Urteil des OLG Hamm vom 05.02.2002
OLG Hamm: treu und glauben, vernehmung von zeugen, verzicht, verjährungsfrist, angemessene frist, zugehör, inventar, haftpflichtversicherung, zugang, handbuch
Oberlandesgericht Hamm, 28 U 34/01
Datum:
05.02.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
28. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 U 34/01
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 12 O 71/00
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 7. Dezember 2000
verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen schuldhafter Pflichtverletzung eines
Anwaltsvertrages, da er ein Vermieterpfandrecht in Höhe eines erstrangigen
Teilbetrages von DM 75.000,- nicht realisieren konnte.
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Der Kläger vermietete durch Mietvertrag vom 28.2.96 Räumlichkeiten für den Betrieb
eines ambulanten Rehabilitationszentrums in der N-Straße in F ab dem 1.4.96 für 15
Jahre an die Zeugen Q und C2. Deren Mietzins für die Gesamtnutzfläche von 1017
Quadratmetern belief sich für den Zeitraum 1.4.96 bis 31.5.96 auf DM 12,50 je
Quadratmeter zuzüglich 15% Umsatzsteuer Danach betrug der vereinbarte Mietzins DM
30.222,25 monatlich. In § 12 des Mietvertrages war vereinbart, dass die Mieter eine
Mietkaution in Höhe von DM 75.000,- zu stellen haben, die auch durch eine
selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbedingte Bankbürgschaft einer Sparkasse
oder Geschäftsbank erbracht werden durfte. Die Mieter finanzierten ihr Vorhaben durch
Kredite der T-Bank e.G. (im Folgenden: T-Bank) in einer Gesamthöhe von DM 615.000,-
. Am 16.7.96 schlossen sie mit der T-Bank einen Kreditvertrag über DM 230.000,- aus
dem Mittelstandsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Die Geltung der
Allgemeinen Bedingungen der O GmbH und der allgemeinen Darlehensbedingungen
der T-Bank wurde vereinbart. In den Darlehensbedingungen der O GmbH heißt es in
Ziffer 1. 3: "sofern sonstige sicherungshalber zu übereignende Gegenstände mit einem
Pfandrecht belastet sind, hat der Kreditnehmer sich um einen Verzicht der
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Pfandrechtsgläubiger zu bemühen. Sollte beim Vermieter- und Verpächterpfandrechten
eine Verzichtserklärung nicht erreicht werden können, hat der Kreditnehmer dem
Kreditgeber die ordnungsgemäße Zahlung des Miet- oder Pachtzinses nachzuweisen".
Mit Schreiben vom 3.7.96 übersandte die T-Bank im Auftrage der Mieter dem Kläger
eine selbstschuldnerische Bürgschaft über maximal DM 75.000,- (Blatt 9). In dem
Schreiben war aber die Bedingung/Voraussetzung enthalten, dass der Kläger das
gegenwärtige und künftige Inventar der Mieträume, das der T-Bank
sicherungsübereignet war oder sicherungsübereignet werden sollte, von seinem
Vermieterpfandrecht freistellt. In den Kreditverhandlungen der Mieter mit der T-Bank war
vorgesehen, dass Inventar in Höhe von insgesamt 350.000 DM angeschafft wird. Der
Kläger wandte sich an den Beklagten, der bereits den Mietvertrag entworfen hatte, mit
der Bitte um Beratung und Vertretung. Der Beklagte schlug ihm vor, der T-Bank einen
Teilverzicht hinsichtlich eines erststelligen Teilbetrages von DM 75.000,- zu Gunsten
der T-Bank auf das Vermieterpfandrecht anzubieten bzw. hielt das für vertretbar. Dieses
Angebot unterbreitete der Beklagte mit Schreiben vom 8.7.96 (Blatt 11) der T-Bank. Die
T-Bank stimmte dem mit Schreiben vom 31.7.96 (Blatt 14) zu. Der Kläger unterzeichnete
am 5.8.96 eine Erklärung in der u.a. heißt: "Erkläre ich ... daß alle gegenwärtigen und
zukünftigen von den Herren Q und Borcik der T eG übereigneten Maschinen, Geräte
und Einrichtungsgegenstände hinsichtlich des erststelligen Teilbetrages von DM
75.000,00 vom Vermieterpfandrecht freigestellt sind." Der Beklagte übersandte diese
Erklärung mit Schreiben vom 8.8.96 der T-Bank.
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Die Mieter hatten das Reha-Zentrum (Beklagte Blatt 293) im Juni 1996 eröffnet, zahlten
die Mieten jedoch nicht im vereinbarten Umfange, so dass sich bis Anfang Dezember
1996 bereits ein Mietrückstand in Höhe von DM 92.162,85 ergab. Der Kläger forderte
die T-Bank im Januar 1997 zur Zahlung des Bürgschaftsbetrages von DM 75.000,- auf.
In diesem Zusammenhang teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 13.1.97
mit, er habe auch die aufgetauchte Frage geprüft, welche Konsequenz die Rückgabe
der Bürgschaftsurkunde nach Zahlung des Betrages von DM 75.000,- habe und führte
dazu aus: "Es besteht eine eindeutige Verknüpfung zwischen den Verzicht auf das
Vermieterpfandrecht und der Bürgschaft. Wird die Bürgschaft zurückgegeben, lebt das
Vermieterpfandrecht wieder auf".
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Die T-Bank zahlte gegen Rückgabe der Bürgschaftsurkunde die Bürgschaftssumme von
DM 75. 000,- an den Kläger. Der Beklagte forderte sodann die T-Bank mit Schreiben
vom 7.2.97 auf, den vom Kläger unterzeichneten Verzicht auf das Vermieterpfandrecht
zurückzugeben. Die T-Bank erwiderte mit Schreiben vom 17.3.97, dass sie die
Rechtsauffassung des Beklagten nicht nachzuvollziehen vermöge. Über das Vermögen
der Mieter wurde im Sommer 1997 das Konkursverfahren eröffnet. Ursache des
Konkursverfahrens war, dass die Verbände der Ersatzkassen den Mietern eine
Zulassung zur ambulanten Reha - Behandlung verweigerten. Insoweit ist ein
Schadensersatzprozess des Konkursverwalters gegen die Ersatzkassen über rund DM
1,5 Millionen vor dem Sozialgericht Düsseldorf S 4 KR 158/98 anhängig . Die
Mietrückstände betrugen zum 31.8.97 mehr als DM 200.000,-. Die Räume wurden vom
Kläger erst am 1.1.98 anderweitig vermietet. Der Kläger hat über einen Teilbetrag von
DM 31.618,35 ein Versäumnisurteil des Landgerichts Münster - 16 O 207/97 - gegen die
Mieter erwirkt. Die Zwangsvollstreckung war bislang erfolglos, das Verfahren befindet
sich in der Berufung.
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Im Juni 1997 beauftragte der Kläger den Beklagten, Gespräche mit den Mietern zu
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führen, um auf die Mietausfälle zu reagieren, die durch deren schlechte wirtschaftliche
Situation entstanden waren. Am 3.7.97 fand ein Gespräch mit den Mietern statt, an
denen diese, der Kläger, der Beklagte, 2 Berater aus der Kanzlei des Beklagten und
Rechtsanwalt M im Auftrage des Klägers teilnahmen. Am 14.7.97 fand ein weiteres
Gespräch statt, in dem die Ergebnisse erläutert wurden, die zwischenzeitlich von
Rechtsanwalt M erzielt worden waren. Ein weiteres Gespräch fand am 3.9.97 in den
Räumen der T-Bank statt. Weitere Gespräche wurden durch die Konkurseröffnung über
das Vermögen der Mieter beendet (Blatt 48 f). Die Mieter entliessen im Juli 1997 ihr
Personal.
Die T-Bank übertrug im Konkursverfahren ihre Rechte aus dem
Sicherungsübereignungsvertrag mit den Mietern auf den Konkursverwalter, mit dem sie
in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Münster 15 O 228/98 über den Vorrang des
Sicherungseigentums vor dem Vermieterpfandrecht gestritten hat. Der Konkursverwalter
hat mit Schreiben vom 23.12.98 den Vorrang des Vermieterpfandrechts des Klägers
gegen Zahlung eines Betrages von DM 75.000,- durch den Kläger akzeptiert. Der Kläger
macht diesen Betrag gegen den Beklagten als Schadensersatz geltend. Der Kläger hat
die Räume zum 1.11.97 mit der Maßgabe vermietet, dass die Mietzahlungspflicht ab
dem 1.1.98 begann und der Nachfolgerin, einer GmbH, die Einrichtung für DM 300.000,-
unter Eigentumsvorbehalt verkauft. Die Nachfolgerin meldete im Sommer 1998 den
Konkurs an, seit dem 31.10.98 ist der Betrieb eingestellt.
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Der Beklagte hat gegenüber der Schadensersatzforderung des Klägers die Aufrechnung
mit einer unbestrittenen Honorarforderung in Höhe von DM 7.664,40 erklärt
(Rechnungen vom 23.2.99, Blatt 50 ff). Der Kläger hat insoweit die Klage
zurückgenommen. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 17.8.99 auf die Einrede der
Verjährung bis zum 31. 2.99 verzichtet, so weit sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht
eingetreten war. Der Beklagte beruft sich auf Verjährung. Der Beklagte war nach dem
1.11.97 noch an ein oder zwei Gesprächen beteiligt, bei denen die Auswirkung der
Teilverzichtserklärung nach Inanspruchnahme der Bürgschaft eine Rolle gespielt hat.
Die vorliegende Regressklage ging beim Gericht am 28.12.99 ein und wurde am
12.1.00 zugestellt.
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Der Kläger hat behauptet, der Beklagte sei beauftragt worden, ihn in den gesamten
mietvertraglichen Angelegenheiten betreffend das Gebäude N-Straße zu vertreten und
zu beraten . Der Beklagte habe ihn dahin beraten, man könne der T-Bank anbieten,
hinsichtlich des erststelligen Teilbetrages an rückständiger Miete von DM 75.000,- auf
das Vermieterpfandrecht zu verzichten, da der Kläger sonst doppelt abgesichert wäre.
Er habe ihm aber erklärt, wenn die Bürgschaft etwa bei Inanspruchnahme entfalle,
würde das Vermieterpfandrechte wieder aufleben. Da das Vermieterpfandrecht in Höhe
des erstrangigen Betrages von DM 75.000,- der Bürgschaft gleichwertig gewesen sei,
habe er durch den falschen Rat des Beklagten lediglich eine Sicherheit gegen die
andere eingetauscht, was nicht Sinn der Mietkaution durch Bürgschaft gewesen sei. Die
Mieter hätten einen vertraglichen Anspruch gegen die T-Bank auf Übernahme der
Bürgschaft ohne Bedingungen gehabt. Grundsätzlich falsch sei es gewesen,
Verhandlungen mit der T-Bank zu führen, ohne deren Vereinbarungen mit den Mietern
zu kennen. Stattdessen hätte sich der Beklagte zunächst an die Mieter wenden müssen.
Zum 31.8.97 habe der Zahlungsrückstand der Mieter an Miete und
Rechtsverfolgungskosten trotzt der Zahlung der T-Bank von DM 75.000,- noch rund DM
240.000,- betragen. Ohne den Teilverzicht hätte er im Konkursverfahren jedenfalls durch
Selbstversteigerung gemäß § 1239 Absatz 1 BGB für das Inventar 50 Prozent des
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Anschaffungspreises, also DM 175.000,- erzielen können. Einen höheren Marktwert
habe das Inventar nicht gehabt. Gegen die Mieter stünden ihm Forderungen
entsprechend der Konkursanmeldung vom 19.1.98 in Höhe von DM 346.949,38 zu.
(Schadensberechnung Blatt 73)
Der Kläger hat nach teilweise Klagerücknahme beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn DM 67.335,60 nebst 6,77 % Jahreszinsen seit
dem 23.12.98 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung des letztrangigen Teil von
DM 75.000,- der rückständigen Mietzinsforderung des Klägers gegen die Herren Q
und C2 für die Räume des Reha-Zentrums in Hause N-Straße in F aus der Zeit
vom 1.6.96 bis 31.12.97.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat behauptet, die Rechtsmeinung, dass nach Ausschöpfung der
Bürgschaft das Vermieterpfandrecht wieder auflebe, sei erst später im Zusammenhang
mit der Vorlage der Bürgschaft aufgekommen. Die T-Bank hätte sich bei den
Vertragsverhandlungen auf eine andere Lösung ohne die Verzichtserklärung des
Klägers vom 5.8.96 gar nicht eingelassen. Davon seien sie beide, insbesondere der
Kläger auf Grund seiner zusätzlichen Erkenntnisse über die Vermögenslage der Mieter
noch mehr, überzeugt gewesen. Außerdem seien die Gegenstände überwiegend
unpfändbar gewesen, da sie der Berufsausübung gedient hätten. Die pfändbaren
Büromöbel und sonstigen Einrichtungsgegenstände hätten allenfalls einen Wert von 50
bis DM 60.000,- gehabt.
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Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung von Zeugen (Blatt 108 ff)
stattgegeben. Das Landgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe seine Beratungspflicht
verletzt, da er dem Kläger nicht deutlich gemacht habe, dass überhaupt keine
Verpflichtung bestanden habe, den Teilverzicht vom 3.7.96 zu erklären. Er habe den
Beklagten nicht umfassend und erschöpfend beraten, insbesondere nicht deutlich
gemacht, dass der Teilverzicht auf das Vermieterpfandrecht praktisch einen Tausch von
Sicherheiten darstellte. Der Kläger habe dadurch einen Schaden in Höhe von DM
75.000,- erlitten, da er insoweit sein erstrangiges Vermieterpfandrecht verloren habe.
Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die T-Bank auch ohne diesen Teilverzicht die
Bürgschaft übernommen hätte.
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Die Berufung des Beklagten wiederholt und vertieft dass erstinstanzliche Vorbringen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Verjährung, auf die er sich bereits in der ersten Instanz
berufen hat, sei eingetreten, da sie spätestens mit dem Teilverzicht des Klägers am
5.8.96 zu laufen begonnen habe. Der Kläger verkenne, dass die Voraussetzung des im
Schreiben vom 17.8.99 erklärten Verzichts auf die Verjährungseinrede gewesen seien,
dass die Verjährung zu diesem Zeitpunkt nicht bereits abgelaufen war.
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Der Beklagte ist der Ansicht, er habe seine Belehrungspflicht nicht verletzt. Dem Kläger
sei klar gewesen, dass der Teilverzicht den Verlust eines Sicherungsrechts in dieser
Höhe bedeutet habe. Der Kläger habe bislang auch nicht geltend gemacht, den Inhalt
seiner Erklärung vom 5.8.96 nicht verstanden zu haben. Im Jahre 1996 sei weder
besprochen, noch vereinbart worden, das Vermieterpfandrecht würde bei
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Inanspruchnahme der Bürgschaft im vollen Umfange wieder aufleben. Die T-Bank sei
auch nicht bereit gewesen, die Bedingung des Verzichts auf das Vermieterpfandrecht
fallen zu lassen. Es habe mangels ausdrücklicher Zusage keinen Anspruch gegen die
T-Bank auf die uneingeschränkte Übernahme der Bürgschaft bestanden. Jedenfalls
habe das der Beklagte nicht erkennen können. Die Argumentation, dass nach
Inanspruchnahme der Bürgschaft das Vermieterpfandrecht im vollen Umfang wieder
aufleben solle, sei erst später entstanden. Die Mieter seien nach dem Vorbringen des
Klägers von Anfang an im wesentlichen zahlungsunfähig gewesen, so dass ohne den
Teilverzicht der Kläger die DM 75.000,- nicht hätte realisieren können, insbesondere,
weil mit zunehmendem Zeitablauf eine Verwertung des Mobiliars schwierig geworden
wäre.
Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger ist der Ansicht, die Verjährung sei nicht eingetreten, da der Schaden erst mit
der Weigerung der T-Bank Anfang 1997 die Verzichtserklärung vom 5.8.96
zurückzugeben, entstanden sei.
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Die theoretische Schadensmöglichkeit genüge nicht für den Beginn der Verjährung.
Selbst wenn man als Schadenseintritt den Zugang der Erklärung des Klägers vom
5.8.96 (Blatt 15) annehme, hätte unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten die
Verjährung am 10.8.96 begonnen und wäre frühestens am 10.8.99 abgelaufen. Der
Beklagten habe aber im Schreiben vom 17.8.99 (Blatt 272) auf die Verjährungseinrede
verzichtet. Jedenfalls könne sich in der Beklagte gemäß § 242 BGB nicht auf die
Verjährungseinrede berufen, da er durch das Schreiben vom 17.8.99 den Kläger von
einer gerichtlichen Geltendmachung abgehalten habe, denn dort wurde vom Beklagten
der Verzicht auf die Verjährungseinrede ausdrücklich mit dem Zusatz erklärt, um ihn
"den Zugzwang zu ersparen". Bereits zuvor habe der Beklagte einen Schwebezustand
geschaffen, indem er im Schreiben vom 23.6.99 (Blatt 352) den Anspruch nur "zunächst
mit folgender Begründung" zurückgewiesen habe. Da der Beklagte auch gewusst habe,
dass der Bevollmächtigte des Klägers erst nach seinem Urlaub weitere Ausführungen
machen werde, sei stillschweigend ein Stillhalteabkommen abgeschlossen worden, der
Anspruch werde einstweilen nicht gerichtlich geltend gemacht, welches im Schreiben
vom 17.8.99 bestätigt worden sei.
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Der Kläger behauptet, der Beklagte habe seine Beratungspflichten verletzt, da er
anläßlich der Erörterung des Schreibens der T-Bank vom 3.7.96 erklärt habe, er erhalte
eine Doppelsicherung zusätzlich zum Vermieterpfandrecht hinsichtlich der ersten drei
Monatsmieten, wenn die Bürgschaft hinzukomme und im Falle der Inanspruchnahme
der Bürgschaft lebe das gesetzliches Vermieterpfandrecht wieder auf. Es spreche alles
dafür, dass der Beklagte seine falsche Rechtsauffassung nicht nur im Schreiben vom
13.1.97, sondern bereits bei der Beratung im Juni 96 geäußert habe. Der Wert des
Inventars habe ständig abgenommen, so dass die Mietzinsansprüche nicht einmal für
ein Jahr durch das Inventar abgesichert gewesen seien.
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Der Beklagte habe gegen seine Informationsbeschaffungspflicht verstoßen. Auf Grund
der Eröffnung des Reha-Zentrums im Juni 1996 sei abzusehen gewesen, dass sich die
T-Bank gegenüber den Mietern schon vorher gebunden haben musste. Daher hätte der
Beklagte das Verlangen der T-Bank als unberechtigt zurückweisen können. Er hätte die
Mieter insbesondere befragen müssen, die ihn darüber informiert hätten, dass die
Kreditverträge weitgehend schon am 24.5.96 abgeschlossen worden waren und bereits
valutierten. Er hätte durch Einsicht der Unterlagen der Mieter feststellen können , dass
die T-Bank keinen Anspruch auf Übereignung lastenfreien Inventars gehabt habe. Aus
der Ziffer 1.3 der allgemeinen Bedingungen der T-Bank habe sich ergeben, dass das
Vermieterpfandrecht vorrangig gewesen sei und sofern der Vermieter eine
Verzichtserklärung nicht abgeben wollte, der Kreditnehmer (lediglich) die
ordnungsgemäße Zahlung des Mietzinses nachzuweisen hatte. Die von der T-Bank
verlangte Verzichtserklärung sei auch nicht üblich. In der Kreditzusage der T-Bank vom
3.7.96 Blatt 159) sei eine solche nicht enthalten. Die T-Bank habe lediglich versucht,
ihre Position zu verbessern.
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Der Kläger behauptet, er hätte bei entsprechender Beratung durch den Beklagten und
Kenntnis der Rechtslage den Verzicht nicht erklärt. Ein Entgegenkommen gegenüber
den Mietern sollte nicht zu seinen wirtschaftlichen Lasten gehen und seine Risiken
erhöhen. Durch den Teilverzicht habe er eine Sicherheit am Inventar in Höhe von DM
75.000,- verloren. Der Schaden und somit auch die Verjährung sei erst eingetreten, als
sich die T-Bank mit Schreiben vom 17.3.97 auf dem Teilverzicht berufen habe.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die von ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
waren, und auf die persönlichen Angaben der Parteien vor dem Senat, über die sich der
Berichterstattervermerk vom 18.9.01 verhält, Bezug genommen. Die Akten 15 O 228/98
Landgericht Münster = 30 U 244/98 OLG Hamm lagen vor und waren Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe
29
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet, da ein etwaiger
Schadensersatzanspruch des Klägers verjährt ist.
30
I.
31
Die am 28.12.99 eingereichte und am 12.1.00 zugestellte Klage konnte die am
9./10.8.99 abgelaufene Verjährungsfrist nicht gemäß § 209 Absatz 1 BGB unterbrechen.
32
1.
33
Nach § 51 b 1. Fall BRAO verjährt ein Anspruch des Auftraggebers aus einem
Anwaltsvertrag auf Schadensersatz in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der
Anspruch entstanden ist. Ein Schaden, der einen Ersatzanspruch im Sinne des § 51 b
BRAO auslöst, entsteht, sobald sich die Vermögenslage des Auftraggebers durch eine
anwaltliche Pflichtverletzung objektiv verschlechtert hat. Das ist nicht der Fall, solange
nur das Risiko eines Vermögensnachteils, also bei der gebotenen wertenden
Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt (- "Risiko - Schaden - Formel
", vgl. BGH NJW 2000, 1263, 1264; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rn. 1234
jeweils mit weiteren Nachweisen). Bei unklarer Vertragsgestaltung ist der
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Verjährungsbeginn nicht bereits mit der Entstehung des bloßen Risikos eines
Vermögensnachteils, sondern erst dann anzunehmen ist, wenn der Vertragsgegner
Rechte aus der Regelung herleitet. Erst zu diesem Zeitpunkt entsteht ein Schaden des
Mandanten (vgl. BGH MDR 2000, 793, 794: Zur Steuerberaterhaftung). Das Gleiche gilt,
wenn der Vertragspartner durch fehlerhaftes Verhalten des Anwalts Rechte erwirbt, die
er gegen den Mandanten geltend machen kann, die er sonst nicht hätte (vgl. Zugehör,
Handbuch der Anwaltshaftung, Rahmen Nummer 1234 mit weiteren Nachweisen). So
verhält sich der Fall hier aber nicht.
Anderes als in den von Zugehör (a.a.O., Randnummer 1235) zitierten Entscheidungen
bedurfte es hier nach der Annahme des Angebots des Beklagten vom 8.7.96, auf das
Vermieterpfandrecht hinsichtlich eines erstrangigen Teilbetrages von DM 75.000,- auf
das Vermieterpfandrecht zu verzichten, durch die T-Bank keines weiteren Tätigwerdens,
um den Schaden des Klägers zu begründen. Die materielle Rechtslage wurde zum
Nachteil des Klägers bereits durch den Zugang seiner Verzichtserklärung vom 5.8.96
bei der T-Bank, die der Beklagte in Erfüllung der zuvor beschlossenen Vereinbarung
übersandt hatte, verändert. Die T-Bank musste später erst dann reagieren, wenn der
Kläger entgegen dieser materiellen Rechtslage eine Rückgabe der Verzichtserklärung
forderte oder entgegen seiner Verzichtserklärung ein Vermieterpfandrecht auch
hinsichtlich des erstrangigen Teilbetrages von DM 75.000,- geltend machte.
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Im Übrigen nimmt die Rechtsprechung im Interesse der "Rechtsklarheit" den Eintritt der
Rechtsänderung als Beginn der Verjährung jedenfalls dann an, wenn nach der
Lebenserfahrung davon auszugehen war, dass der Vertragspartner von der durch den
Anwaltsfehler geschaffenen ihm günstigen Rechtsposition Gebrauch machen wird (vgl.
BGH NJW 1995, 2039, 2041; Zubehör, a.a.O., Randnummer 1236, zum Beispiel für den
Fall eines den Mandanten ungünstigen Vergleichsabschlusses). Ähnlich liegt der Fall
hier. Da die T-Bank die Verzichtserklärung als Voraussetzung für die Übernahme der
selbstschuldnerische Bürgschaft gefordert hatte, bevor sie die Bürgschaft übernahm,
war davon auszugehen, dass sie von der erhaltenen Verzichtserklärung auch Gebrauch
machen wird und nicht etwa nach Inanspruchnahme der Bürgschaft die erhaltene
Sicherheit herausgeben werde. Dadurch hatte sich die Vermögenssituation des Klägers
spätestens mit dem Zugang seiner Verzichtserklärung vom 5.8.96 bei der T-Bank
verschlechtert. Da keine Besonderheiten vorgetragen sind, ist von einem Zugang der
Erklärung an 9./10.8.96 bei der T-Bank auszugehen. Die dreijährige Verjährungsfrist ab
Schadensentstehung war somit bei Einreichung der Klage am 28.12.99 abgelaufen.
36
2.
37
Der Lauf der Verjährungsfrist war auch nicht durch ein Stillhalteabkommen gehemmt.
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Ein verjährungshemmendes Stillhalteabkommen (§§ 202 Absatz 1, 205 BGB) setzt eine
rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, auf Grund derer der Schuldners berechtigt
sein soll, vorübergehend die Leistung zu verweigern und der Gläubiger sich seinerseits
der Möglichkeit begeben hat, seine Ansprüche jederzeit weiterzuverfolgen (vgl. BGH
NJW 2000, 2661, 2662). Auch wenn ein Stillhalteabkommen stillschweigend getroffen
werden kann, liegen hier die Voraussetzungen nicht vor.
39
Die Parteien hatten nicht etwa eine Verhandlungspause vereinbart oder das Abwarten
der weiteren Schadensentwicklung (vgl. insoweit BGH NJW 1986, 1337, 1338; Zugehör,
a.a.O. Randnummer 1308 mit weiteren Nachweisen). Die Rechtsanwälte C hatte im
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Auftrage des Klägers mit Schreiben vom 12.5.99 lediglich darum gebeten, auf die
Einrede der Verjährung zunächst bis zum 30.10.99 im Hinblick auf die in den ersten
Augusttagen 1999 ablaufende Verjährungsfrist zu verzichten (Blatt 276). Nachdem sie
im Schreiben vom 11.6.99 (Blatt 351) die Beantwortung ihres Schreibens vom 12.5.99
angemahnt hatten, erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 23.6.99 (Blatt 352), ohne
Abstimmung mit seiner Haftpflichtversicherung werde er keine Erklärungen abgeben
und wies den Anspruch mit sachlicher Begründung zurück. Dass er dabei mitgeteilt
hatte, die Haftpflichtversicherung stelle anheim, die aufgeworfenen sachlichen Fragen
zu klären, um in eine weitere Prüfung einsteigen zu können, begründete keine
verbindliche Vereinbarung über ein Stillhalteabkommen dar.
Im Schreiben des Beklagten vom 23.6.99 kommt auch nicht die für ein
Stillhalteabkommen zumindest notwendige einseitige Erwartung des Beklagten zum
Ausdruck, stillschweigend werde der Kläger bereit sein, auf eine gerichtliche
Auseinandersetzung zunächst zu verzichten. Der Beklagte hätte sich gegenüber einer
etwaigen Klageerhebung nicht darauf berufen können, dass noch vorgerichtliche
Verhandlungen schwebten. Durch das Schreiben vom 23.6.99 wurde lediglich die
Möglichkeit von vorgerichtlichen Verhandlungen seitens des Beklagten signalisiert.
Verhandlungen selbst waren damit noch nicht in Gang gekommen, sondern hingen von
der weiteren Reaktionen der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers ab. Nach der
Rechtsprechung sind aber nicht einmal Verhandlungen geeignet, den Lauf der
Verjährungsfrist zu unterbrechen, da im Rahmen der Verjährung gemäß § 51 b BRAO
die Bestimmung des § 852 Absatz 2 BGB (a.F.) nicht anzuwenden ist, da es hier um
einen rein vertraglichen Anspruch handelt (vgl. BGH NJW 1990, 326, 327).
41
II.
42
Dem Beklagten ist es nicht wegen einer sog. sekundären Pflichtverletzung verwehrt,
sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen.
43
Eine Sekundärpflichtverletzung ist zu bejahen, wenn der Rechtsanwalt gegen seine
Verpflichtung, im Rahmen des Vertragsverhältnisses bei fortbestehendem Mandat
verstoßen hat, auf die Regreßansprüche gegen sich selbst und deren drohende
Verjährung gemäß § 51 b BRAO hinzuweisen (vgl. BGHZ 94, 380, 386; NJW 1985,
2250, 2252 f). Voraussetzung ist aber, dass der Anwalt vor Eintritt der Primärverjährung
begründeten Anlaß hatte, zu prüfen, ob er durch eine Pflichtverletzung den Kläger
geschädigt hatte (BGH NJW 2000, 1263, 1264 f). Diesen Anlass hatte der Beklagte wohl
auf Grund des Schreibens der T-Bank vom 17.3.97, mit dem diese seine Bitte um
Verzicht auf das Vermieterpfandrecht zurückgewiesen und sich auf die
Verzichtserklärung des Klägers vom 5.8.96 berufen hat. Die Belehrungspflicht über die
Primärverjährung entfällt aber, wenn der Mandant von anderen Rechtsanwälten zum
Zwecke der Prüfung des Regreßanspruches beraten wird (BGH NJW 2001, 826, 828
und 3543, 3544).
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Hier war die Pflicht des Beklagten zur Belehrung über die Verjährung des
Schadensersatzanspruches gegen ihn vor dem Ablauf der Primärverjährung entfallen
war, weil die Rechtsanwälte C während der bis zum 9./10.8.99 laufenden
Primärverjährung rechtzeitig (BGH NJW 2001, 3543, 3544) mit der Prüfung des
Regressanspruch beauftragt waren. Diese hatten sich mit Schreiben vom 12.5.99 (Blatt
273) an den Beklagten gewandt und die Regressforderung angemeldet. Somit entfiel
die Belehrungsbedürftigkeit des Klägers über den Lauf der Primärverjährung vor deren
45
Beendigung.
III.
46
Dem Beklagten ist es auch nicht aus anderen Gründen verwehrt, sich auf den Ablauf der
Verjährung des Regressanspruches zu berufen.
47
1.
48
Der Beklagte hat nicht im Schreiben vom 17.8.99 wirksam auf die Einrede der
Verjährung verzichtet.
49
a)
50
Die Erklärung des Beklagten im Schreiben vom 17.8.99 (Blatt 355), auf die Einrede der
Verjährung werde bis zum 31.12.99 verzichtet, so weit nicht schon Verjährung
eingetreten ist, steht der Berufung des Beklagten auf den Eintritt der Verjährung nicht
entgegen, da diese Erklärung mehr als einer Woche nach Eintritt der Verjährung
abgegeben wurde. Eine Erklärung des Schuldners, mit der er eine vermeintlich noch
laufende Verjährungsfrist für bestimmte Zeit verlängern will, ist aber wirkungslos, wenn
die Verjährung in Wirklichkeit bereits eingetreten war (vgl. BGHZ 83, 382, 390 f = BGH
NJW 1982, 1814, 1816 ; NJW 1996, 661 ff = WM 1996, 540, 542; Zugehör, Handbuch
der Anwaltshaftung, Anm. 1329 mit weiteren Nachweisen).
51
b)
52
Das Schreiben des Beklagten vom 17.8.99 enthält auch keinen grundsätzlich gemäß §
225 BGB zulässigen Verzicht auf die Verjährungseinrede nach deren Ablauf. Der
Beklagte hat im diesen Schreiben entsprechend dem Ansinnen der Rechtsanwälte C
auf die Einrede der Verjährung ausdrücklich nur unter der Bedingung verzichtet, dass
die Verjährung noch nicht abgelaufen war. Somit ist die Erklärung des Beklagten
wirkungslos geblieben (vgl. BGHZ 83, 382, 390 f = BGH NJW 1982, 1814, 1816 ; NJW
1996, 661 ff = WM 1996, 540, 542; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Anm. 1329
mit weiteren Nachweisen). Soweit Rechtsanwalt C in seinem Schreiben vom 12.5.99
von einem Verjährungsablauf "in den ersten Augusttagen" gesprochen hatte, ist das für
die Auslegung des Verjährungsverzichts belanglos. Die vom Rechtsanwalt C selbst
vorgeschlagene und später auch akzeptierte Erklärung im Schreiben vom 16.8.99 nimmt
nicht Bezug auf das Schreiben vom 12.5.99 oder greift dies inhaltlich auf. Daher ist die
Erklärung "Soweit noch nicht Verjährung eingetreten ist" im Schreiben des Beklagten
vom 17.8.99 dahin auszulegen, der Verzicht gelte nur soweit nicht bei Abschluss des
Verzichtsvertrages (am 17./18.8.99) die Verjährung eingetreten war.
53
2.
54
Dem Beklagten ist es auch nicht aus Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Eintritt
der Verjährung zu berufen.
55
a)
56
Der Schuldner kann unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242
BGB) gehindert sein, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen, wenn er - sei es
57
auch nur unabsichtlich - den Gläubiger von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten
oder ihn nach objektiven Maßstäben zur Annahme veranlasst hat, der Anspruch werde
auch ohne Rechtsstreit erfüllt oder nur mit Einwendungen in der Sache bekämpft.
Wegen des Zwecks der Verjährungsregelung des § 51 b BRAO sind an den Einwand
der unzulässigen Rechtsausübung aber strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH
NJW 2001, 3543, 3545), so dass dieser einen groben Verstoß gegen Treu und Glauben
voraussetzt (vgl. Zugehör, a.a.O., Randnummer 1331; Palandt- Heinrichs, BGB, 61.
Auflage, Anm. 10 Überbl. § 194 BGB, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Ein solches Verhalten hat der Beklagte nicht gezeigt. Auf die Bitte der Rechtsanwälte C
im Schreiben vom 12.5.99 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, reagierte er erst
auf Grund derer weiterer Aufforderung vom 11.6.99 (Blatt 351) durch seinen Schreiben
vom 23.6.99. Indem er darin sachliche Einwendungen seiner Haftpflichtversicherung
mitgeteilt und in Aussicht gestellt hatte, nach deren Klärung eine weitere Prüfung
vorzunehmen, erweckte er nach objektiven Maßstäben nicht den Eindruck, der
Anspruch werde lediglich mit Einwendungen in der Sache bekämpft. Er hielt den Kläger
auch nicht von der Klageerhebung ab. Der Kläger mußte dem Hinweis des Beklagten im
Schreiben vom 23.6.99, er wolle ohne Abstimmung mit seiner Haftpflichtversicherung
keine über den Inhalt des Schreibens hinausgehenden Erklärungen abgeben,
entnehmen, dass der Beklagte seinem Schreiben keinesfalls eine über den Wortlaut
hinausgehende Bedeutung beimessen wollte. Insbesondere das Schweigen des
Beklagten auf die Bitte, den Verjährungsverzicht bis zum 31.12.99 zu erklären,
begründete kein berechtigtes Vertrauen des Klägers, der Beklagten werde sich auch
nach Ablauf der Verjährungsfrist in der Sache mit dem Regressanspruch
auseinandersetzen. Schweigen alleine begründet keinen Vertrauenstatbestand (vgl.
BGH NJW 1988, 2247; OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 836). Dass der Kläger das
Schreiben des Beklagten vom 23.6.99 insoweit nicht missverstanden hatte, zeigt sein
Schreiben vom 16.8.99, mit dem er den Beklagten - nach Ablauf der Verjährung -
aufgefordert hatte, bis zum 18.8.99 auf die Verjährungseinrede mit der Einschränkung
zu verzichten, "so weit noch nicht eingetreten".
58
b)
59
Selbst dann, wenn durch das Schreiben des Beklagten vom 23.6.99 (Blatt 352) ein
Vertrauenstatbestand dahin geschaffen worden wäre, dass zunächst im Rahmen einer
Auseinandersetzung in der Sache eine Klärung herbeigeführt werden soll, wäre es dem
Beklagten nicht verwehrt, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen. Der Kläger hat
seinen Anspruch nämlich nicht innerhalb einer angemessenen, nach Treu und Glauben
zu bestimmenden Frist nach dem Schreiben vom 23.6.99 weiterverfolgt. Das wäre aber
erforderlich gewesen, da er durch einen vom Beklagten zu vertretenden
Vertrauenstatbestand nur so lange geschützt gewesen wäre, bis eine angemessene
Frist zur Beantwortung der an ihn gestellten Fragen der Haftpflichtversicherung des
Beklagten in dessen Schreiben vom 23.6.99 abgelaufen war. Der Vertrauensschutz ist
nur so lange gerechtfertigt, wie die den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung
begründenden Umstände andauern (vgl. BGH NJW 1998, 902, 903; NJW 1991, 974,
975). Es obliegt dem Gläubiger, nach Wegfall des Umstandes, aus dem er die
unzulässige Rechtsausübung herleitet, die Verjährung innerhalb einer angemessenen
Frist von in der Regel von vier Wochen zu unterbrechen (vgl. Palandt- Heinrichs, a.a.O.,
Anm. 15 Überbl. 194 mit weiteren Nachweisen; vgl. auch BGH NJW 2000, 2661, 2663).
60
Auf das Schreiben des Beklagten vom 23.6.99 hätte Rechtsanwalt C nach der Rückkehr
61
aus seinem am 25.6.99 angetretenen Jahresurlaub - siehe Ankündigung im Schreiben
vom 11.6.99 - zuzüglich einer üblichen Bearbeitungsfrist reagieren und die darin
gestellten sachlichen Fragen beantworten müssen. Damit hätte er innerhalb der bis zum
9./10.8.99 laufenden Verjährungsfrist hinreichend Zeit gehabt,
verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen, wie zum Beispiel den Beklagten
abschließend zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung aufzufordern oder bei
Erfolglosigkeit die Klage zu erheben. Stattdessen ist Rechtsanwalt C aus nicht
nachvollziehbaren Gründen erst mit Schreiben vom 16.8.99 (Blatt 383) sieben Wochen
nach seinem Urlaubsantritt auf die Angelegenheit zurückkommen, ohne dass er jedoch
auf die im Schreiben des Beklagten vom 23.6.99 aufgeworfenen Sachfragen
eingegangen wäre. Weshalb der Beklagte den Kläger durch Schaffung eines
Vertrauenstatbestandes bei diesem Ablauf von der rechtzeitigen gerichtlichen
Geltendmachung abgehalten haben sollte, ist nicht nachvollziehbar. Es oblag allein
dem Kläger als Gläubiger, die Verjährung zu unterbrechen (vgl. Palandt- Heinrichs,
a.a.O., Anm. 15 vor 194 mit weiteren Nachweisen; vgl. auch BGH NJW 2000, 2661,
2663).
IV.
62
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Absatz 1 , 91 Absatz 1 ZPO.
63
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO.
64
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 546 ZPO n.F. liegen nicht
vor.
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