Urteil des OLG Hamm vom 01.03.2007
OLG Hamm: einstweilige verfügung, negative feststellungsklage, markierung, spamming, suchmaschine, schutzwürdiges interesse, kennzeichnung, wettbewerbsverhältnis, internetadresse, website
Oberlandesgericht Hamm, 4 U 142/06
Datum:
01.03.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 U 142/06
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 5 O 503/04
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28. Juni 2006 verkündete
Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte keinen Unterlassungsanspruch
gegenüber dem Kläger hat, dass dieser in seiner Software die vorab rot
markierte Bezeichnung *internetadresse* führt und dies öffentlich für
Internet-Nutzer durch das mögliche Herunterladen zugänglich macht.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des
Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
G r ü n d e :
1
A.
2
Der Kläger, der eine Filtersoftware für Google-Recherchen ("H") vertreibt, begehrt mit
einer negativen Feststellungsklage die Feststellung, dass dem Beklagten, der die
Domain *internetadresse* betreibt, kein Unterlassungsanspruch zusteht im Hinblick auf
eine Kennzeichnung seiner Domain als Spam.
3
Die vom Kläger vertriebene Filtersoftware, die etwa auch im Dezember 2004 durch die
Zeitschrift D auf 1.000.000 Beilage-CDs veröffentlich worden ist, steht im Internet zum
kostenlosen Download bereit. Sie zeigt den Nutzern der Software als "Spam"
gekennzeichnete Seiten bei der Google-Suche rot unterlegt an. Die Markierung ist nur
für die Nutzer dieser Software sichtbar. Eine rot markierte Seite kann weiterhin
4
für die Nutzer dieser Software sichtbar. Eine rot markierte Seite kann weiterhin
angeklickt und somit aufgerufen werden. Die Markierung als "Spam" erfolgt, wenn eine
Mindestzahl von in der Regel 5 Nutzern diese Seite als Spam bewertet haben und eine
weitere Prüfung durch den Kläger – wobei die von den Nutzern so bewertete Seite vom
Server eingelesen und analysiert wird – Hinweise hierauf ergibt, z.B. dass der Quelltext
der Seite speziell zur Optimierung des Suchmaschinenrankings "optimiert" wurde. Auf
seiner Homepage beschreibt der Kläger das von ihm entwickelte und vertriebene
Filterprogramm als ein solches, das die google-Suchergebnisse von Spam- und
Müllseiten befreie; dabei würde festgestellt, dass es sich um Seiten handele, die nur
durch eine Manipulation von google gelistet würden.
Unter der Internetdomain *internetadresse* werden Reisen angeboten. Das von anderen
Anbietern durchgeführte Webangebot wird nach dem dortigen Impressum durch den
Beklagten "technisch" betreut".
5
Bei der Installation der vom Kläger vertriebenen Software und Eingabe einschlägiger
Suchwörter wird die Homepage des Beklagten als Spam rot hervorgehoben markiert.
6
Durch eine anwaltliche Abmahnung vom 22.10.2004 forderte der Beklagte den Kläger
auf, es zu unterlassen, seine Domain mit der von diesem vorgehaltenen Datenbank als
"Spam" zu markieren und dies öffentlich zu machen, weil dies eine zu missbilligende
Schmähkritik und eine unzulässige Produktkritik darstelle. Der Kläger verweigerte die
geforderte Unterlassungserklärung und reagierte hierauf mit einer anwaltlichen
Gegenabmahnung vom 26.10.2004, mit der er geltend machte, dass den Nutzern das
Recht zustehe, sich die von ihnen als Spam bewerteten Seiten sichtbar zu machen, und
dass die Internetseite des Beklagten wegen der Verwendung von "Doorway-Seiten" und
wegen "Suchmaschinen-Spamming" gegen die Richtlinien von Google verstoße.
7
Darauf hat der Kläger mit Schriftsatz vom 08.11.2004 die vorliegende, dem Beklagten
am 01.12.2004 zugestellte Klage erhoben.
8
Der Beklagte seinerseits erwirkte gegen den Kläger auf einen Antrag vom 30.11.2004
eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 14.12.2004 mit dem Verbot,
die von ihm betriebene Domain *internetadresse* bei dem Aufruf der
Internetsuchmaschine Google durch rötliche Einfärbung oder in sonstiger Weise
besonders als "Spam" zu kennzeichnen. Die einstweilige Verfügung wurde vom
Landgericht Berlin gemäß Urteil vom 22.11.2005 (aus dem Grunde, dass der
Widerspruch wegen Verzichts hierauf unzulässig sei) im Widerspruchsverfahren
bestätigt. Die Sache liegt nunmehr nach Berufungseinlegung beim Kammergericht in
Berlin, das das Verfahren bis zur Erledigung der vorliegenden Sache ausgesetzt hat.
9
Der Kläger hat behauptet, die Markierungen erfolgten allein aufgrund der Meinung der
Nutzer. Er verhindere lediglich durch eine Kontrolle den Umstand, dass ein Missbrauch
durch die Nutzer oder durch Mitbewerber erfolgen könne. Eine solche Kontrolle habe
keinen Einfluss auf die diesbezügliche Meinungsäußerung und Darstellung der Nutzer.
Der Beklagte betreibe ein sog. Suchmaschinen-Spamming und erschleiche sich durch
die Verwendung sog. Cloaking- und Doorway-Techniken obere Einträge in den Google-
Suchlisten. Bei der Einordnung als Spam handele es sich – so seine Auffassung – nicht
um Tatsachenbehauptungen, sondern lediglich um Meinungsäußerungen der Nutzer
seiner Software, die sich mit seinen Nutzungsbedingungen einverstanden erklärt hätten.
Außerdem sei der Beklagte als Inhaber einer Domain kein unmittelbarer Mitbewerber. Er
stehe mit ihm als Software-Anbieter in keinem direkten Wettbewerbsverhältnis.
10
Der Kläger hat beantragt,
11
festzustellen, dass der Beklagte keinen Unterlassungsanspruch gegenüber dem
Kläger hat, dass dieser in seiner Software die vorab durch den Nutzer rot
markierte Bezeichnung *internetadresse* führt und dies öffentlich für Internet-
Nutzer durch das mögliche Herunterladen zugänglich macht.
12
Der Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.
13
Er hat gemeint, dass er gegenüber dem Kläger nach §§ 3, 4 Nr. 8, 8 III Nr. 1 UWG einen
entsprechenden Unterlassungsanspruch habe. Die Kennzeichnung und Benennung
seiner Homepage als spamverdächtig stelle die Verbreitung einer unwahren Tatsache
dar. Bei der von ihm angebotenen Website handele sich um eine seriöse Seite, die mit
Spam nichts zu tun habe. Eine rote Unterlegung zur Kennzeichnung seiner Seite als
Spam sei nicht gerechtfertigt. Ein Erschleichen der Eintragung bei Google u.a. durch
eine vom Kläger behauptete unzulässige Verwendung von Doorway-Seiten liege nicht
vor. Die von ihm – insoweit unstreitig – konkret genutzten Doorway-Seiten würden vom
Begriff des Spam nicht erfasst. Eine missbräuchliche Verwendung von Doorway-Pages
liege nicht vor. Die hohe Anzahl, so behauptet der Beklagte, ergebe sich allein aus
seinem Leistungsangebot. Unzulässige Keywordlisten würden nicht verwendet.
14
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die negative Feststellungsklage des
Klägers sei unbegründet, da dem Beklagten gegen diesen ein Anspruch auf
Unterlassung aus § 8 UWG i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 8 UWG zustehe. Bei der vom Kläger mit
seiner Software vorgenommenen Markierung der Internetseite des Beklagten handele
es sich um einen unzulässigen Eingriff in das Wettbewerbsverhältnis der Parteien.
15
Der Beklagte stünde als Inhaber einer Internetdomain in einem konkreten
Wettbewerbsverhältnis zu dem Kläger als Entwickler und Vertreiber von Software, die
bestimmte Websites als Spam herausfiltere und kennzeichne, wodurch er unmittelbar in
die Wettbewerbssituation des Beklagten eingreife. Eine zu erwartende verringerte
Anzahl von Besuchern, die die Seite aufgrund der Kennzeichnung als Spam dann nur
noch besuchen würden, beeinträchtige sowohl die Provisionsinteressen des Beklagten
als auch dessen Interessen an der Erzielung von Werbeeinnahmen.
16
Der Kläger verbreite mit der Markierung der Website des Beklagten unwahre
Tatsachenbehauptungen. Durch die rote Unterlegung werde die einer
Wahrheitskontrolle zugängliche Behauptung aufgestellt, bei der Internet-Domain
*internetadresse* des Beklagten handele es sich um Spam. Die Kammer teile nicht die
Ansicht des Klägers, dass es sich bei der Kennzeichnung der Website als Spam
lediglich um Werturteile seitens eines abgegrenzten Kreises der Nutzer seiner Software
handele. Denn nach den Ausführungen des Klägers seien die Angaben der Nutzer
seiner Software allein nicht relevant. Bevor der Nutzer eine "Wertung" anderer Nutzer
dergestalt erhalte, dass eine angezeigte Website als Spam einzustufen sei, werde
diese, was entscheidend sei, vom Kläger anhand objektiver Kriterien überprüft. Soweit
der Kläger sich darauf berufe, dass die rote Unterlegung nur einem abgegrenzten
Nutzerkreis zugänglich sei, der sich mit seinen Nutzungsbedingungen einverstanden
erklärt habe, greife dieser Einwand nicht. Denn auch in einem abgegrenzten Kreis von
Nutzern sei es möglich, unwahre Tatsachenbehauptungen aufzustellen. Die vom Kläger
aufgestellte (Tatsachen-) Behauptung, dass es sich bei der vom Beklagten
17
unterhaltenen Website um Spam handele, sei unzutreffend. Der insoweit darlegungs-
und beweispflichtige Kläger habe schon nicht hinreichend dargelegt, dass der Beklagte
sich obere Einträge auf den Google-Suchlisten durch Suchmaschinen-Spamming
erschlichen habe. Nach der übereinstimmend verwendeten Begriffsdefinition eines
Suchmaschinen-Spamming in der Internetenzyklopädie bei "Wikipedia" seien schon
nicht die Tatsachen gegeben, die diesen Begriff ausfüllen würden. Danach müsse zum
einen eine Manipulation der Internet-Suchmaschine durch die Verwendung von
gegebenenfalls unzulässigen Doorway-Pages vorliegen, zum anderen müsse diese
Manipulation zum Ergebnis haben, dass die angezeigten Webseiten keine für den
Surfer relevanten Informationen beinhalteten. Anhaltspunkte aber dafür, dass die
angezeigten Seiten nach den vom Kläger vorgelegten Screenshots keine nützlichen
Informationen enthielten, seien nicht ersichtlich. Die vom Kläger gerügte fehlende
Information aufgrund der Weiterleitung zur Seite *internetadresse* sei nicht
nachvollziehbar. Diese Seite enthielte durchaus nützliche Informationen und einen
Preisvergleich. Vor diesem Hintergrund komme es nicht mehr darauf an, ob der
Beklagte durch die unzulässige Nutzung von "Doorway-Pages" und unter Verstoß
gegen die Richtlinien bei Google sich einen oberen Eintrag auf der Google-Suchliste
manipulativ erschlichen habe.
Der Kläger verfolgt seinen Klageantrag mit der von ihm eingelegten Berufung weiter. Er
weist darauf hin, dass ein anderes grundsätzlich mögliches Einsatzgebiet der Software
im Bereich des Jugendschutzes zu sehen sei, da so z.B. jugendgefährdende oder auch
klassische Sexseiten aus Suchmaschinen herausgefiltert werden könnten. Er macht
geltend, dass seine Software einzig dazu diene, dass die Nutzer sich gegenseitig eine
Mitteilung übersenden könnten, dass eine Seite z.B. als Spamseite bei Google
anzusehen sei. Der Beklagte müsse auch die Bezeichnung als Spam dulden, da er
gegen die Google-Richtlinien verstoße. Selbst wenn die Seite nicht gegen das
Regelwerk verstoßen würde, könnte die Seite von den Teilnehmern im Rahmen der von
ihnen genutzten Software, also einer abgegrenzten Nutzergruppe so dargestellt und
bezeichnet werden, wie sie es für richtig hielten. Ein Nutzer der Software wisse, dass
eine solche Bezeichnung den Verdacht eines Spams äußere, es sei jedoch auch klar,
dass nur er dieses Ergebnis sehe. Der Beklagte habe die Nutzung von Doorway Pages
eingestanden. Insofern sei objektiv unstreitig, dass der Beklagte die Internetseite durch
die Technik der Doorway Pages so manipuliert habe, dass ein vorderes Ranking im
Bereich der Suchergebnislisten habe erzielt werden können. Genau dies werde von
Google als Spamseite angesehen. Das Landgericht habe den Sachverhalt nicht
ermittelt, tatsächlich nicht richtig erfasst und rechtlich falsch subsumiert und auch die
selbst herangezogene, von ihm, dem Kläger, nicht vorgelegte Wikipedia-Definition
falsch gelesen.
18
Die Vorgehensweise des Beklagten sei wegen Anrufung des nach § 937 I ZPO
unzuständigen Gerichts für den Erlass der einstweiligen Verfügung
rechtsmissbräuchlich, so dass auch der ursprüngliche Anspruch, also die materiell-
rechtliche Grundlage, weggefallen sei. Es bestehe zwischen den Parteien zudem kein
Wettbewerbsverhältnis, da seine Handlung auf die Kennzeichnung einer Internetseite
ziele, während der Beklagte lediglich Inhaber einer Domain sei.
19
Eine unwahre Tatsachenbehauptung liege insofern nicht vor, als es einer abgegrenzten
Benutzergruppe der Software überlassen bleiben müsse, wie sie Inhalte aus dem
Internet auf den angeschlossenen Rechnern darstellen möchte. Es handele sich dabei
um deren subjektive Meinungsäußerungen. Der Beklagte habe die Nutzung der
20
Doorway Pages, nämlich fast 100.000, zugestanden und dadurch die Internetseiten
seines nutzungsberechtigten Kunden unter Missachtung der Richtlinien von Google
manipulativ auf die ersten Plätze der Ergebnis- und Trefferlisten gebracht. Falsch sei
daher die Behauptung der Kammer, dass dies nicht nachgewiesen worden sei.
Außerdem habe er, der Kläger, in den zahlreichen Anlagen dargelegt, in welcher Art
und Weise und mit welchen Funktionalitäten, insbesondere den Doorway Pages, der
Beklagte die Seitenpositionierung bei den Suchergebnissen manipuliert habe.
Es sei unzulässig und fehlerhaft, die von einem unbekannten Dritten erstellte Be-
griffsdefinition des Suchmaschinenspammings aus der Internetplattform Wikipedia zu
subsumieren. Selbst wenn man von dieser Definition ausgehen würde, habe die
Kammer den Sachverhalt nicht richtig ermittelt, da man die Doorway Pages als die dort
angegebenen inhaltsleeren Seiten sehen müsse. Auch aus dieser Anwendung müsse
man zu dem Schluss kommen, dass tatsächlich das Suchmaschinenspamming, so wie
es durch die rote Markierung dargestellt werde, bestehe.
21
Allein die von den Nutzern vorgenommene subjektive Beurteilung, ob eine Internetseite
rot markiert werden solle, könne nicht von dem Betreiber einer so markierten Seite
angegriffen werden. Diese werde durch den Nutzer selbst bestimmt. Alle gängigen
Filtersoftwareanwendungen würden nach dem gleichen Prinzip arbeiten.
22
Der Kläger hat im Übrigen behauptet, Google habe zwischenzeitlich die Seite des
Beklagten gesperrt.
23
Der Kläger beantragt,
24
das angefochtene Urteil abzuändern und nach dem erstinstanzlich gestellten
Antrag zu entscheiden.
25
Der Beklagte beantragt,
26
die Berufung zurückzuweisen.
27
Er verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags. Es sei
zutreffend, dass die streitgegenständliche Kenntlichmachung eine
Tatsachenbehauptung darstelle, welche auch innerhalb abgrenzbarer
Personengruppen regelmäßig möglich sei. Überdies handele es sich, da die vom Kläger
zum Download bereitgestellte Software Gegenstand umfangreicher überregionaler
Berichterstattung gewesen sei, auch nicht um eine abgegrenzte Personengruppe. Eine
quantifizierbare Abgrenzung sei nicht möglich. Die Kennzeichnung erfolge auf jedem
Ausgabegerät aller Nutzer der streitgegenständlichen Software. Es werde ausdrücklich
bestritten, dass er, der Beklagte, gegen Google-Richtlinien verstoße und dass die von
ihm betriebene Homepage Spam bzw. spamverdächtig sei bzw. unter Zuhilfenahme
unredlicher Programmiertechniken erstellt oder programmiert worden sei. Die von ihm
verwandte Programmiertechnik sei unverdächtig und wirke eben nicht manipulativ auf
die Google-Ergebnisliste ein. Im Übrigen sei seine Internet-Seite auch von Google nicht
gesperrt worden. Allein aus der unstreitigen Verwendung sog. Doorway Pages ergebe
sich weder ein manipulatives, unrechtmäßiges Verhalten noch ein Spamverdacht.
28
Der Senat hat die Parteien persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der
Anhörungen sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
29
Berichterstattervermerk zum Senatstermin sowie die gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen. Die Akten 15 O 764/04 LG Berlin = 5 U 40/06 KG Berlin
lagen zu Informationszwecken vor und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
B.
30
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
31
Der Kläger kann die Feststellung verlangen, dass der Beklagte keinen wie im
Klageantrag konkretisierten Unterlassungsanspruch hat.
32
I.
33
Die – negative – Feststellungsklage ist zulässig, § 256 ZPO. Der Kläger hat ein
schutzwürdiges Interesse an der Feststellung, ob der gegen ihn gerichtete und ihn in
seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit beeinträchtigende Unterlassungsanspruch
besteht. Das Feststellungsinteresse ist auch nicht durch das nach Klageerhebung
eingeleitete Berliner Verfügungsverfahren, das sich gegen ihn richtet, weggefallen,
schon deshalb, weil der Kläger eine endgültige Klärung des Bestehens des aus seiner
Sicht nicht gerechtfertigten Unterlassungsanspruchs begehrt. Vielmehr können eine
Abmahnung sowie ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen eines
Unterlassungsbegehrens gerade erst das Rechtsschutzinteresse für eine negative
Feststellungsklage begründen (vgl. BGH NJW 1986, 1815; Zöller-Greger, 27. Aufl. 2007,
§ 256 Rn. 14 a).
34
Ebenso wenig liegt diesbezüglich eine anderweitige, frühere Rechtshängigkeit vor, die
zur Unzulässigkeit der Klage führen würde. Das Gesuch um Arrest oder einstweilige
Verfügung begründet nur eine Rechtshängigkeit für den Arrest- bzw.
Verfügungsanspruch als solchen, nicht demgegenüber für den Hauptsacheanspruch
des § 926 ZPO. Insoweit liegen zwei Streitgegenstände vor (Zöller-Greger, a.a.O., § 261
Rn. 2; und –Stöber, Vorbem. § 916 Rn. 5).
35
II.
36
Der Beklagte ist als Anspruchsteller klagebefugt nach § 8 III Ziff. 1 UWG. Die Parteien
sind Mitbewerber im Sinne von § 2 Ziff. 3 UWG. Als Mitbewerber ist in dieser Regelung
jeder Unternehmer definiert, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter
oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten
Wettbewerbsverhältnis steht. Nach der Werbeblocker-Entscheidung des BGH vom
24.06.2004 (NJW 2004, 3032 = GRUR 2004, 877) ist ein konkretes
Wettbewerbsverhältnis immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren
oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen
versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen
beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. An einem solchen
(klassischen) Wettbewerbsverhältnis aufgrund der eigentlichen beruflichen Tätigkeiten
der Parteien fehlt es hier ebenso wie in dem BGH-Fall. Der Kläger entwickelt und
vertreibt Computersoftware. Der Beklagte betreibt ein Internetportal. Die Waren bzw.
Dienstleistungen sind weder austauschbar noch wird unmittelbar der gleiche
Kundenkreis angesprochen. Im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen
Individualschutzes sind an das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses allerdings
37
keine hohen Anforderungen zu stellen. Es wird insbesondere keine Branchengleichheit
vorausgesetzt. Da es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung regelmäßig nur um die
konkret beanstandete Wettbewerbshandlung geht, genügt es, dass die Parteien durch
eine Handlung miteinander in Wettbewerb getreten sind, auch wenn ihre Unternehmen
im übrigen unterschiedlichen Branchen angehören (BGH a.a.O.). Das ist hier insofern
der Fall, als der Beklagte sich mit seinem Angebot ebenso wie der Kläger – wenn auch
mit abweichender, letztlich konträrer Zielrichtung – an Internetkonsumenten (wie im Fall
des BGH betr. Fernsehkonsumenten) wendet. Während der Beklagte mit seinem Portal
über eine Suchmaschinenrecherche möglichst viele Nutzer, nämlich Reiseinteressierte,
ansprechen möchten, wendet sich der Kläger mit dem von ihm vertriebenen
Suchmaschinenfilter an Nutzer, die spamverdächtige Seiten ausfiltern wollen, so dass
sich die Parteien an dieser Stelle direkt "ins Gehege" kommen, weil der Beklagte mittels
der beanstandeten Markierung "ausgefiltert" wird und dadurch auch seine
Geschäftsinteressen an der Erzielung von Provisionen und Werbeeinnahmen
beeinträchtigt werden können. Dies gilt gleichermaßen vor dem Hintergrund, dass der
Beklagte nur gewerblicher Domaininhaber ist, der mit dieser Domain selbst nicht die
beworbenen Reiseleistungen anbietet. Beide Seiten "ringen" mit unterschiedlichem
Anliegen um die vordersten Plätze bei den Suchergebnissen. Der Kläger versucht
vermeintlichen Spam dort mit seinem System auszusondern, jedenfalls zu
kennzeichnen, um diesen zu "stigmatisieren". Der Beklagte versucht umgekehrt, mit
Hilfe einer von den Parteien unterschiedlich bewerteten Suchmaschinen-Optimierung
die von ihm unterstützten Seiten nach vorne zu bringen.
III.
38
Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Beklagten gemäß § 8 IV UWG mit der Folge,
dass der Unterlassungsanspruch aus diesem Grunde scheitern würde, liegt – was
letztlich dahin stehen mag, da der Unterlassungsanspruch aus anderen materiellen
Gründen nicht besteht - nicht vor. Missbräuchlich in diesem Sinne handelt, wer sich bei
der Geltendmachung von Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen von
sachfremden Absichten leiten lässt, die als die eigentliche Triebfeder und als
beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGHZ 144, 165, 170 =
GRUR 2000, 1089, 1090; GRUR 2006, 243; Ohly/Piper, a.a.O., § 8 Rn. 183). Das ist hier
nicht der Fall. Soweit der Beklagte auf dem Standpunkt steht, dass die Einordnung der
Webseite durch die Software des Klägers unzutreffend ist, darf er zweifelsohne den
Kläger abmahnen. Er verfolgt damit keine sachfremden Ziele. Er will damit seine
Webseite gleichsam von dem Spammakel befreien und wieder "freigeschaltet" werden.
Rechtsmissbräuchlich war ebenso wenig die Beantragung der einstweiligen Verfügung
beim Landgericht Berlin. Nachdem der Kläger die ihm gesetzte Frist nicht im Sinne des
Beklagten genutzt hat, lag es für letzteren nahe, das einstweilige Verfügungsverfahren
in Gang zu setzen. Entsprechendes gilt unter dem Gesichtspunkt, dass der Beklagte als
dortiger Antragsteller das Landgericht Berlin für zuständig gehalten hat. Zudem ist nicht
feststellbar, dass die Anwälte des Beklagten, als sie den Verfügungsantrag stellten,
tatsächlich von der hiesigen negativen Feststellungsklage bereits Kenntnis hatten.
39
IV.
40
Es besteht kein Unterlassungsanspruch des Beklagten gegen den Kläger gemäß §§ 8 I,
3, 4 Nr. 8 UWG oder aus sonstigem Rechtsgrunde.
41
1.
42
Nach § 4 Nr. 8 UWG handelt unlauter, wer über Waren, Dienstleistungen oder das
Unternehmen eines Mitbewerbers Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet
sind, den Betrieb oder den Kredit des Unternehmens zu schädigen, sofern die
Tatsachen nicht erweislich wahr sind. Die Vorschrift dient in erster Linie dem
Individualinteresse Gewerbetreibender am Schutz ihres guten Geschäftsrufs (Goodwill;
vgl. Ohly/Piper, a.a.O., § 4 Rn. 8/1).
43
2.
44
Die Qualifizierung als Spam stellt zunächst das Behaupten oder Verbreiten einer
Tatsache dar. Die Abgrenzung zum Werturteil ist an dieser Stelle insofern von
weichenstellender Bedeutung, als nur Werturteile in vollem Umfang den Schutz der
Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG genießen (BVerfG WRP 2003, 69, 70; Piper/Ohly,
UWG, 4. Aufl. 2006, § 4 Rn. 8/12). Im Lauterkeitsfall erfasst die Nr. 8 des § 4 UWG
Tatsachenbehauptungen, die Nr. 7 hingegen Werturteile. Für die Qualifikation einer
Äußerung als Tatsachenbehauptung kommt es entscheidend darauf an, ob diese einer
Überprüfung auf ihre Richtigkeit nach den Kriterien von "richtig" oder "falsch" mit den
Mitteln des Beweises zugänglich ist (BGH GRUR 1997, 396, 398 – Polizeichef).
45
Hinsichtlich der von dem Kläger bewirkten Markierung suchmaschinen-manipulierter
Seiten geht es ohne Zweifel zumindest auch um überprüfbare Tatsachen und nicht um
eine bloß wertende Beurteilung der Software-Nutzer. Ausgangspunkt der
vorgenommenen Bewertung durch den Kläger mag zwar sein, dass eine bestimmte
Anzahl der Nutzer eine Seite als Spam gemeldet und insofern eine subjektive
Bewertung abgegeben hat. Jedoch ist dabei maßgeblich zu berücksichtigen, dass der
Kläger, wie er auch in erster Instanz selbst und plausibel ausgeführt und überdies
ausdrücklich im Senatstermin bestätigt hat, dazu eine eigene Prüfung vornimmt – wobei
die von den Nutzern so bewertete Seite vom Server eingelesen und analysiert wird –
dahin, ob der Quelltext der Seite speziell durch sinnlose Wortwiederholungen derselben
Suchbegriffe, Doorpages oder ähnliches zur Optimierung des Suchmaschinenrankings
"manipuliert" worden ist. Das Kriterium einer potentiell unzulässigen
Suchmaschinenbeeinflussung ist gemessen an den Google-Richtlinien objektivierbar
und überprüfbar. Dies wird letztlich auch durch den eigenen Internet-Auftritt des Klägers
bestätigt, der nicht in erster Linie abstellt auf eine ausschließliche Auswahl der
fraglichen Seiten durch die Nutzer, sondern plakativ darauf, dass die "google-
Suchergebnisse von Spam- und Müllanträgen befreit" würden und dass festgestellt
würde, dass es sich offenbar um eine Seite handele, die nur durch eine Manipulation
von google gelistet werde. Hinzu kommt, dass quantitativ nicht nur die Nutzer, die selbst
die Software heruntergeladen haben, hiermit in Berührung kommen können, sondern
bei der weiten Verbreitung auch solche, die einen fremden Rechner benutzen und
denen nicht notwendigerweise auch bekannt ist, dass lediglich eine vermeintlich bloße
Bewertung durch andere Nutzer erfolgt sein könnte. Der Kläger vermarktet sein Produkt
vielmehr überprüfbar dahin, dass Spam und entsprechender Müll ausgefiltert werden
können.
46
3.
47
Alsdann ist nach Anhörung der Parteien anzunehmen, dass der Beklagte tatsächlich, so
wie es durch die rote Markierung dargestellt wird, "Suchmaschinenspamming" betreibt
und seine Seite spamverdächtig ist. Seine "optimierte" Positionierung bei den
48
Suchlistentreffern ist durch eine Suchmaschinenbeeinflussung erfolgt, die gegen das
Google-Regelwerk verstößt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass
der Kläger als der Äußernde darlegen und beweisen muss, dass die von ihm
aufgestellte Behauptung wahr ist, wie sich aus dem Wortlaut der Regelung in § 4 Nr. 8
UWG ergibt "sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind" (vgl. Köhler, in:
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 25. Aufl. 2007, § 4 Rn. 8.20; Piper/Ohly, a.a.O., § 4
Rn. 8/12).
Der Kläger hat zunächst ein Suchmaschinen-Spamming – anders als das Landgericht
es gemeint hat – substantiiert dargelegt. Er hat im Einzelnen unter Darstellung der
betreffenden Manipulationstechniken dargetan, dass der Beklagte die
Suchmaschineneinträge außerhalb der Richtlinien des Suchmaschinenanbieters
manipuliert und gegen die Regelungen von Google (die "google-guidelines") verstoßen
habe, indem er neben der sog. Cloakingtechnik (zum Begriff Bl. 118 f.) die sog.
Doorwaytechnik (Bl. 116 ff.) benutzt, um seine Internetdomain unzulässig in den
vorderen Plätzen zu positionieren. Unter Vorlage einer Vielzahl von Ausdrucken,
insbesondere der Seiten mit den Doorwaypages und der für den User unsichtbaren
Keywordlisten, sind die diversen vom Beklagten benutzten Manipulationstechniken
detailliert dargestellt.
49
b)
50
Maßstab für die Begriffsdefinition und für die Beurteilung als Spam sind dabei die
Regeln des Suchmaschinenanbieters Google. Denn einerseits dient das klägerische
Programm, wie im Termin ausführlich erörtert worden ist, nur als Filter für die Google-
Suchmaschine. Zum anderen weist der Kläger auf seiner Homepage
unmissverständlich darauf hin, dass durch sein System Seiten angezeigt werden, die
eben durch eine Manipulation von Google gelistet sind. Der Kläger erweckt insofern – in
Bezug auf den Beklagten auch zutreffend – den Eindruck, dass der Eintrag in der
google-Ergebnisliste, der durch eine rote Hinterlegung als "spamverdächtig"
gekennzeichnet ist, sich unlauterer Mittel bedient habe, um sich die Aufnahme in die
google-Ergebnisliste zu erschleichen. Der Kläger will damit für den Nutzer erkennbar
nur die Webseiten kennzeichnen, die nicht den Regeln von Google entsprechen.
Google wendet sich dabei bereits gegen eine künstliche Verbesserung des Rangs,
ohne dass verlangt wird, dass sich die aufgerufene Seite als völlig inhaltslos darstellt.
Ein derartiger weiter Spam-Begriff ist überdies im Sinne eines tauglichen Filters auch
sachgerecht und nutzerfreundlich, denn kein Surfer will gerade die Webseiten finden
und lesen, die den angezeigten Rang nicht verdient haben.
51
Die Google-Richtlinien lauten – insoweit unstreitig – wie folgt (Bl. 64): "Vermeiden Sie
verborgenen Text und verborgene Links. Vermeiden Sie cloaking oder irreführende
Umleitungen. Erstellen Sie keine doppelten Seiten, Subdomains oder Domains, die im
Grunde den selben Inhalt haben. Vermeiden Sie den Einsatz von "Brückenseiten"
(Doorway Seiten), die speziell für Suchmaschinen erstellt werden, oder andere Cookie
Cutter Techniken, wie z.B. Partnerprogramme mit keinem oder nur wenig eigenem
Inhalt".
52
Dass der Beklagte in ganz erheblichem Umfang hier solche doorway-pages genutzt hat,
ist unbestritten, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob es – wie vom Kläger behauptet
– mehr als 75.000 sind und ob zudem unzulässige Cloaking-Techniken eingesetzt
worden sind. Diese doorwaypages sind im Streitfall regelwidrig, da diese im Kern, was
53
der Beklagte im Termin auch eingeräumt hat, allein dazu dienen, dass die
Suchmaschine sie findet. Die Suchmaschine, so sein Wortlaut, soll das sehen. Sodann
hat der Beklagte auch keinen anderen Sinn dieser Seiten, die der Nutzer selbst nicht
sieht, mitteilen können, als den, dass die Suchmaschine fündig wird. Diese Doorway-
Pages sind mithin genau widersprechend zu den google-Richtlinien speziell für die
Suchmaschine erstellt, ohne dass sie für den Nutzer selbst erkennbar sind oder für ihn
einen irgendwie gearteten eigenen Nutzen haben. Von daher ist substantiiert der Sache
nach nicht mehr bestritten, dass der Sinn dieser zahllosen Seiten, die auch der Beklagte
nicht näher beziffert, allein ist, die Suchmaschine zu beeinflussen. Es ist von ihm in
keiner Weise plausibel dargetan und auch durch nichts objektiviert, dass diese Seiten
konkret für einen anderen Zweck gebraucht werden. Auch soweit sein Prozessvertreter
im Termin darauf hingewiesen hat, dass die hohe Zahl der doorway-pages bedingt sei
durch eine hohe Zahl von Hotelbewertungssystemen und dass sich Brückenseiten nicht
immer vermeiden ließen, insbesondere wenn es darum gehe, datenbankgenerierte
Seiten für Suchmaschinen sichtbar zu machen, ist gleichfalls wiederum nicht plausibel
gemacht, dass diese konkret auch benötigt werden, um die Seiten für den Nutzer
sichtbar zu machen. Vielmehr sind im Termin die beanstandeten Seiten insbesondere
Anl. 5 a (Bl. 125) und 5 c (Bl. 127) im Einzelnen durchgegangen und erörtert worden.
Der Beklagte hat dabei keinen anderen Zweck mitteilen können, als den, dass diese für
die Suchmaschine konzipiert sind. Sie werden dementsprechend, was entscheidend ist,
nicht benötigt, um die sichtbaren Seiten darzustellen. Diese sind auch inhaltlich nicht
zurückzuführen auf ein Hotelbewertungssystem oder zur Darstellung einer für den
Nutzer sichtbaren Datenbank. Der Beklagte selbst hat dies einräumen müssen und
eingeräumt. Durch dieses Verfahren wird tatsächlich eine künstliche Verlinkung erzeugt,
um - nämlich manipulativ – ein höheres Ranking zu erzielen.
Die getroffene Darstellung des Klägers mit seiner Markierung der vom Beklagten
unterstützten Seite ist damit im Ergebnis, ohne dass es darüber noch der Einholung
eines Sachverständigengutachtens bedarf und ohne dass die Seite von google, wie
vom Kläger behauptet, zwischenzeitlich tatsächlich gesperrt sein musste, was offen
bleiben kann, erweislich wahr.
54
Ein entsprechender Unterlassungsanspruch des Beklagten ist nicht begründet.
55
c)
56
Nach der Wikipedia-Definition ergibt sich, ohne dass es maßgeblich auch hierauf noch
ankommt, im Übrigen keine andere Beurteilung. Danach versteht man unter
Suchmaschinen-Spamming (Search Engine Spamming) oder Index-Spamming
(Spamdexing) alle Handlungen, die dazu führen, dass eine Internet-Suchmaschine auf
eine Suchworteingabe hin auf den vordersten Plätzen Webseiten ausgibt, die keine für
den Surfer relevanten oder dem Suchbegriff entsprechenden Informationen enthalten.
Abgesehen davon, dass diese Darstellung, die bei Wikipedia von "jedermann"
eingestellt werden kann, keine offizielle Begriffsdefinition darstellt, und es auch für den
Nutzer, der sich gegen derartigen Spam wehren will, sinnhaft nicht in erster Linie darauf
ankommt, dass die Webseiten gar keine für ihn relevanten oder dem Suchbegriff
entsprechenden Informationen enthalten, weil dann praktisch keine Manipulation mehr
als Spam zu bewerten wäre, mit der es gelingt, mit irgendeinem Sachbezug auf die
vordersten Plätze der Trefferliste zu kommen, ist diese Bewertung ebenfalls erfüllt. Denn
zig-Tausende für den Nutzer nicht sichtbare Doorway-Seiten sind für ihn als insofern
inhaltsleere Seiten in diesem Sinne anzusehen.
57
Soweit danach wahrheitsgemäß ein Spamverdacht ermittelt und angezeigt worden ist,
muss ein solcher Spamming-Filter angesichts der Flut von ungerechtfertigten
Suchmaschinenmitteilungen auch aus Gründen des Verbraucherschutzes allgemein
zulässig sein. Der Verbraucher und die Allgemeinheit haben grundsätzlich ein legitimes
Interesse daran, Spam, den man nicht primär gesucht hat, mit Hilfe einer
entsprechenden Technik auszufiltern.
58
4.
59
Andere Anspruchsgrundlagen können den vom Beklagten geltend gemachten
Unterlasssungsanspruch ebenfalls nicht rechtfertigen. Weder kommt ein
Unterlassungsanspruch betreffend bloßer Wertungen nach §§ 3, 4 Nr. 7 UWG unter dem
Gesichtspunkt einer Geschäftsehrverletzung bzw. Schmähkritik in Betracht, noch ein
solcher aus §§ 3, 4 Nr. 10 UWG, da eine gezielte, nicht gerechtfertige Behinderung nicht
vorliegt. Ein Anspruch aus §§ 823 I, 1004 I BGB unter dem Gesichtspunkt der
Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb tritt
schließlich bereits gegenüber den lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen zurück (vgl.
Piper/Ohly, a.a.O., § 4 Rn. 8/8; Einf. D Rn. 60 m.w.N.).
60
V.
61
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 und 91 ZPO.
62
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 ZPO.
63