Urteil des OLG Hamm vom 09.12.1999

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Oberlandesgericht Hamm, 15 W 239/99
Datum:
09.12.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 239/99
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 7 T 372/99
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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I.
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Der Beteiligte ist seit dem 25.01.1997 ehrenamtlicher Betreuer der betroffenen Frau T.
Mit Schreiben vom 21.02.1999 beantragte er für den Zeitraum 06.02.1998 bis
05.02.1999 eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 600,-- DM.
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Hierzu nahm der zu 2) beteiligte Bezirksrevisor unter dem 09.03.1999 Stellung, in der er
die Auffassung vertrat, die pauschale Aufwandsentschädigung sei zu quoteln, weil eine
Pauschale von 600,-- DM erst für Zeiträume ab dem 01.01.1999 festgesetzt werden
könnte.
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Mit Beschluss vom 17.03.1999 (berichtigt am 22.04.1999) hat das Amtsgericht -
Rechtspflegerin- die Aufwandsentschädigung für den Zeitraum 25.01.1998 bis
25.01.1999 auf 600,-- DM festgesetzt. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, es
entspreche dem Wesen der Pauschale, den am Ende des Abrechnungsjahres
maßgebenden Betrag, der derzeit 600,-- DM betrage, anzusetzen. Wegen der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat es die sofortige Beschwerde
zugelassen.
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Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 2) rechtzeitig sofortige Beschwerde
eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 23.06.1999
zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Hiergegen richtet sich die
rechtzeitig eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2).
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II.
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Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge der Zulassung durch das Landgericht nach
§ 56g Abs. 5 FGG statthaft und auch sonst nach den §§ 27, 29 FGG zulässig.
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Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts einer
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rechtlichen Überprüfung standhält, § 27 FGG.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
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Den Regelungen in § 1835 a BGB lasse sich nach Auffassung der Kammer entnehmen,
dass der Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale erst nach Ablauf des jeweiligen
Abrechnungszeitraums und nicht sukzessive im Verlaufe des Abrechnungsjahres
entstehe und erst nach Ablauf des Jahres fällig werde. Dies folge eindeutig aus einer
Zusammenschau der Regelungen in Abs. 2 und 4 der Vorschrift. Nach Abs. 2 sei die
Pauschale jährlich, erstmals ein Jahr nach Bestellung des Vormunds zu zahlen. Nach
Abs. 4 habe der Vormund zur Geltendmachung dieser Pauschale eine Frist bis 3
Monate nach Jahreswechsel für einen Anspruch, der im Laufe des Vorjahres dadurch
entstanden sei, dass ein einjähriger Tätigkeitszeitraum nach Abs. 2 ablaufe. Es handele
sich somit um eine Vorschrift, die auch für das Entstehen des Anspruch an einen
bestimmten Stichtag, nämlich den Ablauf des Abrechnungszeitraums anknüpfe. Wenn
der Anspruch auf Zahlung der Pauschale aber erst mit Ablauf des jeweiligen
Tätigkeitszeitraums entstehen könne, so habe dies zur Folge, dass für Grund und Höhe
des Anspruchs diejenige Regelung anzuwenden sei, die zu diesem Zeitpunkt Gültigkeit
habe. Denn auf einen Anspruch, der an einem bestimmten Tag - Stichtag- entstehe,
könne (ohne entsprechende Übergangsregelung) keine Regelung Anwendung finden,
die an diesem Tag keine Gültigkeit mehr oder noch keine Gültigkeit habe.
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2) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
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Nach § 1835a BGB in der Fassung durch das am 01.01.1999 in Kraft getretene
Betreuungsrechtsänderungsgesetz (BtÄndG) vom 25.06.1998 (BGBl. I, 1580) in
Verbindung mit § 1908i BGB kann der Betreuer, der nicht Berufsbetreuer ist, zur
Abgeltung seines Anspruchs auf Aufwendungsersatz eine pauschale
Aufwandsentschädigung erhalten. Deren Höhe beträgt mit Wirkung zum 01.01.1999 für
ein Jahr das Vierundzwanzigste dessen, was einem Zeugen als Höchstbetrag der
Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit gewährt werden kann. Die dem
Betreuer zu erstattende Pauschale betrug bis zum 31.12.1998 gemäß § 1836a BGB a.F.
nur das Fünfzehnte dessen, was einem Zeugen als Höchstbetrag der Entschädigung für
eine Stunde versäumter Arbeitszeit gewährt werden kann, und erfasste nur
Kleinstbeträge unter 5,00 DM. Der Stundensatz der Vergütung eines Zeugen lag sowohl
im Jahr 1998 als auch im Jahr 1999 gemäß § 2 ZSEG bei 25,00 DM, so dass sich die
Pauschale von 375,00 DM auf 600,00 DM erhöht hat. Nach § 1835a Abs.2 BGB (n.F.),
der dem § 1836a Satz 2 BGB a.F. entspricht, ist die pauschale Aufwandsentschädigung
jährlich zu zahlen, und zwar erstmals ein Jahr nach Bestellung des Betreuers. Es wird
also bei der Zahlungsweise der Pauschale nicht an das Kalenderjahr angeknüpft. Der
gesetzgeberische Grund hierfür bestand darin, es zu vermeiden, dass das
Vormundschaftsgericht jeweils zum Jahreswechsel mit einer Vielzahl von
Abrechnungen befasst wird (vgl. BT-Drucksache 11/4528, Seite 112).
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Da sich vorliegend das Abrechnungsjahr teilweise (hier sogar zum weitaus
überwiegenden Teil) auf einen Zeitraum erstreckt, in dem die Gesetzesänderung durch
das BtÄndG noch nicht in Kraft getreten war, stellt sich die Frage, wie für 1998
abzurechnen ist. Das BtÄndG enthält keine Übergangsvorschrift, auch nicht das ZSEG.
§ 18 ZSEG ist nicht anwendbar, weil sich diese Regelung nur auf Sachverständige und
Dolmetscher bezieht, nicht aber auf Zeugen, an deren Entschädigung § 1835a BGB
anknüpft (vgl. Bach BtPrax 1995, 8 [12]).
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Nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung ist eine Quotelung
nach Zeiträumen, die im Jahr 1998 einerseits und im Jahr 1999 andererseits liegen, auf
der Grundlage des jeweils geltenden Rechts, vorzunehmen (LG München I BtPrax 1999,
205 [206]; Zimmermann, Betreuungsrecht, 4. Auflage, 1999, S. 46 und FamRZ 1999,
630 [631]). Nach anderer Meinung (BayObLG Rpfleger 1999, 538; LG Passau BtPrax
1999, 159; HK-BUR-Bauer/Deinert, 15. Erg.-Lfg., § 1835a Rn.37; Gregersen/Deinert
"Die Vergütung des Betreuers", 1999, 67), der das Landgericht in dem angefochtenen
Beschluss mit der oben wiedergegebenen Begründung gefolgt ist (BtPrax 1999, 206),
erhält der Betreuer 600,00 DM, wenn auch nur ein Teil des Abrechnungszeitraums in
das Jahr 1999 fällt.
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Die zuletzt genannte Auffassung hält der Senat für zutreffend. Zutreffend hat das
Landgericht entscheidend darauf abgestellt, zu welcher Zeit der Tatbestand, auf den
sich der Anspruch auf die Aufwendungsersatzpauschale bezieht, verwirklicht wurde.
Hierzu hat das BayObLG überzeugend ausgeführt (Rpfleger a.a.O. mit weiteren
Nachweisen), dass das alte Recht nur dann maßgebend ist, wenn sich der
Entstehungstatbestand des Anspruchs "unter der Herrschaft der alten Rechtsordnung
vollständig erfüllt hat", und dass andererseits das neue Recht maßgebend ist, wenn
nicht sämtliche zur Entstehung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen vor Inkrafttreten
des neuen Gesetzes eingetreten sind. Da der Anspruch auf Aufwandsentschädigung
erst mit Ablauf eines einjährigen Tätigkeitszeitraums entsteht, und im vorliegenden Fall
dieses Jahr erst im Januar 1999 abgelaufen ist, ist für den Anspruch das seit dem
01.01.1999 in Kraft getretene Recht maßgebend.
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Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Auslagen nach § 13a Abs.1 FGG ist
nicht veranlasst.
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