Urteil des OLG Karlsruhe vom 16.06.2006

OLG Karlsruhe: Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten, geschäftsführung ohne auftrag, abmahnung, auflage, verschulden, rechtfertigung, vergleich, berechtigung, vorschlag, rechtsberatung

OLG Karlsruhe Beschluß vom 16.6.2006, 6 W 46/06
Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten
Leitsätze
Sind Gegenstand enier Zahlungsklage die Abmahnkosten in einem Kennzeichenstreit, handelt es sich dabei wiederum um eine
Kennzeichenstreitsache, weshalb die Kosten eines mitwirkenden Patentanwalts nach § 140 Abs. 3 MarkenG erstattungsfähig sind.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 04.04.2006 – 7 O 334/05 –
wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 261,50 festgesetzt.
Gründe
I.
1 Die Klägerin ist Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Marke ... ... „R.“. Die Beklagte hatte die Domain „R..de“
angemeldet und mit ihrem Internet-Auftritt verlinkt. Die Klägerin hat die Beklagte aufgefordert, die weitere Nutzung dieser Domain zu unterlassen,
deren Löschung zu veranlassen und die Rechts- und Patentanwaltskosten in Höhe von jeweils einer 1,3 - Geschäftsgebühr zuzüglich
Auslagenpauschale zu erstatten. In der Folge gab die Beklagte die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, teilte aber zugleich
mit, sie sei nur zur Erstattung der Rechtsanwaltkosten bereit. Die Klägerin nahm die Beklagte daraufhin im vorliegenden Rechtsstreit auf Erstattung
der durch die Abmahnung entstandenen Patentanwaltskosten in Höhe von EUR 1.399,80 in Anspruch. Auf Vorschlag des Landgerichts schlossen
die Parteien einen Vergleich, in dem sich die Beklagte zur Zahlung von EUR 1.100 und zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits verpflichtete.
2 Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragte die Klägerin die Festsetzung von Rechtsanwaltskosten und Patentanwaltskosten in
Höhe von jeweils einer 1,3 - Verfahrensgebühr und einer 1,0 - Einigungsgebühr. Die Beklagte trat dem Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der
Kosten des Patentanwalts entgegen. Sie meint, jedenfalls für diesen Rechtsstreit könnten Patentanwaltskosten nicht geltend gemacht werden.
Dass für die Geltendmachung von Patentanwaltskosten für die Abmahnung wiederum die Einschaltung eines Patentanwalts gerechtfertigt sein
solle, sei nicht nachvollziehbar.
3 Die Rechtspflegerin hat die Kosten antragsgemäß festgesetzt und der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht
abgeholfen.
II.
4 Die zulässige, insbesondere fristgerechte Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist nicht begründet.
5 Nach § 140 Abs. 3 MarkenG sind von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, die
Gebühren nach § 13 RVG und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten. Der Zweck dieser Norm liegt darin, die
Durchsetzung des Erstattungsanspruchs zu erleichtern, indem derjenige, der dem Grunde nach einen Kostenerstattungsanspruch hat, vom
Nachweis der Notwendigkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts entbunden wird.
6 Bei dem hier zugrunde liegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine Kennzeichenstreitsache. Mit der Klage wurde ein Anspruch auf Erstattung
der Kosten einer Abmahnung geltend gemacht. Diese Abmahnung diente der Durchsetzung von Ansprüchen nach § 14 MarkenG. Muss der
Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Abmahnung in einem Kennzeichenstreit gerichtlich geltend gemacht werden, handelt es sich dabei
wiederum um eine Kennzeichenstreitsache i.s. des § 140 Abs. 1 MarkenG (OLG Frankfurt, GRUR-RR 2001, 199; ebenso schon OLG München,
Mitt. 1982, 199 zu § 32 Abs. 5 WZG; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 140 Rn. 11). Das gilt worauf der Vorsitzende des Zivilkammer 7 des
Landgerichts bereits in seinem Vergleichsvorschlag vom 19.01.2006 zutreffend hingewiesen hat, unabhängig davon, ob der Anspruch auf
Erstattung der Abmahnkosten, wie im Regelfall, sich als Schadensersatzanspruch aus § 14 Abs. 6 MarkenG ergibt, oder, wenn ausnahmsweise
ein Verschulden fehlt, nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag begründet ist. Die Rechtfertigung dieser Einordnung als
Kennzeichenstreitsache ergibt sich daraus, dass in dem Streit um die Berechtigung der Abmahnkosten regelmäßig zeichenrechtliche Fragen zu
erörtern sind.
7 Damit bleibt das Rechtsmittel der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO erfolglos. Der Wert des Beschwerdeverfahrens ergibt sich
aus der Höhe der zur Festsetzung beantragten Patentanwaltskosten. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass
8 es sich bei dem Streit über die Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten im Kostenfestsetzungsverfahren nicht um eine
Kennzeichenstreitsache handelt (OLG Frankfurt, a.a.O., Senat; Mitt. 1977, 199.)