Urteil des OLG Hamm vom 22.04.1999
OLG Hamm (baujahr, eigenschaft, angabe, mangel, zpo, wert, kläger, 1900, verkäufer, zusicherung)
Oberlandesgericht Hamm, 22 U 70/98
Datum:
22.04.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 U 70/98
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, 5 O 91/97
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Februar 1998 verkündete
Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des
Tatbestandes
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Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist unbegründet.
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I
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Dem Kläger stehen Gewährleistungsansprüche (§§ 459 ff BGB) wegen der von ihm
behaupteten falschen Angabe zum Baujahr des von den Beklagten erworbenen Hauses
unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
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1. Der Kläger hat gegen die Beklagten weder einen Minderungsanspruch aus §§ 462,
459 Abs. 2 BGB noch ein Schadensersatzanspruch aus § 463 S. 1 BGB wegen des
Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft, weil die Beklagten das Baujahr des Hauses
nicht zugesichert haben.
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Eine Zusicherung i.S.d. § 459 Abs. 2 BGB setzt nach ständiger Rechtsprechung des
BGH voraus, daß der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das
Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit die Bereitschaft
zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens der Eigenschaft einzustehen.
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Ein solcher Rechtsbindungswille der Beklagten ist nicht feststellbar. Gegen ihn spricht
§ 5 des notariellen Kaufvertrages vom 02.04.1996. Hier ist neben einem allgemeinen
Gewährleistungsausschluß ausdrücklich erklärt, daß irgendwelche Eigenschaften
seitens der Verkäufer nicht zugesichert werden. Damit haben die Beklagten eindeutig zu
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seitens der Verkäufer nicht zugesichert werden. Damit haben die Beklagten eindeutig zu
verstehen gegeben, daß sie sämtliche Angaben im Rahmen der Vertragsverhandlungen
als Beschaffenheitsangaben verstanden wissen wollen, für die sie eine Haftung
ablehnen.
Der Kläger hat nicht dargelegt, daß abweichend von dieser klaren Formulierung im
Vertrag zwischen den Parteien bezogen auf das Baujahr etwas anderes vereinbart
worden ist. Allein der Vortrag, daß nach dem Baujahr gefragt wurde und von den
Beklagten die Angabe im Exposé "Baujahr ca. 1940" bestätigt worden sei, reicht nicht
aus. Aus diesen Umständen läßt sich nicht erkennen, daß die Beklagten abweichend
vom Vertragsinhalt eine Zusicherung i.S.v. § 459 Abs. 2 BGB mit ihren rechtlichen
Folgen abgeben wollten.
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Die Angabe zum Baujahr im Exposé selbst stellt gleichfalls keine Zusicherung dar. Das
Exposé eines Maklers enthält in der Regel keine Zusicherungen bestimmter
Eigenschaften. Es ist reine Objektbeschreibung. Etwas anderes kann nur dann gelten,
wenn aus der Sicht des Empfängers dem Exposé die Erklärung zu entnehmen ist, daß
der Verkäufer über die normale Haftung hinaus für bestimmte Umstände einstehen will
(vgl. OLG Celle, MDR 97, 926). Dies ist hier nicht der Fall. Zum einen wird in dem
Exposé ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine Haftung für eventuelle Irrtümer nicht
übernommen wird, zum anderen steht die Regelung in § 5 des notariellen Kaufvertrages
auch hier entgegen.
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2. Ein Anspruch aus § 463 S. 2 BGB wegen arglistiger Täuschung ist ebenfalls nicht
gegeben, weil es bereits an der ausreichenden Darlegung eines Sachmangels i.S.d.
§ 459 BGB fehlt.
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Ein Anspruch aus § 463 S. 2 BGB kommt unter dem Gesichtspunkt des Vorspiegelns
einer nicht vorhandenen Eigenschaft in Betracht. Das Vorspiegeln einer nicht
vorhandenen Eigenschaft steht dem arglistigen Verschweigen eines Fehlers i.S.d. § 463
S. 2 BGB gleich (BGH NJWRR 92, 1076).
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Eigenschaft ist nach allgemeiner Auffassung jedes der Kaufsache auf gewisse Dauer
anhaftende Merkmal, das für deren Wert, ihren vertraglich vorausgesetzten Gebrauch
oder aus sonstigen Gründen für den Käufer erheblich ist (vgl. Palandt - Putzo, BGB,
58. Aufl., § 459 Rn. 20). Dies trifft auf das Baujahr eines Hauses grundsätzlich zu, da es
in aller Regel Indikator für die restliche Nutzungszeit und ein den Wert des Grundstücks
bestimmender Faktor ist. Die Angabe eines wesentlich jüngeren Baujahres ist daher in
aller Regel hinreichende Grundlage für einen Mangel i.S.d. § 459 BGB.
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Allein aus dem Umstand, daß ein wesentlich jüngeres Baujahr angegeben wurde, kann
jedoch dann nicht mehr auf einen Mangel geschlossen werden, wenn wie im
vorliegenden Fall, von den Beklagten behauptet und von der Zeugin T
(Voreigentümerin) im Wesentlichen bestätigt, das ursprüngliche Gebäude durch
umfangreiche Erweiterungs-, Erneuerungs- und Modernisierungsarbeiten in späteren
Jahren vor allem in den Jahren 1950 - 1972 "neu aufgebaut" wurde. Bei einer solchen
Sachlage wird nämlich die restliche Nutzungszeit und der Wert des Grundstücks nicht
mehr durch die etwa um 1900 errichtete Bausubstanz bestimmt, sondern durch
diejenige, die in den späteren Jahren geschaffen wurde. Aus der Angabe zum Baujahr
"ca. 1940" läßt sich somit ein Mangel nur herleiten, wenn die den Wert und die restliche
Nutzungszeit bestimmende Bausubstanz entgegen der Behauptung der Beklagten aus
einer Zeit vor "ca. 1940" stammt.
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Bei dieser Sachlage hätte der für einen Mangel i.S.d. § 459 BGB darlegungs- und
beweispflichtige Kläger im einzelnen vortragen müssen, in welchem Umfang die von
ihm erworbene Bausubstanz noch aus der Zeit der erstmaligen Errichtung um 1900 oder
jedenfalls aus einer Zeit stammt, die vor der hier streitigen Angabe "Baujahr ca. 1940"
liegt. Nur aufgrund solcher Angaben kann unter Hinzuziehung eines Sachverständigen
der Beweis geführt werden, daß ein Mangel vorliegt. Nach dem Vorbringen der
Beklagten soll sich nur noch 1 Kellerraum in dem ursprünglichen Zustand aus dem Jahr
1900 befinden (= 5 % der Gesamtbausubstanz).
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II
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Die Beschwer des Klägers beträgt 30.000,00 DM (§ 546 Abs. 2 ZPO).
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