Urteil des OLG Karlsruhe vom 07.08.2006

OLG Karlsruhe (zpo, beschwerde, herausgabe, antrag, gesuch, anordnung, unterlagen, aug, württemberg, baden)

OLG Karlsruhe Beschluß vom 7.8.2006, 14 W 35/06
Beweisaufnahme: Anfechtbarkeit der gerichtlichen Anordnung einer Herausgabe von Unterlagen durch
Sachverständigen
Leitsätze
1. Ordnet das Gericht auf Antrag einer Partei die Herausgabe von Unterlagen durch den Sachverständigen an, so
ist dagegen keine sofortige Beschwerde statthaft.
2. Beim Widerspruch gegen einen Antrag des Gegners - hier: auf Anordnung der Herausgabe von Unterlagen durch
den Sachverständigen - handelt es sich nicht um ein das Verfahren betreffendes Gesuch i. S. v. § 567 Abs. 1 Nr.
2 ZPO.
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners Nr. 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Offenburg vom 08.05.2006 - 3
OH 6/05 - wird als unzulässig verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 In dem beim Landgericht Offenburg anhängigen selbständigen Beweisverfahren hat der zum Sachverständigen
bestellte Dipl.-Ing. Z. sein unter dem 17.01.2006 schriftlich erstattetes Gutachten in der Sitzung des
Landgerichts vom 08.05.2006 mündlich erläutert. Dabei hat er auch auf Werkstattzeichnungen Bezug
genommen, die ihm mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners Nr. 1 vom 07.12.2005
überlassen worden waren. In der genannten Sitzung hat das Landgericht auf Antrag der Antragsstellerin des
Beweisverfahrens dem Sachverständigen durch Beschluß aufgegeben, die ihm vom Antragsgegner Nr. 1
überlassenen Werkstattzeichnungen zu den Akten zu reichen. Dagegen richtet sich die zu Protokoll erklärte und
mit Schriftsatz vom 10.05.2006 begründete sofortige Beschwerde des Antragsgegners Nr. 1, der nach seinem
Vortrag befürchtet, durch eine nach Vorlage der Pläne erfolgende Akteneinsicht in seinen Urheberrechten
verletzt zu werden. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluß vom 23.05.2006).
II.
2 Da keiner der Fälle des § 567 Abs. 1 ZPO vorliegt, ist die Beschwerde unstatthaft, so daß sie als unzulässig zu
verwerfen war (§ 572 Abs. 2 S. 2 ZPO).
3 1. Das Rechtsmittel ist nicht nach § 567 Abs.1 Nr. 1 ZPO statthaft, weil das Gesetz die Beschwerde gegen
Anordnungen nach § 407 a Abs. 4 ZPO nicht ausdrücklich vorsieht.
4 2. Auch ein Fall des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist nicht gegeben.
5 a) Da das Gesetz ein auf die Anordnung der Herausgabe von Unterlagen durch den Sachverständigen
gerichtetes Antragsrecht nicht vorsieht, kann schon zweifelhaft sein, ob es sich bei einem entsprechenden
Gesuch einer Partei nicht lediglich um eine bloße Anregung handelt, deren Verbescheidung nicht
beschwerdefähig ist (vgl. hierzu OLG Hamburg, FamRZ 1990, S. 423). Sollte aber in dem Antrag ein das
Verfahren betreffendes Gesuch im Sinne von § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu sehen sein, so wäre doch zweifelhaft,
ob eine Entscheidung hierüber auch ohne mündliche Verhandlung hätte ergehen dürfen.
6 b) Diese Fragen können indessen offen bleiben, denn eine Statthaftigkeit der Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1
Nr. 2 ZPO scheitert jedenfalls schon daran, daß dem Antrag auf Anordnung der Herausgabe der Pläne durch den
Sachverständigen stattgegeben wurde. Zurückgewiesen wurde allerdings der sich gegen den Herausgabeantrag
der Gegenseite richtende Widerspruch des Antragsgegners. Bei diesem Widerspruch handelte es sich indessen
nicht um ein „Gesuch“ im Sinne von § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Dies ist spätestens seit dem - die entsprechende
Vorgängervorschrift betreffenden - Beschluß des Reichsgerichts vom 27.04.1900 (RGZ 46, S. 366 ff., 367)
ständige Rechtsprechung und auch in der Literatur allgemein anerkannt (vgl. etwa Braun, in: Münchener
Kommentar ZPO, 2. Aufl. 2000, Rdn. 5 zu § 567; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Auf. 2005, Rdn. 32 zu § 567 -
j.m.w.N.).
III.
7 Die Kostenfolge beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert war nach dem zu schätzenden Interesse des
Antragsgegners an der Nichtherausgabe der Werkstattpläne auf 3.000,00 EUR festzusetzen.