Urteil des OLG Karlsruhe vom 20.05.2003

OLG Karlsruhe: verschlechterungsverbot, anforderung, erlass, verfügung, rechtsberatung

OLG Karlsruhe Beschluß vom 20.5.2003, 16 WF 41/03
Kostenfestsetzung: Aufhebung eines unwirksamen nur mit Handzeichen unterschriebenen Kostenfestsetzungsbeschlusses ohne Verstoß
gegen das Verschlechterungsverbot
Leitsätze
Ein nur mit einem Handzeichen unterschriebener Kostenfestsetzungsbeschluss ist unwirksam. Er kann auch auf Rechtsmittel des die Festsetzung
weiterer Kosten betreibenden Kostengläubigers ohne Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot aufgehoben werden.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 10. Februar
2003 aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
1 Die sofortige Beschwerde wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss mit der Begründung, es seien entgegen dem
Kostenausgleichsantrag des Beklagten eine Verhandlungs- und eine Beweisgebühr in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
sowie Fotokopierkosten nicht angesetzt worden.
2 Der angefochtene Beschluss ist mit einem Handzeichen, nicht mit dem vollen Namen der Rechtspflegerin unterzeichnet. Ein Handzeichen, die
bewusste und gewollte Namensabkürzung, eine Paraphe, erfüllt die Anforderung an eine Unterschrift nicht (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl.,
§ 315 Rn. 1 unter Hinweis auf BGH vom 21. Oktober 1998 - IV ZB 15/98 -; für den vorbereitenden Schriftsatz Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 130
Rn. 11 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Ein nichtunterzeichneter Kostenfestsetzungsbeschluss ist unwirksam (vgl. zuletzt für den
Konkurseröffnungsbeschluss BGHZ 137, 49, 58 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Zwar kann die fehlende Unterschrift nachgeholt werden
(a.a.O. S. 53). Die Rechtspflegerin hat sich jedoch geweigert, die Paraphe durch eine vollständige Unterschrift zu ersetzen.
3 Scheinbeschlüsse, wie der vorliegende Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Februar 2003, können mit den üblichen Rechtsmitteln angegriffen
werden (vgl. für das Scheinurteil Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., vor § 511 Rn. 36 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der Beschwerdeangriff nicht
die gänzliche Unwirksamkeit des angefochtenen Beschlusses rügt; denn die Frage, ob eine wirksame Ausgangsentscheidung vorliegt, hat das
Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu prüfen. Die durch den Senat nunmehr verfügte Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 10.
Februar 2003 hat die Wirkung, dass der Anschein eines Kostenfestsetzungsbeschlusses beseitigt wird.
4 Die Aufhebung verschlechtert zwar die Rechtsstellung des Beklagten und Beschwerdeführers, weil dieser mit seinem Rechtsmittel nur das Ziel
verfolgt hat, dass weitere Kosten gegen die Klägerin zur Erstattung festgesetzt werden. Das Verschlechterungsverbot gilt jedoch nur dann, wenn
überhaupt eine wirksame Entscheidung der Vorinstanz vorliegt.
5 Da die sofortige Beschwerde zur gänzlichen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führte, sind Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren
nicht entstanden. Die Anordnung einer Kostenerstattung verbietet sich schon deshalb, weil die Rechtsstellung beider Parteien sich verschlechtert:
die Klägerin sieht sich weiterhin einer weitergehenden Erstattungsforderung ausgesetzt; zu Lasten des Beklagten wird der bis dahin für ihn
wirkende Anschein eines ihm begünstigenden Kostenfestsetzungsbeschlusses beseitigt.