Urteil des OLG Hamm vom 17.09.1991

OLG Hamm (vertrag, vertretungsmacht, genehmigung, kirchenvorstand, formvorschrift, vertretung, widerklage, antrag, vertreter, kenntnis)

Oberlandesgericht Hamm, 7 U 74/91
Datum:
17.09.1991
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 U 74/91
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 2 O 659/90
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. Januar 1991 verkündete
Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Klägerin um 16.675,00 DM.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
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Die Berufung ist unbegründet.
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Der geltend gemachte Mietzinsanspruch für die Überlassung des Kopiergerätes steht
der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil zwischen den Parteien kein wirksames
Mietverhältnis zustande gekommen ist. Der xxx-Vertrag vom 26.04.1989 entspricht nicht
den Voraussetzungen des § 14 S. 2 des Gesetzes über die Verwaltung des
katholischen Kirchenvermögens (Kirchenvermögensgesetz) vom 24. Juli 1924 (Pr.GS S.
585), weil er unstreitig nur von Herrn xxx als Vorsitzendem des Kirchenvorstands und
einem weiteren Mitglied unterzeichnet worden ist. Nach § 14 S. 2
Kirchenvermögensgesetz verpflichten die Willenserklärungen des Kirchenvorstands die
Gemeinde und die vertretenen Vermögensmassen nur dann, wenn sie der Vorsitzende
oder sein Stellvertreter und zwei Mitglieder schriftlich unter Beidrückung des
Amtssiegels abgeben. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob es sich bei § 14
Kirchenvermögensgesetz um eine Formvorschrift (so OLG Hamm Kirche, 3, 412, 417;
LG Osnabrück NJW 1985, 388 f.) oder um eine Vertretungs- und Zuständigkeitsregelung
(so Palandt/Heinrichs, 50. Aufl. 1991, § 125 Anm. 1 c) handelt. Stellt § 14
Kirchenvermögensgesetz eine Formvorschrift dar, so ist der zwischen den Parteien
geschlossene Vertrag nach § 125 BGB nichtig. Handelt es sich hingegen um eine
Regelung der Vertretungsmacht des Kirchenvorstands, dann ist die Beklagte durch
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Herrn xxx nicht wirksam vertreten worden, weil der Vertrag nur von ihm und einem, und
nicht, wie es § 14 des Kirchenvermögensgesetzes voraussetzt, von zwei Mitgliedern
unterzeichnet worden ist. Handeln Organe einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft
außerhalb der Grenzen ihrer Vertretungsmacht, so finden die §§ 177 ff. BGB
Anwendung (vgl. Palandt/Heinrichs, § 178 Anm. 1 a) . Mangels ordnungsgemäßer
Vertretung wäre dann der xxx-Vertrag nach § 177 Abs. 1 BGB zunächst schwebend
unwirksam und nach Versagung der Genehmigung, die spätestens in der Weigerung,
den Vertrag zu erfüllen, liegt, endgültig unwirksam geworden. Dem Landgericht ist nicht
darin zu folgen, daß in der Zahlung des Mietzinses für das Kopiergerät für einige Monate
eine schlüssige Genehmigung des schwebend unwirksamen Vertrags erblickt werden
kann. Zuständig für die Genehmigung eines ohne hinreichende Vertretungsmacht
abgeschlossenen Vertrags wäre nach § 1 des Kirchenvermögensgesetzes der zur
Vertretung der Kirchengemeinde berufene Kirchenvorstand gewesen. Der
Kirchenvorstand selbst hat aber, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, weder die
Überweisung des Mietzinses veranlaßt noch von der Benutzung des Kopiergeräts
Kenntnis erlangt.
Da der von dem Vertreter der Klägerin und Herrn xxx unterzeichnete Vertrag nach § 125
BGB oder §§ 177 Abs. 1, 182 Abs. 1 BGB unwirksam ist, ist auch der Antrag der
Klägerin, festzustellen, daß der zwischen den Parteien geschlossene xxx-Vertrag auf
eine Gesamtlaufzeit von 72 Monaten angelegt ist, unbegründet.
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Die Widerklage, mit der die Beklagte die Feststellung begehrt, daß die Klägerin sich mit
der Rücknahme des Kopiergeräts in Annahmeverzug befindet, ist hingegen begründet.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die Beklagte die Klägerin mehrfach
aufgefordert hat, das Kopiergerät abzuholen, zuletzt mit Schreiben vom 5. Juni 1990. Da
die Beklagte wegen der Nichtigkeit des Mietvertrags das Gerät nach §§ 985, 812 Abs. 1
BGB nur herauszugeben hat, genügt nach § 295 BGB ein wörtliches Angebot der
Beklagten, um die Klägerin nach § 293 BGB in Annahmeverzug zu setzen.
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Die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
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