Urteil des OLG Hamm vom 09.11.2005

OLG Hamm: anfechtungsklage, umwandlung, anfechtungsfrist, zustellung, kommanditgesellschaft, aktiengesellschaft, fristablauf, amtspflicht, belastung, verfassungsbeschwerde

Oberlandesgericht Hamm, 11 U 70/04
Datum:
09.11.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 U 70/04
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 8 O 26/01
Tenor:
Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 16. Januar 2004
verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt das beklagte Land.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem beklagten Land bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des
aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn
nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
A.
2
Die Kläger verlangen von dem beklagten Land bezifferten Schadensersatz und
begehren im übrigen die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde
nach wegen der ihrer Auffassung nach vorzeitig erfolgten Handelsregistereintragung der
Umwandlung der H2 AG in die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft.
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Die Kläger hielten stimmrechtslose Vorzugsaktien der H2 AG im Nominalwert von 50,00
DM, deren Börsenkurs zuletzt bei ca. 300,00 € pro Aktie lag. Nachdem die
Hauptaktionäre der AG ihren Aktienbesitz veräußert hatten und dieser von der I GmbH
gehalten wurde, wurde in einer am 23. und 24.02.2000 durchgeführten
Hauptversammlung der Aktiengesellschaft die formwechselnde Umwandlung in eine
Kommanditgesellschaft unter der Fa. H2 AG & Co. KG beschlossen. Das Festkapital der
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Kommanditgesellschaft unter der Fa. H2 AG & Co. KG beschlossen. Das Festkapital der
Kommanditgesellschaft wurde mit 7.251.400,00 € (gegenüber einem Grundkapital der
Aktiengesellschaft von zuletzt 72.514.000,00 €) bestimmt. Hierdurch wandelten sich die
Anteile der Aktionäre an der Aktiengesellschaft in Anteile am Festkapital der
Kommanditgesellschaft im Verhältnis von 10 : 1 um. Das das Festkapital übersteigende
buchmäßige Eigenkapital der Gesellschaft wurde Rücklagenkonten der Gesellschafter
gutgeschrieben, über das sie nach Maßgabe des gleichzeitig festgestellten
Gesellschaftsvertrages der Kommanditgesellschaft verfügen konnten. Komplementärin
wurde die H AG mit einem Festkapitalanteil von 2,60 € (vgl. Beschlussvorlage Bl. 434 ff
d.A., Hauptversammlungsprotokoll, Bl. 372 - 541 d.A.).
Gegen den Umwandlungsbeschluß und weitere Beschlüsse der Hauptversammlung
wurde von einer Reihe von Aktionären, u.a. auch von den Klägern Widerspruch zur
Niederschrift des Notars erhoben (vgl. Bl. 542 - 544 d.A.).
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Bereits mit notariell beglaubigter Erklärung vom 29.02.2000 meldete der Vorstand der
Aktiengesellschaft die formwechselnde Umwandlung zur Eintragung in das
Handelsregister bei dem Amtsgericht Iserlohn an. Die Anmeldung enthielt die weitere
Erklärung, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses
bisher nicht erhoben worden sei.
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Am 1. Werktag nach Ablauf der 1-monatigen Anfechtungsfrist, dem 27.03.2000, verfügte
der Rechtspfleger bei dem Amtsgericht Iserlohn als Registergericht die Eintragung der
Kommanditgesellschaft als neue Rechtsform der Gesellschaft in das Handelsregister.
Die Eintragung erfolgte am 28.03.2000 und wurde am 13.04.2000 bekanntgemacht.
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Zwischenzeitlich waren bei dem Landgericht Hagen innerhalb der Anfechtungsfrist gem.
§ 246 Abs. 1 AktG verschiedene Anfechtungsklagen von Aktionären eingegangen. Eine
dieser Klageschriften wurde dem Vorstand der Aktiengesellschaft am 04.04.2000
zugestellt. Die Anfechtungsklage der Kläger datiert vom 20.03.2000 und wurde mit
freigestempelten Gerichtskosten am 21.03.2000 bei dem Landgericht Hagen
eingereicht.
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Das Landgericht Hagen hat die Anfechtungsklagen der Kläger dieses Rechtsstreits und
weiterer Kläger durch das am 17.01.2001 verkündete Urteil abgewiesen (9 O 138/00 LG
Hagen). Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren wird beim OLG Hamm
– 8 U 59/01 – geführt.
9
Die Kläger beantragten am 31.03.2000 beim Amtsgericht Iserlohn die Amtslöschung der
Umwandlung (Bl. 738 d.A.). Der Antrag wurde mit Beschluß vom 04.04.2000
zurückgewiesen (Bl. 1199 d.A.). Hiergegen legten die Kläger am 12.04.2000 Erinnerung
ein (Bl. 750 d.A.). Die Entscheidung hierüber wurde durch das Landgericht Hagen mit
Beschluß vom 12.10.2000 (24 T 3/00) zunächst bis zur Entscheidung des OLG Hamm
über einen Amtslöschungsantrag eines anderen Aktionärs ausgesetzt. Die Kläger legten
gegen den Aussetzungsbeschluß Beschwerde ein (Bl. 752 d.A.). Sie erklärten das
Beschwerdeverfahren für erledigt, nachdem der 15. Zivilsenat in dem Parallelverfahren
die dortige Beschwerde durch Beschluß vom 27.11.2000 (15 W 347/00 OLG Hamm)
zurückgewiesen hatte. In dem für erledigt erklärten Beschwerdeverfahren beschloss der
15. Zivilsenat am 19.01.2001 (15 W 391/00 OLG Hamm), dass eine Erstattung
außergerichtlicher Auslagen nicht stattfinde (Bl. 754 d.A.).
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Parallel hierzu wandten sich die Kläger im Wege einer Erinnerung vom 10.04.2000
11
gegen die Eintragung der formwechselnden Umwandlung (Bl. 759 d.A.). Diese
Erinnerung wurde durch Beschluß des AG Iserlohn vom 30.10.2000 als unzulässig
verworfen. Hiergegen legten die Kläger am 13.11.2000 Beschwerde ein (Bl. 769 d.A.),
die das Landgericht Hagen durch Beschluß vom 13.03.2001 (21 T 7/00 LG Hagen)
zurückwies. Die hiergegen eingelegte weitere Beschwerde vom 16.03.2001 wurde
durch Beschluß des OLG Hamm vom 28.05.2001 zurückgewiesen (15 W 129/01 OLG
Hamm, Bl. 761 ff d.A.). Mit diesem Beschluß legte der 15. Zivilsenat den Klägern dieses
Rechtsstreits die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Kommanditgesellschaft
als Beteiligte des Beschwerdeverfahrens auf. Gegen diesen Beschluß legten die Kläger
Verfassungsbeschwerde ein - 1 BvR 1035/01 -.
In dem eingangs bereits erwähnten Parallelverfahren (24 T 3/00 LG Hagen), in dem der
Antrag eines anderen Beteiligten auf Durchführung des Amtslöschungsverfahrens
zurückgewiesen worden war, intervenierten die Kläger mit einer im eigenen Namen
erhobenen Beschwerde vom 06.09.2000 gegen den Beschluß des Landgerichts Hagen
vom 27.07.2000. Ihre Beschwerde wurde durch den o.g. Beschluß des OLG Hamm vom
27.11.2000 (15 W 347/00, Bl. 47 ff d.A.) ebenfalls zurückgewiesen. Hiergegen erhoben
die Kläger am 18.12.2000 ebenfalls Verfassungsbeschwerde – 1 BvR 2303/00 -.
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Die weitere Durchführung des Berufungsverfahrens über die Anfechtungsklagen wurde
mit Beschluß des 8. Zivilsenats des OLG Hamm vom 25.02.2002 (8 U 59/01; lose
Anlage) bis zur – inzwischen vorliegenden - Entscheidung über die
Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats vom 27.11.2000
ausgesetzt, weil ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklagen dann nicht
bestehe, wenn § 20 Abs. 2 UmwG verfassungsgemäß sei und Mängel der
Verschmelzung durch die konstitutive Handelsregistereintragung geheilt würden.
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Die Fa. H2 AG & Co. KG hat gegenüber den Klägern bisher keine Kostenfestsetzung im
Hinblick auf die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens 15 W 129/01
OLG Hamm betrieben.
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Die Kläger haben mit ihrer Klage die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz des
Schadens begehrt, den sie aufgrund der Verfügung und Durchführung der Eintragung
der formwechselnden Umwandlung trotz innerhalb der Anfechtungsfrist eingegangener
Anfechtungsklagen erlitten haben und erleiden werden.
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Darüber hinaus haben die Kläger aufgrund noch nicht bezahlter
Rechtsanwaltsrechnungen vom 01.06.2001 und 29.04.2003 (Bl. 992 - 1006 und Bl.
1012 - 1014 d.A.) 13.686,55 DM (6.997,82 €) als bezifferten Schadensersatz geltend
gemacht und die Erstattung von Gerichtskosten in Höhe von 325,90 DM (166,63 €)
verlangt (Gerichtskostenrechnungen Bl. 1008 - 1011 d.A.).
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Die Rechtsanwaltsrechnungen vom 01.06.2001 sind mit dem Zusatz versehen, dass der
Betrag zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszins der Deutschen Bundesbank seit 1. Juni
2001 gestundet werde.
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Zur Begründung ihres noch unbezifferten Schadens haben die Kläger behauptet, die
Klägerin zu 1. halte 101 Stück, der Kläger zu 2. halte 201 Stück und die Klägerin zu 3.
halte 99 Stück Aktien (vgl. Bl. 542 - 544, 682, 723, 725 und 812 d.A.).
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Zu dem Feststellungsinteresse haben die Kläger die Auffassung vertreten, dass sie in
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die Lage versetzt werden müssten, darüber zu entscheiden, welche Maßnahmen sie im
Hinblick auf die Verwertung ihrer Anteile zu treffen hätten und wer diese zu finanzieren
habe. Sie könnten darüber hinaus nicht alle Schäden, insbesondere nicht die in Gestalt
von steuerlichen Nachteilen (Bl. 10 - 17, 965, 972 ff d.A.) und die Schäden aufgrund der
Erstattungspflicht außergerichtlicher Kosten aus dem Beschwerdeverfahren
15 W 129/01, beziffern.
Eine Amtspflichtverletzung ergebe sich daraus, dass die Eintragung aufgrund einer
deutlich vor Ablauf der Anfechtungsfrist bereits mit Anmeldung zum Handelsregister
erfolgten Negativerklärung vom 29.02.2000 zu früh, nämlich am 27.03.2000 zu einem
Zeitpunkt verfügt worden sei, zu dem noch mit der Erhebung fristgerechter
Anfechtungsklagen zu rechnen gewesen sei. Die abzugebende Negativerklärung
müsse den Zeitraum bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist abdecken. Auch am Montag,
dem 27.03.2000, hätte eine zutreffende Mitteilung des Vorstandes, dass innerhalb der
Anfechtungsfrist keine Anfechtungsklagen erhoben seien, nicht vorliegen können. Eine
aussagekräftige Negativerklärung sei aber erforderlich, um die Folgen nicht mehr
rückgängig zu machender Eintragungen zu verhindern. Zur Gewährleistung eines
effektiven Rechtsschutzes zugunsten anfechtender Aktionäre, der eine faktische
Verkürzung der Anfechtungsfrist von einem Monat gem. § 246 Abs. 1 AktG nicht
zulasse, müsse auch der Zeitraum einer demnächst erfolgten Zustellung gem. § 270
Abs. 3 ZPO a.F. berücksichtigt werden, bevor eine Registereintragung erfolgen dürfe.
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Zumindest sei es nicht ausreichend, die Eintragung auf eine deutlich vor Fristablauf
abgegebene Negativerklärung zu stützen. Eine Eintragung trotz rechtzeitiger
Anfechtungsklage sei nur im Falle von § 16 Abs. 3 UmwG auf Antrag und nach Prüfung
durch das Prozeßgericht durch Aufhebung der Registersperre möglich.
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Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Iserlohn habe schuldhaft gehandelt, weil er die
Eintragung zu einem Zeitpunkt verfügt und vollzogen habe, in dem eine Klage noch
fristwahrend hätte zugestellt werden und der Zugang einer Ergänzungsmitteilung durch
den Vorstand der Aktiengesellschaft noch nicht habe erwartet werden können. Im
übrigen hätte er aus der Lektüre des Hauptversammlungsprotokolls und der Tatsache
der erhobenen Widersprüche gegen die gefaßten Beschlüsse schließen können, dass
vermutlich bis zum 24.03.2000 Anfechtungsklagen eingehen würden. Er habe auch die
Regelung des § 270 Abs. 3 ZPO a.F. gekannt.
22
Im übrigen habe der Rechtspfleger vermutlich sogar vorsätzlich gehandelt, um die
Rechte der Aktionäre zu verkürzen.
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Hilfsweise haben sich die Kläger auf ein Organisationsverschulden des beklagten
Landes mangels ausreichender Schulungen der Rechtspfleger berufen.
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Die Kläger haben weiter ausgeführt, die verletzte Amtspflicht diene auch dem Schutz
ihrer Interessen als Aktionäre und nicht nur Publizitätserfordernissen. Dies gelte
unabhängig davon, ob sie selbst Anfechtungsklage erhoben hätten und ob diese Erfolg
haben würde.
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Ihr Schaden habe sich zum Teil bereits realisiert, weil es erst durch den Formwechsel
ermöglicht worden sei, Eigenkapital aus der Gesellschaft zu ziehen und dies mit teuren
Fremdmitteln zu ersetzen. Dies gehe zu Lasten des Gewinns der
Kommanditgesellschaft und damit zu Lasten ihres – der Kläger -Gewinnanteils. Im
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übrigen habe sich die Insolvenzgefahr und damit die Gefahr eines Totalverlustes im
Hinblick auf ihre Anteile vergrößert.
Auch die Kosten der Rechtsverfolgung, durch die sie versucht hätten, die Eintragung
nachträglich abzuwenden, seien vom erstattungsfähigen Schaden umfaßt.
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Die Amtspflichtverletzung sei für eingetretene Schäden auch kausal, auch wenn sich die
Rechtswirkung der Umwandlung durch die eingelegten Rechtsbehelfe und die
erhobene Anfechtungsklage letztlich nicht mehr beseitigen lasse oder es über § 16
Abs. 3 UmwG trotz erhobener Anfechtungsklage gleichwohl zu einer Eintragung
gekommen wäre. Das beklagte Land sei verpflichtet, ihnen die Schäden zu erstatten, die
durch die verfrühte Eintragung entstanden seien, die ihnen die Möglichkeit genommen
habe, rechtzeitig vor Eintragung der Umwandlung Dispositionen zu treffen, um
beispielsweise. durch rechtzeitigen Verkauf der Anteile keine steuerlichen Nachteile
realisieren zu müssen. Bei einer Veräußerung der Kommanditanteile unterliege der
Gewinn der Einkommenssteuerpflicht, während die Anteile an der Aktiengesellschaft
nach Ablauf der Spekulationsfrist ohne steuerliche Nachteile hätten veräußert werden
können.
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Die Anfechtungsklagen eröffneten keine anderweitige Ersatzmöglichkeit. Im Falle ihres
Erfolges wirke sich die Anfechtungsklage nur auf die Schadenshöhe aus. Im Falle ihrer
Abweisung bestehe eine Schadensersatzpflicht für den Zeitraum zwischen der
rechtswidrigen Eintragung und einer dann auch im zeitlichen Zusammenhang richtigen
Eintragung, weil der Formwechsel durch die Amtspflichtverletzung nun früher wirksam
geworden sei, als er es ohne Anfechtungsklage geworden wäre.
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Angesichts des unsicheren Ausganges könne auch ein Spruchstellenverfahren nicht als
zur Abwendung des Schadens geeignetes Rechtsmittel oder als anderweitige
Ersatzmöglichkeit angesehen werden. Ihnen müsse die Entscheidung überlassen
bleiben, mögliche Kaufangebote über einer Barabfindung anzunehmen.
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Im übrigen haben die Kläger ihren Ersatzanspruch auch auf einen enteignungsgleichen
Eingriff gestützt (vgl. Bl. 711 f. d.A.).
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Nachdem die Kläger zunächst einen umfassenden, die drohenden Schäden im
einzelnen aufzählenden Antrag angekündigt haben (Bl. 2 ff d.A.), haben sie klargestellt,
dass es sich insoweit nicht um Anträge im engeren Sinne, sondern um
Konkretisierungen von Schadensbildern handele, die unter den vorangestellten
Feststellungsantrag zu subsumieren seien. Sie haben zuletzt beantragt,
32
1.
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festzustellen, dass das beklagte Land O verpflichtet ist, ihnen den Schaden zu
ersetzen, den sie dadurch erlitten haben und noch erleiden, dass der
Rechtspfleger beim Handelsregister des Amtsgerichts Iserlohn, am Montag,
dem 27. März 2000, die Eintragung der formwechselnden Umwandlung der
H2 AG in J, damals eingetragen beim Amtsgericht Iserlohn unter HRB ####, in
eine Kommanditgesellschaft unter der Firma H2 AG & Co. KG, HRA ####
verfügt, am 28. März 2000 durchgeführt und am 13. April 2000 bekannt
gemacht hat, obwohl innerhalb der Anfechtungsfrist Anfechtungsklagen bei
Gericht eingegangen sind;
34
2.
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das beklagte Land zu verurteilen, an sie 14.012,45 DM (= 7.164,45 Euro)
zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszins der Deutschen Bundesbank seit 1.
Juni 2001 aus 5.237, 40 DM (= 2.677,84 Euro) und aus 4.486,61 Euro seit
dem 2. Mai 2003 zu zahlen,
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hilfsweise das beklagte Land zu anderweitiger Befreiung von der
Verbindlichkeit aus den Anwaltshonorarrechnungen zu verurteilen.
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Das beklagte Land hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
39
Seiner Auffassung nach sei die Klage bereits unzulässig, weil die Beteiligungsquote
aufgrund wechselnden Vorbringens der Kläger unsubstantiiert sei und mit Nichtwissen
bestritten werde.
40
Das beklagte Land hat die Existenz der Klägerin zu 3. bestritten.
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In der Sache selbst hat das beklagte Land eine Amtspflichtverletzung geleugnet. Die
Eintragung sei pflichtgemäß erfolgt, da die Negativerklärung vorgelegen habe, die
Anfechtungsfrist abgelaufen gewesen sei und eine Nachmeldung nicht erfolgt sei. Die
Negativerklärung brauche gem. § 16 Abs. 2 UmwG nicht den gesamten Zeitraum der
Anfechtungsfrist abzudecken. Die Rückwirkung der Klagezustellung gemäß § 270
Abs. 3 ZPO a.F. ändere nichts daran, dass am 27.03.2000 Anfechtungsklagen mangels
Zustellung an die vertretungsberechtigten Organe der Aktiengesellschaft nicht erhoben
gewesen seien. Damit habe der Rechtspfleger das beachtet, was § 16 Abs. 2 UmwG
vorschreibe. Soweit hierdurch Lücken im Schutz der Aktionäre entstehen würden, seien
diese hinzunehmen. Insbesondere sei es unklar und unsicher, wie lange nach Ablauf
der Klagefrist bis zu einer Eintragung zu warten sei. Eine Abgrenzung sei nicht möglich.
Aus diesem Grunde komme es auf eine rein formale Betrachtungsweise an, um die
Pflicht zu einer unverzüglichen Erledigung zu erfüllen.
42
Eine eventuell gleichwohl verletzte Amtspflicht schütze jedenfalls nicht die Kläger. Die
Führung des Handelsregisters erfülle ausschließlich Publizitätsfunktionen. Im übrigen
seien die Kläger nicht schutzbedürftig, da schutzwürdige Interessen fehlen würden.
Durch die gesetzliche Regelung solle kein Weg zu einer Anfechtungsklage eröffnet
werden, falls eine angebotene Barabfindung nicht ausreichend hoch sei. Hierfür sei das
Verfahren über §§ 207, 212 UmwG vorgesehen.
43
Falls die Registereintragung den Schutz der Kläger bezwecke, müsse ihre
Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des 15. Zivilsenates Erfolg haben und
eine Haftung des beklagten Landes scheide wegen Subsidiarität aus.
44
Es fehle am Verschulden des Rechtspflegers, da sich aus dem Gesetzeswortlaut keine
Anforderungen ergeben würden, mit der Registereintragung abzuwarten. Der hier
gegebene Sachverhalt sei in der Kommentarliteratur nicht erfaßt. Der Rechtspfleger
habe seiner Pflicht zum unverzüglichen Tätigwerden entsprochen, durch welche den
Interessen der Gesellschaft und der Mehrheitsgesellschafter Rechnung zu tragen sei.
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Der Vortrag der Kläger zu persönlichen Steuerschäden sei mangels Angaben zu
Steuersätzen, Freibeträgen, fehlenden Vergleichsberechnungen und ohne Angaben
zum Verbleib und zur Verwertung entnommener Beträge unzureichend (vgl. Bl. 306 ff
d.A.).
46
Zur Frage der Kausalität sei die Rückwirkung der Zustellung der Anfechtungsklage auf
den Zeitpunkt ihrer Einreichung unerheblich. Die Organmitglieder hätten auch am
27.03.2000 noch eine zutreffende Negativerklärung abgeben können, worauf die
Eintragung dann ebenfalls veranlaßt worden wäre.
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Eine Schadensursächlichkeit ergebe sich nur im Falle des hypothetischen Erfolges der
Anfechtungsklage. Die erhobene Anfechtungsklage hätte aber keinen Erfolg gehabt und
nicht zur Aufhebung des Umwandlungsbeschlusses geführt. (Das beklagte Land hat das
Vorbringen der Kläger zu den im Rahmen der Anfechtungsklage vom 24.03.2000
erhobenen Rügen im einzelnen bestritten.)
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Die Kläger könnten nicht verlangen, Chancen und Erwartungen durch eine
unberechtigte Anfechtungsklage und die hierdurch eintretende Verzögerung in der
Schwebezeit bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage ausgeglichen zu
bekommen. Dies gelte insbesondere, weil die Anfechtungsklage im Hinblick auf das
erstrangig von den Klägern verfolgte Ziel, eine hohe Barabfindung zu erhalten,
rechtsmißbräuchlich sei.
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Im übrigen hätte auch ein Unbedenklichkeitsverfahren gem. § 16 Abs. 3 UmwG
spätestens bis zum 08.05.2000 zum Erfolg und zur Eintragung der Umwandlung geführt.
50
Neben der Barabfindung, dem Spruchstellenverfahren und der Verfassungsbeschwerde
biete insbesondere § 205 UmwG mit Ansprüchen gegen die Mitglieder der
Vertretungsorgane wegen angeblich falscher Konzernierung eine anderweitige
Ersatzmöglichkeit.
51
Die Kläger treffe ein Mitverschulden mangels Benachrichtigung des Registergerichts
über die Erhebung der Anfechtungsklage, weil ihnen bekannt gewesen sei, dass die
Eintragung alsbald nach Ablauf der Klagefrist erfolgen werde.
52
Zur Schadenshöhe hat das beklagte Land die Zahlung der Gerichtskosten mit
Nichtwissen bestritten und im Hinblick auf die Rechtsanwaltskosten behauptet,
zumindest die Klägerin zu 3. sei vorsteuerabzugsberechtigt. Seiner Auffassung nach
bestehe aufgrund der fehlenden Zahlung kein Anspruch auf Zinsen und zumindest
seien wegen der Stundung keine Zinsen auf Mehrwertsteuer zu zahlen. Im übrigen sei
die Erhöhungsgebühr unberechtigt, weil die Kläger faktisch als Einheit zu behandeln
seien.
53
Die Kläger haben hierauf wie folgt erwidert:
54
Der Einwand eines rechtmäßigen Alternativverhaltens greife nicht durch. Wenn der
Schaden auch durch ein anderes Ereignis eingetreten wäre, sei die Frage des
Ausschlusses oder der Reduzierung der Schadensersatzpflicht eine Frage nach der
haftungsausfüllenden Kausalität und deshalb dem Verfahren über die Schadenshöhe
vorbehalten. Die Aussichtslosigkeit der Anfechtungsklage und der daraus folgende
55
Zeitpunkt der Eintragung sei von dem beklagten Land zu beweisen. Gleiches gelte zum
Erfolg eines Antrages nach § 16 Abs. 3 UmwG.
Auch in diesem Falle wären Rechtsmittelkosten nicht entstanden und steuerliche
Nachteile erst später eingetreten.
56
Die erhobenen Verfassungsbeschwerden stellten kein Rechtsmittel gem. § 839 Abs. 3
BGB dar. Gleiches gelte von den Rechtsbehelfen zur Rückgängigmachung der
Eintragung. Sie seien lediglich auf die Beseitigung der Folgen einer abgeschlossenen
Amtspflichtverletzung gerichtet.
57
Weder unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmitteleinlegung noch unter dem
Gesichtspunkt eines Mitverschuldens könne ihnen zur Last gelegt werden, dass sie das
Registergericht nicht von der von ihnen eingereichten Anfechtungsklage informiert
hätten. Sie hätten darauf vertrauen können, dass jedenfalls zu diesem Zeitpunkt eine
Eintragung nicht vorgenommen werde.
58
Das Landgericht hat durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens
Beweis erhoben (Bl. 904 ff d.A.) und der Klage durch das angefochtene Urteil im
wesentlichen stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen
Entscheidung wird Bezug genommen.
59
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des beklagten Landes, mit der es seinen
Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
60
Seiner Auffassung nach sei entgegen der angefochtenen Entscheidung die Anforderung
eines neuen Negativattestes vor Veranlassung der Eintragung nicht erforderlich
gewesen. § 16 Abs. 2 UmwG sehe lediglich die Einreichung eines Negativattestes vor,
was schon mit der Anmeldung und damit vor Fristablauf abgegeben werden könne. In
diesem Fall habe das Vertretungsorgan bei nachträglicher Kenntnis von der Erhebung
einer Anfechtungsklage dem Registergericht hiervon unverzüglich Mitteilung zu
machen. Durch dieses Verfahren solle der Rechtspfleger ein einfach nachprüfbares
formales Merkmal an die Hand bekommen, um die Eintragung alsbald vornehmen zu
können. Die Kombination zwischen dem vorliegenden Negativattest und dem
Ausbleiben einer Nachmeldung reiche zu der Eintragung aus.
61
§ 270 Abs. 3 ZPO a.F. ändere hieran nichts und ordne lediglich Rechtsfolgen bezüglich
des Hauptsacheverfahrens und der Fristwahrung in dem dortigen Verfahren an, biete
aber keine Rechtfertigung für weitere Vergünstigungen außerhalb dieses
Prozeßrechtsverhältnisses.
62
Das beklagte Land wiederholt sein Vorbringen, wonach auch im Falle einer
Zwischenverfügung am 27.03.2000 unverzüglich eine neue und zutreffende
Negativmitteilung abgegeben worden wäre, weil eine Anfechtungsklage auch zu
diesem Zeitpunkt nicht zugestellt gewesen sei.
63
Im Interesse der Mehrheitsgesellschafter seien eine Pflicht des Rechtspflegers zur
Aufforderung zur Abgabe ergänzender Erklärungen und die Bezeichnung eines
frühestmöglichen Eintragungszeitpunktes als unklare und diffuse Regelungen
abzulehnen. Es seien extrem lange Fristen denkbar, bei denen Zustellungen noch als
demnächst zu gelten hätten.
64
Als ungeschriebenes Merkmal zu § 16 Abs. 2 UmwG könne allenfalls angenommen
werden, dass die Eintragung dann zu unterbleiben habe, wenn glaubhaft gemacht
werde, dass eine fristwahrende Anfechtungsklage eingereicht worden sei. Damit sei
allenfalls eine Nachricht gegenüber dem Registergericht über eine eingereichte
Anfechtungsklage zu berücksichtigen. Andernfalls sei unverzüglich einzutragen.
65
Die vom Landgericht angenommene Pflicht, jedenfalls bis zum 04.04.2000 zu warten,
sei zu ungenau und ergebnisorientiert auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Zustellung
der ersten Anfechtungsklage abgestellt.
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Eine bei der Eintragung zu beachtende Amtspflicht sei jedenfalls nicht über den Kreis
derjenigen hinaus anzunehmen, die mit Erfolg eine Anfechtungsklage erheben könnten.
67
Das beklagte Land wiederholt sein Vorbringen zum fehlenden Verschulden des
handelnden Rechtspflegers.
68
Zur Frage der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Schäden ist es der
Auffassung, auf eine gestundete Mehrwertsteuerforderung seien Zinsen nicht zu zahlen.
69
Im übrigen lägen Rechtsverfolgungskosten auch deshalb außerhalb des
Schutzzweckes, weil die Registersperre nur im Hinblick auf im Ergebnis erfolgreiche
Anfechtungsklagen wirke und nicht allein aufgrund einer Möglichkeit einer
Herbeiführung einer Sachentscheidung an sich. Ein Ersatz von Verfrühungsschäden sei
nicht möglich. Es bestehe kein schützenswertes Interesse an einer Verlängerung des
Verfahrens um des Zeitgewinns willen. Ein beschleunigt herbeigeführter Misserfolg
begründe keine Ersatzpflicht. Damit seien auch die Rechtsverfolgungskosten nur vor
dem Hintergrund einer erfolgreichen Anfechtungsklage erstattungsfähig.
70
Das beklagte Land bestreitet die Kausalität der angeblichen Pflichtverletzung für den
geltend gemachten Schaden. Denn bei einer fernmündlichen Nachfrage des
Rechtspflegers am 27.03.2000 und einer daraufhin abgebenen Negativerklärung wäre
es ebenfalls zur Eintragung gekommen.
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Das beklagte Land wiederholt sein Vorbringen, wonach es den Klägern gem. § 254
BGB bzw. im Rahmen von § 839 Abs. 3 BGB oblegen hätte, das Registergericht über
die Anfechtungsklage zu informieren. Der Begriff des Rechtsmittels sei in einem
umfassenden Sinn zu verstehen und nicht auf Rechtsmittel im Anschluss an eine
begangene Amtspflichtverletzung beschränkt. Damit sei die Amtshaftung ebenso wie
die von den Klägern eingelegte Verfassungsbeschwerde gegenüber der unterbliebenen
Möglichkeit, das Registergericht zu informieren, subsidiär, da diese Möglichkeit
geeignet gewesen sei, die Rechtsverletzung zu verhindern.
72
Zur Frage einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit bestehe im Falle der Rechtswidrigkeit
des Umwandlungsbeschlusses aufgrund von geschaffenen Nachteilen im
Zusammenhang mit Kapitalerhaltungsgrundsätzen eine Pflicht der handelnden Organe,
einen wirtschaftlich unzweckmäßigen Formwechsel zu verhindern. Damit ergebe sich
ein Schadensersatzanspruch der Kläger gem. § 205 UmwG. Bei Unterstellung des
Klägervorbringen zu der von ihnen erhobenen Anfechtungsklage sei die
Rechtswidrigkeit des Umwandlungsbeschlusses evident. Demgegenüber hätten die
Verwaltungsträger der Aktiengesellschaft die Augen verschlossen und die Eintragung
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gleichwohl veranlasst. Die Verwaltungsträger hätten der Umsetzung entgegentreten und
wegen massiver Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umwandlung von ihrem Vollzug
absehen müssen. In diesem Falle wären auch die Rechtsverfolgungskosten entfallen.
Im Hinblick auf die Vermögensverhältnisse der Organmitglieder komme es nur darauf
an, ob die Schäden der Kläger hätten abgedeckt werden können.
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Zu dem Feststellungsbegehren der Kläger sei die Beteiligungsquote der Kläger mit
Hinweis auf Widersprüchlichkeiten ihres Vorbringens spezifiziert bestritten worden.
75
Das beklagte Land beantragt,
76
unter teiweiser Abänderung des am 16.1.2004 verkündeten Urteils der 8.
Zivilkammer des Landgerichts Dortmund die Klage insgesamt abzuweisen.
77
Die Kläger beantragen,
78
die Berufung zurückzuweisen.
79
Sie verteidigen das angefochtene Urteil..
80
Ihrer Auffassung nach müsse die Negativerklärung nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 2
S. 1 1. Hlbs. UmwG umfassen, dass eine Klage nicht oder nicht fristgerecht erhoben sei.
Gegen die Möglichkeit, eine vor Ablauf der Klagefrist abgegebene Negativerklärung zur
Grundlage der Eintragung zu machen, spreche, dass ein Klageverzicht der notariellen
Beurkundung bedürfe. Damit wäre angesichts der zahlreichen in der
Hauptversammlung erhobenen Widersprüche zum Ausschluß der Erhebung einer
fristgerechten Anfechtungsklage die Vorlage einer notariell beurkundeten
Verzichtserklärung erforderlich gewesen.
81
Nach dem Gesetzeszweck werde von dem Anmeldenden eine positive Erklärung
verlangt, dass eine Anfechtung wegen Fristablauf ausgeschlossen ist. Eine Eintragung
sei solange unzulässig, wie ein Anfechtungsprozeß schwebe oder auch nur möglich sei.
Damit sei eine Negativerklärung vor Fristablauf sinnvollerweise nicht möglich und es
bestehe eine Pflicht, durch Zwischenverfügung eine Nachreichung nach Fristablauf zu
verlangen.
82
Die bereits am 29.02.2004 abgegebene Negativerklärung sei damit nichtssagend und
nicht berücksichtigungsfähig. Hieraus ergebe sich die Pflichtwidrigkeit.
83
Die Pflicht zur Unterlassung der Eintragung ohne verwertbare Negativerklärung bestehe
gegenüber jedem, auch dem nicht anfechtenden Aktionär. In diesem Zusammenhang
seien zur Aufrechterhaltung von Dispositionsmöglichkeiten auch die die Umwandlung
beschließenden Mehrheitsaktionäre schutzbedürftig. Es dürfe auch nicht die weitere
Möglichkeit abgeschnitten werden, den Umwandlungsbeschluß nach Erhebung von
Anfechtungsklagen evtl. wieder aufzuheben oder ein Verfahren gem. § 16 Abs. 3 UmwG
zu betreiben oder es wegen der Schadensersatzverpflichtung aus § 16 Abs. 3 S. 6
UmwG eben nicht zu betreiben.
84
Der Rechtspfleger habe angesichts der untauglichen Negativerklärung vom 29.02.2000
schuldhaft gehandelt, weil es erkennbar gewesen sei, dass eine brauchbare
85
Negativerklärung erst nach Ablauf der Monatsfrist möglich sei. Der Rechtspfleger habe
sogar vorsätzlich und absichtlich gehandelt, um Rechte der potentiellen
Anfechtungskläger zu unterlaufen und der Gesellschaft ein Verfahren nach § 16 Abs. 3
UmwG zu ersparen (vgl. Bl. 1193 ff d.A.).
Die Erstattungsfähigkeit umfasse bei einer zu verzinsenden Geldschuld auch die
Mehrwertsteuer.
86
Durch die Rechtsverfolgungskosten sei der Schaden nicht schuldhaft erhöht worden. Es
sei letztinstanzlich nicht geklärt, ob die Handelsregistereintragung vom Schutz des
Art. 19 Abs. 4 GG ausgenommen sei. Im übrigen seien sie zu diesen Maßnahmen im
Hinblick auf den Einwand aus § 839 Abs. 3 BGB gehalten gewesen.
87
Zur Frage eines rechtmäßigen Alternativverhaltens komme es nicht auf eine
hypothetische Nachfrage am 27.03.2000 und eine daraufhin abgegebene sofortige
Erklärung an. Vielmehr sei der Rechtspfleger gehalten gewesen, die Organe der
Gesellschaft darauf hinzuweisen, dass sie sich vor Abgabe einer neuen
Negativerklärung beim Landgericht Hagen hätten erkundigen müssen oder zumindest
nicht weniger als zwei Wochen nach dem 24.03.2000 abwarten müssen, ob eine
Zustellung von Anfechtungsklagen an sie erfolge.
88
Ersatzmöglichkeiten gegen Organmitglieder seien nicht realistisch, weil die
Vermögensverhältnisse der Verwaltungsorgane nicht reichen würden, um einen sich
möglicherweise realisierenden Schaden in Höhe von mehreren 100 Mio. Euro zu
decken. Eine Inanspruchnahme sei insoweit nicht zumutbar.
89
Es sei zudem zu erwarten, dass sich die Verwaltungsträger erfolgreich auf die
Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten berufen könnten, indem sie eine sorgfältige Prüfung
vortrügen und geltend machten, dass sie sich bei der Umwandlung auf den Rat von
Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern verlassen hätten. Damit stelle sich die
Inanspruchnahme als ein für sie, die Kläger, unsicherer Weg dar.
90
Im Übrigen würde es sich im Hinblick auf die Kapitalentnahme allenfalls um eine
zukünftige Ersatzmöglichkeit handeln, da ein Schaden bisher nicht eingetreten sei.
Hierauf bräuchten sie sich nicht verweisen zu lassen.
91
Die Kapitalentnahme zu einem frühen Zeitpunkt sei nicht durch die Durchführung des
Formwechsels durch die Verwaltungsorgane verursacht worden. Diese hätten ein
derartiges rechtswidriges Wirksamwerden nicht geplant. Eine Verantwortlichkeit für die
vorzeitige Eintragung der KG ergebe sich für die Verwaltungsträger nicht. Damit bestehe
i.S.v. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB keine anderweitige Ersatzmöglichkeit für diese
Amtspflichtverletzung.
92
Im Hinblick auf die Vermögensaufstellung zur Durchführung der Umwandlung sei eine
Verursachung der geltend gemachten Schäden durch Pflichtverletzungen bei der
Vermögensaufstellung nicht erkennbar. Es bestehe keine Erfolgsaussicht, diese
Schäden auf solche Pflichtverletzungen zu stützen.
93
Es fehle schließlich an der Schadensursächlichkeit, weil die Eintragung allein auf die
Amtspflichtverletzung des Rechtspflegers zurückzuführen sei. Eine Verantwortlichkeit
der Organmitglieder zum Ersatz der entstandenen Rechtsverfolgungskosten sei nicht
94
erkennbar.
Im Übrigen wird zum Sach- und Streitstand auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
95
B.
96
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Landgerichts bleibt ohne
Erfolg. Den Klägern stehen die vom Landgericht wegen Rechtsverfolgungskosten
zuerkannten Zahlungs- und Freistellungsansprüche gegen das beklagte Land zu, und
das beklagte Land ist im Umfang der vom Landgericht getroffenen Feststellung
verpflichtet, den Klägern den aus der verfrühten Eintragung der Umwandlung
entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Das Berufungsvorbringen
des beklagten Landes rechtfertigt in der Sache keine abweichende Entscheidung.
97
I.
98
Die Klage ist im Umfang der ihr stattgebenden Entscheidung des Landgerichts zulässig
und begründet.
99
1.
100
Die Klägerin zu 3. ist parteifähig. Das beklagte Land hat die Existenz der Klägerin zu 3.
erstinstanzlich zunächst bestritten (Bl. 668 d.A.). Es ist dem nachfolgenden Vorbringen
der Kläger unter Vorlage eines Handelsregisterauszuges (Bl. 681, 720 d.A.) jedoch
anschließend nicht mehr substantiiert entgegengetreten und hat den Inhalt des von den
Klägern vorgelegten Handelsregisterauszuges nicht bestritten (vgl. Bl. 780 d.A.). Das
ursprüngliche Vorbringen zu dieser Frage wird mit der Berufung auch nicht mehr
weiterverfolgt.
101
2.
102
Der Zulässigkeit des Feststellungsantrages der Kläger steht es nicht entgegen, dass
ihre Schäden nach Auffassung des beklagten Landes nunmehr möglicherweise
bezifferbar sind. Auch bei einer möglichen Schadensbezifferung besteht das
Feststellungsinteresse der Kläger fort. Wenn eine bezifferte Leistungsklage nachträglich
möglich wird, sind die Kläger zumindest in der Berufungsinstanz nicht gezwungen, ihre
ursprüngliche Feststellungsklage auf eine bezifferte Leistungsklage umzustellen (vgl.
Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. § 256 Rdn. 7 c m.w.N.).
103
3.
104
Die Klage ist im Umfang der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts begründet.
Die Kläger haben gegen das beklagte Land wegen einer Amtspflichtverletzung des
Rechtspflegers des Amtsgerichts Iserlohn gem. § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG
wegen der bezifferten Rechtsverfolgungskosten einen Anspruch auf Erstattung bzw.
Freistellung. Darüber hinaus ist das beklagte Land verpflichtet, den Klägern den noch
nicht bezifferbaren, aufgrund der Amtspflichtverletzung entstandenen und noch
entstehenden Schaden zu ersetzen.
105
a)
106
Die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruches und einer daraus folgenden
Pflicht zum Ersatz der bezifferten Rechtsverfolgungskosten sind entgegen der
Auffassung des beklagten Landes erfüllt.
107
aa)
108
Der Rechtspfleger hat seine Amtspflichten gegenüber den Klägern verletzt, weil er
entgegen § 16 Abs. 2 UmwG die Eintragung der formwechselnden Umwandlung der H2
AG in die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft zum Handelsregister veranlasst hat,
ohne die sogenannte Registersperre zu beachten.
109
(1)
110
(a)
111
Die konstitutive Eintragung der formwechselnden Umwandlung erfolgt gem. § 198
Abs. 3 UmwG unter Anwendung von § 16 Abs. 2 und 3 UmwG. Die Eintragung darf
hiernach nicht ohne Vorlage eines Negativattestes erfolgen, das zum Inhalt hat, dass
eine Klage gegen die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses nicht oder nicht
fristgemäß erhoben worden ist oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder
zurückgenommen worden ist.
112
Der Schutzzweck des § 16 Abs. 2 UmwG gebietet es, dass die Eintragung erst dann
erfolgen darf, wenn die abgegebene Negativerklärung unter näherer Berücksichtigung
der zeitlichen Zusammenhänge Aussagekraft darüber erlangt, dass Anfechtungsklagen
nicht oder nicht fristgerecht erhoben worden sind.
113
Bereits nach der alten Rechtslage zu § 345 Abs. 2 S. 1 AktG sollte durch die
Negativerklärung die Vorgreiflichkeit einer Entscheidung über Anfechtungsklagen
ersetzt und sichergestellt werden, dass keine Eintragungen erfolgen konnten, deren
rechtliche Grundlage sich später als Ergebnis erfolgreicher Anfechtungsklagen als
mangelhaft erweisen könnte (BGH WM 1990, 1372 = BGHZ 112, 9). Eine Eintragung in
das Handelsregister hatte danach solange zu unterbleiben, wie ein Anfechtungsprozess
bereits schwebte oder noch möglich war.
114
An diesem Grundsatz hat sich auch die inhaltliche Aussagekraft der Negativerklärung
gem. § 16 Abs. 2 S. 1 UmwG zu orientieren. Angesichts der weitreichenden Wirkungen
der konstitutiven Eintragung gem. § 202 Abs. 3 UmwG, nach der auch schwerwiegende
Mängel des Formwechsels die Wirkungen der Eintragung unberührt lassen, ist es
notwendig, die Anteilsinhaber durch die Negativerklärung vor dem Eintritt vollendeter
Tatsachen zu schützen, weil in diesen Fällen auch kein Anspruch auf Amtslöschung
gem. §§ 142, 144 FGG besteht (vgl. OLG Hamburg NZG 2003, 981; OLG Hamm, ZIP
2001, 569; Lutter/Decher, UmwG, 3. Aufl. § 198 Rdn. 38 a.E.).
115
Gem. § 16 Abs. 2 UmwG darf das Registergericht die Umwandlung dann nicht
eintragen, wenn eine Erklärung darüber, dass Klagen nicht fristgemäß erhoben worden
sind, fehlt. Aussagekraft und damit eine die Sperrwirkung lösende Wirkung kann eine
solche Negativerklärung frühestens nach Ablauf der Monatsfrist erlangen.
116
Um den erforderlichen Schutz der Anteilsinhaber zu gewährleisten, darf eine Eintragung
erst dann erfolgen, wenn sich aufgrund der Negativerklärung und unter
Berücksichtigung der zeitlichen Zusammenhänge ergibt, dass Anfechtungsklagen nicht
oder nicht fristgerecht erhoben worden sind.
117
Bei der Prüfung, ob im Hinblick auf eine im Zeitpunkt einer Anmeldung vor Ablauf der
Anfechtungsfrist abgegebenen Negativerklärung noch mit einer Erhebung von
Anfechtungsklagen zu rechnen ist, ist der Zeitraum einer demnächst erfolgenden
Zustellung gem. § 270 Abs. 3 ZPO a.F. mitzuberücksichtigen (OLG Hamburg NZG 2003,
981; Lutter/Bork, a.a.O., § 16 Rdn. 11; Widmann/Mayer, UmwG, § 16 Rdn. 15.1.3).
118
Dies gilt unabhängig davon, ob man der Auffassung folgt, dass ein vor Fristablauf
eingereichtes Negativattest ohnehin unberücksichtigt bleiben muss, weil das hieraus
resultierende Verfahren beim Ausbleiben einer Nachmeldung zu fehleranfällig wäre und
das Registergericht das Vertretungsorgan in diesem Fall durch eine Zwischenverfügung
zur Abgabe eines weiteren Negativattestes nach Ablauf der Anfechtungsfrist
aufzufordern hätte (vgl. Lutter/Bork, a.a.O., § 16 Rdn. 11), oder ob man der Auffassung
folgt, dass das Registergericht auch ohne Vorlage eines weiteren Negativattestes nach
Fristablauf die bereits vor Ablauf der Anfechtungsfrist abgegebene Negativerklärung
zugrunde legen darf. Der Senat neigt allerdings dazu, angesichts des Wortlautes des
§ 16 Abs. 2 S. 1 1. Hlbs. UmwG zur Erfüllung der formellen Voraussetzungen eine im
Zeitpunkt der Anmeldung abgegebenen Negativerklärung ausreichen zu lassen, auch
wenn die Anmeldung bereits vor Ablauf der Anfechtungsfrist erfolgt.
119
Dies kann letztlich offen bleiben. Denn unabhängig davon ob eine Negativerklärung
bereits vor Ablauf der Anfechtungsfrist oder nach deren Ablauf abgegeben wird, hat das
Registergericht in beiden Fällen angesichts der Rückwirkungsfiktion einer erst nach
Ablauf der Anfechtungsfrist gem. § 270 Abs. 3 ZPO a.F. demnächst erfolgenden
Zustellung einer fristgerecht eingereichten Anfechtungsklage bis zur Eintragung einen
angemessenen Zeitraum abzuwarten.
120
Die Frage, welcher Zeitraum bei der Beurteilung der Frage, ob noch mit fristgerecht
erhobenen Anfechtungsklagen zu rechnen ist, zugrunde zu legen ist, brauchte der Senat
nicht abschließend zu entscheiden. Angesichts der vielgestaltigen Konstellationen,
unter denen auch bei einer erst deutlich nach Einreichung der Klage erfolgten
Zustellung noch von einer fristwahrenden Klageerhebung ausgegangen werden kann,
bis zu dem denkbaren Fall einer Klageerhebung vor einem unzuständigen Gericht (vgl.
Widmann/Mayer, a.a.O., § 16 Rdn. 15.1.3 ff), können u.U. auch dementsprechend lange
Zeiträume und entsprechend lange Wartepflichten des Registergerichts als noch
angemessenen in Betracht zu ziehen sein.
121
Das kann hier aber dahinstehen. Denn das Registergericht hat sich jedenfalls auf eine
nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende fristwahrende Zustellung einer
Anfechtungsklage nach Ablauf der Anfechtungsfrist einzustellen und hierzu nach
Auffassung des Senats zumindest einen Zeitraum von zwei Wochen nach Ablauf der
Anfechtungsfrist abzuwarten, bevor die Eintragung der formwechselnden Umwandlung
erfolgen darf (vgl. hierzu OLG Hamburg NZG 2003, 981).
122
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes rechtfertigen die mit dieser
Handhabung im Einzelfall verbundenen Unwägbarkeiten und
Abgrenzungsschwierigkeiten nicht eine lediglich rein formale Betrachtung der
123
Eintragungsvoraussetzungen und Eintragungshindernisse. Diese würde den Schutz der
an dem Unternehmen beteiligten Gesellschafter vor den weitreichenden Folgen der
Wirkungen der Eintragung gem. § 202 Abs. 3 UmwG trotz fristgerecht erhobener
Anfechtungsklagen nicht gewährleisten.
(b)
124
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Iserlohn hat gegen die Bestimmung des § 16 Abs. 2
UmwG verstoßen und amtspflichtwidrig gehandelt, weil er die Eintragung der
formwechselnden Umwandlung bereits am Montag, dem 27.03.2000, verfügt hat und
diese Eintragung am 28.03.2000 durchgeführt und am 13.04.2000 bekannt gemacht
worden ist, obwohl es zum Zeitpunkt der Eintragungsverfügung aufgrund der bereits mit
der Anmeldung der formwechselnden Umwandlung durch Vertretungsorgane des
Rechtsträgers am 29.02.2000 abgegebenen Erklärung, dass Anfechtungsklagen bisher
nicht erhoben worden seien, nicht feststellbar war, ob Anfechtungsklagen gegen die
Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses vor der Eintragung der Umwandlung nicht
oder nicht fristgemäß erhoben worden waren.
125
Aus der schon fünf Tage nach Beschlussfassung (24.02.2000) bei der Anmeldung der
Umwandlung am 29.02.2000 abgegebenen Negativerklärung ergab sich lediglich, dass
zu diesem Zeitpunkt keine Anfechtungsklagen erhoben waren. Die Erklärung ließ
jedoch nicht darauf schließen, dass Klagen i.S.v. § 16 Abs. 2 UmwG nicht fristgerecht
erhoben waren, da die 1monatige Anfechtungsfrist erst mit Ablauf des 24.03.2000
endete und damit zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
126
Das Eintragungshindernis gem. § 16 Abs. 2 UmwG war im Zeitpunkt der
Eintragungsverfügung am 27.03.2000 infolgedessen noch nicht durch die bereits am
29.02.2000 mit der Anmeldung abgegebene und noch vom Wortlaut des § 16 Abs. 2
S. 1 erfasste Negativerklärung, die erst am vorangegangenen Werktag, Freitag dem
24.03.2000, abgelaufene Anfechtungsfrist und das Ausbleiben einer Nachmeldung gem.
§ 16 Abs. 2 S. 1 2. Hlbs. UmwG beseitigt.
127
Eine ausreichend sichere Feststellung, dass Anfechtungsklagen nicht oder nicht
fristgerecht erhoben waren, war damit am 27.03.2000 nicht möglich.
128
Am 27.03.2000 war vielmehr aufgrund der Möglichkeit der Rückwirkung einer
demnächst erfolgten Zustellung einer fristgerecht eingereichten Anfechtungsklage gem.
§ 270 Abs. 3 ZPO a.F. noch mit der fristgerechten Erhebung von Anfechtungsklagen zu
rechnen, weil Anfechtungsklagen fristwahrend noch bis zum Ablauf des
vorangegangenen Werktages am Freitag, dem 24.03.2000, anhängig gemacht werden
konnten.
129
Der Rechtspfleger des Registergerichts durfte infolgedessen vor Ablauf eines
Zeitraumes von mindestens zwei Wochen, innerhalb dessen selbst bei einem
reibungslosen Verlauf noch ohne weiteres mit der Erhebung fristgerechter
Anfechtungsklagen zu rechnen war, die Eintragung nicht veranlassen.
130
(c)
131
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes führt das Fehlen einer
aussagekräftigen Negativerklärung bei Nichtbeachtung des oben genannten Zeitraumes
132
nicht nur dann zu einem Eintragungshindernis, wenn die Unwirksamkeit des
Umwandlungsbeschlusses mit einer Klage im Ergebnis mit Erfolg geltend gemacht
werden kann.
Wie bereits ausgeführt, soll die Negativerklärung der Vorgreiflichkeit einer Entscheidung
über Anfechtungsklagen Rechnung tragen, das Registergericht aber von einer eigenen
Prüfungspflicht über den Erfolg von Anfechtungsklagen befreien. Wie § 16 Abs. 3
UmwG zeigt, ist das Registergericht gerade von einer eigenen Prüfungspflicht über die
Frage des Erfolges einer Anfechtungsklage entbunden. Durch die Negativerklärung soll
sichergestellt werden, dass die Umwandlung nicht trotz möglicher Anfechtbarkeit mit
rechtsbegründender Wirkung eingetragen wird. Damit kommt es auf die
Erfolgsaussichten der von den Klägern erhobenen Anfechtungsklagen bei der
Beurteilung der Frage der Amtspflichtverletzung nicht an.
133
(2)
134
Die von dem Rechtspfleger des Amtsgerichts Iserlohn verletzte Amtspflicht entfaltet in
Bezug auf die Kläger drittschützende Wirkung. Die Beachtung der
Eintragungsvoraussetzungen und Eintragungshindernisse gem. § 16 Abs. 2 UmwG
bezwecken vorrangig auch den Schutz der Kläger als Aktionäre der H2 AG. Sie sollen
wie bereits ausgeführt vor einer Eintragung einer möglicherweise rechtswidrigen
Umwandlung, deren Folgen gem. § 202 Abs. 3 UmwG nicht mehr rückgängig zu
machen sind, bewahrt bleiben.
135
Der Schutzzweck der Amtspflicht, die Eintragung bei bestehenden
Eintragungshindernissen zu unterlassen, wird entgegen der Auffassung des beklagten
Landes nicht wegen einer unterbliebenen eigenen Anzeige der Kläger an das
Registergericht über die von ihnen erhobene Anfechtungsklage eingeschränkt. Die
Kläger trifft schon unter Berücksichtigung des klaren Wortlautes von § 16 Abs. 2 UmwG
keine Obliegenheit zu einer Information des Registergerichts. Mangels erkennbarer
Anhaltspunkte dafür, dass das Registergericht die Eintragung ohne ausreichende
Beachtung der Eintragungshindernisse vornehmen werde, brauchten die Kläger nicht
damit zu rechnen, dass die Eintragung amtspflichtwidrig vorgenommen werden würde.
136
bb)
137
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat bei Eintragung der formwechselnden
Umwandlung am 27.03.2000 unter Anlegung des objektivierten Sorgfaltsmaßstabes
schuldhaft gehandelt. Angesichts der erst einen Werktag zuvor, am Freitag, den
24.03.2000 abgelaufenen Anfechtungsfrist, war das bereits am 29.02.2000 abgegebene
Negativattest objektiv erkennbar nicht geeignet, die fehlende fristgerechte Erhebung von
Anfechtungsklagen zu belegen. Es war ohne weiteres damit zu rechnen, dass
Anfechtungsklagen im Zeitpunkt der verfügten Eintragung noch fristgerecht eingereicht
worden waren und und demnächst zugestellt werden konnten. Dies als eine zumindest
nicht fernliegende Möglichkeit in Betracht zu ziehen, folgte nicht zuletzt auch aus den
sich aus dem Hauptversammlungsprotokoll ergebenden Widersprüchen verschiedener
Aktionäre.
138
cc)
139
Den Klägern ist aufgrund des amtspflichtwidrigen Verhaltens des Rechtspflegers des
140
Registergerichts zumindest im Umfang der vom Landgericht für erstattungsfähig
gehaltenen Rechtsverfolgungskosten ein Schaden entstanden.
Die Belastung der Kläger mit Rechtsverfolgungskosten aufgrund des von ihnen
betriebenen Amtslöschungsverfahrens, des erhobenen Rechtsbehelfs der Erinnerung
gegen die Eintragung der Umwandlung und der Nebenintervention in einem von einem
anderen Anteilsinhaber betriebenen Amtslöschungsverfahren sowie der im Anschluss
an die beiden letztgenannten Verfahren erhobenen Verfassungsbeschwerden stellen
aufgrund des amtspflichtwidrigen Verhaltens des Rechtspflegers des Registergerichts
ersatzfähige Schäden dar.
141
Die Erstattungsfähigkeit der Rechtsverfolgungskosten hängt nicht von einer Klärung der
genauen Höhe der einzelnen Beteiligungsquoten der Kläger ab. Das beklagte Land hat
im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 31.08.2005 unstreitig
gestellt, dass sämtliche Kläger an der früheren Aktiengesellschaft beteiligt waren und
hat nur noch die Höhe der jeweiligen Beteiligungsquoten der Kläger bestritten.
142
Die Übertragung der Anteile der Klägerin zu 3. auf die Klägerin zu 1. am 31.12.2004
wirkt sich auf die Erstattungsfähigkeit der im Jahre 2000 und im Jahre 2001
entstandenen Rechtsverfolgungskosten, die Gegenstand der bezifferten Klageanträge
sind, nicht aus.
143
(1)
144
Eine Belastung mit den Kosten der Rechtsverfolgung wäre den Klägern bei
pflichtgemäßem Verhalten des Rechtspflegers des Registergerichts erspart geblieben.
Wenn die am 27.03.2000 verfügte Eintragung der formwechselnden Umwandlung nicht
erfolgt wäre, der Rechtspfleger des Registergerichts sich pflichtgemäß verhalten und bis
zur Eintragung der Umwandlung zumindest einen Zeitraum von zwei Wochen nach
Ablauf der Anfechtungsfrist gewartet hätte, wäre die Eintragung der formwechselnden
Umwandlung trotz fristgerecht erhobener Anfechtungsklagen, nicht erfolgt. Die Kläger
hätten die genannten Rechtsmittel dann nicht einlegen müssen.
145
Bei unterstelltem pflichtgemäßen Verhalten hätte der Rechtspfleger angesichts der am
24.02.2000 abgelaufenen Anfechtungsfrist und unter Berücksichtigung eines
Zeitraumes von zwei weiteren Wochen mit der Eintragung bis zum Ablauf des
07.04.2000 gewartet.
146
Es ist als zumindest überwiegend wahrscheinlich anzusehen, dass das
Vertretungsorgan des Rechtsträgers dem Registergericht unverzüglich die Zustellung
der ersten Anfechtungsklage am 04.04.2000 im Sinne einer Nachmeldung gem. § 16
Abs. 2 S. 1 2. Hlbs. UmwG mitgeteilt hätte und diese Mitteilung das Registergericht noch
vor Ablauf des 07.04.2000 erreicht hätte. Angesichts der Rechtswirkungen als
Eintragungshindernis und der weitreichenden Folgen einer Eintragung der
Umwandlung trotz erhobener Anfechtungsklagen hat die Mitteilung über nach Abgabe
der Negativerklärung erhobene Klagen durch das Vertretungsorgan des Rechtsträgers
gegenüber dem Registergericht unverzüglich zu erfolgen (vgl. Widmann/Mayer, a.a.O.,
§ 16 Rdn. 14.1). Angesichts der zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufenen
Anfechtungsfrist wäre die Mitteilung entweder noch am 04.04.2000, spätestens aber am
05.04.2000 erfolgt. Sie hätte das Registergericht auf fernmündlichem Wege oder per
Telefax noch an einem dieser beiden Tage erreicht. Im Falle einer rechtlich ebenfalls
147
zulässigen Versendung durch einen Brief wäre die Mitteilung über zwischenzeitlich
erhobene Anfechtungsklagen unter Berücksichtigung gewöhnlicher Postlaufzeiten
ebenfalls noch vor Ablauf des 07.04.2000 zugegangen. In diesem Fall hätte das
Registergericht das aufgrund der fristgerecht erhobenen Anfechtungsklage bestehende
Eintragungshindernis bei pflichtgemäßem Verhalten beachtet. Infolgedessen wäre eine
Eintragung der formwechselnden Umwandlung nicht erfolgt und den Klägern wäre eine
Belastung mit Rechtsverfolgungskosten für die im Hinblick auf diese Eintragung
eingelegten Rechtsbehelfe erspart geblieben.
(2)
148
Für die im Hinblick auf diese verfrühte Eintragung entstandenen
Rechtsverfolgungskosten kommt es nicht darauf an, ob die Anfechtungsklage der Kläger
Erfolg gehabt hätte und ob der Rechtsträger bei einer zunächst unterbliebenen
Eintragung aufgrund eines Verfahrens gem. § 16 Abs. 3 UmwG die Eintragung trotz
erhobener Anfechtungsklagen dann zu einem späteren Zeitpunkt hätte erreichen
können. Im Falle eines pflichtgemäßen Verhaltens des Rechtspflegers wäre es
jedenfalls nicht zu dieser am 27.03.2000 verfügten Eintragung, die die Kläger mit den
von ihnen erhobenen Rechtsbehelfen bekämpft haben, gekommen.
149
(3)
150
Die aufgrund der von den Klägern eingelegten Rechtsbehelfe entstandenen und
bezifferten Rechtsverfolgungskosten sind in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang
im Wege einer Ersatzleistung bzw. durch Freistellung der Kläger auszugleichen.
151
Die Belastung mit diesen Kosten stellt sich als Ergebnis einer in dieser Situation
sachgerechten und zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dar. Auch wenn die
Erfolgschancen der Kläger angesichts der Regelung des § 202 Abs. 3 UmwG nicht als
günstig beurteilt werden konnten, kann die Durchführung des Erinnerungsverfahrens
und des Amtslöschungsverfahrens gleichwohl nicht als von vornherein zweckwidrig und
nicht sachgerecht angesehen werden, um eine Klärung darüber herbeizuführen, ob das
Verfahren des Registergerichts im Einklang mit § 16 Abs. 2 UmwG steht und ob bei
einem Verstoß gegen diese Bestimmung die Eintragung nicht auch unter den in den
Rechtsbehelfsverfahren zur Überprüfung gestellten verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten rückgängig gemacht werden kann. Darüber hinaus erscheinen die von
den Klägern betriebenen Verfahren auch deshalb nicht als zweckwidrig, weil sie
hierdurch dem in diesem Rechtsstreit ansonsten zu erwartenden Einwand, es seien
nicht alle in Betracht kommenden Rechtsbehelfe zur Schadensabwendung
ausgeschöpft worden, vorbeugen konnten.
152
Die Frage der Erstattungsfähigkeit der Rechtsverfolgungskosten hängt auch nicht davon
ab, ob den Klägern durch Steuernachteile oder im Hinblick auf die Entwicklung der
Bewertung ihrer Anteile weitere Schäden entstanden sind und ob diese ggf. durch eine
inzwischen günstigere Bewertung der von ihnen gehaltenen oder zu einem früheren
Zeitpunkt gehaltenen Anteile kompensiert sind. Die Rechtsverfolgungskosten bestehen
unabhängig von einer im Hinblick auf andere Schadenspositionen notwendigen
vergleichenden Betrachtung der aufgrund der Amtspflichtverletzung geschaffenen und
einer ohne die Amtspflichtverletzung bestehenden hypothetischen Vermögenslage der
Kläger.
153
(4)
154
Die Rechtsverfolgungskosten sind im Umfang der angegriffenen Entscheidung des
Landgerichts erstattungsfähig.
155
Das beklagte Land hat den Anfall und die Höhe der Gerichtskosten mit einem Betrag
von 166,63 € (Bl. 1008 - 1011 d.A.) nicht bestritten. Das beklagte Land hat die
zutreffende Würdigung des Landgerichts, wonach bei bisher nicht nachgewiesener
Zahlung der Gerichtskosten anstelle der üblicherweise geschuldeten Freistellung auch
dann Zahlung verlangt werden kann, wenn eine Inanspruchnahme durch den Dritten als
Gläubiger mit Sicherheit erwartet werden kann (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl.,
§ 257 Rdn. 2), nicht angegriffen.
156
Zu dem Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren gemäß Rechnungen
vom 29.04.2003 hat das beklagte Land das angefochtene Urteil im Hinblick auf den
Anfall und die Höhe der Gebühren unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden
Gegenstandswerte der Verfassungsbeschwerden nicht angegriffen. Ebenso fehlt es
bezüglich der Nachberechnungen gem. § 6 Abs. 1 BRAGO a.F. aufgrund der
Beteiligung mehrerer Auftraggeber an einem Berufungsangriff des beklagten Landes.
Gleiches gilt auch bezüglich der zuerkannten Freistellung der Klägerin zu 3. von dem
auf die Umsatzsteuer entfallenden Betrag. Das beklagte Land ist der zutreffenden
Annahme des Landgerichts, dass es erstinstanzlich den Vortrag der Kläger, wonach die
Klägerin zu 3. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, nicht substantiiert bestritten
habe, nicht entgegengetreten.
157
Zu den Rechnungen vom 01.06.2001 beschränken sich die Berufungsangriffe des
beklagten Landes auf die zuerkannte Freistellung auch bezüglich der in den
Stundungsvermerken auf den Rechnungen enthaltenen Zinsen, soweit diese auf
Mehrwertsteuerbeträge entfallen. Die Freistellungsverpflichtung im Hinblick auf Zinsen
auf Umsatzsteuerbeträge ergibt sich aufgrund einer durch den Rechnungsvermerk
begründeten Stundungsvereinbarung, deren Zustandekommen das Landgericht für den
Senat bindend gem. § 529 ZPO festgestellt hat. Im Übrigen entspricht dies der
gesetzlichen Regelung im Falle des Verzuges gem. § 288 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs
§ 288 Rdn. 6).
158
(5)
159
Eine Erstattungsfähigkeit der Rechtsverfolgungskosten lässt sich auch nicht im Hinblick
auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des Verlustes einer
tatsächlichen oder rechtlichen Position, deren Erhalt der Geschädigte nach der
Rechtsordnung nicht beanspruchen könne (BGH NJW 2005, 1935), verneinen.
Hiernach sind solche Schadenspositionen nicht ersatzfähig, die aufgrund des Verlustes
einer tatsächlichen oder rechtlichen Position entstehen, auf deren Erhalt der
Geschädigte nach der Rechtsordnung keinen Anspruch hat. Nachteile, die dadurch
entstanden sein können, dass die Kläger die formwechselnde Umwandlung wegen der
Rechtswirkungen des § 202 Abs. 3 UmwG nicht mehr mit der von ihnen erhobenen
Anfechtungsklage angreifen konnten, wären hiernach möglicherweise dann nicht
ersatzfähig, wenn die Anfechtungsklage im Ergebnis ohne Erfolg geblieben und die
Umwandlung gleichwohl vollzogen worden wäre. Einzelne Schadenspositionen
aufgrund eines dadurch beschleunigt eingetretenen Misserfolges könnten hiernach
möglicherweise nicht ersatzfähig sein (sog. "Verfrühungsschaden").
160
Der Senat brauchte nicht darüber zu entscheiden, ob diese Grundsätze auf
Vermögenseinbußen der Kläger, die möglicherweise in Gestalt von steuerlichen
Nachteilen oder einer ungünstigeren Bewertung ihrer Anteile in dem Zeitraum zwischen
der amtspflichtwidrig am 27.03.2000 verfügten Eintragung und einer rechtskräftigen
Entscheidung über ihre Anfechtungsklage bei einem unterstellten Misserfolg der
Anfechtungsklage eingetreten wären, übertragbar sind.
161
Bei den Rechtsverfolgungskosten handelt es sich jedenfalls nicht um solche
Schadenspositionen, die aus einem bloßen Zeitgewinn im Falle eines unterstellten
Misserfolges ihrer Anfechtungsklage resultieren. Die Entstehung der
Rechtsverfolgungskosten beruht allein auf der amtspflichtwidrig bereits am 27.03.2000
verfügten Eintragung der Umwandlung und ist vom späteren Erfolg oder Misserfolg der
erhobenen Anfechtungsklage bei unterstellt pflichtgemäßem Verhalten des
Registergerichts unabhängig.
162
dd)
163
Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts trifft die Kläger kein
Mitverschulden an der Schadensentstehung. Es kann ihnen nicht angelastet werden,
dass sie die Klagefrist für ihre am 21.03.2000 anhängig gemachte Anfechtungsklage
nahezu ausgenutzt haben. Sie haben sich hierbei im Rahmen der ihnen gesetzlich
eingeräumten Möglichkeiten bewegt.
164
Auch im Hinblick auf eine unterbliebene Unterrichtung des Registergerichts über die
Erhebung der Anfechtungsklage ergibt sich kein Ansatzpunkt für ein Mitverschulden der
Kläger, weil eine Obliegenheit zu derartigen Vorkehrungen zum eigenen Schutz vor
Schäden nicht feststellbar ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die
vorangegangenen Ausführungen Bezug genommen.
165
ee)
166
(1)
167
Eine unterlassene Unterrichtung des Registergerichts über die Erhebung der
Anfechtungsklage führt auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unterlassenen
Schadensabwendung durch den Gebrauch von Rechtsbehelfen gem. § 839 Abs. 3 BGB
zu einem Ausschluss des Ersatzanspruches. Die unterlassene Unterrichtung des
Registergerichts stellt sich nicht als schuldhafter Nichtgebrauch eines Rechtsbehelfs
dar. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes sind unter den Rechtsmitteln gem.
§ 839 Abs. 3 BGB nur solche Rechtsbehelfe zu verstehen, die sich unmittelbar gegen
ein bereits erfolgtes, sich als Amtspflichtverletzung darstellendes Verhalten richten und
darauf abzielen und geeignet sind, einen Schaden dadurch abzuwenden, dass sie das
schädigende Verhalten beseitigen oder berichtigen. § 839 Abs. 3 BGB ist dagegen
unanwendbar, solange die Pflichtverletzung wie hier noch nicht begangen wurde (BGH
NJWRR 2004, 706).
168
(2)
169
Die im Berufungsverfahren vor dem 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm noch
schwebende Anfechtungsklage der Kläger ist von vornherein nicht geeignet, die bereits
170
entstandenen Schäden durch die Belastung mit Rechtsverfolgungskosten zu beseitigen,
selbst wenn sie in der Sache noch Erfolg haben würde.
(3)
171
Auch die von dem beklagten Land in erster Instanz angesprochene unterlassene
Annahme eines Angebotes auf Barabfindung und die unterlassene Durchführung des
Spruchstellenverfahrens stellen keine schuldhafte Versäumung von Rechtsmitteln dar,
durch die der infolge einer Belastung mit Rechtsverfolgungskosten eingetretene
Schaden hätte beseitigt werden können. Das beklagte Land hat diesen Gesichtspunkt
mit seiner Berufung auch nicht mehr aufgegriffen.
172
ff)
173
Die Inanspruchnahme des beklagten Landes ist auch nicht wegen des Bestehens oder
der schuldhaften Versäumung einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit gem. § 839 Abs. 1
S. 2 BGB ausgeschlossen.
174
(1)
175
Es kann für die Entscheidung des Rechtsstreits offen bleiben, ob die Behauptung der
Kläger zutrifft, der Rechtspfleger des Amtsgerichts Iserlohn habe seine Amtspflicht
vorsätzlich verletzt, und ob das beklagte Land sich aus diesem Grunde nicht auf das
Verweisungsprivileg berufen kann.
176
(2)
177
Zumutbare anderweitige Ersatzmöglichkeiten zum Ausgleich der
Rechtsverfolgungskosten ergeben sich für die Kläger aufgrund des Vorbringens beider
Parteien nicht.
178
Theoretisch sind Schadensersatzansprüche gem. §§ 205, 25 Abs. 1 S. 2 UmwG gegen
die Mitglieder der Organe des Rechtsträgers in Betracht zu ziehen. Der
Schadensersatzanspruch aus § 205 Abs. 1 S. 2 UmwG erfasst auch Schäden, den
Anteilsinhaber durch den Formwechsel erleiden. Wegen der Verweisung des § 205
Abs. 1 S. 2 UmwG auf § 25 Abs. 1 S. 2 UmwG haften die Unternehmensorgane nicht für
jedes pflichtwidrige Verhalten im Zusammenhang mit einem Formwechsel. Die
Bezugsnorm des § 25 Abs. 1 S. 2 UmwG muss auf die Pflichtenbindung beim
Formwechsel übertragen werden. Dies führt dazu, dass Schadensersatzansprüche
gegen die Mitglieder der Unternehmensorgane bei Pflichtverletzungen im
Zusammenhang mit der Vermögensaufstellung gem. § 192 Abs. 2 UmwG und im
Hinblick auf den Entwurf des Umwandlungsbeschlusses einschließlich der
Vorbereitung und Durchführung der Versammlung der Anteilsinhaber und der
Beschlussfassung und schließlich auch im Hinblick auf einen wirtschaftlich
unzweckmäßigen Formwechsel in Betracht kommen könnten (vgl. Lutter/Decher, a.a.O.,
§ 205 Rdn. 13, 15, 16).
179
(a)
180
Schadensersatzansprüche gegen die Organmitglieder im Hinblick auf die von den
Klägern angesprochene Frage einer Eigenkapitalentnahme aus der
181
Kommanditgesellschaft scheiden allerdings von vorneherein als anderweitige
Ersatzmöglichkeit aus. Die Eigenkapitalentnahme erfolgte erst nach Eintragung der
formwechselnden Umwandlung. Eine hiermit möglicherweise verbundene
Pflichtverletzung im Nachgang zur Beschlussfassung der Anteilsinhaber über den
Umwandlungsbeschluss führt nicht zu einer Haftung gemäß §§ 205, 25 Abs. 1 S. 2
UmwG (vgl. Lutter/Decher, a.a.O. § 205 Rdn. 18).
Aus diesem Grunde scheidet auch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit wegen einer
Pflichtverletzung der Organmitglieder im Hinblick auf die Unterlassung der Erhebung
einer eigenen Anfechtungsklage gegenüber dem Umwandlungsbeschluss aus.
182
Darüber hinaus würde sich ein möglicher Schadensersatzanspruch wegen einer
Pflichtverletzung der Organmitglieder im Zusammenhang mit der Entnahme von
Eigenkapital oder einer unterlassenen Erhebung einer eigenen Anfechtungsklage auch
nicht auf die Erstattung von Kosten erstrecken, die den Klägern bereits durch
Rechtsverfolgungsmaßnahmen wegen der zuvor zu frühzeitigen Eintragung der
Umwandlung entstanden sind.
183
(b)
184
Das Bestehen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit gegen Organmitglieder des
Rechtsträgers wegen Pflichtverletzungen bei der Vermögensaufstellung zur
Vorbereitung des Umwandlungsbeschlusses haben die Kläger ausgeschlossen.
185
Ihrem Vorbringen, dass Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der
Vermögensaufstellung nicht ersichtlich seien, ist das beklagte Land nicht
entgegengetreten. Im Übrigen lassen sich weder aus dem Vorbringen der Parteien noch
aus anderen Gründen tragfähige Anhaltspunkte dafür gewinnen, dass Mitglieder der
Unternehmensorgane den Gegenstand des Rechtsträgers mit erheblich übersetzten
Werten angesetzt haben, Verbindlichkeiten unterbewertet haben oder dass das
Vermögen des Rechtsträgers nicht die Stammkapitalziffer gem. § 220 UmwG deckt.
186
(c)
187
Zu möglichen Pflichtverletzungen der Organmitglieder beim Entwurf und bei der
Herbeiführung des Umwandlungsbeschlusses haben die Kläger nicht mehr näher
vorgetragen und das Bestehen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit damit nicht
zweifelsfrei ausgeschlossen.
188
Eine mögliche Inanspruchnahme der Organmitglieder wegen eines pflichtwidrigen
Verhaltens im Zusammenhang mit diesen Pflichten stellt jedoch für die Kläger keine
zumutbare anderweitige Ersatzmöglichkeit dar. Hierzu müsste der anderweitige
Ersatzanspruch in absehbarer und angemessener Zeit wirtschaftlich realisierbar und die
Verweisung für den Geschädigten zumutbar sein. An dieser Voraussetzung fehlt es.
189
Ein Schadensersatzanspruch gegen Organmitglieder wegen Pflichtverletzungen bei der
Vorbereitung und der Herbeiführung des Umwandlungsbeschlusses ließe sich nur
durch einen vom Streitstoff her umfangreichen, schwierig zu führenden und
risikobehafteten Rechtsstreit realisieren, dessen Erfolg in hohem Maße ungewiss ist,
weil die Kläger kaum beurteilen können, ob die Voraussetzungen für eine Haftung der
Organmitglieder erfüllt sind. In diesem Fall ist die Inanspruchnahme einer anderweitigen
190
Ersatzmöglichkeit nicht mehr zumutbar (vgl. BGH NJW 1982, 1328, 1329;
Palandt/Sprau, a.a.O., § 839 Rdn. 60; MK/Papier, BGB, 4. Aufl. § 839 Rdn. 318).
Die Kläger könnten zwar nach Durchführung des Verfahrens zur Bestellung eines
besonderen Vertreters gem. § 206 S. 1 UmwG durch diesen mit Wirkung für sie eine
Klage gegen Organmitglieder problemlos erheben und angesichts der sich aus §§ 205
Abs. 1 S. 2, 25 Abs. 1 S. 2 UmwG ergebenden Beweislastumkehr, die sich nicht nur auf
das Verschulden der Organmitglieder sondern auch auf die objektive Pflichtwidrigkeit
ihres Verhaltens bezieht, mit recht einfachen Darlegungen schlüssig begründen.
191
Allerdings lässt sich aus Sicht der Kläger nur schwer beurteilen, ob eine solche Klage
im Ergebnis Erfolg haben wird. Es ist nicht erkennbar, dass die Kläger im Rahmen der
ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine einigermaßen verlässliche
Prognose darüber treffen könnten, dass den Organmitgliedern ein Entlastungsbeweis
weder auf der Ebene der objektiven Pflichtverletzung noch auf der Ebene des
Verschuldens gelingt.
192
Für die Kläger mögen im Hinblick auf die von ihnen erhobene Anfechtungsklage
zunächst Anhaltspunkte für ein mögliches objektiv pflichtwidriges Verhalten der
Organmitglieder bei der Vorbereitung und Herbeiführung des
Umwandlungsbeschlusses bestanden haben. Allerdings hat sich das Landgericht
Hagen in dem noch nicht rechtskräftigen, zwischen anderen Prozessbeteiligten als in
einem Schadensersatzanspruch gegen Organmitglieder zu führenden Rechtsstreit, in
dem auf die Anfechtungsklage der dortigen Kläger ergangenen Urteil vom 17.01.2001
9 O 138/00 eingehend mit zahlreichen Angriffen zu diesem Themenkomplex
auseinandergesetzt. Das Landgericht Hagen hat die von den dortigen Klägern
erhobenen Einwendungen zu Fragen der Verletzung von Auskunftsrechten (S. 56 ff des
Urteils), zum Stimmrechtsausschluss (S. 59 ff des Urteils), zur Einhaltung verschiedener
anderer umwandlungsrechtlicher Bestimmungen (Umwandlungsbericht, Prüfung über
die Barabfindung, Entwurf des Umwandlungsbeschlusses und inhaltliche Mängel des
Umwandlungsbeschlusses, S. 62 ff des Urteils) mit umfangreichen und detaillierten
Begründungen zurückgewiesen. Bei dieser Sachlage ergeben sich schon im Hinblick
auf die Frage einer objektiven Pflichtverletzung von Organmitgliedern erhebliche
Unsicherheiten. Eine einigermaßen verlässliche Prognose, dass den Organmitgliedern
des Rechtsträgers der zu einem Haftungsausschluss führende Entlastungsbeweis nicht
gelingen werde, lässt sich in dieser Situation kaum treffen. Aus Sicht einer vernünftig
denkenden und wirtschaftlich handelnden Prozesspartei erscheint eine Klageerhebung
bei dieser Sachlage nicht mehr zumutbar.
193
Ebenso unsicher ist die Beurteilung der weiteren Frage, ob die betreffenden
Organmitglieder sich nicht vom Vorwurf schuldhaften Handelns entlasten können. Es
erscheint nicht fernliegend, dass Organmitglieder des Rechtsträgers sich insoweit
darauf berufen werden, sich bei der Durchführung des Umwandlungsverfahrens auf
zuvor eingeholten Rat von Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern verlassen zu haben.
Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine möglicherweise in Betracht kommende
Verletzung der Pflicht, einen wirtschaftlich unzweckmäßigen Formwechsel zu
verhindern.
194
Da die Inanspruchnahme dieser in Betracht kommenden anderweitigen
Ersatzmöglichkeit schon im Hinblick auf die haftungsbegründenden Voraussetzungen
nicht zumutbar ist, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr auf die
195
Frage an, ob eine Erstattung der durch die frühzeitige Eintragung der Umwandlung
entstandenen Rechtsverfolgungskosten von einer Ersatzpflicht der Organmitglieder des
Rechtsträgers mitumfasst wäre oder ob durch die amtspflichtwidrig zu frühzeitig
vorgenommene Eintragung eine Ersatzpflicht der Organmitglieder wegen einer
Unterbrechung des Ursachen- und Zurechnungszusammenhangs entfallen würde.
b)
196
Die Feststellungsklage ist in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang ebenfalls
begründet. Mit den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts geht auch der Senat
davon aus, dass zumindest eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung
eines weiteren Schadens durch die amtspflichtwidrige verfrühte Eintragung der
formwechselnden Umwandlung besteht, für den das beklagte Land gem. § 839 Abs. 1
BGB i.V.m. Art. 34 GG haftet.
197
Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass die Kläger auf Ausgleich der derzeit noch nicht
abgerechneten und infolgedessen noch nicht bezifferten außergerichtlichen Kosten des
Rechtsträgers im Zusammenhang mit der Teilnahme an dem Beschwerdeverfahren vor
dem Oberlandesgericht Hamm 15 W 129/01 in Anspruch genommen werden. Durch
diesen feststellbaren Mindestschaden sind die Voraussetzungen für ein dem
erstinstanzlich von den Klägern zuletzt nur noch in allgemeiner Form gestellten
Feststellungsantrag stattgebendes Urteil erfüllt.
198
Aufgrund dieses feststellbaren Mindestschadens kommt es für die Entscheidung des
Rechtsstreits nicht darauf an, ob das beklagte Land den Klägern neben den
Rechtsverfolgungskosten auch andere, aus der zu frühzeitigen Eintragung der
Umwandlung resultierende Schäden zu erstatten hat.
199
Die Ersatzpflicht der noch nicht abgerechneten und noch nicht bezifferbaren
außergerichtlichen Kosten des Rechtsträgers als Kosten der Rechtsverfolgung der
Kläger, die allein durch die amtspflichtwidrig zu frühzeitig durchgeführte Eintragung
entstanden sind, hängt nicht vom Erfolg oder Misserfolg der von den Klägern erhobenen
Anfechtungsklage oder einer bei pflichtgemäßem Verhalten des Rechtspflegers
möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Verfahrens gem. § 16
Abs. 3 UmwG gleichwohl erfolgten Eintragung der Umwandlung trotz erhobener
Anfechtungsklagen ab. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die
vorangegangenen Ausführungen Bezug genommen.
200
Im Übrigen handelt es sich auch bei diesen Rechtsverfolgungskosten, die die
Grundlage für die Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht des beklagten Landes
bilden, nicht um einen Schaden, der auf dem Verlust einer tatsächlichen oder
rechtlichen Position beruht, auf deren Erhalt der Geschädigte nach der Rechtsordnung
keinen Anspruch hat und der lediglich aus einer unterbliebenen Verlängerung eines
Verfahrens um des bloßen Zeitgewinns Willen resultiert. Auch insoweit wird auf die
vorangegangenen Ausführungen Bezug genommen.
201
Die Schadensersatzpflicht des beklagten Landes für noch nicht bezifferbare Schäden ist
ebenfalls nicht von einer Klärung der genauen Höhe der Beteiligungen der Kläger
abhängig. Hierauf kommt es erst im Rahmen einer gegebenenfalls weiteren konkreten
Schadensberechnung an, die über die Klageanträge hinausgeht, aber nicht Gegenstand
dieses Rechtsstreits ist.
202
II.
203
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen richten sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
204
Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, insbesondere wegen der
bei Eintragung einer formwechselnden Umwandlung zu beachtenden Pflichten, hat der
Senat von der Möglichkeit der Zulassung der Revision Gebrauch gemacht, § 543 Abs. 1
Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
205