Urteil des OLG Karlsruhe vom 07.05.2014

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OLG Karlsruhe Beschluß vom 7.5.2014, 11 Wx 24/14
Zur Eintragung einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft, auf die bereits vor der
Eintragung die Geschäfte eines einzelkaufmännischen Betriebs übertragen wurden.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Mannheim –
Registergericht – vom 20. Februar 2014 – AR 583/14 – aufgehoben. Das Registergericht wird
angewiesen, die Eintragung der W. UG (haftungsbeschränkt) nicht aus den Gründen der
angefochtenen Entscheidung abzulehnen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
1
Zum Sachverhalt
2 Der Beteiligte gründete zu Protokoll des Notars vom 17. Februar 2014 eine
haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft unter der Bezeichnung W. UG
(haftungsbeschränkt) mit einem Stammkapital von 100 EUR, das der Beteiligte allein
übernehmen sollte. Die Gründungssatzung sieht vor, dass das Stammkapitel in bar
geleistet werden und sofort zur Zahlung fällig sein soll; der zum Geschäftsführer bestellte
Beteiligte wurde bereits im Gründungsstadium ermächtigt, Geschäfte innerhalb des
Satzungsgegenstandes zu tätigen. Die Registeranmeldung der Gesellschaft enthält unter
anderem die Versicherung, dass der Geschäftsanteil eingezahlt sei, sich die Einlage
endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführung befinde und mit Ausnahme der
Kosten und Steuern der Gründung nicht mit Verbindlichkeiten vorbelastet sei.
3 Ebenfalls am 17. Februar 2014 meldete der Beteiligte zur Eintragung in das
Handelsregister an, dass seine unter HRA (…) eingetragene Einzelfirma „W. e. K.“
erloschen sei; das unter dieser Firma bisher betriebene Geschäft sei auf die W. UG
übertragen worden. Unter Bezugnahme auf die letztgenannte Anmeldung teilte der
Rechtspfleger des Registergerichts dem für den Beteiligten handelnden Notar mit, eine
Eintragung sei nicht möglich, da es sich um eine bei der Unternehmergesellschaft
ausgeschlossene Sachgründung handele. Nachdem der Beteiligte an seiner Anmeldung
festgehalten hatte, wies das Registergericht diese mit Beschluss vom 20. Februar 2014
zurück. Bei wirtschaftlicher Betrachtung erhalte die Gesellschaft aufgrund einer im
Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache nur einen
Sachwert. Eine verdeckte Sacheinlage sei hier nach § 5a Absatz 2 Satz 2 GmbHG
ausgeschlossen.
4 Gegen die Entscheidung des Registergerichts richtet sich die am 11. März 2014
eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Verbindlichkeiten des einzelkaufmännischen
Unternehmens seien von der Unternehmergesellschaft nicht übernommen worden. Ein
Vorbelastungsverbot und Verbot der Aufnahme der Geschäftstätigkeit von Eintragung in
das Handelsregister bestehe nach allgemeiner Auffassung nicht; etwaige Verluste
zwischen der Gründung der Eintragung in das Handelsregister würden durch die
Unterbilanzhaftung aufgefangen.
5 Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
6
Aus den Gründen
7 Die Beschwerde ist nach § 58 Absatz 1, 374 Nr. 1 FamFG, § 11 RPflG zulässig; sie hat
auch in der Sache Erfolg. Die Eintragung der Unternehmergesellschaft kann nur abgelehnt
werden (§ 9c Absatz 1 GmbHG), wenn sie nicht ordnungsgemäß errichtet oder
angemeldet worden ist. Beides ist hier nicht der Fall; die Eintragung kann insbesondere
nicht mit der Begründung verweigert werden, es liege eine unzulässige (verdeckte)
Sacheinlage vor.
8 1. Im rechtlichen Ausgangspunkt legt das Registergericht seiner Beurteilung zutreffend
zugrunde, dass als Stammkapital einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft
nach § 5a Absatz 2 Satz 2 GmbHG nicht eine Sacheinlage geleistet werden darf. Das ist
allerdings auch von der Gründungssatzung nicht vorgesehen - diese verpflichtet in § 3
Absatz 3 zur Barleistung –; es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die
Bareinlage – entgegen der Versicherung des Anmelders – nicht tatsächlich in bar geleistet
worden ist. Es spricht auch nichts dafür, dass die Übertragung des einzelkaufmännischen
Geschäfts auf die Unternehmergesellschaft, die sich aus der Anmeldung zu HRA (…) vom
17. Februar 2014 ergibt, an die Stelle der Leistung der Bareinlage getreten ist oder der
Wert des Geschäfts auf die Einlage angerechnet werden sollte.
9 2. Die vom Rechtspfleger des Registergerichts in dessen Schreiben an den Notar vom 19.
Februar 2014 herangezogenen Vorschriften in § 19 Absatz 4 und 5 GmbHG rechtfertigen
keine andere Beurteilung. Die Annahme einer verdeckten Sacheinlage würde
voraussetzen, dass der zugleich zur Bareinlage verpflichtete Einzelkaufmann von der
Unternehmergesellschaft ein Entgelt für die Übertragung des bisherigen Geschäfts
erhalten hat; nur dann könnte von einem Unterlaufen der Bareinlagevorschriften
gesprochen werden. Dafür indes gibt es keine Anhaltspunkte.
10 3. Die danach wirksame Gründung der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft ist
nicht dadurch unwirksam geworden, dass ihr noch vor der Eintragung das Geschäft des
Antragstellers als Einzelkaufmann übertragen worden ist.
11 a) Dies gilt auch dann, wenn die Unternehmergesellschaft – abweichend von der Angabe
des Antragstellers – Verbindlichkeiten aus dem einzelkaufmännischen Geschäft
übernommen hätte. Auch für die Unternehmergesellschaft, die eine Form der Gesellschaft
mit beschränkter Haftung ist, gelten im Grundsatz die Regeln über die
Vorbelastungshaftung (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 20. Auflage, § 5a, Rn. 20).
Der Schutz der Gläubiger der Unternehmergesellschaft wird deshalb dadurch
gewährleistet, dass die Gesellschafter für Vorbelastungen, die zwischen der Gründung der
Unternehmergesellschaft und deren Eintragung entstanden sind – soweit es sich nicht um
notwendigen Gründungsaufwand handelt – die persönliche Haftung übernehmen müssen
(Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 20. Auflage, § 11, Rn. 64).
12 b) Das Registergericht darf bei der Bargründung einer GmbH – und damit auch bei einer
haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft - grundsätzlich auch prüfen, inwieweit das
Stammkapital im Zeitpunkt der Eintragung vorbelastet ist; Vorbelastungen können dazu
führen, dass die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen ist (BayObLG DNotZ 1999, 439;
OLG Hamm NJW-RR 1993, 1381). Das Registergericht darf bei entsprechenden
Anhaltspunkten auch Nachweise verlangen, wenn Hinweise darauf vorliegen, dass
erhebliche Vorbelastungen eingetreten sind und die dadurch begründeten
Differenzhaftungsansprüche wegen schlechter Vermögenslage der Gesellschafter nicht
durchsetzbar erscheinen (BayObLG a. a. O.). Hinweise dieser Art liegen hier nicht vor. Der
Antragsteller hat bei der Anmeldung unter anderem die vorgeschriebene Versicherung
abgegeben, dass der Geschäftsanteil nicht vorbelastet sei. Konkrete Anhaltspunkte dafür,
dass die Übernahme des einzelkaufmännischen Geschäfts zu einer Vorbelastung geführt
hat, lassen sich aus dem Akteninhalt nicht entnehmen.