Urteil des OLG Karlsruhe vom 30.01.2014

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OLG Karlsruhe Urteil vom 30.1.2014, 9 U 159/11
Haftung des Anlageberaters bei fehlerhaftem Prospekt eines Immobilienfonds - Berücksichtigung
von Steuervorteilen des Anlegers aus Abschreibungen
Leitsätze
1. Der Prospekt eines geschlossenen Immobilienfonds muss dem Anleger die fehlende
Fungibilität der Anteile erläutern. Dabei ist im Regelfall davon auszugehen, dass für den Anleger
eine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit, die Anteile zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt zu
veräußern, praktisch fehlt.
2. Ein Hinweis im Prospekt, ein "öffentlicher Markt" sei für die Anteile "zur Zeit" nicht vorhanden,
ist unzureichend, wenn andere Formulierungen im Prospekt gleichzeitig die Möglichkeit einer
Veräußerung suggerieren. Die Formulierung "Der Gesellschaftsanteil ist jederzeit ...
veräußerlich" ist als unzutreffender Hinweis auf eine nicht vorhandene wirtschaftliche Chance zu
verstehen, wenn nicht deutlich wird, dass die Formulierung - unabhängig von den
wirtschaftlichen Aussichten - nur ein Hinweis auf die rechtliche Möglichkeit der Veräußerung
sein soll.
3. Weist der Anlageberater im Beratungsgespräch nicht auf für ihn erkennbare Prospektmängel
hin, ist er dem Anleger zum Schadensersatz verpflichtet.
4. Steuervorteile, die aus Abschreibungen resultieren, sind bei der Schadensabrechnung zu
berücksichtigen, wenn seit der Geltendmachung durch den Anleger 10 Jahre verstrichen sind.
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Konstanz vom 05.08.2011 - 5 O 368/09 B - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt
abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 83.540,08 EUR zu zahlen nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 53.086,32 EUR
seit dem 22.08.2009 und aus weiteren 30.453,76 EUR seit dem 07.04.2011, Zug um
Zug gegen Übertragung von Anteilen zu einem Nennbetrag von 250.000,00 DM an
der H. P. GmbH & Co. KG.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung
gemäß Ziff. 1 in Annahmeverzug befindet.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Auf die Widerklage wird festgestellt, dass dem Drittwiderbeklagten keine
Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der
Vermittlung einer Kommanditbeteiligung über nominell 250.000,00 DM an der H. P.
GmbH & Co. KG zustehen, mit Ausnahme der an die Klägerin abgetretenen
Ansprüche, die dieser in Ziff. 1 des Urteils zugesprochen wurden.
5. Im Übrigen wird die Drittwiderklage abgewiesen.
II.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Beteiligten wie folgt:
1. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt diese zu 2/5 selbst und zu 3/5
trägt diese Kosten die Beklagte.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten trägt dieser zu 2/5 selbst
und zu 3/5 trägt diese Kosten die Beklagte.
3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten tragen die
Klägerin zu 1/5, der Drittwiderbeklagte zu 1/5 und die Beklagte zu 3/5.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können eine Vollstreckung des jeweiligen
Vollstreckungsgläubigers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach
dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
V.
Die Revision wird für die Klägerin und den Drittwiderbeklagten zugelassen.
Gründe
I.
1 Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem und aus abgetretenem Recht auf
Schadensersatz wegen einer von dieser vermittelten Kapitalanlage in Anspruch. Zedent
der abgetretenen Ansprüche ist der Ehemann der Klägerin. Im Wege der Drittwiderklage
begehrt die Beklagte Feststellung, dass dem Ehemann keine Ansprüche im
Zusammenhang mit der Vermittlung der Kapitalanlage gegen die Beklagte zustehen.
2 Die Beklagte ist im Bereich der Anlageberatung tätig. Im Sommer 1996 suchte der
Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin und deren Ehemann in deren Wohnung auf,
um sie zu Fragen einer möglichen Geldanlage zu beraten. Die Klägerin und ihr Ehemann
hatten damals beide regelmäßige Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis. Vermögen
besaßen sie lediglich in Form von zwei Lebensversicherungen, die zusammen einen
Rückkaufswert von etwa 15.000,00 DM hatten.
3 Der Geschäftsführer der Beklagten unterbreitete verschiedene Vorschläge zur
3 Der Geschäftsführer der Beklagten unterbreitete verschiedene Vorschläge zur
Vermögensbildung (vgl. die Anlage K 5, „Erstellung eines Vermögensstatus“).
Insbesondere riet der Geschäftsführer dazu, Anteile an dem geschlossenen
Immobilienfonds „NLI-Fonds-Nr. 29, H. P. GmbH & Co. KG“ zu erwerben. Zu diesem
Fonds gab es einen Prospekt, mit welchem Anleger zum Beitritt geworben wurden (vgl.
den Prospekt im Anlagenheft OLG). Ob der Prospekt der Klägerin und ihrem Ehemann im
Zusammenhang mit der Beratung vom Geschäftsführer der Beklagten übergeben wurde,
ist streitig. Auf Grund der Beratung entschlossen sie sich, Anteile zu erwerben.
4 Mit schriftlicher Beitrittserklärung vom 14.08.1996 erklärte der Ehemann der Klägerin
seinen Beitritt zu dem Fonds, und zeichnete eine Kommanditeinlage von 250.000,00 DM
zuzüglich eines Agios von 5 %, so dass sich eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von
insgesamt 262.500,00 DM ergab. In der vorformulierten Beitrittserklärung heißt es unter
anderem:
5
„Ich bestätige, dass weitere, insbesondere mündliche Nebenabreden nicht bestehen. Mir
ist ferner bekannt, dass Vermittler, Anlageberater oder sonstige Dritte nicht befugt sind,
Auskünfte zu erteilen oder Zusicherungen abzugeben, die von den Angaben des
Beteiligungsprospekts abweichen oder darüber hinausgehen.“
6 sowie
7
„Der Unterzeichner bestätigt, den Emissionsprospekt, Herausgabedatum Januar
1996/April 1996, sowie eine Durchschrift der Widerrufsbelehrung erhalten zu haben.“
8 Die Fondsgesellschaft nahm die Beitrittserklärung am 11.09.1996 an. Der
Drittwiderbeklagte erhielt ein „Immobilien-Zertifikat“ über eine Beteiligung in Höhe von
250.000,00 DM (Anlage K 18). Zur Finanzierung der Einlage nahmen die Klägerin und ihr
Ehemann gemeinsam ein Darlehen über einen Betrag von 187.500,00 DM bei der ...
Sparkasse W. auf (Anlage K 15). Das Darlehen wurde in voller Höhe an die
Fondsgesellschaft ausgezahlt. Der Restbetrag der Kommanditeinlage in Höhe von
insgesamt 75.000,00 DM wurde von der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten aus
eigenen Mitteln erbracht (vgl. die Überweisungsbelege, Anlagen K 16 und K 17).
9 Der Drittwiderbeklagte erhielt nur in den Jahren 2000 und 2001 Ausschüttungen aus der
Fondsbeteiligung in Höhe von insgesamt 5.112,92 EUR (10.000,00 DM). Danach gab es
keine weiteren Ausschüttungen mehr.
10 Im Jahr 2005 erklärten die Klägerin und ihr Ehemann gegenüber der Darlehensgeberin
den Widerruf des Darlehensvertrages auf Grund der Vorschriften des
Haustürwiderrufsgesetzes. Die erhobenen Einwendungen führten zu einem Vergleich mit
der Sparkasse M. W. (Rechtsnachfolgerin der ... Sparkasse W. ), in welchem die
Darlehensgeberin sich mit einer Reduzierung des Darlehens um einen Betrag von
19.200,00 EUR einverstanden erklärte (Vergleichsvereinbarung vom Februar 2006,
Anlagen K 23 und K 24).
11 Die Klägerin hat geltend gemacht, sie und ihr Ehemann seien vom Geschäftsführer der
Beklagten fehlerhaft beraten worden. Die Risiken der Fondsbeteiligung seien
unzureichend dargestellt worden. Die Angaben über die voraussichtliche Rendite seien
unzutreffend gewesen. Es sei ihnen darauf angekommen, die erworbene
Fondsbeteiligung nach 16 Jahren veräußern zu können, da der im Jahr 1953 geborene
Drittwiderbeklagte mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen wollte. Der Geschäftsführer der
Beklagten habe sie jedoch nicht darüber aufgeklärt, dass eine Veräußerung der
Fondsanteile praktisch nicht möglich sei. Die Anlage sei aus diesem Grunde für die
Klägerin und ihren Ehemann ungeeignet gewesen; daher hätte der Geschäftsführer der
Beklagten die Beteiligung nicht empfehlen dürfen. Ihnen sei ein Schaden in Höhe von
142.290,89 EUR entstanden, der von der Beklagten zu ersetzen sei.
12 Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat außerdem im Wege der
Drittwiderklage beantragt, festzustellen, dass dem Ehemann der Klägerin keine
Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen. Die Klägerin und ihr Ehemann
seien zutreffend beraten worden. Auf die Risiken eines geschlossenen Immobilienfonds
habe der Geschäftsführer der Beklagten hingewiesen. Er habe auch klargestellt, dass eine
Veräußerung der Kommanditbeteiligung zwar abstrakt gesehen möglich sei, „in
tatsächlicher Hinsicht aber nahezu unmöglich sein dürfte“. Den Beteiligungsprospekt habe
der Geschäftsführer der Beklagten vor der Beitrittserklärung des Drittwiderbeklagten an die
Eheleute ausgehändigt. In diesem Prospekt seien die Eigenheiten und Risiken der
Fondsbeteiligung zutreffend beschrieben. Dies gelte insbesondere für die mangelnde
Fungibilität einer Beteiligung. Vom Inhalt des Prospekts abweichende Angaben habe der
Geschäftsführer der Beklagten nicht gemacht.
13 Das Landgericht hat die Klägerin, den Drittwiderbeklagten und den Geschäftsführer der
Beklagten angehört und mit Urteil vom 05.08.2011 die Klage abgewiesen. Auf die
Widerklage hat das Landgericht festgestellt, dass dem Drittwiderbeklagten im
Zusammenhang mit der Vermittlung der Kommanditbeteiligung keine
Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen. Schadensersatzansprüche
gegen die Beklagte seien nicht gegeben, da eine fehlerhafte Beratung nicht festgestellt
werden könne. Für die Klägerin und ihren Ehemann habe die Absicht im Vordergrund
gestanden, im Zusammenhang mit der Anlage Steuervorteile in Anspruch nehmen zu
können. Sekundär sei es für die Klägerin und ihren Ehemann auch um die Altersvorsorge
gegangen, da sie beide mit 60 Jahren - 16 Jahre nach dem Erwerb der Beteiligung - in
Rente gehen wollten. Von diesen Anlagezielen ausgehend sei die Empfehlung für den
streitgegenständlichen geschlossenen Immobilienfonds nicht zu beanstanden. Es sei
davon auszugehen, dass der Beteiligungsprospekt der Klägerin und ihrem Ehemann
tatsächlich ausgehändigt worden sei. In dem Prospekt seien die Risiken und die
mangelnde Fungibilität der Beteiligung ausreichend dargestellt. Dass der Geschäftsführer
der Beklagten davon abweichende unzutreffende Angaben über die Fondsbeteiligung
gemacht habe, sei nicht nachgewiesen. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der
Geschäftsführer der Beklagten langfristig eine monatliche Rendite von 9 % als sicher in
Aussicht gestellt habe. Die Drittwiderbeklagte sei zulässig und begründet, da auch dem
Ehemann der Klägerin keine Ansprüche gegen die Beklagte zustünden.
14 Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin und des
Drittwiderbeklagten, die an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen festhalten. Sie halten die
Entscheidung des Landgerichts aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen für
fehlerhaft. Der Geschäftsführer der Beklagten habe eine unrealistische Rendite in Höhe
von 9 % in Aussicht gestellt. Über die mangelnde Fungibilität der Anlage seien sie nicht
aufgeklärt worden, obwohl es ihnen auf die Möglichkeit, die Beteiligung jedenfalls vor dem
60. Lebensjahr des Ehemanns veräußern zu können, gerade angekommen sei. Der
Emissionsprospekt sei nicht übergeben worden. Im Übrigen seien die Angaben im
Emissionsprospekt vor allem zur Frage einer möglichen Veräußerung der Beteiligung
unzureichend. Die mangelnde Fungibilität werde in der Darstellung zu den „Chancen und
Risiken“ im Prospekt verschleiert. Die gegen den Ehemann der Klägerin gerichtete
Drittwiderklage sei aus verschiedenen Gründen unzulässig und im Übrigen - hilfsweise -
unbegründet.
15 Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte beantragen, das Urteil des Landgerichts Konstanz
vom 05.08.2011 - 5 O 368/09 B - aufzuheben und wie folgt zu erkennen:
16 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 142.290,89 EUR zu zahlen zuzüglich
Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit.
17 2. Die Verurteilung erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung von Anteilen zu einem
Nennbetrag von jeweils 250.000,00 DM an der H. P. GmbH & Co. KG.
18 3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit Rechtshängigkeit in Annahmeverzug
befindet.
19 4. Die Drittwiderklage wird abgewiesen.
20 Die Beklagte beantragt,
21 die Berufung der Klägerin und die Berufung des Drittwiderbeklagten zurückzuweisen.
22 Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts und ergänzt und vertieft ihren
erstinstanzlichen Vortrag. Dass es einen funktionierenden Zweitmarkt für
Fondsbeteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds im Zeitpunkt der
streitgegenständlichen Beteiligung nicht gegeben habe, sei der Klägerin und ihrem
Ehemann erläutert worden. Darauf komme es im Übrigen jedoch nicht an, da die Klägerin
und ihr Ehemann an eine Veräußerung der Beteiligung vor Ablauf von 16 Jahren ohnehin
nicht gedacht hätten. Selbst nach dem Ausbleiben von Ausschüttungen ab dem Jahr 2002
seien sie mit der Anlage noch „zufrieden“ gewesen. Zudem äußert die Beklagte rechtliche
Bedenken gegen die Aktivlegitimation der Klägerin. Hilfsweise beruft sie sich - wie bereits
vor dem Landgericht - auf die Einwände der Verjährung.
23 Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
24 Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Klägerin steht ein
Schadensersatzanspruch in Höhe von 83.540,08 EUR gegen die Beklagte zu. Insoweit ist
die gegen den Ehemann erhobene Feststellungswiderklage teilweise nicht begründet.
25 1. Die Berufung ist zulässig. Im Schriftsatz vom 12.09.2011 heißt es zwar - in der
Formulierung ungenau -, dass „namens und im Auftrag der Kläger“ Berufung eingelegt
werde. Im Zusammenhang mit dem gleichzeitig vorgelegten erstinstanzlichen Urteil ist
diese Erklärung jedoch dahingehend zu verstehen, dass die Berufung für die Klägerin und
für den Drittwiderbeklagten, die beide bereits in erster Instanz von den selben
Prozessbevollmächtigten vertreten wurden, eingelegt werden sollte.
26 2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs.
1 BGB wegen einer fehlerhaften Anlageberatung zu.
27 a) Zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann auf der einen Seite und der Beklagten auf
der anderen Seite ist konkludent ein Anlageberatungsvertrag abgeschlossen worden. Dies
ergibt sich daraus, dass sich der Geschäftsführer der Beklagten zu der Klägerin und ihrem
Ehemann begeben hat, um diese über eine mögliche Anlage zu beraten.
Gesprächspartner des Geschäftsführers der Beklagten waren beide Eheleute. Die
Anlageentscheidung wurde von den Eheleuten gemeinsam getroffen. Daher ist der
Beratungsvertrag mit beiden Eheleuten zustande gekommen.
28 b) Die Beklagte haftet für die fehlerhafte Beratung ihres Geschäftsführers gemäß § 278
BGB. Die Klägerin und ihr Ehemann wurden nicht über die mangelnde Fungibilität der
Beteiligung aufgeklärt. Die fehlerhafte Beratung ergibt sich aus dem unstreitigen
Sachverhalt. Die Beklagte hat vorgetragen (I, 235), sie habe „unter Verwendung der
zutreffenden Angaben des Prospekts die Erwerber über die mit der Beteiligung
verbundenen Chancen und Risiken informiert“. Darüber hinausgehende, vom Prospekt
abweichende Angaben habe der Geschäftsführer der Beklagten nicht gemacht. Daher sind
- nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten - für die mündliche Beratung des
Geschäftsführers der Beklagten die Angaben im Prospekt zugrunde zu legen. Da die
Darstellung des Prospekts im Kapitel „Chancen und Risiken“ fehlerhaft ist und die
mangelnde Fungibilität der Beteiligung verschleiert (dazu siehe unten), ist - auf der Basis
des eigenen Sachvortrags der Beklagten - davon auszugehen, dass auch die mündliche
Beratung des Geschäftsführers entsprechend fehlerhaft war. Da der Beratungsfehler sich
somit aus der mündlichen Beratung ergibt, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin und
ihr Ehemann den Prospekt tatsächlich erhalten haben.
29 Bei der Vermittlung von Beteiligungen an einem geschlossenen Immobilienfonds
entspricht es vielfach dem Konzept der Initiatoren, dass der Vertrieb sich ausschließlich
auf die Informationen und auf die Werbung im Beteiligungsprospekt stützen soll. Die
Vermittler sollen in der Regel nicht berechtigt sein, vom Prospekt abweichende Angaben
zu machen. Dieses Vertriebskonzept liegt auch dem Erwerb der streitgegenständlichen
Beteiligung zu Grunde, wie aus dem entsprechenden Hinweis in der vorformulierten
Beitrittserklärung (Anlage K 10) ersichtlich. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei
Fehlern des Prospekts in derartigen Fällen sich der Prospektfehler in der mündlichen
Beratung des Vermittlers fortsetzt (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2007 - II ZR 21/06 -, Rdnr. 15
ff., zitiert nach Juris; BGH, Urteil vom 06.11.2008 - III ZR 290/07 -, Rdnr. 17 ff.). Unter
diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Prospektfehler (dazu siehe im
Einzelnen unten c) sich in der mündlichen Beratung durch den Geschäftsführer der
Beklagten fortgesetzt hat, ohne dass es darauf ankäme, ob die Klägerin und ihr Ehemann
den Prospekt erhalten haben. Es sind wegen der zu Gunsten des Anlegers sprechenden
Vermutung auch keine konkreten Feststellungen dazu erforderlich, auf welche Weise und
mit welchem Wortlaut bestimmte Formulierungen des Prospekts im mündlichen
Beratungsgespräch vom Vermittler wiederholt oder erläutert wurden.
30 Die sich aus dem Prospekt und dem Vertriebskonzept ergebende Vermutung wäre nur
dann widerlegt, wenn der Geschäftsführer der Beklagten bei der Beratung vom Prospekt
abweichende Angaben gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann gemacht hätte. Dies
ist von der Beklagten jedoch weder dargetan noch nachgewiesen. Abweichende Angaben
ergeben sich insbesondere nicht aus dem Hinweis des Beklagtenvertreters, der
Geschäftsführer der Beklagten habe die maßgeblichen Risiken anhand des Prospektes „in
seinen eigenen Worten“ erläutert (Schriftsatz vom 04.11.2013, S. 2, II 159). Auch aus der
Anhörung des Geschäftsführers der Beklagten vor dem Landgericht im Termin vom
10.02.2011 ergibt sich dazu nichts. Die Angaben des Geschäftsführers („langfristige
Anlage“, „von der Marktlage abhängig, ob und zu welchem Preis der Anteil verkauft
werden kann“, und „es könnte schwierig sein, einen Käufer zu finden“) waren vage. Ob der
Geschäftsführer der Beklagten damit ein von den Formulierungen des Prospekts
abweichendes Bild zeichnen wollte und gezeichnet hat, lässt sich aus diesen Erklärungen
nicht entnehmen, da der Geschäftsführer nicht den gesamten Ablauf der Beratung im
Einzelnen schildern konnte. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass der Geschäftsführer der
Beklagten ausdrücklich auf den erheblichen Fehler des Prospekts (dazu siehe unten)
hingewiesen hat.
31 c) Der Prospekt für den streitgegenständlichen Fonds ist im entscheidenden Punkt
fehlerhaft. Die im Regelfall fehlende Möglichkeit, einen Fondsanteil wieder zu
angemessenen Konditionen zu veräußern, wird im Prospekt verschleiert.
32 aa) Die Frage, ob und zu welchen Konditionen eine Beteiligung ggf. veräußert werden
kann, gehört in der Regel zu den wesentlichen Informationen, die ein Anleger benötigt, um
eine Anlageentscheidung treffen zu können. Es ist daher in der Rechtsprechung
anerkannt, dass ein Berater, der den Erwerb einer Beteiligung an einem geschlossenen
Immobilienfonds empfiehlt, von sich aus (ungefragt) auf das Problem der mangelnden
Fungibilität hinweisen muss. Dem muss auch die Darstellung der Eigenheiten und der
Risiken der Beteiligung im Fondsprospekt entsprechen. Dabei geht es nicht um eine bloße
Erschwerung beim Verkauf einer Beteiligung. Vielmehr muss der Berater bzw. der
Prospekt auf die „praktisch fehlende Aussicht, eine KG-Beteiligung an einem
geschlossenen Immobilienfonds zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können“,
hinweisen (BGH, Urteil vom 18.01.2007 - III ZR 44/06 -, Rdnr. 16, zitiert nach Juris; BGH,
Urteil vom 19.11.2009 - III ZR 169/08 -, Rdnr. 20, zitiert nach Juris).
33 bb) Abweichende (geringere) Anforderungen an die erforderliche Aufklärung und
Information kämen nur dann in Betracht, wenn es für einen Anleger - ausnahmsweise - auf
Grund besonderer Umstände nicht auf die Frage ankäme, ob er eine erworbene Anlage
später wieder angemessen verkaufen kann. Solche Umstände sind vorliegend nicht
gegeben. Insbesondere ergibt sich weder aus der Vorstellung, bestimmte Steuervorteile zu
erzielen, noch aus dem Ziel einer angemessenen Altersversorgung, dass die Fungibilität
der Beteiligung für die Klägerin und ihren Ehemann von vornherein ohne Bedeutung
gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2007 - III ZR 44/06 -, Rdnr. 17, zitiert nach
Juris; BGH, Urteil vom 19.11.2009 - III ZR 169/08 -, Rdnr. 20, zitiert nach Juris).
34 Vorliegend ist zudem davon auszugehen, dass die Verkäuflichkeit der Beteiligung für die
Klägerin und ihren Ehemann eine besondere Rolle spielte. Das Landgericht ist bei seiner
Entscheidung - insoweit zu Recht - davon ausgegangen, dass im Hinblick auf einen
vorgezogenen Ruhestand des Drittwiderbeklagten an eine Veräußerung der Fondsanteile
nach 16 Jahren gedacht war. (Vgl. dazu den vom Geschäftsführer der Beklagten auf 16
Jahre angelegten „Vermögensstatus“, Anlage K 5.) Dass die Klägerin und ihr Ehemann -
möglicherweise - bis zum Ablauf dieser 16 Jahre nicht an eine Veräußerung der Anlage
dachten, ändert nichts daran, dass jedenfalls für den Zeitpunkt des vorgezogenen
Ruhestands der Eheleute die Fungibilität der Beteiligung von wesentlicher Bedeutung
war. Die Fungibilität, also die Möglichkeit einer Veräußerung zu einem selbst bestimmten
Zeitpunkt, war entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von geringerer, sondern von
eher größerer Bedeutung, bezogen auf den vorgesehenen Zeitpunkt in 16 Jahren.
35 cc) Bei Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds ist generell davon
auszugehen, dass die Anteile praktisch nicht verkäuflich sind, jedenfalls nicht zu für den
Anleger angemessenen Konditionen (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2007 - III ZR 44/06 -,
Rdnr. 16; BGH, Urteil vom 19.11.2009 - III ZR 169/08 -, Rdnr. 20). Denn es gibt in der
Regel keinen relevanten Zweitmarkt, auf dem Beteiligungen an geschlossenen
Immobilienfonds gehandelt werden. Wenn es in Ausnahmefällen einem Anleger dennoch
gelingen kann, für die Beteiligung einen Erwerber zu finden, ändert dies am
grundsätzlichen Problem nichts. Bei Fondsanteilen, die - wie im vorliegenden Fall - mit
Steuervorteilen auf Grund von Verlustzuweisungen verbunden sind, steigen die Probleme,
einen Erwerber zu finden, da dieser im Hinblick auf den Zeitablauf die in der
Anfangsphase gegebenen Steuervorteile vielfach nicht mehr nutzen kann. Die
Verkäuflichkeit wird zudem zusätzlich beeinträchtigt, wenn die Fondsbeteiligung - wie im
vorliegenden Fall seit 2002 - entgegen den ursprünglichen Prognosen im Prospekt keine
Ausschüttungen mehr abwirft. Wenn und soweit heute Anteile an geschlossenen
Immobilienfonds gelegentlich auf „Zweitmärkten“ gehandelt werden, geht es daher in der
Regel nicht um eine normale „Marktsituation“, sondern lediglich um Mechanismen, durch
die ein bereits eingetretener erheblicher Schaden verringert wird (vgl. dazu OLG Köln,
Urteil vom 19.07.2011 - 24 U 172/10 -, Rdnr. 23, zitiert nach Juris).
36 Es geht mithin entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht darum, dass die
Möglichkeiten, Anteile an einem geschlossenen Immobilienfonds zu veräußern,
„eingeschränkt“ sind, sondern es geht darum, dass ein Anleger damit rechnen muss, dass
die erworbenen Anteile praktisch unverkäuflich sind (vgl. die zitierten BGH-
Entscheidungen oben). Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall bei
einem bestimmten Fonds auf Grund besonderer Umstände ein Zweitmarkt existieren
würde, auf dem ein Anleger die Beteiligung in voraussichtlich wirtschaftlich angemessener
Art und Weise veräußern könnte. Solche besonderen Umstände für den
streitgegenständlichen Fonds hat die Beklagte nicht dargetan. Es ist daher für die
Entscheidung des Senats und für die Anforderungen an die Aufklärung im konkreten Fall
nicht erforderlich, im Einzelnen festzustellen, in welchem Umfang und zu welchen
Konditionen andere Anleger Anteile des streitgegenständlichen Fonds veräußern konnten.
(Vgl. zu dem streitgegenständlichen Fonds die Auswertung der Geschäftsberichte der
Fondsgesellschaft in der Entscheidung des OLG Köln a. a. O).
37 dd) Den dargelegten Anforderungen wird der Prospekt nicht gerecht. Die für die
Fungibilität maßgebliche Darstellung im Kapitel „Chancen und Risiken“ des Prospekts
lautet wie folgt:
38 „Der Gesellschaftsanteil ist jederzeit mit Zustimmung der Geschäftsführung veräußerlich;
die Zustimmung darf nur aus wichtigen Gründen verweigert werden. Es ist jedoch darauf
hinzuweisen, dass ein öffentlicher Markt für derartige Anteile zurzeit nicht vorhanden ist.
Der Preis, den ein Dritter bereit ist, für einen solchen Anteil zu zahlen, hängt nicht zuletzt
vom Zeitpunkt der Veräußerung und den zu diesem Zeitpunkt herrschenden
Kapitalmarktverhältnissen ab. Da der Anleger jedoch in der Investitionsphase - je nach
Steuerprogression - die Beteiligung teilweise aus ersparten Steuern finanziert hat, ist es
durchaus möglich, die Beteiligung ggf. unter dem Nominalwert zu veräußern und dennoch
eine hochinteressante Rendite zu erwirtschaften. Für den Erwerber ergibt sich analog -
bezogen auf einen evtl. geringeren Einstandspreis - eine interessante Verzinsung (vgl.
„Steuerliche Grundlagen“).
39 Die mit der Vermittlung des Eigenkapitals beauftragte Gesellschaft ist bereit, bei der
Realisierung von Verkaufsabsichten mitzuwirken. Sie berät den Verkäufer bei der
Bewertung seiner Beteiligung und bei der Suche nach geeigneten Anlageninteressenten.
Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden.“
40 Diese Darstellung ist unzureichend und verschleiert das Problem der fehlenden
Fungibilität (ebenso OLG Köln a. a. O., Rdnr. 24 für den gleichen Prospekt). Das
Gesamtbild der Darstellung im Prospekt ist unklar und vermittelt eher den Eindruck, dass
es nur geringe Probleme bei einer späteren Veräußerung von Anteilen gebe.
41 aaa) Im Prospekt heißt es, es sei ein „öffentlicher Markt“ für derartige Anteile „zur Zeit“ nicht
vorhanden. Dabei wird verschwiegen, dass es auch einen anderweitigen
(nichtöffentlichen) Markt praktisch nicht gibt. Auch die Einschränkung „zur Zeit“
verharmlost die Probleme. Denn das Fehlen eines Marktes für die Veräußerung von
Anteilen eines geschlossenen Immobilienfonds ist in der Regel kein vorübergehendes,
sondern ein langfristiges oder dauerhaftes Problem (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2007 - III
ZR 44/06 -, Rdnr. 16, zitiert nach Juris; BGH, Urteil vom 19.11.2009 - III ZR 169/08 -, Rdnr.
20, zitiert nach Juris). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Klägerin und ihr
Ehemann aus den oben angegebenen Gründen auf die voraussichtlichen Probleme bei
einer beabsichtigten Veräußerung in 16 Jahren hätten hingewiesen werden müssen; eine
solche Aufklärung wird nicht geleistet, wenn ein Hinweis im Prospekt mit dem Zusatz „zur
Zeit“ versehen wird.
42 bbb) Verschleiernd wirkt der erste Satz des Absatzes („Der Gesellschaftsanteil ist jederzeit
… veräußerlich“). Es ist im Gesamtzusammenhang des Textes für einen Anleger nicht
ersichtlich, dass damit nur eine rechtliche Veräußerungsmöglichkeit und nicht die
tatsächliche Veräußerungschance gemeint ist. Denn alle anderen Ausführungen in dem
betreffenden Absatz des Prospektes befassen sich mit wirtschaftlichen Umständen einer
möglichen Veräußerung des Gesellschaftsanteils; daher muss der Leser auch den ersten
Satz dieses Absatzes („…. jederzeit … veräußerlich“) vorrangig im Sinne einer
wirtschaftlichen Betrachtungsweise verstehen, und nicht etwa lediglich im Sinne einer
juristischen Möglichkeit.
43 ccc) Die weiteren Formulierungen („… hochinteressante Rendite …“ und „… interessante
Verzinsung …“) suggerieren, dass der Anleger in der Regel seine Beteiligung
wirtschaftlich vernünftig veräußern könne. Dies ist nicht zutreffend. Vielmehr ist von einer
„praktisch fehlenden Aussicht“ auszugehen, eine KG-Beteiligung an einem geschlossenen
Immobilienfonds zu angemessenen Konditionen zu verkaufen (vgl. BGH, Urteil vom
18.01.2007 - III ZR 44/06 -, Rdnr. 16, zitiert nach Juris; BGH, Urteil vom 19.11.2009 - III ZR
169/08 -, Rdnr. 20, zitiert nach Juris).
44 ddd) Auch die weiteren Hinweise zur Mitwirkung der Fondsgesellschaft beim Verkauf von
Beteiligungen verstärken für einen Anleger den unzutreffenden Eindruck, dass er sich
zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit von seiner Fondsbeteiligung auf wirtschaftlich
sinnvolle Art und Weise wieder trennen könne. Denn der Hinweis auf eine „Beratung“ der
Fondsgesellschaft bei der Veräußerung von Anteilen ist nur sinnvoll, wenn voraussichtlich
eine reale Möglichkeit der Veräußerung zu angemessenen Konditionen besteht. Davon ist
jedoch nicht auszugehen (siehe oben).
45 ee) Die Beklagte hat auf verschiedene Entscheidungen anderer Gerichte hinwiesen, aus
denen sich eine andere Beurteilung der Angaben im Prospekt zu Fungibilität ergebe.
Diese Entscheidungen stehen der Beurteilung des Prospektes durch den Senat jedoch
nicht entgegen:
46 - Es gibt - soweit ersichtlich - nur eine veröffentlichte Entscheidung eines anderen
Oberlandesgerichts, die denselben Prospekt betrifft. Diese Entscheidung (OLG Köln,
Urteil vom 19.07.2011 - 24 U 172/10 -) hält die Angaben im Prospekt zur Fungibilität -
ebenso wie der erkennende Senat - für unzulänglich.
47 - Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des 17. Senats des Oberlandesgerichts
Karlsruhe (Urteil vom 23.04.2013, - 17 U 51/12 -) betrifft einen anderen Fonds mit einem
anderen Prospekt. Die Auffassung der Beklagten, dass die im dortigen Prospekt
enthaltenen Angaben zur Fungibilität des Gesellschaftsanteils - die der 17. Senat für
ausreichend erachtet hat - vollständig mit dem Prospekt im vorliegenden Fall vergleichbar
wären, teilt der Senat nicht. Es kommt hinzu, dass der Sachverhalt auch in weiteren
Punkten teilweise nicht vergleichbar ist. Zum einen hatte die Fungibilität wegen des
beabsichtigten Ruhestandes in 16 Jahren für die Anleger im vorliegenden Fall - anders
als im Fall des 17. Senats - eine besondere Bedeutung. Außerdem hat der 17. Senat in
der zitierten Entscheidung zur Frage der Fungibilität ergänzende mündliche Angaben des
Vermittlers herangezogen (vgl. Seite 7 des zitierten Urteils, II 213), die es im vorliegenden
Rechtsstreit nicht gibt (siehe oben).
48 - Die Beklagte zitiert zudem ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln - 18. Zivilsenat - vom
30.08.2012 - 18 U 79/11 -. Auch diese Entscheidung betrifft einen anderen Prospekt eines
anderen Immobilienfonds. Der 18. Zivilsenat des OLG Köln hat für den dortigen Fall die
Prognose der Fondsinitiatoren „…die Anteile würde wegen der nachhaltigen Ertragskraft
des Fonds im Wert steigen und bevorzugt gekauft werden“ (OLG Köln, a.a.O., Rdnr. 177,
zitiert nach Juris), nicht beanstandet. Eine solche Einschätzung entspricht für einen
„normalen“ geschlossenen Immobilienfonds nicht der Einschätzung des
Bundesgerichtshofs („praktisch fehlende Aussicht, …. verkaufen zu können“, BGH, Urteil
vom 18.01.2007 - III ZR 44/06 -, Rdnr. 16, zitiert nach Juris; BGH, Urteil vom 19.11.2009 -
III ZR 169/08 -, Rdnr. 20, zitiert nach Juris). Es ist daher zu vermuten, dass der 18.
Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit einem geschlossenen Immobilienfonds
befasst war, bei welchem aus Gründen des Einzelfalles wesentlich bessere
Veräußerungsmöglichkeiten in Betracht kamen, als im „Normalfall“. Die Ausführungen
des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln helfen für den vorliegenden Fall daher
nicht weiter.
49 - Auch die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom
13.09.2013 - 1 U 314/11 - betrifft einen anderen Fonds mit einem anderen Prospekt. Der
Senat weicht daher im vorliegenden Fall auch von dieser Entscheidung nicht ab.
50 - Die Beklagte hat im Übrigen zur Unterstützung ihrer Auffassung zwei LG-
Entscheidungen vorgelegt. Die Entscheidung des Landgerichts Bonn vom 26.09.2012 - 2
O 523/11 - (Anlage BB 1, II 169 ff.) beschäftigt sich - entgegen der Zitierung durch die
Beklagte - nicht mit der Darstellung der Fungibilität im Fonds-Prospekt. Die Entscheidung
des Landgerichts Mönchengladbach vom 18.09.2012 - 3 O 409/11 - (Anlage BB 2, II 185
ff.) hat die Darstellung der Fungibilität im streitgegenständlichen Prospekt in der Tat
anders beurteilt als der Senat. Aus den oben erörterten Gründen kann der Senat der
Auffassung des Landgerichts Mönchengladbach jedoch nicht folgen.
51 d) Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten. Denn ein Verschulden des
Geschäftsführers wird bei einer fehlerhaften Beratung grundsätzlich vermutet (vgl. BGH,
Urteil vom 18.01.2007 - III ZR 44/06 -, Rdnr. 18, zitiert nach Juris; BGH, Urteil vom
10.05.2007 - III ZR 44/06 -, Rdnr. 16, 17, zitiert nach Juris). Es ist im Übrigen grundsätzlich
davon auszugehen, dass ein Anlagevermittler in der Lage sein muss, einzuschätzen,
inwieweit ein Fonds-Prospekt bei einem Anleger einen falschen Eindruck über die
mangelnde Fungibilität der Fondsanteile hervorrufen kann. Wenn einzelne Gerichte in
späteren Prozessen die Formulierungen in dem Prospekt zur Fungibilität teilweise
unterschiedlich verstehen, ändert dies an den Anforderungen, die an die Beklagte zu
stellen sind, nichts.
52 e) Die fehlerhafte Beratung war ursächlich für die Anlageentscheidung der Klägerin und
ihres Ehemanns. Bei zutreffender Aufklärung über die fehlende Fungibilität der Beteiligung
hätten sie die Beteiligung nicht erworben und den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen.
Die Ursächlichkeit der fehlerhaften Beratung wird vermutet (vgl. BGH, Urteil vom
03.12.2007 - II ZR 21/06 -, Rdnr. 16, zitiert nach Juris; BGH, NJW 2010, 3292, 3294). Die
Vermutung ist nicht widerlegt. Vielmehr erscheint es dem Senat wahrscheinlich, dass die
Klägerin und ihr Ehemann bei zutreffender Aufklärung sich nicht für die
darlehensfinanzierte Beteiligung entschieden hätten, da sie zumindest beim Eintritt des
Ehemanns in den Ruhestand die Möglichkeit anderweitiger finanzieller Gestaltungen
haben wollten. Dass die Klägerin und ihr Ehemann die Anteile - voraussichtlich - erst nach
16 Jahren veräußern wollten, ändert entgegen der Auffassung der Beklagten an der
Kausalität nichts. Im Gegenteil: Wegen der Perspektive einer Veräußerung nach 16
Jahren kam es für die Anleger auf die Fungibilität in besonderem Maße an (siehe oben).
53 f) Die Haftung der Beklagten wird nicht durch ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB)
gemindert. Es mag zwar sein, dass nach den Erläuterungen des Geschäftsführers der
Beklagten bei objektiver Betrachtung für die Klägerin und ihren Ehemann Unklarheiten
über die Funktionsweise und die Fungibilität der Beteiligung bestehen konnten. Vertraut
jedoch ein Anleger bei solchen Unklarheiten auf die Erklärungen des Beraters, kann dies
den Einwand eines Mitverschuldens grundsätzlich nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom
22.03.2011 - XI ZR 33/10 -, Rdnr. 41, zitiert nach Juris).
54 3. Die Beklagte haftet zudem auch aus einem weiteren Grund. Sie war - unabhängig von
der Frage einer vollständigen und zutreffenden Aufklärung über die mangelnde
Fungibilität der Anteile - zu einer anlegergerechten Beratung verpflichtet. Gegen diese
Verpflichtung hat der Geschäftsführer der Beklagten verstoßen, indem er der Klägerin und
ihrem Ehemann eine Beteiligung an dem streitgegenständlichen Fonds empfahl. Denn
diese Empfehlung war für die Ziele der Klägerin und ihres Ehemannes - wegen der
mangelnden Fungibilität - nicht geeignet (siehe oben). Wegen des unstreitigen
Anlagezieles - voraussichtliche Veräußerung in 16 Jahren, vgl. den Vermögensstatus
Anlage K 5 - hätte der Geschäftsführer der Beklagten keine Anlage empfehlen dürfen, die
in 16 Jahren voraussichtlich nicht oder kaum veräußerbar war. Eine solche Empfehlung
wäre nur dann anlegergerecht gewesen, wenn die Klägerin und ihr Ehemann - nach
entsprechender Aufklärung - ihr Anlageziel, nämlich eine beabsichtigte Veräußerung in 16
Jahren, geändert hätten. Dies ist jedoch nicht ersichtlich. Die Beklagte hat nicht behauptet,
dass die Klägerin und ihr Ehemann im Laufe der Beratung von ihrer Planung, nämlich
einer voraussichtlichen Veräußerung nach 16 Jahren, abgerückt wären.
55 4. Die Beklagte schuldet Schadensersatz in Höhe von 83.540,08 EUR.
56 a) Das von der Klägerin und ihrem Ehemann gemeinsam aufgenommene Darlehen bei
der ... Sparkasse W. diente der Finanzierung der Kommanditbeteiligung. Die für dieses
Darlehen aufgewendeten Zahlungen sind mithin Teil des von der Beklagten verursachten
Schadens. Ein Schaden liegt zum einen darin, dass die erworbene Beteiligung wegen der
fehlenden Fungibilität für die Klägerin und ihren Ehemann nachteilig war. Zum anderen
liegt ein Schaden in der ungünstigen Entwicklung der Beteiligung (keine Ausschüttungen
mehr ab 2002). Die Aufwendungen für die Beteiligung wurden von der Klägerin und ihrem
Ehemann gemeinsam getragen. Mithin ist der Schaden beiden gemeinsam entstanden.
Auf Grund der Abtretung vom 24.07.2009 (Anlage K 1, I, 107) ist die Klägerin berechtigt,
den Anspruch (im Rahmen des in der Abtretungserklärung genannten Betrags) allein
geltend zu machen.
57 Soweit noch eine Darlehensverbindlichkeit der Klägerin und ihres Ehemanns gegenüber
der Darlehensgeberin besteht, war die Beklagte ursprünglich (nur) zur Freistellung
verpflichtet. Eine Freistellung hat die Beklagte schon vorprozessual abgelehnt (vgl. das
Schreiben der Beklagten vom 29.01.2009, Anlage K 3). Mit dieser Ablehnung hat sich der
Freistellungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Zahlungsanspruch
umgewandelt (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2011 - III ZR 144/10 -, Rdnr. 22, zitiert nach
Juris). Da diese Umwandlung in einen Zahlungsanspruch bereits vorprozessual erfolgt ist,
erfasst die Abtretung vom 24.07.2009 Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte auch
insoweit, als diese ursprünglich zunächst noch auf Freistellung gerichtet waren. Dass die
Klägerin in der Klageschrift vom 23.07.2009 zunächst noch einen Freistellungsanspruch
geltend gemacht hat und erst später auf einen einheitlichen Zahlungsanspruch
übergegangen ist, ändert daran nichts. Da der Klägerin der geltend gemachte
Zahlungsanspruch - jedenfalls in der vom Senat zuerkannten Höhe - schon vor der
Drittwiderklage in vollem Umfang zustand (siehe oben), kommt es entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob und inwieweit die Drittwiderklage spätere
Verfügungen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten über die Ansprüche hindern
konnte.
58 b) Der Schaden der Klägerin ist wie folgt abzurechnen:
59 Zahlungen auf das Darlehen bis einschließlich 2009 116.950,05 EUR
./. Steuervorteil
58.750,81 EUR
./. Ausschüttungen
5.112,92 EUR
Differenz:
53.086,32 EUR
60 Hinzu kommen Zahlungen auf das Darlehen im Jahr 2010 in Höhe von 7.201,00 EUR und
der noch für das Restdarlehen offene Betrag in Höhe von 23.252,76 EUR. Daraus ergibt
sich der Gesamtschaden von 83.540,08 EUR. Die dargestellten Zahlen sind zwischen den
Parteien unstreitig.
61 c) Die (der Höhe nach unstreitigen) Steuervorteile der Klägerin und ihres Ehemanns
können bei der Abrechnung aus Rechtsgründen nicht unberücksichtigt bleiben.
62 aa) Durch den Erwerb einer Fondsbeteiligung erzielte Steuervorteile sind bei einer
Rückabwicklung grundsätzlich zu Gunsten des Schädigers zu berücksichtigen, wenn die
Vorteile dem Geschädigten verbleiben. Eine Berücksichtigung erfolgt nur dann nicht, wenn
damit zu rechnen ist, dass die Schadensersatzleistung in der Zukunft zu einer
Besteuerung führen wird (vgl. BGH, NJW 2006, 499). Gemäß § 287 ZPO ist es in
derartigen Fällen, wenn keine außergewöhnlichen Steuervorteile erzielt worden sind, nicht
erforderlich, die in der Zukunft voraussichtlich zu entrichtende Steuer genau zu berechnen,
weil dies mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Vielmehr gibt die
Rechtsprechung in derartigen Fällen einer pauschalierenden Betrachtungsweise den
Vorzug (vgl. BGH a. a. O.).
63 bb) Wird der Erwerb eines Kommanditanteils an einem geschlossenen Immobilienfonds
im Wege des Schadensersatzes rückabgewickelt, findet in der Regel eine Besteuerung
der Schadensersatzleistungen statt, da der Sache nach früher geltend gemachte
Werbungskosten (Abschreibungen) rückabgewickelt werden. Die Rückabwicklung dieser
Werbungskosten führt in der Regel zu einer Besteuerung von Einkünften aus Vermietung
und Verpachtung gemäß § 21 EStG (vgl. BGH, NJW-RR 2013, 611; OLG München, Urteil
vom 20.03.2013 - 3 U 4364/11 -, zitiert nach Juris; Weber-Grellet, Der Betrieb, 2007, 2740,
2742 f.).
64 cc) Im vorliegenden Fall haben die Klägerin und ihr Ehemann für die Jahre 1994 bis 2006
Verluste aus Vermietung und Verpachtung auf Grund von Abschreibungen geltend
machen können (vgl. die unstreitige Aufstellung des Steuerberaters, Anlage K 26). Bei
einer Rückabwicklung der Fondsbeteiligung im Wege des Schadensersatzes werden an
sich - steuerrechtlich betrachtet - die aus den Abschreibungen resultierenden
Werbungskosten rückabgewickelt. Daraus wird sich dennoch keine nennenswerte
steuerliche Belastung für die Klägerin und ihren Ehemann ergeben. Denn zum Zeitpunkt
der Rückabwicklung (frühestens 2014, möglicherweise später) werden - möglicherweise
von geringen Beträgen abgesehen - mehr als 10 Jahre seit der Geltendmachung der
Werbungskosten verstrichen sein (vgl. die Aufstellung in der Anlage K 26). Der Zeitpunkt
des Erwerbs der Fondsanteile liegt noch länger zurück. In entsprechender Anwendung
von § 23 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 1 EStG kann die Rückzahlung von Werbungskosten bei einer
Rückabwicklung des Erwerbs der Fondsanteile steuerlich nicht mehr berücksichtigt
werden (vgl. Weber-Grellet a. a. O., 2743). Da die in der Vergangenheit erzielten
Steuervorteile nicht durch eine zukünftige Besteuerung der Schadensersatzleistung
kompensiert werden, müssen die Steuervorteile bei der Abrechnung des Schadens zu
Gunsten der Beklagten in Abzug gebracht werden.
65 5. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht verjährt.
66 a) Gemäß § 195 BGB beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre. Für den Beginn der
Verjährungsfrist ist der Schluss des Jahres maßgeblich, in welchem der Anspruch
entstanden ist, und die Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der
Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat, oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte
erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Eine Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis von
den maßgeblichen Umständen kann der Senat erst für Dezember 2008 feststellen (vgl.
das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 23.12.2008, Anlage K 2).
Mithin wäre die Verjährung ohne Hemmung zum 31.12.2011 abgelaufen. Durch die
Klageerhebung mit Schriftsatz vom 23.07.2009 und durch die Klageerweiterung mit
Schriftsatz vom 31.03.2011 (I, 337), zugestellt am 07.04.2011 (I, 365), ist die Verjährung
rechtzeitig gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Ziff. 1 BGB). Dabei ändert der ursprüngliche
Freistellungsantrag nichts an der Hemmungswirkung auch nach der späteren Umstellung
für einen Zahlungsantrag (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage 2014, § 204 BGB
Rdnr. 13).
67 b) Die Beklagte hat eine verjährungsauslösende frühere Kenntnis oder grobfahrlässige
Unkenntnis der Klägerin von den maßgeblichen Umständen nicht dargetan und nicht
nachgewiesen. Aus den ab 2002 ausbleibenden Ausschüttungen des Fonds ergab sich
aus der Sicht der Klägerin nichts für einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte.
Insbesondere konnte die Klägerin daraus nicht schließen, dass Aufklärung und Beratung
der Beklagten wegen der mangelnden Fungibilität der Beteiligung unzureichend waren.
Die von der Beklagten angeführten Geschäftsberichte der Fondsgesellschaft spielen für
eine Kenntnis - oder grob fahrlässige Unkenntnis - der Klägerin und ihres Ehemannes
keine Rolle. Denn der nach den Ausführungen der Beklagten im Jahr 2008 versandte
Geschäftsbericht für das Jahr 2006 hätte - wenn überhaupt - relevante Kenntnisse für die
Anleger erst im Jahr 2008 vermitteln können, so dass sich keine Änderung gegenüber den
Ausführungen zur Hemmung der Verjährung oben a) ergibt.
68 Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin und der Drittwiderbeklagte im Jahr 2005 mit
Hilfe eines Anwalts Ansprüche gegen die Darlehensgeberin (Sparkasse M. W. ) geltend
machten, kann die Beklagte nichts zu ihren Gunsten herleiten. Denn bei den Ansprüchen
gegenüber der Darlehensgeberin ging es um einen Widerruf nach den Vorschriften des
Haustürwiderrufsgesetzes, und nicht um die Folgen einer mangelhaften Beratung durch
die Beklagte. Im Übrigen wäre eine eventuelle grobfahrlässige Unkenntnis des damaligen
Anwalts der Klägerin hinsichtlich der Voraussetzungen eines Anspruchs gegen die
Beklagte der Klägerin nicht zuzurechnen. Denn es ist nicht ersichtlich und nicht dargetan,
dass der damals für die Klägerin und ihren Ehemann tätige Anwalt bereits mit der Prüfung
von Ansprüchen gegen die Beklagte beauftragt war (vgl. zur Zurechnung der Kenntnis
eines Vertreters im Rahmen von § 199 BGB Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Auflage 2013,
§ 199 BGB, Rdnr. 24). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der damalige Anwalt auch mit
der Prüfung von Schadensersatzansprüchen beauftragt war. Denn es wurden nur
Ansprüche gegenüber der Darlehensgeberin geltend gemacht. Eine Beauftragung mit der
Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Beklagten, die für einen
Verjährungsbeginn im vorliegenden Rechtsstreit ggfls. eine Rolle spielen könnte, hat die
Beklagte nicht vorgetragen.
69 6. Die Beklagte ist im Rahmen des Schadensersatzes verpflichtet, die der Klägerin und
ihrem Ehemann entstandenen Unkosten zu ersetzen, Zug um Zug gegen Übertragung der
erworbenen Beteiligung. Die Beklagte ist in Annahmeverzug geraten, da die Klägerin
jedenfalls mit der Klage und mit der Klageerweiterung vom 31.03.2011 die Gegenleistung
angeboten hat. Ein wörtliches Angebot war gemäß § 295 BGB ausreichend.
70 7. Die Beklagte schuldet die geltend gemachten Zinsen gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Klageforderung erst durch die
Klageerweiterung rechtshängig geworden ist.
71 8. Die gegen den Ehemann der Klägerin (Zedenten) gerichtete Drittwiderklage ist teilweise
begründet.
72 a) Eine isolierte Drittwiderklage ist in einem Fall der vorliegenden Art wegen des
Zusammenhangs mit der Klageforderung nach allgemeinen Regeln zulässig (vgl.
Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage 2012, § 33 ZPO, Rdnr. 23). Ein
Feststellungsinteresse der Beklagten (§ 256 Abs. 1 ZPO) ist zu bejahen. Zum einen hat
der Drittwiderbeklagte nur einen der Höhe nach begrenzten Teil der Ansprüche an die
Klägerin abgetreten. Zum anderen ist ein Feststellungsinteresse gegenüber dem
Zedenten wegen möglicher Unsicherheiten bei der rechtlichen Bewertung der Abtretung
auch hinsichtlich der abgetretenen Forderung zu bejahen (vgl. BGH, NJW 2008, 2852).
73 b) Die Feststellungswiderklage ist begründet, soweit mögliche Ansprüche des
Drittwiderbeklagten über den zuerkannten Betrag von 83.540,08 EUR hinausgehen. Es
wird auf die Ausführungen zur Begründung der Klageforderung verwiesen. Anderweitige
Ansprüche des Drittwiderbeklagten, die über diesen Betrag hinausgehen könnten, sind
nicht dargetan.
74 9. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung - im Hinblick auf die Ausführungen
des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 09.01.2014 zur Frage der Verjährung - kam
nicht in Betracht (§ 156 Abs. 1 ZPO). Informationen über die - nach Auffassung der
Beklagten erheblichen - Geschäftsberichte der Fondsgesellschaft und deren Versendung
an die Anleger hätte die Beklagte schon wesentlich früher im Rechtsstreit einholen
können, zumal die von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des
Oberlandesgerichts Köln vom 19.07.2011, in der sich Ausführungen zum Geschäftsbericht
für das Jahr 2006 befinden, dem Beklagtenvertreter bereits im November 2011 (II 73)
bekannt geworden ist. Es kann daher dahinstehen, ob die Klägerin und ihr Ehemann
frühere Geschäftsberichte gelesen haben, ob sie den Inhalt der Berichte - im Hinblick auf
die Frage der Verjährung - hätten zur Kenntnis nehmen müssen, und ob und inwieweit
sich aus diesen Berichten für die Klägerin und ihren Ehemann ein Hinweis auf einen
Prospektfehler, bzw. auf eine unzutreffende mündliche Aufklärung durch den
Geschäftsführer der Beklagten, hätte ergeben müssen.
75 10. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
76 11. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711
ZPO.
77 12. Die Zulassung der Revision für die Klägerin und den Drittwiderbeklagten beruht auf §
543 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO. Nach Auffassung des Senats ist die Frage der Berücksichtigung
von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung einer Fondsbeteiligung von grundsätzlicher
Bedeutung, wenn zum Zeitpunkt der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung mehr als 10
Jahre vergangen sind (vgl. Weber-Grellet a. a. O.).
78 Hingegen liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision für die Beklagte
nicht vor. Die maßgeblichen Erwägungen des Senats zur Haftung der Beklagten sind in
der Rechtsprechung geklärt. Das gilt insbesondere für die erforderliche Aufklärung über
die mangelnde Fungibilität von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds. Der
Senat weicht - wie oben im Einzelnen ausgeführt - bei der Beurteilung des
streitgegenständlichen Prospekts auch nicht von den Entscheidungen anderer
Oberlandesgerichte ab.