Urteil des OLG Karlsruhe vom 27.04.2010

OLG Karlsruhe (freiwillige gerichtsbarkeit, beschwerde, aug, mutter, zpo, eltern, aussicht, baden, württemberg, auflage)

OLG Karlsruhe Beschluß vom 27.4.2010, 16 UF 27/10
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - Heidelberg vom 28.12.2009 - 32 F 189/09 - durch Beschluss entsprechend § 522 Abs. 2 ZPO
zurückzuweisen. Die Beschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche
Bedeutung zu. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert.
II. Die Parteien erhalten Gelegenheit, zum Hinweisbeschluss binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen. Der
Antragsgegner möge binnen gleicher Frist prüfen, ob die Beschwerde nicht aus Kostengründen (Verringerung der
Gerichtsgebühren) zurückgenommen werden soll.
III. Der Antragstellerin wird aufgegeben, zur Entscheidung über ihren Antrag auf Bewilligung von
Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz Nachweise über die aktuellen Rückkaufswerte der drei von ihr in
ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angegebenen Lebensversicherungen
vorzulegen. Die Antragstellerin wird hierzu ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihre Behauptung, zwei der
Versicherungen seien Ausbildungsversicherungen für die beiden Kinder K. und R., in den Versicherungsscheinen
keinen Niederschlag findet.
IV. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
1 Auch wenn § 117 FamFG nicht auf § 522 Abs. 2 ZPO verweist, steht es dem Beschwerdegericht frei, die
Beschwerde gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG unter den Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO
durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, wenn es davon überzeugt ist, dass die Beschwerde keine
Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht
erfordert und die Beteiligten zuvor auf die beabsichtigte Beschwerdezurückweisung und die Gründe hierfür unter
Fristsetzung zur Stellungnahme hingewiesen wurden (Keidel / Weber, FamFG - Familienverfahren Freiwillige
Gerichtsbarkeit, 16. Auflage § 117 FamFG Rdn. 10; Maurer, FamRZ 2009, 465, 476; Hoppenz / A. Walter,
Familiensachen, 9. Auflage, § 117 FamFG Rdn. 11; Bassenge / Roth / K. Walter, FamFG RPflG, § 117 FamFG
Rdn. 11; Kroiß/Seiler, Das neue FamFG, § 4 Rdn. 103; Weinreich, ZKJ 2009, 344, 346; letztlich offen gelassen:
Münchener Kommentar / Fischer, § 117 FamFG Rdn. 22).
2 Der Senat hat bereits durch Beschluss vom 18.02.2010 eingehend dargelegt, dass die Beschwerde des
Antragsgegners keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den genannten
Senatsbeschluss Bezug genommen. Die mit den anwaltlichen Schriftsätzen vom 24.03., 26.03., 30.03. und
01.04.2010 vorgebrachten Gesichtspunkte vermögen keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.
3 Soweit der Antragsgegner gegen den Senatsbeschluss vom 18.02.2010 - nach § 567 Abs. 1 ZPO unstatthaft -
sofortige Beschwerde eingelegt hatte, wurde diese zwischenzeitlich zurückgenommen.
4 Der Senat verkennt nicht, dass auch die Mutter in der Vergangenheit nicht in der Lage war, den Kindern einen
verlässlichen Halt zu geben. Dies vermag indessen nichts daran zu ändern, dass es nach den
schwerwiegenderen Entgleisungen des Beschwerdeführers (Selbstmorddrohung und Verabschiedung von R. /
Attacke mit der Eisenstange gegen den Lebensgefährten der Mutter vor den Augen der Kinder / Ankündigung an
die Kinder, er habe eine Pistole / Schreiben an die Kinder, um sie in seinem Kampf gegen die Mutter zu
instrumentalisieren) unter Kindeswohlgesichtspunkten zunächst geboten ist, den Kindern die Möglichkeit zu
geben, die ihnen aufgezwungenen Erfahrungen und Erlebnisse mit fachlicher Unterstützung aufzuarbeiten. Ein
sofortiger betreuter Umgang des Vaters während dieser Zeit mit den Kindern kommt nach Auffassung des
Senats nicht in Betracht, da die Kinder dadurch erneut der sie belastenden Umgangssituation ausgesetzte
würden, wodurch die Aufarbeitung der belastenden Erfahrungen gerade vereitelt würde. Aus denselben
Erwägungen kommt auch eine gerichtliche Kontrolle der Mutter und der Therapie der Kinder bis September 2010
nicht in Betracht. Eine - nunmehr wohl auch vom Vater angestrebte - Deeskalation der Situation kann nicht
erreicht werden, solange die Kinder - und sei es auch nur indirekt über die Mutter - nach wie vor in die
(gerichtlichen) Auseinandersetzungen der Eltern involviert werden.
5 Ziel und Maßstab der gerichtlichen Entscheidungen ist nicht, die Eltern gleichermaßen zur Verantwortung zu
ziehen, sondern im Interesse des Wohles beider Kinder zu versuchen, in der verfahrenen Situation, die beide
Eltern zu verantworten haben, für die Kinder die jetzt noch bestmögliche Lösung zu erzielen. Die Möglichkeit der
ungestörten Therapie beider Kinder hat daher hier Vorrang vor dem Umgangsrecht des Beschwerdeführers.
6 Ein dauerhafter Ausschluss des Umgangs des Beschwerdeführers mit den beiden Kindern K. und R. ist
entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers weder angeordnet noch angestrebt. Durch den
angefochtenen Beschluss wurde der Umgang des Beschwerdeführers lediglich für neun Monate ausgesetzt, ab
Oktober 2010 hat das Amtsgericht bereits wieder betreuten Umgang angeordnet.
7 Der Senat begrüßt, dass der Beschwerdeführer ausweislich der Verwaltungsbescheinigung des Psychiatrischen
Zentrums N. sich nunmehr - seit Erlass des Senatsbeschlusses vom 18.02.2010 deutlich gesteigert - dort in
ambulanter Behandlung befindet. Der Senat geht davon aus, dass eine erfolgreiche Teilnahme an dieser
Behandlung den vom Amtsgericht ab Oktober 2010 angeordneten betreuten Umgang erleichtern wird.