Urteil des OLG Karlsruhe vom 28.03.2006

OLG Karlsruhe (kläger, ehefrau, darlehensvertrag, bank, erste instanz, abschluss, anleger, verhältnis zwischen, leistung, höhe)

OLG Karlsruhe Urteil vom 28.3.2006, 17 U 66/05
Finanzierter Immobilienfondserwerb: Rückabwicklung eines unwirksamen Darlehensvertrags
Tenor
1. Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2005 – 10 O 37/03 –
werden zurückgewiesen, diejenige des Klägers mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass der Beklagten aus
dem Darlehensvertrag vom 11.12.1996 mit dem Kläger und der Widerbeklagten keine Ansprüche mehr zustehen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten tragen die Beklagte 90% und der Kläger 10%. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen
Kosten der Widerbeklagten 2 sowie 90% der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Dieser hat 10% der
außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Zwangsvollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung des Gegners gegen
Sicherheitsleistung von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für die erste Instanz und den Berufungsrechtszug beträgt 56.889,44 EUR.
Gründe
I.
1
Die Kläger und seine Ehefrau (Widerbeklagte 2) schlossen am 21.11.1996 mit dem geschäftsführenden
Gesellschafter der Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR L., WGS Fonds 40 (im Folgenden:
Fonds), einen notariell beurkundeten Vertrag über den Erwerb von zwei Fondsanteilen zum Preis von 61.300
DM. Am gleichen Tag unterzeichneten die Anleger "zur Finanzierung des GdbR-Anteils (Immobilienfonds)"
einen an die Beklagte gerichteten Kreditantrag auf einem bereits ausgefüllten Vordruck der Beklagten über
einen Darlehensbetrag von 70.084 DM. Die Beklagte nahm den Kreditantrag am 11.12.1996 an. Das endfällige
Darlehen sollte durch eine Tilgungslebensversicherung abgelöst werden. Der Kläger trat die Ansprüche aus der
Lebensversicherung als zusätzliche Sicherheit an die Beklagte ab. In erster Linie diente zur Sicherstellung der
Beklagten die Verpfändung der GbR-Anteile. Die Darlehensvaluta in Höhe von 63.432 DM wurde von der
Beklagten weisungsgemäß dem Konto einer als Treuhänderin bestellten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft am
11.12.1996 gutgeschrieben (Anlage K 3) .
2
Der Kläger und seine Ehefrau zahlten ab Januar 1997 bis Oktober 2002 an die Beklagte Zinsen aus eigenen
Mitteln in Höhe von 15.744,78 EUR. Der Eigenanteil der Anleger an der monatlichen Zinslast von ursprünglich
391,16 DM = 200 EUR stieg an, nachdem die aus den garantierten Mieteinnahmen zu erzielenden
Fondsausschüttungen ab August 1997 reduziert wurden. Über das Vermögen der Mietgarantin wurde am
31.10.1997 das Konkursverfahren eröffnet.
3
Die Anleger ließen mit Anwaltsschreiben vom 17.10.2002 ihren Fondsbeitritt und mit weiterem
Anwaltsschreiben vom 8.11.2002 ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen
widerrufen.
4
Der Kläger verfolgt eigene und ihm von seiner Ehefrau abgetretene Ansprüche auf Rückzahlung der erbrachten
Zinszahlungen in Höhe von 15.744,78 Euro und verlangt Nutzungszinsen hierauf in Höhe von 5.108,81 EUR
sowie die Rückabtretung der Rechte aus der Lebensversicherung. Er behauptet, der Abschluss von Darlehens-
und Beitrittsvertrag sei in seiner Wohnung angebahnt worden. Die Zahlungsansprüche seien auch deswegen
begründet, weil die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss für Pflichtverstöße
bei den zum Abschluss des Anlagegeschäfts führenden Verhandlungen hafte.
5
Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Darlehensvertrag sei wirksam, ein Widerrufsrecht der
Darlehensnehmer habe nicht bestanden; ebenso wenig könne ihr eine Pflichtverletzung angelastet werden. Die
Beklagte begehrt mit ihrer Widerklage die Verurteilung des Klägers und der Widerbeklagten 2 als
Gesamtschuldner zur Zahlung der monatlichen Zinslast gemäß Darlehensvertrag in Höhe von 200 EUR bis
zum Ablauf der Zinsfestschreibung am 1.10.2006.
6
Das Landgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung der gezahlten Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung des
Fondsanteils und aller Ansprüche gegen die Fondsgesellschaft und die Fondsinitiatoren verurteilt, im Übrigen
hat es Klage und Widerklage abgewiesen.
7
Gegen das landgerichtliche Urteil wenden sich der Kläger und die Beklagte mit der Berufung.
8
Der Kläger erstrebt mit seinem Rechtsmittel weiterhin Nutzungszinsen in Höhe von 5.108,08 EUR. Das
Landgericht habe die Vorschrift des § 3 HWiG a.F. rechtsfehlerhaft angewendet. Es sei kein Grund ersichtlich,
den Darlehensnehmer nach Widerruf schlechter zu stellen als nach Anfechtung auf Grund arglistiger
Täuschung. Den vom Landgericht im Tatbestand nicht beurkundeten negativen Feststellungsantrag hat der
Kläger im Senatstermin erneut zur Entscheidung gestellt.
9
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Antrag auf (vollständige) Klageabweisung und
den Widerklageantrag weiter. Sie wendet sich insbesondere gegen die Feststellungen, die das Landgericht zum
Vorliegen einer Haustürsituation getroffen hat. Was die Rückabwicklungsfolgen angehe, so könne den Anlegern
in Übereinstimmung mit der Entscheidung des II. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 21.7.2003 das
Anlagerisiko nicht abgenommen werden. Die neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom
14.6.2004 seien gesetzeswidrig und könnten nicht zur Beurteilung der Rückabwicklungslage herangezogen
werden. Ein Verbundgeschäft liege ohnehin nicht vor, da die Beklagte dem Anlagenvermittler selbst die
Darlehensformulare nicht überlassen habe. In jedem Fall seien etwaige Rückzahlungsansprüche wegen Zinsen,
die bis einschließlich 1998 gezahlt worden seien, verjährt. Ein Anspruch des Klägers gegen die
Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter, für die nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenates
des Bundesgerichtshofes im Wege des Rückforderungsdurchgriffs gehaftet werden solle, bestehe nicht. Solche
Ansprüche wären außerdem mit Ablauf des 31.12.2004 auch verjährt. Jedenfalls hätte das Landgericht die
Steuervorteile des Klägers berücksichtigen und diesem Punkt durch einen entsprechenden Hinweis weiter
nachgehen müssen.
10 Die Parteien treten der Berufung des jeweiligen Gegners entgegen und verteidigen im Umfang der gegnerischen
Berufung das landgerichtliche Urteil.
11 Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen
Feststellungen im angefochtenen Urteil und auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsrechtszug Bezug
genommen.
II.
12 Die Berufungen der Parteien sind zulässig, jedoch nicht begründet. Die von ihnen erhobenen Einwendungen
gegen das Urteil des Landgerichts führen zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage.
13 1. Berufung der Beklagten
14 Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Rückzahlung der von den Kapitalanlegern auf das Darlehen
geleisteten Zinsen und zur Herausgabe der Rechte aus der Lebensversicherung des Klägers verurteilt, ohne
hierbei das von der Beklagten ausgezahlte Darlehenskapital bei der Rückabwicklung anspruchsmindernd zu
berücksichtigen. Der Kläger und seine Ehefrau brauchen der Beklagten das Darlehen nicht zurückzuzahlen,
vielmehr haben sie ihrerseits gegen die Beklagte gem. § 3 HWiG (in der hier maßgeblichen Fassung bis zum
30.9.2000) Anspruch auf Rückgewähr der von ihnen auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen.
15 a) Die Anleger haben ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen durch
Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 8.11.2002 gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG wirksam widerrufen.
16 aa) Der Darlehensvertrag unterfällt dem Haustürwiderrufsgesetz. Dessen Vorschriften sind durch die vorrangige
Regelung des § 5 Abs. 2 HWiG hier nicht ausgeschlossen. Vielmehr ist diese Rechtsvorschrift
richtlinienkonform dahin auszulegen, dass das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht durch
das Widerrufsrecht gem. § 7 Abs. 2 VerbrKrG ausgeschlossen oder eingeschränkt wird (ständige neuere
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
17 Die Voraussetzungen des Widerrufsrechts nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG liegen vor. Der Kläger und seine
Ehefrau sind in einer Haustürsituation ohne vorangegangene Bestellung des Vermittlers zum Abschluss des
Darlehensvertrags bestimmt worden. Die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts greift die Berufung
ohne Erfolg an.
18 Die Aufnahme der Verhandlungen durch den Vermittler, den Zeugen M., erfolgte in der Privatwohnung der
Anlageinteressenten im Rahmen der Tätigkeit des Zeugen bei der Hilfestellung zur Einkommensteuererklärung
der Eheleute. Diesen Umstand hat das Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt. Nach der Aussage des
Zeugen hat die Anbahnung des hier in Rede stehenden Anlagegeschäfts, wie von dem Kläger dargestellt, in
dessen Wohnung ohne vorherige Bestellung stattgefunden. Ob die Geldanlage Gegenstand eines einzigen
Gespräches war oder ob bis zum Abschluss des hier streitigen Darlehensvertrags mehrere Verhandlungen
erforderlich waren, ist nicht erheblich. Auch der Umstand, dass die Behauptungen des Klägers und die
Angaben des Zeugen in diesem Punkt nicht übereinstimmen, spielt keine entscheidende Rolle. Maßgeblich ist
vielmehr, dass die ursprüngliche Kontaktaufnahme in der Privatwohnung der Eheleute gefunden hat. Es ist
anerkannt, dass der Hausbesuch nicht die einzige, nicht einmal die entscheidende Ursache für den späteren
Vertragsschluss darstellen muss (BGHZ 131, 385, 391; Ulmer, in: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 1 HWiG, Rdnr.
18 a, 19). Es genügt vielmehr, dass der Verbraucher die Vertragserklärung lediglich aufgrund der
Haustürsituation abgegeben hat.
19 Die Rüge der Berufung, es sei nach der Zeugenaussage ungeklärt, wann und zu welchem Zweck der Zeuge bei
dem Kläger zu Hause gewesen sei und ob dieser Besuch der Anlagevermittlung und nicht etwa der
Steuerberatung gedient habe, ist für die Voraussetzungen des Widerrufsrechts gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG
nicht erheblich. Diese ungeklärten Umstände betreffen vielmehr den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1
HWiG, demzufolge das Widerrufsrecht entfällt, wenn die Vertragsverhandlungen auf vorhergehende Bestellung
des Verbrauchers geführt worden sind. Insoweit trifft die Darlegungs- und Beweislast aber die Beklagte. Die
Unaufklärbarkeit des Sachverhalts in diesem Punkt geht damit zu Lasten der Beklagten.
20 Dass die Anleger den Darlehensvertrag erst nach ihrer notariellen Beitrittserklärung zur Fondsgesellschaft
anlässlich eines gemeinsamen Abendessens, aber am selben Tag (21.11.1996), unterzeichnet haben, führt
nicht zur Verneinung der Ursächlichkeit des ursprünglichen Verhandlungskontakts in der Haustürsituation
Anfang November 1996. Dadurch sind der Kläger und seine Ehefrau bewogen worden, sich mit der
vorgeschlagenen Form der Kapitalanlage zu beschäftigen. Die Bemühungen des Vermittlers sind zumindest
noch mitursächlich für den Abschluss des Darlehensvertrags am 21.11.1996 geworden.
21 Die notarielle Beurkundung des Beitritts am 21.11. 1996, die unmittelbar vor Unterzeichnung des streitigen
Darlehens erfolgte, ändert an dieser Beurteilung nichts. Sie lässt entgegen der Rechtsauffassung der
Beklagten die Kausalität der Haustürsituation nicht entfallen. Die notarielle Belehrungspflicht erstreckte sich
nicht auf die Finanzierung des beurkundeten Gesellschaftsbeitritts. Von einer automatischen Unterbrechung
der psychisch vermittelten Ursächlichkeit der Ausgangssituation durch den Beurkundungsvorgang und den
dadurch bedingten Wegfall des Überraschungsmoments kann jedenfalls im Streitfall nicht ausgegangen
werden, wie das die Beklagte unter Hinweis auf das Urteil des Thüringer OLG vom 13.1.2004 - 5 U 250/03 (vgl.
hierzu BGH, Beschluss vom 23.11.2004 - XI ZR 27/04) wünscht. In jenem Fall mag es schon deswegen
anders liegen, weil zwischen dem Tag der Protokollierung des notariellen Kaufvertrages (29.3.1996) und der
Unterzeichnung des Darlehensvertrages durch die Anleger (12.4.1996) noch zwei Wochen lagen.
22 bb) Die Beklagte muss die Haustürsituation gegen sich gelten lassen, auch wenn sie die Tätigkeit des
Darlehensvermittlers und die näheren Umstände der Vertragserklärungen des Klägers und seiner Ehefrau weder
kannte noch kennen musste.
23 Für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG ist nach europarechtlichen Vorgaben erforderlich aber
hinreichend, dass der Vertrag in einer Haustürsituation nach Maßgabe von Art. 1 der Richtlinie 85/577/EWG
des Rates vom 20.12.1985 geschlossen wurde (EuGH, Urteil vom 25.10.2005 – C 229/04). Der Wortlaut der
Richtlinie bietet nach der bindenden Auslegung des europäischen Rechts durch den EuGH für eine zusätzliche
subjektive Komponente als Zurechnungsvoraussetzung keine Grundlage. Vielmehr ist die Haustürsituation der
Bank bereits dann zuzurechnen, wenn sie objektiv vorgelegen hat. Eine Heranziehung der in Anlehnung an §
123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze scheidet danach aus. Das Widerrufsrecht steht dem Verbraucher
vielmehr schon dann zu, wenn objektiv eine Haustürsituation bestanden hat (BGH, Urteil vom 12.12.2005 - II
ZR 137/04, ZIP 2006, 221).
24 cc) Daraus folgt für den Streitfall, dass die auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten
Willenserklärungen der Anleger erst dann wirksam sind, wenn sie nicht widerrufen werden. Das Widerrufsrecht
ist – mangels ordnungsgemäßer Belehrung durch die Beklagte - nicht durch Fristablauf erloschen. Die
Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG hat nicht zu laufen begonnen. Das steht zwischen den Parteien auch nicht
im Streit.
25 b) Die Beklagte hat auf Grund des wirksamen Widerrufs keinen Vertragsanspruch auf Zahlung der
Darlehenszinsen, sodass ihre Widerklage unbegründet ist. Vielmehr sind die Parteien gem. § 3 Abs. 1 HWiG
verpflichtet, einander die jeweils empfangenen Leistungen zurückzugewähren.
26 aa) Danach hat, was zwischen den Parteien im Grundsatz auch nicht im Streit steht, die Beklagte dem Kläger
und seiner Ehefrau die von diesen auf das Darlehen gezahlten Zinsen zurückzuzahlen und dem Kläger die
Rechte aus der Lebensversicherung des Klägers zurückzuübertragen.
27 Entgegen der Auffassung der Berufung sind bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG Steuervorteile, die bei
dem Kläger und seiner Ehefrau entstanden sind, nicht zu berücksichtigen. Vielmehr sind etwaige bleibende
Steuervorteile nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs nur im Rahmen von Schadensersatzansprüchen
zu berücksichtigen, nicht jedoch bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG (BGH, Urteil vom 14.6.2004 - II ZR
395/02, WM, 2004, 1527, 1529; Urteil vom 18.10.2004 – II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494).
28 Auch die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch. Die Rückgewährsschuld gem. § 3
Abs. 1 HWiG entsteht mit dem Widerruf, sodass nicht die Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. i. V. m. Art.
229 § 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EGBGB zur Anwendung kommt. Da sich der Rückzahlungsanspruch im Falle
des Widerrufs auf eine Zahlung richtet, die auf einmal zu erbringen ist, sind die Voraussetzungen für das
Eingreifen der Sonderregel des § 197 BGB a.F. nicht erfüllt. Diese Bestimmung unterwirft nur andere
regelmäßig wiederkehrende Leistungen, wie etwa Ansprüche auf Rückzahlung periodisch fällig werdender
rechtsgrundlos gezahlter Zinsen der kurzen Verjährungsfrist. Obwohl es sich bei Ansprüchen aus § 3 HWiG um
besonders ausgestaltete Bereicherungsansprüche handelt (BGH, WM 2003, 64, 66), können diese nicht
Bereicherungsansprüchen auf Grund regelmäßig geleisteter Zinsraten gleichgestellt werden.
29 bb) Der Kläger und seine Ehefrau sind dagegen nicht verpflichtet, der Beklagten die Darlehensvaluta
zurückzugewähren. Vielmehr hat sich die Beklagte mit der Abtretung der (ihr bereits verpfändeten)
darlehensfinanzierten Gesellschaftsbeteiligung zu begnügen, was der Kläger mit dem Zug-um-Zug
Zahlungsantrag bereits berücksichtigt hat.
30 (1) Bei der Frage, welches im Falle der Darlehensauszahlung an einen Dritten die vom Darlehensnehmer
empfangene und damit dem Darlehensgeber nach § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG zurückzugewährende Leistung ist,
herrscht in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Anwendungsbereich des § 9 VerbrKrG jedenfalls
Einigkeit darüber, dass der Verbraucher nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet ist (BGH, Urteil
vom 12.11.2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 336 ff. unter III 1 b bb unter Hinweis auf BGHZ 133, 254,
259/260; ferner Urteil vom 14.6.2004 - II ZR 395/01, WM 2004, 1521 unter I 2 b). Danach sind der Kläger und
seine Ehefrau zur Rückzahlung der Darlehensvaluta an die Beklagte nicht verpflichtet, weil der
Darlehensvertrag der Parteien und der Vertrag über den Fondsbeitritt der Darlehensnehmer ein verbundenes
Geschäft i. S. des § 9 VerbrKrG darstellen. Ein solches liegt vor, wenn sich Fondsgesellschaft und Bank
derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. etwa BGH, Urt. vom 14.6.2004 - II ZR 395/01, a.a.O. und Urteil
vom 14.6.2004 - II ZR 393/02, WM 2004, 1529).
31 Das ist hier nach dem erreichten Sach- und Streitstand der Fall. Die Beklagte will die Annahme eines
verbundenen Geschäfts mit dem Vortrag ausschließen, sie habe hauseigene Darlehensvertragsformulare dem
als Vermittler des Darlehensvertrags aufgetretenen Zeugen M. nicht ausgehändigt und im Übrigen in der
Zusatzvereinbarung des Kreditvertrages den Kreditnehmern verdeutlicht, dass es sich bei dem Kreditvertrag
und dem Beteiligungsvertrag nicht um ein einheitliches Geschäft handele.
32 Demgegenüber genügt für die Annahme eines Verbundgeschäfts i. S. von § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG nach
höchstrichterlicher Rechtsprechung bereits die Überlassung der Vertragsformulare an den Fondsbetreiber. Dass
die mit der Vermittlung der Kreditverträge beauftragte Fondsbetreiberseite sich ihrerseits einer der
Finanzierungsbank möglicherweise unbekannten Untervermittlerin bediente und die Formulare an diese bzw. an
deren Mitarbeiter weiterreichte, steht der Annahme eines verbundenen Geschäfts nicht entgegen (BGH, Urteil
vom 31.1.2005 - II ZR 200/03, ZIP 2005, 565, 566 unter II 1 a m. w. N.). Im Übrigen hat die Beklagte im
Darlehensvertrag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Anlagemodell von Vermittlern vertrieben wird. Sie
hat sich in diesem Zusammenhang zu der Klarstellung veranlasst gesehen, dass diese nicht berechtigt seien,
in ihrem Namen irgendwelche Erklärungen abzugeben. Ein solcher rechtsgeschäftlicher Vorbehalt setzt voraus,
dass die Vermittler nach dem der Bank bekannten Anlagekonzept auch zur Anbahnung des Kreditvertrags
eingesetzt werden sollten. Tatsächlich hat der Anlagevermittler dem Kläger auch ein bereits vollständig
ausgefülltes Darlehensvertragsformular der Beklagten zur Unterschrift vorgelegt.
33 Unter solchen Umständen kann die Kreditgeber den tatsächlich gegebenen Verbund nicht einfach durch
"ergänzende Bestimmungen und Hinweise" im schriftlichen Darlehensvertrag auflösen, in denen sie dem
möglichen Eindruck der Kreditnehmer, es handele sich bei dem Kreditvertrag und dem Beteiligungsvertrag um
ein verbundenes Geschäft, entgegenzuwirken versucht. Auf die Entscheidung BGHZ 152, 331 kann sich die
Beklagte für ihren Rechtsstandpunkt nicht berufen, weil der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs aus einer
entsprechenden Zusatzvereinbarung nur ein Hilfsargument gegen das Vorliegen eines mit dem (Real-
)Kreditvertrag verbundenen Erwerbsgeschäfts abgeleitet hat.
34 (2) Der Berufung ist jedoch einzuräumen, dass die vom Bundesgerichtshof aus § 9 VerbrKrG hergeleitete
Begründung für die Rückzahlungspflicht bezüglich der Darlehensvaluta weder methodisch noch systematisch
überzeugt. Denn die Verbundregel des § 9 VerbrKrG soll nach ihrem Sinn und Zweck den Verbraucher im Falle
des Widerrufs des Kreditvertrages durch Zusammenführung und Beschränkung der gegenläufigen
Rückabwicklungsansprüche im Verhältnis zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber vor dem Aufspaltungsrisiko
schützen und gerade nicht Leistungsrichtung und Leistungsempfang bezüglich des Darlehenskapitals für die
Rückabwicklung gem. § 3 HWiG festlegen. Insbesondere folgt aus dem bloßen Verbund von Darlehens- und
Beitrittsvertrag nicht der vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs angenommene Leistungstatbestand,
demzufolge die nach § 3 HWiG zurückzugewährende Leistung der Bank in der finanzierten
Gesellschaftsbeteiligung besteht (Urt. vom 14.6.2004 - II 385/02 und II 395/01). Der Verbundgedanke ist
lediglich Wertungsgesichtspunkt und nicht gesetzliches Tatbestandsmerkmal, welches über das Vorliegen
einer Leistung gem. § 3 HWiG bzw. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB entscheidet. Demgegenüber beruht der
von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen gescheiterter Anlagegeschäfte zu Grunde gelegte
Abwicklungsmechanismus auf dem von ihr axiomatisch unterlegten Rechtssatz, dass die Auszahlung des
Darlehens im Grundsatz Anweisungsregeln folge, hiervon aber im Fall des verbundenen Geschäfts wegen des
Schutzzwecks der gesetzlichen Widerrufsregelung eine Ausnahme zu machen und daher im Fall des Widerrufs
des Darlehensvertrags eine Rückzahlungsverpflichtung des Verbrauchers zu verneinen sei.
35 Es ist jedoch fraglich und zweifelhaft, ob die Grundannahme dieses Lösungskonzepts bei der Rückabwicklung
von gescheiterten Anlagegeschäften überhaupt zutrifft. Denn die Darlehensauszahlung erfolgt in diesen Fällen
typischerweise nicht als Leistung kraft Anweisung des Anlegers. Vielmehr kann dieser nach dem von der
Finanzierungsbank und den Gründungsgesellschaftern des Fonds gemeinsam entwickelten oder wenigstens
gemeinsam getragenen Anlagekonzept den Verwendungszweck des Darlehens nicht frei bestimmen. Die Bank
will sich erkennbar einer freien Auszahlungsanweisung des Kreditnehmers gerade nicht unterwerfen. Der
Kreditnehmer hat nur die Möglichkeit, sich innerhalb des von den Beteiligten des Anlagemodells
vorgezeichneten Zwecks für den Zahlungsfluss mit der Auszahlung auf das eingerichtete Treuhandkonto
einverstanden zu erklären. In der Klausel des Kreditvertrags, wonach der Darlehensnehmer die Beklagte
unwiderruflich "anweist", den Auszahlungsbetrag ausschließlich dem Konto des Treuhänders gutzuschreiben,
ist daher lediglich die Zustimmung zur Valutierung an die Fondsgesellschaft zu erblicken. Damit stellt die
Darlehensauszahlung nicht eine Leistung der Bank an ihren Kunden, sondern eine Leistung der Bank im
Verhältnis zum Zahlungsempfänger dar, die sie zum Zwecke der Erfüllung ihrer Auszahlungsverpflichtung
gegenüber ihrem Kunden erbringt, §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB. (vgl. bereits Senat, Urt. vom 29.12.2005 –
17 U 43/05, OLGR Karlsruhe 2006, 199; OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 2005, 59 = NJW-RR 2005, 201). Der
Anleger ist nicht Empfänger der Leistung, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Real- oder - wie
hier - um einen Personalkredit handelt. Dass die Darlehensauszahlung an einen Nichtgläubiger die vertragliche
Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers auslöst, beruht hier allein auf seiner - bei wirksamem
Darlehensvertrag - gültigen Einwilligung in diese Zahlung, § 185 Abs. 1 BGB.
36 Die Folge dieser vom Kreditnehmer konsentierten Auszahlungsvereinbarung zwischen der Bank und dem
Zahlungsempfänger besteht darin, dass der Kreditnehmer im Falle des Widerrufs seiner auf den
Darlehensvertrag gerichteten Erklärung, was die Darlehensvaluta angeht, aus der Rückabwicklung gem. § 3
HWiG herauszuhalten ist. Dieses Ergebnis (vgl. BGHZ 133, 254, 263/264 mit Hinweis auf BGH, Urt. vom
6.12.1979 - III ZR 46/78, NJW 1980, 938, 940: bereicherungsrechtliche Direktkondiktion) erklärt sich allein aus
der Zweckbeziehung der Beteiligten bei der Auszahlung der Darlehensvaluta. In dem zwischen der Bank und
dem Zahlungsempfänger bestehenden Leistungsverhältnis liegt daher die "über den bloßen Zahlungsfluss
hinausgehende Verbindung" zwischen dem Partner des zu finanzierenden Geschäfts und der Bank, die der II.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs als entscheidenden Lösungsgesichtspunkt herausstellt (Urt. vom 14.6.2004
- II ZR 395/01 unter I 2 b aa der Gründe).
37 Aus diesem Grund scheidet der Darlehensnehmer als Leistungsempfänger der Darlehensvaluta aus, und zwar
unabhängig vom Eingreifen der Verbundregel des § 9 VerbrKrG und ohne Rücksicht auf eine Teleologie des § 3
Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG (dazu BGH, Urt. vom 21.3.2005 - II ZR 411/03, NJW-RR 2005, 986; ferner Senat Urt.
vom 23.8.2005 - 17 U 7/05, OLGR Karlsruhe 2005, 886). Dieses allein auf den rechtsgeschäftlichen Willen der
Parteien gegründete Ergebnis erreicht damit in jedem Fall die europarechtlichen Vorgaben des Gerichtshofes
der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 25.10.2005 (C-350/03). Dem Kreditinstitut ist nämlich bei
nicht rechtzeitiger Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht stets das Kreditverwendungsrisiko
zugewiesen, weil der Verbraucher das Darlehen nach Widerruf des Kreditvertrags nicht gem. § 3 HWiG (jetzt §
357 Abs. 1 i. V. m. § 346 Abs. 1 BGB) als empfangene Leistung zurückzahlen muss. Für die bedenkliche
Konstruktion einer verschuldensunabhängigen Haftung des Darlehensgebers zur Vermeidung eines
Umsetzungsdefizits im nationalen Recht (dazu im Überblick Habersack, JZ 2006, 91,92/93 m. w. N.) besteht
daher keine Notwendigkeit.
38 2. Berufung des Klägers
39 a) Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, soweit er einen Anspruch auf eine marktübliche Verzinsung der
von ihm und seiner Ehefrau auf das Darlehen gezahlten und der Beklagten zur Nutzung stehenden Zinsraten
erstrebt.
40 Entgegen einer im Schrifttum (Erman/Saenger, BGB/HWiG, 11. Aufl., § 3 Rdn. 32; Soergel/Wolf, BGB, 12.
Aufl. § 3 HWiG Rdn. 8) vertretenen Auffassung sind nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die von dem
anderen Teil gem. § 3 Abs. 1 HWiG zurückzugewährenden Geldbeträge nicht entsprechend § 3 Abs. 3 HWiG
bzw. § 347 Satz 3 BGB (in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung) ohne Rücksicht auf einen Verzugseintritt zu
verzinsen. Eine Analogie zu diesen Vorschriften kommt nicht in Betracht, weil eine planwidrige und
ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke nicht gegeben ist. Der Gesetzgeber hat die Abwicklungsregeln des § 3
HWiG zwar den §§ 346 -350 BGB a.F. nachgebildet, dabei aber bewusst § 347 Satz 3 BGB a.F., der eine
Pflicht zur Verzinsung des zurückzuerstattenden Geldbetrages vorsieht, ausgeklammert (Amtliche Begründung
zum HWiG, BT-Drucks. 10/2876, S. 14). Über diese Entscheidung darf sich die Rechtsprechung nicht
hinwegsetzen, weil sie es aus allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen im Sinne einer Gleichbehandlung von
Kreditnehmer und Kreditgeber im Rahmen des § 3 Abs. 3 HWiG für wünschenswert hält (BGH, Urt. vom
2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 unter 3 b; OLG Düsseldorf, NJW 1997, 2056).
41 Die auf § 3 Abs. 3 HWiG gestützte Entscheidung des XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urt. vom
11.12.2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331 unter III 1 a) steht dem nicht entgegen, da in dem zu Grunde
liegenden Fall der Kunde die Rückerstattung von Zins- und Tilgungsleistungen geltend machte. Um die
Verzinsung von Tilgungsanteilen der Darlehensraten geht es im Streitfall jedoch nicht.
42 b) Dagegen erweist sich die Berufung des Klägers insoweit als gerechtfertigt, als er in der Berufungsinstanz
erneut Feststellung der Unwirksamkeit des streitigen Darlehensvertrages begehrt. Der negative
Feststellungsantrag ist zulässig (§§ 525, 263, 267 ZPO) und nach dem Darlegungen unter II 1 a) auch
begründet.
43 3. Nach alledem waren die Rechtsmittel beider Parteien mit der genannten Einschränkung und der Kostenfolge
aus § 97 Abs. 1 i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit hat §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO zur Grundlage. Die Revision ist nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO
zuzulassen, weil die tragenden Urteilsgründe mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang stehen.
Gemäß § 63 Abs. 2 und 3 GKG war der Streitwert für den Berufungsrechtszug und den ersten Rechtszug
festzusetzen.