Urteil des OLG Hamm vom 29.03.2017

OLG Hamm (gesellschafter, eintragung, grundbuch, gesellschaft, grundstück, gesellschaftsanteil, verfügung, zustimmung, belastung, anteil)

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 72/76
Datum:
27.12.1976
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 72/76
Vorinstanz:
Landgericht Hagen, 3 T 235/74
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluß des
Rechtspflegers des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 21. Juni 1974
aufgehoben.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Lüdenscheid wird angewiesen, den
mit Schreiben vom 7. Februar 1974 und in der Urkunde vom 20.
Dezember 1973 gestellten Anträgen auf Eintragung von
Nießbrauchsrechten an Gesellschaftsanteilen nach Maßgabe der
folgenden Beschlußgründe stattzugeben.
Gründe:
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Die Firma ... in Lüdenscheid war eingetragene Eigentümerin der in den Grundbüchern
des Amtsgerichts Lüdenscheid von ... Blatt ... und ... und von ... Blatt verzeichneten
Grundstücke. Diese Grundstücke sind im einzelnen in Ziffer I 1 eines notariellen
Vertrages vom 20. Dezember 1973 (Urkundenrolle Nr. 1295/1973 des Notars ... in ...)
aufgeführt. An der Kommanditgesellschaft sind der Beteiligte zu 1) als persönlich
haftender Gesellschafter und die Beteiligten zu 2) bis 9) als Kommanditisten beteiligt.
Die Gesellschaftsanteile der Beteiligten zu 2) bis 4) sind zu bestimmten Quoten mit
Nießbrauchsrechten zugunsten des Beteiligten zu 1), ihres Vaters, die des Beteiligten
zu 6) in ähnlicher Weise zugunsten der Beteiligten zu 5), seiner Mutter, und die der
Beteiligten zu 8) und 9) zugunsten der Beteiligten zu 7), ihrer Mutter, belastet.
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In dem erwähnten notariellen Vertrage vom 20. Dezember 1973 haben die
Gesellschafter der Kommanditgesellschaft vereinbart, daß sie die erwähnten
Grundstücke aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft ausgliedern und den
Gesellschaftern nach dem Verhältnis zuteilen, in dem diese am Vermögen der
Kommanditgesellschaft beteiligt sind. Die mit Nießbrauchsrechten an ihren
Gesellschaftsanteilen belasteten Gesellschafter der Kommanditgesellschaft haben sich
verpflichtet, an den ihnen durch Ausgliederung zugeteilten Grundstücksanteilen
wiederum Nießbrauchsrechte für die betreffenden Nießbraucher mit gleich hohen
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Quoten zu bestellen. Von den ihnen zugeteilten Miteigentumsanteilen an den
Grundstücken hat der Beteiligte zu 1) seine Anteile dem Beteiligten zu 2), die Beteiligte
zu 5) ihre Anteile dem Beteiligten zu 6) und die Beteiligte zu 7) ihre Anteile zu gleichen
Teilen den Beteiligten zu 8) und 9) geschenkt. Diese Zuteilungen und Schenkungen,
letztere sind unter dem Vorbehalt der vollen Nutznießung geschehen, haben die
Vertragsbeteiligten durch Eigentumsübertragungen auf die Gesellschafter in
Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfüllt: Auf Grund der Ausgliederung aus der
Kommanditgesellschaft und der Schenkungen sind nämlich als Anwärter auf das
Grundstückseigentum mit genau errechneten Anteilen die Beteiligten zu 2) bis 4), 6), 8)
und 9) bezeichnet worden, die in dem notariellen Vertrag eine Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts gegründet haben, in die die aus dem Vermögen der
Kommanditgesellschaft ausgegliederten Grundstücke eingebracht worden sind. Die
Gesellschafter bürgerlichen Rechts wiederum sind verpflichtet worden, an ihren
Gesellschaftsrechten Nießbrauchsrechte zu bestellen, und zwar die Beteiligten zu 2) bis
4) zugunsten ihres Vaters, des Beteiligten zu 1), im Überlebensfalle auch noch
zugunsten ihrer Mutter, der Beteiligte zu 6) zugunsten seiner Mutter, der Beteiligten zu
5), im Überlebensfalle auch noch zugunsten seines Vaters, und die Beteiligten zu 8) und
9) zugunsten ihrer Mutter, der Beteiligten zu 7). Diese Bestellungen sind jeweils auf
Lebenszeit durch die Beteiligten vorgenommen worden. In Ziffer I 6 e des Vertrages
haben die Beteiligten vereinbart, daß die Nießbrauchsrechte, soweit rechtlich zulässig,
als Verfügungsbeschränkung in die Grundbücher der betroffenen Grundstücke
eingetragen werden sollen; die Vertragsbeteiligten haben diese
Grundbucheintragungen bewilligt und beantragt. Ziffer I 9 des Vertrages enthält
bezüglich der Grundstücke die Auflassungen und die Anträge sowie die Bewilligungen
für die Eintragung der Eigentumswechsel unmittelbar von der Kommanditgesellschaft
auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Unter Überreichung der notariellen Urkunde vom 20. Dezember 1973 und
verschiedener anderer Eintragungsunterlagen hat der Urkundsnotar mit
Begleitschreiben vom 7. Februar 1974 beim Grundbuchamt unter Hinweis auf § 15 GBO
beantragt, den in der Urkunde gestellten Anträgen (Eintragung der Eigentumswechsel
und der Bestellung von Nießbrauchsrechten an den Gesellschaftsanteilen) zu
entsprechen. Nachdem der Rechtspfleger des Grundbuchamts bereits in einer
Verfügung vom 1. März 1974 Bedenken gegen die Eintragung der Nießbrauchsrechte
"als Verfügungsbeschränkungen" geäußert und diese in einer weiteren Verfügung vom
29. April 1974 aufrechterhalten hatte, hat er durch Beschluß vom 21. Juni 1974 diesen
Eintragungsantrag zurückgewiesen, da die Bestellung eines dinglichen Nießbrauchs an
dem Gesellschaftsanteil einer BGB-Gesellschaft nicht möglich sei. Der
Eigentumswechsel an den Grundstücken auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der
nicht an den Vorbehalt des § 16 Abs. 2 GBO geknüpft war, ist dagegen am 12. Juli 1974
im Grundbuch eingetragen worden. Der Erinnerung der Beteiligten vom 10. Juli 1974
gegen den zurückweisenden Beschluß haben Rechtspfleger und Richter nicht
abgeholfen. Das Landgericht hat die als Beschwerde geltende Erinnerung durch
Beschluß vom 4. November 1975 zurückgewiesen. Es hat zwar die von den
Vertragsbeteiligten vereinbarte Nießbrauchsbestellung an den gesamten aus der
Beteiligung an der BGB-Gesellschaft erwachsenden Rechten anerkannt, eine
Grundbucheintragung aber dennoch abgelehnt, weil es nach dem Gesellschaftsvertrage
bezüglich der Verfügung über Gesellschaftsanteile im Verhältnis zu Dritten, die nicht
Gesellschafter der ... und gleichzeitig der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ... seien, bei
der Regel des § 719 BGB verbleibe; gutgläubiger Erwerb von Geschäftsanteilen oder
von Anteilen eines Gesellschafters am Grundvermögen sei auf Grund der Eintragung
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der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschlossen. Gegen die
Beschwerdeentscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 23.
Februar 1976 mit dem Antrage, unter Aufhebung der Vorentscheidungen anzuordnen,
daß den Anträgen auf grundbuchliche Eintragung von Verfügungsbeschränkungen
bezüglich der eingeräumten Nießbrauchsrechte stattzugeben sei. Die Beteiligten sind
der Auffassung, daß die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die
Eintragungsfähigkeit von Pfändung, Verpfändung oder Nießbrauchsbestellung eines.
Erbanteils an einer Erbengemeinschaft, sofern ein Grundstück zum Nachlaß gehört,
auch auf die Nießbrauchsbestellung an einem Gesellschaftsanteil anzuwenden seien.
Die statthafte und in der rechten Form eingelegte weitere Beschwerde ist begründet,
weil die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 78
GBO). Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und auf
die Erstbeschwerde auch der amtsgerichtlichen Entscheidung vom 21. Juni 1974 und
zur Anweisung an das Grundbuchamt, den im Hinblick auf die Nießbrauchsrechte
gestellten Eintragungsanträgen stattzugeben.
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Die Nießbrauchsbestellung an einem Gesellschaftsanteil einer BGB-Gesellschaft
vollzieht sich, auch wenn ein Grundstück zum Gesellschaftsvermögen gehört, außerhalb
des Grundbuchs, kann aber im Wege der Berichtigung (§§ 894 BGB, 22 Abs. 1 GBO) im
Grundbuch eingetragen werden, weil sie eine Änderung der Befugnis, über dieses
Grundstück zu verfügen, zur Folge hat.
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Zur Klärung der grundbuchlichen folge einer Nießbrauchsbestellung an einem
Gesellschaftsanteil hat das Landgericht im Ausgangspunkt seiner rechtlichen
Erwägungen zutreffend auf die Rechtsgrundsätze verwiesen, die anläßlich der
Belastung von Miterbenanteilen am ungeteilten Nachlaß, also im Rahmen einer
anderen Gesamthandsgemeinschaft des bürgerlichen Rechts, entwickelt worden sind.
Nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung (RGZ 90, 232 ff.; KGJ 33 A 226
ff.; Beschluß des Senats vom 19. Februar 1959 - 15 W 54/59 - = JMBLNRW 1959, 110)
und Schrifttum (Brand/Schnitzler, Die Grundbuchsachen in der gerichtlichen Praxis, 9.
Aufl., Seiten 149, 167 und 223; Ertl in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht
Rz. 56 zu § 22 GBO; Meikel/Imhof/Riedel (MIR), Grundbuchrecht, 6. Aufl., Rz. 43 zu § 22
GBO; Palandt/Keidel, BGB, 35. Aufl., Anm. 2 c cc zu § 2033 BGB; Ripfel, NJW 1958,
692; Soergel/Manfred Wolf, BGB, 10. Aufl., Rz. 18 zu § 2033 BGB; Staudinger/Lehmann,
BGB, 11. Aufl., Rz. 20 zu § 2033 BGB) kann dann, wenn ein Grundstück zum Nachlaß
gehört, die Tatsache einer nach § 2033 Abs. 1 BGB möglichen Verpfändung eines
Erbanteils im Wege der Berichtigung im Grundbuch (Abt. II) eingetragen werden, weil
die eingetragenen Miterben zur Verfügung über das Grundstück der Zustimmung des
Pfandgläubigers bedürfen. Die Verpfändung des Erbanteils hat die rechtliche Wirkung,
daß der davon betroffene Miterbe zugunsten des Pfandgläubigers nicht nur in seiner
Mitberechtigung am Gesamtnachlaß, sondern auch in der Verfügungsbefugnis
hinsichtlich des Nachlaßgrundstückes beschränkt ist. Nach § 1276 BGB kann ein
verpfändetes Recht nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers durch Rechtsgeschäft
aufgehoben oder in einer das Pfandrecht beeinträchtigenden Weise geändert werden.
Verfügt ein Miterbe durch Verpfändung gemäß §§ 1273, 1274 BGB über seinen
Miterbenanteil, so scheidet er zwar aus der Mitberechtigung nicht aus, es werden aber
sein Anteil an dem gemeinschaftlichen Vermögen (§ 2032 Abs. 1 BGB) und damit seine
Befugnis, gemeinsam mit den anderen Miterben über einen Nachlaßgegenstand zu
verfügen (§ 2040 Abs. 1 BGB), zugunsten des Pfandgläubigers beschränkt. Dessen
Pfandrecht unterliegt zwar nur das Anteilsrecht des Miterben an dem ungeteilten
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Nachlaß als einem Inbegriff von Rechten und Pflichten; ein Anteil eines Miterben an
einem zum Nachlaß gehörenden Grundstück kann nach § 2033 Abs. 2 BGB nicht
verpfändet werden. Es wird aber mindestens als Beeinträchtigung des Pfandrechts an
dem Erbteil angesehen, wenn der verpfändende Miterbe das zum Nachlaß gehörende
Grundstück in Gemeinschaft mit den anderen Miterben ohne Berücksichtigung der
Verpfändung gemäß § 2040 Abs. 1 BGB veräußern oder belasten würde. Es würde
dadurch ein Gegenstand, der von dem verpfändeten Anteilsrecht ergriffen wird und ihm
mit den anderen Nachlaßgegenständen Inhalt und Wert verleiht, dem Anteilsrechte
entzogen werden oder in seiner Verwertbarkeit eine Einbuße erleiden (RGZ 90, 232,
236). Auf diesem Grunde kann der Miterbe, der seinen Erbteil verpfändet hat, nicht mehr
in Gemeinschaft mit den anderen Miterben frei über das Grundstück verfügen, sondern
bedarf vielmehr dazu der Zustimmung des Pfandgläubigers, damit die Verfügung
diesem Gläubiger gegenüber wirksam ist. Das Pfandrecht an dem Erbteil kann - ebenso
wie die sich außerhalb des Grundbuchs mit dinglicher Wirkung vollziehende
Übertragung eines Erbteils - im Grundbuch des Nachlaßgrundstücks eingetragen
werden, damit das eingetragene Gesamteigentum der Miterben hinsichtlich des Anteils
des verpfändenden Miterben in seiner wirklichen Ausgestaltung
(Zustimmungserfordernis des Pfandgläubigers bei Verfügungen) aus dem Grundbuch
ersichtlich wird. Es handelt sich also nicht um die Eintragung eines Rechts an dem
Grundstück, sondern es wird im Grundbuch die Tatsache der Verpfändung des
Miterbenanteils am Gesamtnachlaß wegen der verfügungsbeschränkenden Wirkung
des Pfandrechts verlautbart.
Diese Eintragung bedeutet nicht die Wiedergabe einer rechtsgeschäftlichen
Verfügungsbeschränkung, die nach § 137 BGB unzulässig wäre. Vielmehr zeigt das
Grundbuch eine Folge auf, die sich an die Belastung des Erbteils mit einem dinglichen
Recht knüpft, eine Verminderung der Verfügungsrechte des Miterben durch die
notwendige Mitwirkung des Pfandgläubigers (RG, KG, OLG Hamm, Ripfel, jeweils
a.a.O.). Die Eintragung der Erbteilsverpfändung bewirkt auch keine nach § 2033 Abs. 2
BGB unzulässige dingliche Belastung eines Miterbenanteils an dem
Nachlaßgrundstück noch eine pfandrechtliche Belastung des Grundstücks selbst, die
nach dem BGB nur durch Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld möglich wäre.
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Auf die Veräußerung des Nachlaßgrundstücks wirkt sich das Pfandrecht an einem
Erbteil im Sinne einer Verfügungsbeschränkung für sämtliche Miterben aus, die gemäß
§§ 135, 892 Abs. 1 S. 2, 1276 BG: den gutgläubigen Erwerb des Grundstücks zum
Nachteil des Erbteilspfandgläubigers ausschließt. Personen, die von der Verpfändung
des Erbteils und der dadurch bewirkten Verfügungsbeschränkung des Miterben keine
Kenntnis haben, könnten eine Nachlaßsache oder ein Recht daran oder ein Recht an
einem Grundstücksrecht frei von dem Erbteilspfandrecht gutgläubig erwerben (vgl. §§
892, 932, 936, 1032, 1207 BGB). Wenn die Erbteilsverpfändung im Grundbuch
eingetragen ist, ist der Pfandgläubiger gegen Beeinträchtigungen des zum Nachlaß
gehörigen Grundeigentums geschützt.
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Die Pfändung des Erbteils eines Miterben hat dieselben Wirkungen wie die
Erbteilsverpfändung (§§ 859 Abs. 2, 804 ZPO). Auch sie kann daher im Wege der
Berichtigung in das Grundbuch des zum Nachlaß gehörenden Grundstücks eingetragen
werden, um die gemeinschaftliche Verfügung der Miterben dem gutgläubigen Dritten
gegenüber von der Zustimmung des Pfandgläubigers abhängig zu machen (BayObLG,
NJW 1959, 1780; KG, OLG 12, 366; Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl., Seite 1843;
Palandt/Keidel, Anm. 2 c cc zu § 2033 BGB; MIR, Rz. 43 zu § 22 GBO; Ripfel, NJW
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1958, 692; Soergel/Manfred Wolf, Rz. 18 zu § 2033 BGB).
Schließlich ist auch die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Erbteil (§ 1069 BGB)
eintragungsfähig. Nach § 1071 BGB kann ein dem Nießbrauch unterliegendes Recht
durch Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Nießbrauchers aufgehoben werden;
gleiches gilt im Falle einer Änderung des Rechts, sofern sie den Nießbrauch
beeinträchtigt. Auch hierbei würde es zumindest eine Beeinträchtigung des
Nießbrauchs an dem Erbteil bedeuten, wenn der den Nießbrauch bestellende Miterbe
ein zum Nachlaß gehörendes Grundstück in Gemeinschaft mit den anderen Miterben
ohne Berücksichtigung seiner Nießbrauchsbestellung veräußern oder belasten würde.
Die Tatsache der Nießbrauchsbestellung muß daher zur Verhinderung gutgläubigen
Erwerbs aus dem Grundbuch ersichtlich gemacht werden können. Folgerichtig ist
demnach die Auffassung, daß der am Anteil des Miterben am ungeteilten Nachlaß
bestellte Nießbrauch im Grundbuch eines Nachlaßgrundstückes eingetragen werden
kann (RG, DNotZ 1937, 578 zu Nr. 12; Brand/Schnitzler, Seite 233).
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Die hier dargelegten Rechtsgrundsätze haben nach der Auffassung des Senats auch
dann zu gelten, wenn Gegenstand der Belastung mit einem Pfandrecht oder Nießbrauch
nicht der Anteil eines Miterben am ungeteilten Nachlaß ist, sondern der Anteil des
Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl.
dazu § 719 Abs. 1 BGB und Palandt/Thomas, Anm. 1 zu § 717 BGB).
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Zwischen der Erbengemeinschaft und der BGB-Gesellschaft besteht allerdings ein
wesentlicher Unterschied im Hinblick auf die Verkehrsfähigkeit der gesamthänderischen
Vermögensbeteiligungen der Mitglieder. Während nach § 2033 Abs. 1 BGB als
Abweichung von gesamthänderischen Grundsätzen jeder Miterbe über seinen Anteil an
dem Nachlasse verfügen kann, untersagt § 719 Abs. 1 BGB - ähnlich wie § 1419 Abs. 1
BGB dem Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft - dem Gesellschafter eine
Verfügung über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen. Die §§ 717, 719 BGB
sind nach durchweg anerkannter Auffassung jedoch nachgiebiges Recht
(Erman/Ronke, BGB 6. Aufl., Rz. 5 zu § 1069 BGB; Palandt/Bassenge, Anm. 4 b zu §
106 BGB; Soergel/Baur, Rz. 7 zu § 1068 BGB; Staudinger/Spreng, Rz. 3 zu § 1069
BGB). Sieht es der Gesellschaftsvertrag vor oder sind die Gesellschafter damit
einverstanden, daß der Gesellschaftsanteil übertragen oder belastet wird, so kann nach
dieser Auffassung, der auch der Senat zustimmt, ein Nießbrauch an dem
Gesellschaftsanteil bestellt werden.
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Innerhalb der Urkunde vom 20. Dezember 1973 ist zwar nach § 11 des mitbeurkundeten
Gesellschaftsvertrages die Belastung von Gesellschaftsanteilen mit Rechten Dritter
(Pfandrecht, Nießbrauch) ausgeschlossen worden. § 16 sieht demgegenüber zur
Erhaltung gleichmäßiger Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts und am Kapital der Kommanditgesellschaft die Abtretung von
Gesellschaftsanteilen oder Teilen von solchen vor. Wesentlich ist aber, daß in dem
Vertrag vom 20. Dezember 1973 die Gesellschaftsanteile der Gesellschafter
bürgerlichen Rechts mit deren Zustimmung mit Nießbrauchsrechten zugunsten der
Elterngeneration belastet worden sind.
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Angesichts dieser Belastung mit Nießbrauchsrechten darf auch hier § 1071 BGB nicht
übersehen werden, wonach ein dem Nießbrauch unterliegendes Recht durch
Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Nießbrauchers aufgehoben oder in einer den
Nießbrauch beeinträchtigenden Weise verändert werden kann (vgl. für das Pfandrecht §
15
1276 BGB). Entsprechend den für die Belastung eines Erbanteils entwickelten
Grundsätzen würde es aber zumindest eine Beeinträchtigung des Nießbrauchs
bedeuten, wenn die Gesellschafter bürgerlichen Rechts ohne Zustimmung des
Nießbrauchers über einen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstand
verfügen könnten. Erst die Einzelgegenstände verleihen auch hier dem mit dem
Nießbrauch belasteten Anteilsrechte am Gesellschaftsvermögen Inhalt und Wert. Eine
Verfügung über die Einzelgegenstände ohne Zustimmung des Nießbrauchers könnte
zur Aushöhlung des Nießbrauchs führen. Deshalb kann die durch Gesellschaftsvertrag
oder durch Einverständnis der Gesellschafter ermöglichte Nießbrauchbestellung an
dem Gesellschaftsanteil - dem Anteil am Gesellschaftsvermögen als einem Inbegriff von
Sachen und Rechten (vgl. Palandt/Thomas, Anm. 1 zu § 719 BGB) - im Grundbuch der
zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücke berichtigend (auf Grund
Nachweises nach § 22 GBO oder einer Bewilligung nach § 19 GBO) eingetragen
werden, weil die Eintragung des Nießbrauches an dem Gesellschaftsanteil verhüten
kann, daß der Nießbraucher durch gutgläubigen Grundstückserwerb eines Dritten eine
Beeinträchtigung seines Rechtes erleidet.
Gegen die Eintragbarkeit der Belastung eines Gesellschaftsanteils wird geltend
gemacht, die für die Erbengemeinschaft entwickelten Rechtsgrundsätze könnten nicht
auf die BGB-Gesellschaft angewendet werden, weil für den Gesellschafter gemäß § 719
BGB eine Verfügung über den Gesellschaftsanteil ausgeschlossen sei, während der
Miterbe nach § 2033 BGB über seinen Nachlaßanteil verfügen könne (AG Ahrensburg,
Büro 1964, 844; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 19. Aufl., Anm. I 2 zu § 859 ZPO). Deshalb
wird auch die Eintragung der nach § 859 Abs. 1 ZPO möglichen Pfändung des Anteils
eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen einer BGB-Gesellschaft
abgelehnt (vgl. außer AG Ahrensburg und Stein/Jonas/Münzberg, jeweils a.a.O., ferner:
OLG Dresden, SeuffA 64, 248; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 34. Aufl., Anm. 1
B b zu § 859 ZPO; Zöller/Scherübl, ZPO, 11. Aufl., Anm. 1 b zu § 859 ZPO).
Demgegenüber bejaht eine andere Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum die
berichtigende Eintragung der Pfändung eines Gesellschaftsanteils im Grundbuch (KG,
DNotV 1928, 575 = HRR 1927 Nr. 2181; Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl., Seite 1843; MIR,
Rz. 44 zu § 22 GBO).
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Dieses Gegenargument überzeugt aber nicht. Für die Grundbucheintragung ist die
Verkehrsfähigkeit des Gesellschaftsanteils allein insoweit notwendig, als sie
Voraussetzung für die Belastung des Anteils mit einem Pfandrecht oder einem
Nießbrauch ist. Diese Verkehrsfähigkeit ist entweder kraft Gesetzes (§ 859 Abs. 1 ZPO)
gegeben oder gegen das Gesetz (§ 719 Abs. 1 BGB) durch Gesellschaftsvertrag oder
Einverständnis der Gesellschafter herbeizuführen. Die Eintragung einer Belastung des
Gesellschaftsanteils soll ihre eigentliche Wirkung nicht bei Verfügungen über Nachlaß-
oder Gesellschaftsanteile entfalten, sondern sie soll gutgläubigen Erwerb bei
Verfügungen über ein Grundstück, das zu dem jeweiligen Gesamtvermögen gehört,
verhindern. Insofern muß auch die Bestellung eines Nießbrauchs am
Gesellschaftsanteil in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen werden können, weil
sich der betroffene Gesellschafter an einer Verfügung über das Grundstück nur mit
Zustimmung des Nießbrauchers beteiligen kann, bei Nichteintragung der
Nießbrauchsbestellung aber eine Rechtsbeeinträchtigung durch Gutglaubensschutz
drohen würde.
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Auf Grund des Vertrages vom 20. Dezember 1973 sind Gesellschafter der BGB-
Gesellschaft die Beteiligten zu 2) bis 4), 6), 8) und 9), Nießbraucher an den Anteilen
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zunächst die Beteiligten zu 1), 5) und 7) in bestimmtem Umfange. Ohne Rücksicht auf
den Umstand, daß § 16 des Gesellschaftsvertrages nur eine beschränkte weitere
Übertragungsmöglichkeit der Gesellschaftsanteile vorsieht, könnten die Gesellschafter
über Grundstücke des Gesellschaftsvermögens zugunsten Dritter verfügen und die
Nießbraucher könnten den gutgläubigen Erwerb von Rechten Dritter an den
Grundstücken nicht verhindern, wenn die Bestellung des Nießbrauchs am
Gesellschaftsanteil im Grundbuch nicht eingetragen wäre. Das Grundbuch ließe ohne
eine solche Eintragung die Gesellschafter, die gemäß § 1071 Abs. 2 BGB bei
beeinträchtigenden Verfügungen an die Zustimmung der Nießbraucher gebunden sind,
als unbeschränkt verfügungsberechtigte Gesamthandseigentümer erscheinen.
Das Landgericht hat diese Rechtslage verkannt. Es hat unzutreffend die Eintragung der
Nießbrauchsrechte an den Gesellschaftsanteilen deshalb abgelehnt, weil der Vertrag
vom 20. Dezember 1973 einen gutgläubigen Erwerb von Gesellschaftsanteilen - auf
Grund welcher Gesetzesbestimmung ? - oder von Anteilen eines Gesellschafters am
Grundvermögen - eine Verfügung über solche Anteile wäre auf Grund der
gesamthänderischen Bindung in § 719 Abs. 1 BGB ohnehin gemäß § 134 BGB nichtig
(Palandt/Thomas, Anm. 2 c zu § 719 BGB - durch Dritte nicht vorsehe.
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Diese Gesetzesverletzung führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung. Der
Senat ist nicht gehalten, die Sache gemäß § 79 Abs. 2 GBO dem Bundesgerichtshof
vorzulegen. Zwar hat das OLG Dresden (SeuffA 64, 248) zum Ausdruck gebracht, daß
die Pfändung des Gesellschaftsanteils nicht eintragungsfähig sei. Ob angesichts der zu
beurteilenden verschiedenen Rechtsvorgänge (Pfändung oder Nießbrauchsbelastung
des Gesellschaftsanteils) überhaupt ein Abweichen von der Rechtsansicht des OLG
Dresden im Sinne des § 79 Abs. 2 GBO zu bejahen sein wird, kann hier dahingestellt
bleiben. Jedenfalls beruht die Entscheidung des OLG Dresden nicht auf der anderen
Beurteilung der Rechtsfrage (Horber, GBO, 13. Aufl., Anm. 3 B a zu § 79 GBO; Kuntze in
KEHE, Rz. 18 zu § 79 GBO), da Gegenstand der Entscheidung tatsächlich nicht die
Pfändung eines Gesellschaftsanteils war, sondern nur die des Anspruchs auf
Auseinandersetzung und auf das Auseinandersetzungsguthaben. Des weiteren könnte
noch auf die Auffassung verwiesen werden, wonach abweichende Entscheidungen
eines Oberlandesgerichts aus dem jetzigen Gebiet der DDR nicht zur Vorlage nötigen
(Horber, Anm. 3 B b zu § 79 GBO; Kuntze in KEHE, Rz. 8 zu § 79 GBO).
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Nach der Rechtsansicht des Senats erweist sich daher die erste Beschwerde als
begründet, so daß auch der zurückweisende Beschluß des Rechtspflegers aufzuheben
ist. Der Rechtspfleger wird die beantragten Eintragungen einer Nießbrauchsbestellung
an den Gesellschaftsanteilen vorzunehmen haben. Das wird allerdings hinsichtlich der
aufschiebend bedingten Nießbrauchsrechte zugunsten der Ehegatten der Beteiligten zu
1) und 5) erst geschehen können, wenn dem Grundbuchamt die entsprechenden
Willenserklärungen dieser Ehegatten in grundbuchlicher Form nachgewiesen sind. Der
Grundbuchbeamte darf nicht an der Herbeiführung einer unrichtigen Eintragung
mitwirken, wenn er auf Grund bestimmter Anhaltspunkte begründete Zweifel am
Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen hat (vgl. etwa Ertl in KEHE, Rz. 111 Einl.).
An der Nießbrauchsbestellung zu ihren Gunsten im Vertrag vom 20. Dezember 1973
haben die Ehegatten der Beteiligten zu 1) und 5) entgegen § 1069 BGB nicht mitgewirkt.
Dingliche Verträge auf Begründung von Rechten für einen Dritten entsprechend §§ 328
ff. BGB werden von der Rechtsprechung abgelehnt (vgl. Palandt/Heinrichs, Einf. 5 c vor
§ 328 BGB; Erman/H.P. Westermann, Rz. 2 f. zu § 328 BGB; jeweils mit Nachweisen).
An der Entstehung der durch den Tod der Beteiligten zu 1) und 5) aufschiebend
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bedingten Nießbrauchsrechte bestehen daher begründete Zweifel. Diesen Zweifeln
wird der Rechtspfleger des Grundbuchamts vor Eintragung der Nießbrauchsrechte an
den Gesellschaftsanteilen für diesen Teilbereich aufschiebend bedingter Rechte durch
Erlaß einer Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO Rechnung tragen müssen.