Urteil des OLG Karlsruhe vom 13.02.2014

OLG Karlsruhe: befangenheit, operation, unparteilichkeit, abend, überschreitung, hauptsache, erheblichkeit, bezifferung, reduktion, kompetenz

OLG Karlsruhe Beschluß vom 13.2.2014, 7 W 10/14
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Heidelberg
vom 07. Januar 2014 - 4 O 270/10 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerderechtszugs.
3. Der Streitwert des Beschwerderechtszugs wird auf bis zu 7.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Die Klägerin macht mit der Klage einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen
unzureichender Aufklärung und fehlerhafter ärztlicher Behandlung geltend.
2 Nach Erstattung eines schriftlichen Gutachtens vom 15.05.2013 (AS 227-297) durch den
vom Landgericht bestellten Sachverständigen Prof. Dr. O. hat sie mit einem am 16.07.2013
beim Landgericht Heidelberg vorab per Telefax eingegangenen Schriftsatz (AS 327/329-
347) den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Frist zur
Stellungnahme zu dem Gutachten war ihr zuvor mit gerichtlicher Verfügung vom
15.07.2013 (AS 325) bis zum 16.07.2013 verlängert worden. Wegen der Einzelheiten wird
auf den angegriffenen Beschluss vom 07.01.2014 (AS 371-381), mit welchem das
Landgericht das Befangenheitsgesuch als unbegründet zurückgewiesen hat, Bezug
genommen. Gegen diesen ihr am 13.01.2014 (AS 385) zugestellten Beschluss wendet
sich die Klägerin mit ihrer vorab per Telefax am 27.01.2014 beim Landgericht sofortigen
Beschwerde selben Datums (AS 387/389-395), der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
II.
3 Die gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige,
insbesondere gemäß § 569 ZPO frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde
hat in der Sache keinen Erfolg.
4 Das Befangenheitsgesuch der Klägerin wurde fristgerecht eingereicht. Ergibt sich der
Grund zur Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit aus
dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im Allgemeinen - wie auch hier - die Frist für
die Ablehnung des Sachverständigen gem. § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO gleichzeitig mit der vom
Gericht gesetzten - auch verlängerten - Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO
ab, wenn sich die Partei zur Begründung des Antrags mit dem Inhalt des
Sachverständigengutachtens auseinander setzen muss (BGH, NJW 2005, 1869 f., juris Tz.
12; OLGR Saarbrücken 2007, 374 ff., juris Tz. 7 f.).
5 Zu Recht hat das Landgericht das Befangenheitsgesuch der Klägerin jedoch für
unbegründet erachtet.
6 1. Nach § 406 Abs. 1 S. 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die
zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Für die Besorgnis der
Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige
parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr
rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die
Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn vom Standpunkt der ablehnenden
Partei aus bei vernünftiger Betrachtung genügend Gründe vorhanden sind, die in den
Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des
Sachverständigen zu erregen (vgl. BGH, NJW-RR 2013, 851 f., Tz. 10 m.w.N.).
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a) Derartige Zweifel können dann entstehen, wenn der Sachverständige bei der
Gutachtenserstellung eigenmächtig über die ihm durch den Beweisbeschluss und den
Gutachterauftrag gezogenen Grenzen hinausgeht und den Prozessbeteiligten
unzulässiger Weise den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des
Rechtsstreits weist. Ein solches Misstrauen kann sich anerkanntermaßen weiterhin aus
dem Umgang des Sachverständigen mit dem Prozessstoff und dem daraus vom Gericht
abgeleiteten Gutachtensauftrag ergeben etwa, wenn der Sachverständige gegen
richterliche Weisungen verstößt, seine Befugnisse überschreitet, vom Beweisbeschluss
abweicht oder Beweisthemen umformuliert und substantiierten Vortrag einer Partei
gänzlich unberücksichtigt lässt. Nicht jede Überschreitung dieser Grenzen durch den
Sachverständigen rechtfertigt jedoch bereits die Besorgnis der Befangenheit. Vielmehr ist
eine Entscheidung nach Lage des Einzelfalles zu treffen (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 12 m.w.N.;
Senat, Beschluss vom 26.01.2012, Az. 7 W 20/11; OLG Jena, Beschluss vom 28.12.2012,
Az. 6 W 422/12, juris Tz. 11; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 406 Rn. 8/9 m.w.N.).
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b) So wurde etwa eine Befangenheit bejaht, wenn der medizinische Sachverständige das
Gericht darauf hinweist, dass aus den übermittelten Behandlungsunterlagen nicht
hervorgeht, inwieweit und in welcher Form eine Aufklärung und Einverständniserklärung
des Patienten stattgefunden hat, ohne dass dies Gegenstand des Gutachtensauftrags war
(OLG München, VersR 2008, 944, juris Tz. 12). Auch, wenn der Sachverständige mit
seinen Feststellungen eindeutig über den ihm erteilten Gutachtensauftrag hinausgeht,
ohne zuvor auf eine gerichtliche Ergänzung der Beweisfrage hingewirkt zu haben, kann er
den Eindruck zu erwecken, er wolle an Stelle des Gerichts festlegen, welche Fragen
beweisbedürftig sind, und dadurch Misstrauen in seine Unparteilichkeit mit der Folge
hervorrufen, dass ein Ablehnungsantrag wegen Besorgnis der Befangenheit begründet ist
. Dies wurde etwa angenommen, wenn er ungefragt in einem „Medizinisch-Technischen
Biomechanikgutachten” feststellt, dass eine leichte HWS-Distorsion bei der Klägerin nicht
ausgeschlossen werden könne, dass die Dauer von deren Beschwerden jedoch
sachverständigerseits nicht mit dem Kollisionsablauf in Einklang zu stehen scheine, weil
die Schmerzen entsprechend der hierzu korrelierenden Erkenntnisse aus der
Unfallforschung binnen maximal zwei Wochen vollständig hätten abgeklungen sein
müssen (OLG Celle, NJW-RR 2003, 135, juris Tz. 6). Auch mag ein Sachverständiger mit
Erfolg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn er, statt die ihm
abstrakt gestellte Beweisfrage zu beantworten, das Vorbringen der Parteien auf
Schlüssigkeit und Erheblichkeit untersucht und in seinem Gutachten feststellt, angesichts
des Inhalts der von ihm ermittelten Parteivereinbarungen komme es auf die Beweisfrage
nicht an (OLG Köln, NJW-RR 1987, 1198 f.). Erfolgreich kann ein Ablehnungsgesuch
auch sein, wenn der Sachverständige sich auf das nach § 286 ZPO allein dem Gericht
vorbehaltene Gebiet der Beweiswürdigung begibt und damit die Grenzen seines Auftrags
erheblich überschreitet, wenn er etwa entgegen der ausdrücklichen Vorgabe des Gerichts
die Glaubwürdigkeit einer Zeugin zwar nicht unmittelbar in Zweifel zieht, er aber die
Glaubhaftigkeit der Aussage leugnet mit einer Begründung, die vereinfacht ausgedrückt
darauf hinaus lief, ein Notfallarzt mache keine solchen gravierenden Fehler. Der
Sachverständige ist zwar nicht gehalten, Zeugenaussagen, deren Inhalt aus seiner
fachlichen Sicht nicht zutreffen kann oder doch gänzlich unwahrscheinlich ist,
kommentarlos hinzunehmen. Er hat etwaige Bedenken dieser Art aber dem Gericht zu
unterbreiten und kann den Inhalt seines Auftrags nicht eigenmächtig verändern (OLGR
Nürnberg 2006, 800 f., juris Tz. 16 ff.). Gleiches gilt, wenn der medizinische
Sachverständige im Arzthaftungsprozess die im Beweisbeschluss vorgegebenen
Beweisthemen von sich aus einfach umformuliert und bei der Gutachtenserstellung
substantiiertes Parteivorbringen zu behaupteten Behandlungsfehlern völlig unbeachtet
lässt (OLG Bamberg, MedR 1993, 351 f.). Ein Befangenheitsgrund kann auch darin
liegen, dass der Sachverständige den Eindruck erweckt, eine streitige Behauptung zu
Lasten einer Partei für erwiesen zu halten (OLG Dresden, BauR 2004, 1337) bzw. er
eigenmächtig alle (für die Antragstellerin im Ergebnis ungünstigen) Feststellungen des
Antragsgegners ungeprüft übernimmt (OLG Celle, Beschluss vom 25.05.2010, Az. 13
Verg 7/10, juris Tz. 25).
9 2. Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin keine ausreichenden Gründe
vorgetragen. Das Verhalten und die Ausführungen des Sachverständigen sind - noch -
nicht geeignet, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu erregen. Es liegt hier nicht eine
Konstellation vor, die mit den o. g. vergleichbar wäre. Der Sachverständige hat sich unter
Berücksichtigung des Inhalts des Beweisbeschlusses, anders als die Beschwerde meint,
nicht derart einseitig zu Lasten der Klägerin zum Richter aufgeschwungen, dass die
Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt wäre. Dies gilt auch insoweit, als sie der Sache
nach rügt, der Sachverständige sei eigenmächtig über die Grenzen des
Gutachtensauftrags hinausgegangen, ohne auf eine Ergänzung der Beweisfrage
hinzuwirken. Dabei ist zu beachten, dass die Frage, ob die Überschreitung eines
Gutachterauftrags geeignet ist, bei einer Partei bei vernünftiger Betrachtung die Besorgnis
der Befangenheit des Sachverständigen hervorzurufen, im Übrigen einer schematischen
Betrachtungsweise nicht zugänglich ist, sondern nur aufgrund der Umstände des
jeweiligen Einzelfalles entschieden werden kann (BGH, a.a.O., Tz. 13 m.w.N.).
10 a) Der gerichtliche Sachverständige hat hier in seinem Gutachten vom 15.05.2013 zu der
im Beschluss des Landgerichts vom 02.04.2012 (AS 169-183) unter der Überschrift
„Beweisbehauptungen“ auf S. 7 (AS 181) zu Ziff. 2 zur Aufklärung gestellten Frage, über
welche Risikofaktoren die Klägerin präoperativ nach medizinischem Standard
aufzuklären war und ob die von den Beklagten vorgetragene standardmäßige Aufklärung
dem üblichen Standard entsprochen habe, in seinem Gutachten, S. 24 (AS 271) Stellung
genommen.
11 Er hat jedoch darüber hinaus umfassend zu der zwischen den Parteien streitigen Frage,
ob eine hinreichende und rechtzeitige Aufklärung der Klägerin tatsächlich erfolgt ist, und
sie sich, eine ordnungsgemäße Aufklärung unterstellt, in einem Entscheidungskonflikt
befunden hätte, Stellung genommen (vgl. auch die Beschwerdebegründung vom
16.07.2013, S. 3-6, AS 333-339). So hat er etwa auf S. 18/19 des Gutachtens (AS
261/263) ausgeführt, eine Aufklärung vermutlich am Vorabend der Operation sei hier
verspätet. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin sich bereits seit vielen
Monaten sehr detailliert mit den Chancen und Risiken einer HWS-Operation
auseinandergesetzt habe. Es seien zuvor bereits drei weitere Gespräche über die
Chancen und Risiken einer HWS-Operation binnen eines Jahres vor der Operation
dokumentiert. Er gehe deshalb davon aus, dass die Klägerin sehr wohl über die
allgemeinen Erfolgsaussichten umfangreich und zeitgerecht informiert gewesen sei. Der
Entschluss zur Operation sei aufgrund dieser Informationen gereift gewesen. Die
Darstellung der Klägerin, dass sie sich bei genauer Aufklärung am Abend gegen eine
Operation entschieden hätte, halte er für nicht nachvollziehbar. Die Aufklärung zu
Detailrisiken allerdings wie Recurrensparese, Implantatfehllage etc. sei als nicht
zeitgerecht anzusehen. Diese Ausführungen hinsichtlich einer verspäteten Aufklärung,
einer jedoch bereits zuvor von dritter Seite erfolgten Aufklärung über Chancen und
Risiken und der fehlenden Glaubhaftigkeit der Angabe der Klägerin, sie habe sich ggf. die
Einholung einer Zweitmeinung entscheiden, hat er anschließend wiederholt (vgl.
Gutachten S. 25/26 (AS 275/277) sowie den Verweis auf S. 31 (AS 287) und seine
Darlegungen S. 32 (AS 289) im Rahmen einer Auseinandersetzung mit dem
Kommissionsgutachten vom 16.02.2009 und im Zuge der abschließenden
Zusammenfassung des Gutachtens S. 35 (AS 295)). Daran hat er auch in seiner
Stellungnahme vom 09.08.2013 (AS 355-361) zum Befangenheitsgesuch der Klägerin
festgehalten.
12 b) Er ist damit über die auf S. 7 des Beschlusses im einzelnen aufgeführten
Fragestellungen hinausgegangen, hat das Vorbringen der Klägerin auf seinen
Wahrheitsgehalt untersucht und eine dem Richter vorbehaltene Würdigung vorgenommen
sowie eine streitige Behauptung zu Lasten der Klägerin für erwiesen gehalten. Dies
rechtfertigt hier jedoch ausnahmsweise nicht die Besorgnis der Befangenheit. Denn dies
liegt - auch für die Klägerin erkennbar - an einem auf die nicht eindeutige,
missverständliche Abfassung des Beschlusses vom 02.04.2012 zurückzuführendem
fehlerhaften Verständnis bzw. einer Fehlinterpretation der zu begutachtenden Umstände,
ohne dass es irgendeinen Anhaltspunkt für ein bewusstes und gezieltes Fehlverständnis
seitens des Sachverständigen gibt (vgl. OLG Karlsruhe [13. ZS], GesR 2012, 682 ff., juris
Tz. 3/6; OLG Köln, GesR 2012, 172 f., juris Tz. 6; OLG München, Beschluss vom
19.09.2011, Az. 1 W 1532/11, juris Tz. 8/9).
13 Das Landgericht hat zwar auf S. 7 des Beschlusses konkrete Fragen an den
Sachverständigen gestellt; es hat jedoch zuvor eine Darstellung des Sachverhalts in den
Beschluss aufgenommen und dabei unter Bezifferung einzelne Behauptungen der
Parteien aufgeführt, darunter insbesondere auch diejenigen zur
Aufklärungspflichtverletzung einschließlich der Frage der rechtzeitig der Aufklärung, einer
vorangegangen Aufklärung durch Dritte sowie eines Entscheidungskonfliktes der
Klägerin. Sodann heißt es auf S. 7 des Beschlusses unter I. in der Einleitung, über die
sich aus dem streitigen Parteivortrag ergebenden Beweisfragen sei durch die Einholung
eines medizinischen Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben. Sodann folgen
nach einem Doppelpunkt einzelne konkrete Fragen. Während das Landgericht - für einen
juristisch Geschulten erkennbar - u. U. beabsichtigt hat, dass nur die unter B. I.
aufgeführten konkreten Fragen begutachtet werden, ist der medizinische
Sachverständige, von dem insoweit keine rechtlichen Detailkenntnisse verlangt werden
können, ersichtlich davon ausgegangen, er solle den gesamten Sachverhalt
einschließlich der unter A. aufgeführten Behauptungen der Parteien begutachten. Es
spricht im Übrigen Einiges dafür, dass auch das Landgericht selbst möglicher Weise -
dann allerdings ohne hinreichende Beachtung der für den Sachverständigenbeweis
geltenden rechtlichen Grenzen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 402 Rn. 5) - von einem derart
weit gefassten Gutachtensauftrag wie der Sachverständige ausgegangen ist. Denn das
Landgericht hat im angefochtenen Beschluss vom 07.01.2014, S. 4 (AS 377) dargelegt,
dass auch die Ausführungen der Parteien zur Aufklärung und damit auch die
Behauptungen der Beklagten zur bereits andernorts erfolgten ausreichenden Aufklärung
sowie die Auseinandersetzung mit dem im Auftrag der Gutachterkommission erstatteten
Gutachten vom 16.02.2009 (AH I, K12), auf welches der im Beweisbeschluss
wiedergegebene streitige Vortrag der Beklagten Bezug nehme, Gegenstand des
Beweisbeschlusses gewesen seien und sich der Sachverständige deshalb zu Recht
damit auseinandergesetzt habe.
14 Diesem Verständnis des Beweisbeschlusses folgend hat der Sachverständige in seinem
Gutachten, S. 25 ff. (AS 275 ff.) auch die im Beweisbeschluss aufgeführten Behauptungen
der Parteien noch einmal ausdrücklich aufgenommen und zu diesen, teilweise unter
Bezugnahme auf seine Ausführungen in der voranstehenden zusammenfassenden
gutachterlichen Beurteilung unter 5. (S. 14 ff., AS 253 ff), im Einzelnen Stellung
genommen. Ferner hat er sich mit dem von der Gutachterkommission eingeholten
Gutachten des Prof. Dr. T. vom 16.02.2009 auseinandergesetzt, auf welches sich die
Beklagten im Rahmen ihrer Behauptungen beriefen. Danach ist der Sachverständige,
verleitet durch die Abfassung des Beschlusses, von einem weiten Verständnis des
Beweisthemas ausgegangen. Er hat nicht seine Kompetenz überschritten, sondern nur
versucht, den ihm unzureichend übermittelten Anforderungen des Gerichts aus seiner
Sachverständigensicht gerecht zu werden. Ein Sachverständiger, der lediglich irrtümlich
und aufgrund einer nicht eindeutigen Abfassung des Beweisbeschlusses aus
nachvollziehbaren Gründen das Beweisthema unzutreffend erfasst, setzt sich jedoch aus
Sicht der beteiligten Parteien nicht unter Verletzung seiner Neutralitätspflicht an die Stelle
des Gerichts. Der Sachverständige hat sich hier aus einer angesichts der Abfassung des
Beschlusses vertretbaren und keineswegs willkürlichen Sicht - möglicher Weise sogar
dem Verständnis des Landgerichts folgend - vielmehr in den Grenzen des
Beweisbeschlusses gehalten. So hat er auch in seiner Stellungnahme vom 09.08.2013
(AS 355 ff.) zum Gesuch der Klägerin auf S. 2 ausgeführt, die von der Klägerin angeführte
Reduktion auf zwei Beweisfragen zur Aufklärung fände sich nicht im Gutachtensauftrag.
15 Der Sachverständige hat auch keineswegs nur zu den einzelnen Behauptungen der
Klägerin und dabei nur zu ihrem Nachteil Stellung genommen. Er hat vielmehr auch zu
dem streitigen Vortrag der Beklagten Ausführungen getätigt und bei seiner Begutachtung
wiederholt zu deren Lasten die Auffassung vertreten, dass eine Aufklärung am Vorabend
der Operation verspätet gewesen sei. Wenn das Gutachten im Zusammenhang mit der
Auslegung des Beweisthemas auch einige teilweise rechtlich Fragen wie etwa die des
Erfordernisses einer schriftlichen Aufklärung oder der Rechtzeitigkeit der Aufklärung
anspricht, so begründet das für sich allein genommen ebenfalls noch keine Besorgnis der
Befangenheit (OLG Nürnberg, MDR 2002, 291, juris Tz. 4, OLGR Hamburg, 2000, 18 f.,
juris Tz. 2; OLG Karlsruhe MDR 1994, 725 f.; Zöller/Greger, a.a.O., § 406 Rn. 9). Auch
insoweit hat sich der Sachverständige nach dem oben Gesagten im Übrigen - ausgehend
von seinem vertretbaren Verständnis - des Beweisbeschlusses in dessen Grenzen
gehalten. So hatte die Klägerin ausweislich des Beschlusses S. 3 unter Ziff. 1 (AS 173)
auch ausdrücklich vorgetragen, dass Aufklärungsgespräch sei nicht dokumentiert worden
und ihr sei keine schriftliche Einverständniserklärung abverlangt worden. Auch seine
Würdigung hinsichtlich des von der Klägerin vorgetragenen, von den Beklagten
bestrittenen Entscheidungskonfliktes war danach von diesem Verständnis des
Beweisthemas umfasst. Dabei hat der Sachverständige, wie das Landgericht im
angefochtenen Beschluss zu Recht ausführt, nicht die Glaubwürdigkeit der Klägerin in
Frage gestellt, sondern allein auf die ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen
rekurriert und seine Auffassung deutlich als eigene Schlussfolgerung dargestellt.
16 Wieso unter diesen Umständen die Aufnahme der Angaben der Klägerin im Rahmen der
gutachterlichen Anamnese zu zwei getrennten Gesprächen mit Dr. K. und Prof. U. am
Abend vor der Operation in das Gutachten die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen
soll (vgl. Beschwerdebegründung S. 7, AS 341), erschließt sich auch dem Senat nicht.
Zutreffend weist das Landgericht ferner darauf hin, dass der von der Klägerin
beanstandete Fettdruck in Passagen des Gutachtens nicht nur die ihr nachteiligen
Ausführungen betrifft und eine einseitig zum Nachteil der Klägerin vorgenommene
Verwendung bekräftigender Ausdrücke nicht erkennbar ist.
III.
17 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
18 Den Streitwert für den Beschwerderechtszug bemisst der Senat gemäß §§ 63 Abs. 2 GKG,
3 ZPO mit 1/3 des Wertes der Hauptsache (vgl. BGH, AGS 2004, 159 f., zit. nach juris Tz.
6; OLG München MDR 2010, 1012; OLGR Saarbrücken 2007, 430 f.).