Urteil des OLG Karlsruhe vom 04.03.2002

OLG Karlsruhe: ärztliches zeugnis, ärztliches gutachten, wichtiger grund, abgabe, anfechtung, versäumnis, aufenthalt, rechtsberatung, anfechtbarkeit, verfügung

OLG Karlsruhe Beschluß vom 4.3.2002, 19 AR 5/02
Abgabe des Betreuungsverfahrens: Anfechtbarkeit des Betreuungsbeschlusses wegen Verfahrensfehlern
Tenor
Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Kehl.
Gründe
1 Ein wichtiger Grund für die Abgabe vom AG Ettenheim an das AG Kehl im Sinne von § 65 a Abs. 1 FGG liegt vor. Der gewöhnliche Aufenthalt des
Betroffenen befindet sich in Kehl. Die Belange des Betreuers sind durch den Wechsel der Zuständigkeit nicht berührt, wie sich aus seiner
Zustimmung ergibt. Viele Aufgaben des Betreuers sind ohnehin am neuen Aufenthaltsort des Betroffenen zu erfüllen.
2 Das abgebende Gericht hat zwar versäumt, beim anderen Gericht entsprechend § 46 Abs. 1 Satz 1 FGG anzufragen. Gelegenheit zur
Stellungnahme hatte das andere Gericht jedoch im Rahmen der versuchten Abgabe, so dass das Versäumnis folgenlos ist.
3 Die Abgabe an das AG Kehl scheitert auch nicht daran, dass der Beschluss über die Verlängerung und Erweiterung der Betreuung
verfahrensfehlerhaft zustandegekommen ist, weil ein ärztliches Gutachten bzw. ein ärztliches Zeugnis fehlten. Diese Fehler machen den
Beschluss nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (vgl. Zimmermann in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 7 Rdn. 41 und OLG Brandenburg
NJWE-FER 2000, 322). Der Beschluss bleibt daher mangels Anfechtung wirksam, so dass eine wirksame Verlängerung und Erweiterung
vorliegen. Eine Ablehnung der Übernahme kann das fehlerhafte Verfahren nicht begründen (vgl. Engelhardt in: Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O., § 46
Rdn. 17; OLG Hamm Rpfl. 1958, 189 mit Anm. Keidel).
4 Soweit das OLG Brandenburg (a.a.O) in einem solchen Fall fehlende Abgabereife (vgl. dazu Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 65 a FGG Rdn.
17), die auch als schädlicher Verfahrensstand bezeichnet wird (vgl. Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 65 a Rdn. 5), angenommen
hat, vermag der Senat ihm nicht zu folgen.