Urteil des OLG Karlsruhe vom 01.02.2005

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OLG Karlsruhe Beschluß vom 1.2.2005, 19 AR 24/04
Bestimmung des zuständigen Gerichts bei gleichzeitiger Klageerhebung gegen verschiedene Streitgenossen an ihrem jeweiligen allgemeinen
Gerichtsstand
Leitsätze
Wird gegen verschiedene Streitgenossen in ihrem allgemeinen Gerichtsstand gleichzeitig Klage erhoben, so ist das gleichzeitig angerufene
Oberlandesgericht für die Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zuständig.
Tenor
1. Der Antrag auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Bestimmungsverfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
4. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Bestimmungsverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1 Der Antragsteller macht gegen die Antragsgegner Schadensersatzansprüche aus einer Fehlberatung bei einer Kapitalanlage geltend. Der
Antragsgegner zu 1 hat seinen Wohnsitz in S., die Antragsgegnerin zu 2 ihren Sitz in H., die Antragsgegnerin zu 3 ihren Sitz in M. Gegen die
Antragsgegner zu 1 und 2 hat der Antragsteller Klage zum Landgericht K. erhoben, zugleich gegen die Antragsgegnerin zu 3 zum Landgericht M.
Gleichzeitig hat er beim Oberlandesgericht Karlsruhe die Bestimmung des Landgerichts K. als zuständiges Gericht nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
beantragt. Für dieses Verfahren hat er Prozesskostenhilfe beantragt. Sowohl die Klagen, wie auch der Antrag an das Oberlandesgericht Karlsruhe
weisen dasselbe Datum und dieselbe Uhrzeit aus für die Versendung per fax.
II.
2 Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist für die Entscheidung über den Antrag zuständig.
3 Nach § 36 Abs. 2 ZPO ist in den Fällen, in denen - wie hier - das zunächst höhere Gericht der Bundesgerichtshof ist, das Oberlandesgericht
zuständig, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört. Im vorliegenden Fall sind zwar die Klagen zum Landgericht K. und
zum Landgericht M. zeitgleich erhoben worden, gleichzeitig aber hat der Antragsteller auch das Oberlandesgericht Karlsruhe für das Verfahren
nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO angerufen.
4 In einem solchen Fall ist das angerufene Oberlandesgericht als zuständig anzusehen. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof findet nach § 36
Abs. 3 ZPO insoweit nicht statt (BGH NJW 1999, 221). Dann aber muss es bei dem nach § 36 Abs. 2 ZPO herrschenden Prioritätsprinzip auf die mit
der Klageerhebung - bei der es nur auf den Eingang der Klage ankommt (Vollkommer aaO Rdn. 4) - zeitgleich beantragte
Zuständigkeitsbestimmung ankommen.
5 Der Umstand, dass über das Vermögen der Antragsgegnerin zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, steht einer Entscheidung insoweit
nicht entgegen, das Verfahren ist nicht nach § 240 ZPO unterbrochen (vergl. Zöller, ZPO 25. Aufl. vor § 239 Rdn. 8).
III.
6 Der Antrag war zurückzuweisen.
7 Der Antragsteller - auf dessen Vorbringen es allein ankommt und das nicht auf Schlüssigkeit der Klage zu überprüfen ist (vergl. Vollkommer in
Zöller, ZPO 25. Aufl. § 36 Rdn. 18) - hat selbst vorgetragen, dass der Anlagevertrag aufgrund einer Beratung durch den Antragsgegner zu 1 in der
Wohnung des Klägers zustande gekommen ist, so dass es sich um ein Haustürgeschäft i.S.v. § 312 BGB handelt. Damit ist für alle Klagen der
gemeinsame Gerichtsstand des § 29 c ZPO eröffnet, so dass eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausscheidet
(Vollkommer aaO Rdn. 15).
IV.
8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO analog (Vollkommer aaO § 37 Rdn. 3), der Gegenstandswert war nach § 3 ZPO festzusetzen, wobei
der Senat 1/5 des mit der Klage verfolgten Ziels, das mit 10.225,84 EUR zu bewerten ist, für angemessen angesehen hat
V.
9 Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, weil dem Antrag schon die hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlte, § 114
ZPO. Insoweit kommt eine Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich nicht in
Betracht: Wird dem Antrag stattgegeben, sind die Kosten des Bestimmungsverfahrens Teil der Hauptsachekosten, bei Zurückweisung des Antrags
fehlt es (zumindest regelmäßig, weil es allein auf den Vortrag des Antragstellers ankommt) an der erforderlichen Erfolgsaussicht i.S.v. § 114 ZPO.