Urteil des OLG Karlsruhe vom 19.12.2002

OLG Karlsruhe: elterliche sorge, vormundschaft, verfügung, eltern, anschluss, kindeswohl, verfahrensbeteiligter, kreis, unterliegen, verschlechterungsverbot

OLG Karlsruhe Beschluß vom 19.12.2002, 20 UF 23/01
Erfolglose Beschwerde des Verfahrenspflegers im Sorgerechtsverfahren: Ausschluss einer Auferlegung außergerichtlicher Kosten
Leitsätze
Dem Verfahrenspfleger können keine außergerichtlichen Kosten auferlegt werden.
Tenor
1. Die elterliche Sorge wird dem Vater allein übertragen.
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 DM (2.556,46 EUR) festgesetzt.
Gründe
1
Die Beteiligten zu 2 und 3 sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 30.10.2000 geborenen Kindes Ju. Der Aufenthaltsort der aus
Polen stammenden Mutter, die wohl wieder aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist ist, ist nicht bekannt.
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Das Familiengericht hat nach Anhörung des Jugendamtes durch Beschluss vom 18.04.2001 festgestellt, dass die elterliche Sorge der Mutter ruht
(Tenor Ziffer 1), und die elterliche Sorge auf den Vater als Vormund übertragen (Tenor Ziffer 2). In den Gründen wird ausgeführt, dass "gemäß §
1678 Abs. 2 BGB ... die elterliche Sorge" auf den Vater übertragen wurde, und dass ein Vormund bestellt werden musste, der die elterliche Sorge
ausübt.
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Gegen den Beschluss hat der Verfahrenspfleger des Kindes Beschwerde eingelegt. Er bittet wegen um Klarstellung, dass nicht die elterliche
Sorge übertragen, sondern Vormundschaft angeordnet wurde.
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Ermittlungen des Senats, den Aufenthaltsort der Mutter ausfindig zu machen, sind erfolglos geblieben.
II.
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Die befristete Beschwerde ist gemäß § 621 e Abs. 1 und 3 ZPO zulässig, jedoch unbegründet. Der Senat nimmt das Rechtsmittel allerdings zum
Anlass, dem Vater die elterliche Sorge allein zu übertragen (§ 1672 BGB). Das Verschlechterungsverbot gilt insoweit nicht.
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1. a) Das Familiengericht hat zwar in dem angefochtenen Beschluss nicht die elterliche Sorge übertragen, vielmehr Vormundschaft angeordnet
und diese dem Vater übertragen. Der Hinweis in den Gründen auf die "elterliche Sorge" und auf die Vorschrift des § 1678 Abs. 2 BGB ist
missverständlich, der Tenor ist indes eindeutig. Die Anordnung der Vormundschaft ergibt sich auch aus der Verfügung des Familiengerichts vom
08.06.2001 (AS I 59).
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b) Die Voraussetzungen für die Anordnung der Vormundschaft nach § 1773 BGB liegen aber nicht vor. Sie käme nur in Betracht, wenn die
elterliche Sorge nicht gemäß § 1678 Abs. 2 BGB dem Vater übertragen werden könnte (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1678 Rn 11).
So liegt der Fall indes nicht. Die Bedenken des Verfahrenspflegers sind nicht gerechtfertigt. Er hat keinen Gesichtspunkt aufgezeigt, der die
Eignung des Vaters zur Ausübung der elterlichen Sorge in Frage stellt. Seine Vaterschaft steht fest (§ 1592 Nr. 2 BGB).
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2. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG. Die Anordnung einer Kostenerstattung erschien nicht
billig.
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Dem Verfahrenspfleger können außergerichtliche Kosten weder im Hinblick auf sein erfolgloses Rechtsmittel nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG
noch unter Billigkeitsgesichtspunkten nach Satz 1 dieser Vorschrift auferlegt werden. Dabei kann offen bleiben, ob ein Unterliegen im Sinne des
§ 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG auch dann anzunehmen ist, wenn anlässlich des Rechtsmittels des Beschwerdeführers der angefochtene Beschluss
zwar aufgehoben, die Entscheidung des Beschwerdegerichts den Beschwerdeführer aber schlechter stellt, weil die Entscheidung zu seinen
Ungunsten abgeändert wird (vgl. dazu Keidel/Kuntze/Zimmermann, FGG, 14. Aufl., § 13 a Rn 33). Denn § 13 a Abs. 1 FGG erlaubt insgesamt
nicht, den Verfahrenspfleger mit außergerichtlichen Kosten zu belasten. Er ist nach § 50 FGG Interessenvertreter des Kindes, indem er die
Aufgabe hat, dessen Interessen wahrzunehmen, sie gegenüber den Interessen der Eltern sowie der weiteren Beteiligten unabhängig von diesen
zu vertreten und in das Verfahren einzuführen. Im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG (FamRZ 1999, 85, 87) lässt sich seine Aufgabe
als vergleichbar derjenigen des Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigter einer Partei charakterisieren (so z.B. OLG Brandenburg FamRZ
2001, 692; OLG Frankfurt/M. FamRZ 2002, 335). Insofern erfüllt er als ein allein dem Kindeswohl verpflichtetes Rechtspflegeorgan seine
Aufgaben als Verfahrensbeteiligter eigenverantwortlich. Er tritt gewissermaßen als Anwalt des Kindes auf, indem er den Kindeswillen in das
Verfahren einbringt und die Interessen des Kindes aus seiner Sicht formuliert (OLG München OLGR 2000, 304 = auszugsweise in FamRZ 2002,
563 LS mit Anm. der Red.). Diese Sonderstellung kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Aufwendungen des Verfahrenspflegers aus der
Staatskasse ersetzt werden (§§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG). Damit ist er aus dem Kreis der Drittbeteiligten herausgehoben, die bei Erfolglosigkeit
des von ihnen eingelegten Rechtsmittels die außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG zu tragen haben.
10 3. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 KostO.