschiebungen kann sich aus § 242 BGB ergeben. Er
geht indessen nicht auf einen bestimmten Inbegriff von Gegenständen, also nicht allgemein auf alle in § 1375
Abs. 2 BGB aufgeführten Vermögensminderungen. Er beschränkt sich auf einen bestimmten Tatbestand. Der
Auskunft verlangende Ehegatte muss konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne des § 1375 Abs. 2
BGB vortragen, der andere Ehegatte nur darüber Auskunft erteilen (BGH FamRZ 1982, 27, 28). Vor diesem
Hintergrund ist nicht ersichtlich, wie die Antragsgegnerin den Anspruch auf Auskunft über das Bar- und
Wertpapiervermögen des Antragstellers am 30. 11.2000 begründen könnte.
17 b) Bezogen auf die Übertragung des Grundstücks auf die Tochter V. als illoyale Vermögensminderung ist
festzuhalten:
18 Für die von der Antragsgegnerin behauptete illoyale Vermögensminderung im Sinn des § 1375 Abs. 2 Nr. 3
BGB muss die Benachteiligungsabsicht das leitende Motiv gewesen sein (BGH FamRZ 2000, 948). Die
Darlegungs- und Beweislast trägt, wer sich auf den Tatbestand des § 1375 Abs. 2 BGB beruft
(Hoppenz/Hoppenz, Familiensachen, 8. Auflage, §§ 1374 bis 1376 Rn. 100). Zwar reicht es nach § 1375 Abs. 2
BGB aus, dass ein Ehegatte „nach Eintritt des Güterstandes“ diese Handlung vorgenommen hat. Ist eine
Handlung dieser Art indessen vor der Trennung vorgenommen worden, indem ein Vermögensgegenstand auf
das gemeinsame Kind übertragen wurde , spricht sehr viel dafür, dass eine illoyale Vermögensminderung nicht
vorliegt. Hier ist folgendes zu berücksichtigen: Der Antragsteller hat eine Trennung der Ehegatten für November
2000 behauptet. Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Scheidungsantrags beantragt, mit der
Behauptung, die Parteien würden erst seit Ende Juni 2002 getrennt leben. Sie hätten noch bis Juni 2002
gemeinsam gegessen. Die Antragsgegnerin habe gekocht. Sie beruft sich hierbei auch auf das Zeugnis der
gemeinsamen Kinder. In ihrem Antrag auf Regelung der Vermögenssorge, mit dem sie erreichen möchte, dass
ihr im Hinblick auf Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Vermögensangelegenheiten der Tochter V.
gegen den Antragsgegner die Prozessführungsbefugnis übertragen werde, hat sie ebenfalls behauptet, die
Ehegatten würden seit Ende Juni 2002 voneinander getrennt leben. In der mündlichen Verhandlung vom
01.07.2003 ... haben die Parteien erklärt, man lebe zumindest seit 30.06.2002 getrennt. Der Vortrag der
Antragsgegnerin, der Antragsteller habe „hinter ihrem Rücken“ und ohne ihr Wissen in Benachteiligungsabsicht
ein Grundstück auf die gemeinsame Tochter übertragen, ist damit nicht hinreichend substantiiert.