Urteil des OLG Hamm vom 17.09.2009

OLG Hamm (vorläufig, zpo, vorinstanz, datum)

Oberlandesgericht Hamm, 4 U 71/09
Datum:
13.08.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 U 71/09
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, 15 O 233/08
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. März 2009 verkündete Ur-
teil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld teil-
weise abgeändert.
Der Beklagte wird unter Einbeziehung der ausgeurteilten
Ordnungsmittelandrohung verurteilt, es zu unterlassen, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Internet
gegenüber Verbrauchern den Abschluss von entgeltlichen Verträgen
über Druckerzubehör, insbesondere Tintenstrahldruckerpatronen und
Lasertonerkartuschen, mit der Aussage „3 Jahre Garantie“ zu bewerben
und/oder bewerben zu lassen, ohne den Verbraucher ordnungsgemäß
auf seine gesetzlichen Rechte hinzuweisen, zu erklären, dass dessen
Gewährleistungsrechte nicht eingeschränkt werden, den Inhalt der
Garantie zu nennen und alle wesentlichen Angaben, die für die
Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere über die
Dauer, den räumlichen Geltungsbereich der Garantie und den Namen
des Garantiegebers, aufzuführen, wie geschehen in der Internetwerbung
des Beklagten vom 16.10.2008 gemäß Bl. 62, 63 d. A.
Ferner wird der Beklagte verurteilt, Auskunft über den Umfang der
bisherigen Benutzung der zuvor beschriebenen Handlungen unter
Angabe der Werbeträger, Verbreitungsgebiete und
Verbreitungszeiträume und der Anzahl der Vertragsabschlüsse zu
erteilen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
sämtli-che Schäden zu ersetzen, die ihr aus den zuvor beschriebenen
Handlungen entstanden sind und/oder entstehen werden.
Ferner wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen weiteren
Betrag in Höhe von 286,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2008 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der
Kläge-rin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,- EUR
abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
1
I.
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Die Parteien handeln im Internet mit Druckerzubehör.
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Der Beklagte bewarb am 16. Oktober 2008 auf seiner Internetseite unter
*Internetadresse" den Verkauf von Originalerzeugnisse ersetzenden HQ-
Druckerpatronen mit den Hinweisen "Qualität zu Tiefstpreisen" und "3 Jahre Garantie"
(Bl.62 -Anlage K4). Neben dem Inhalt einer H-Anzeige vom gleichen Tage, auf den es
nach einer teilweisen Klagerücknahme insoweit nicht mehr ankommt, mahnte die
Klägerin diese Werbung mit Anwaltsschreiben vom 16. Oktober 2008 (Anlage K 5)
erfolglos ab.
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Mit der Klage hat sie die Unterlassung der Werbung mit der Aussage "Qualität zu
Tiefstpreisen" in der konkreten Verletzungsform und der Werbung mit der Aussage "3
Jahre Garantie" ohne die nach § 477 Abs. 1 BGB erforderlichen näheren Angaben
begehrt, und zwar jeweils nebst Folgeansprüchen auf Auskunft und Feststellung der
Verpflichtung zum Schadensersatz. Soweit es für die Berufungsinstanz noch von
Bedeutung ist, hat die Klägerin im einzelnen beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es
bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
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im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs im Internet gegenüber
Verbrauchern den Abschluss von entgeltlichen Verträgen über Druckerzubehör,
insbesondere Tintenstrahldruckerpatronen und Lasertonerkartuschen,
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mit der Aussage "3 Jahre Garantie" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen,
ohne den Verbraucher ordnungsgemäß auf seine gesetzlichen Rechte
hinzuweisen, zu erklären, dass dessen Gewährleistungsrechte nicht
eingeschränkt werden, den Inhalt der Garantie zu nennen und alle wesentlichen
Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind,
insbesondere über die Dauer, den räumlichen Geltungsbereich der Garantie und
den Namen des Garantiegebers.
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Außerdem hat sie die Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Kosten in
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Höhe von 859,80 € ersetzt verlangt.
Sie hat gemeint, soweit der Beklagte mit einer Garantie von drei Jahren werbe, hätte er
bereits in Verbindung mit der Werbung darstellen müssen, wie sich die Bedingungen
des Eintritts des Garantiefalls gegenüber dem Verbraucher darstellten und unter
welchen Umständen dieser die Garantie an Anspruch nehmen könne. Außerdem sei ein
Hinweis darauf erforderlich gewesen, dass dadurch dessen gesetzliche
Gewährleistungsrechte nicht eingeschränkt würden. Eine solche Information werde im
Internetauftritt des Beklagten aber nicht erteilt. Darin sei ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11
UWG i.V.m. § 477 BGB zu sehen.
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Der Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Er hat gemeint, er beschreibe mit
"Qualität zu Tiefstpreisen" lediglich in zutreffender Weise ein ganz bestimmtes
Geschäftsprinzip. Soweit er in der Werbeaussage die Garantie verspreche, bestehe
noch keine Verpflichtung, auf die jeweiligen Garantiebedingungen im Einzelnen
hinzuweisen. Es reiche aus, wenn der Verbraucher die entsprechenden Informationen
spätestens mit der Lieferung der Ware erhalte.
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Das Landgericht hat im Hinblick auf die Aussage der Werbung mit "Qualität zu
Tiefstpreisen" den geltend gemachten Unterlassungsanspruch und die Folgeansprüche
auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht zugesprochen und den
Zahlungsanspruch in Höhe von 286,60 € zuerkannt. Im Übrigen hat es die Klage
abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt, dass ein Verstoß
gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 477 Abs. 1 BGB nicht vorliege. Denn die allgemeine
Werbung "3 Jahre Garantie" sei noch nicht die in § 443 BGB angesprochene
Garantieerklärung, deren nähere Ausgestaltung § 477 Abs. 1 BGB regele. Es hat sich
insoweit auf die vom Beklagten in Bezug genommene Rechtsprechung des
Kammergerichts bezogen, die zwischen der Garantieerklärung und der
Garantiewerbung differenziere. Die von der Klägerin vorgelegte Entscheidung des OLG
Frankfurt unterscheide sich von der vorliegenden Fallgestaltung dadurch, dass dort die
Werbeaussage bereits einem konkreten Produkt zugeordnet gewesen sei. Soweit nach
§ 312 c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 b BGB-InfoV über die
Garantiebedingungen informiert werden müsse, reiche es aus, wenn diese Information
mit Lieferung der Ware erfolge. Die Klägerin habe zwar behauptet, dass der Beklagte
auch dieser Verpflichtung nicht nachkomme. Dieser streitige Vortrag beziehe sich aber
auf einen anderen, hier nicht geltend gemachten Verstoß. Schließlich sei die
beanstandete Garantiewerbung auch nicht irreführend im Sinne von § 5 UWG a.F. oder
§§ 3 5, 5 a Abs. 3, 4 UWG n.F., weil sich auch aus diesen Vorschriften keine weiter
gehenden Informationspflichten ergäben.
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Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an, soweit die Klage abgewiesen worden
ist. Sie verfolgt den abgewiesenen Unterlassungsanspruch zusammen mit den
entsprechenden Folgeansprüchen und einem weiteren Zahlungsanspruch in
Zusammenhang mit der Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 286,64 € nebst
Zinsen weiter. Sie meint, dass die Werbung des Beklagten im Internet mit der Aussage
"3 Jahre Garantie" nach altem wie neuem UWG als wettbewerbswidrig anzusehen sei.
Das Landgericht habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass den gesetzlichen
Regelungen der §§ 443, 477 BGB nicht die Verpflichtung zu entnehmen sei, auf die
jeweiligen Bedingungen der beworbenen Garantie schon vor Vertragsschluss
hinzuweisen. Sie meint weiter, der jeweilige Unternehmer könne nur dann eine Garantie
einräumen, wenn er sich an die gesetzlichen Erfordernisse des § 477 BGB halte. In
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diesem Zusammenhang müsse er aber auch dem Verbraucher die Möglichkeit geben,
sich vor dem Vertragsschluss mit den entsprechenden Garantiebedingungen
auseinander zu setzen. Andernfalls könne der Schutzzweck des § 477 BGB,
geschäftlich unerfahrene Verbraucher vor Irreführung durch unklare, missverständliche
und unvollständige Garantieerklärungen zu schützen, nicht mehr erreicht werden. Wenn
die Kaufentscheidung des Verbrauchers bereits getroffen sei, werde dieser besonders in
der hier betroffene Branche des Druckerzubehörs die falsche oder unvollständige
Mitteilung der Garantiebedingungen anschließend nicht mehr beanstanden. Dieser
müsse vor Vertragsschluss jedenfalls wissen, dass seine gesetzlichen Rechte
weiterbestünden und wie sie sich von der dreijährigen Garantie unterschieden. Die
Klägerin hält auch den der Entscheidung des OLG Frankfurt zugrunde liegenden
Sachverhalt für vergleichbar. Es gehe im vorliegenden Fall zwar nicht um die Werbung
für ein einzelnes Produkt, aber für ein bestimmtes, genau herausgestelltes
Warenangebot. Von der beworbenen Garantie gehe eine besondere
Anziehungswirkung aus, die bei genaueren Informationen weit weniger stark gewesen
wäre.
Mit näheren Ausführungen legt die Klägerin dann noch dar, dass der Beklagte verspätet
und in Zusammenhang mit einem ungeeigneten Beweisantritt vorgetragen habe, dass
der Verbraucher die erforderlichen Informationen bei Abschluss eines Kaufvertrages
erhalte. Ihm sei vom Landgericht auch nicht aufgegeben worden, diesen Vortrag durch
entsprechende Bestellunterlagen zu belegen.
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Die Klägerin meint zudem, dass die fehlende Information über die Garantiebedingungen
eine Irreführung nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 S.1 Nr. 2 UWG a.F. durch unzulässiges
Anlocken und eine Irreführung durch Unterlassung der Mitteilung der Bedingungen für
die beworbene Garantie insbesondere auch nach § 5 a Abs. 3 Nr.4 UWG darstelle.
Dazu macht die Klägerin nähere Ausführungen. Sie hält auch den weitergehenden
Anspruch auf Auskunft zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs und die
Feststellung eines solchen Anspruchs für begründet. Sie verweist zum Erfordernis der
genügenden gewissen Schadenswahrscheinlichkeit und zu den Voraussetzungen des
Auskunftsanspruchs auf das Senatsurteil 4 U 154 / 08.
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Die Klägerin hält wegen des weitergehenden Unterlassungsanspruchs auch einen
weitergehenden Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten für begründet.
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In einem weiteren Schriftsatz vom 27. Juli 2009 hat die Klägerin zur Bestätigung ihrer
Rechtsauffassung auf die ihr zwischenzeitlich bekannt gewordene Entscheidung des
Senats vom 16. Dezember 2008 in der Sache 4 U 173 / 08 verwiesen. Sie sieht darin
einen vergleichbaren Fall, auch wenn es dort um eine 24monatige Garantie gegangen
ist.
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Sie behauptet, ein Testkauf habe zudem ergeben, dass der Beklagte falsch vorgetragen
habe, als er erklärt habe, die Verbraucher würden nach ihrer Bestellung über die
Garantiebedingungen informiert. Es habe sich herausgestellt, dass den
Vertragspartnern die Garantiebedingungen nicht in schriftlicher Form mitgeteilt würden,
sondern dass sie diese nur über einen abrufbaren Link in Eigeninitiative in Erfahrung
bringen könnten.
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Die Klägerin beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und nach den Anträgen zu
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entscheiden, wie sie sich aus dem obigen Urteilstenor ergeben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte verteidigt seine Garantiewerbung und meint mit näheren Ausführungen, es
sei weder der Rechtsbruchtatbestand erfüllt, noch liege eine Irreführung der Verbraucher
vor. Eine Garantiewerbung, die sich nicht auf ein bestimmtes Produkt beziehe, löse
noch keine Informationspflichten aus. Insoweit bezieht sich der Beklagte erneut auf die
Rechtsprechung des Kammergerichts und des Hanseatischen OLG Hamburg.
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Unter Hinweis darauf, dass es nicht streitgegenständlich sei, bestreitet der Beklagte,
dass er seinen Kunden die Garantiebedingungen beim Kauf einer Ware nicht habe
zukommen lassen. Er habe zu keinem Zeitpunkt abgelehnt, einem Kunden die
Garantiebedingungen in Textform auszuhändigen. Ferner behauptet der Beklagte, er
gebe nunmehr seine Garantiebedingungen auf seiner Internetseite an.
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Der Beklagte verneint in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil auch, dass
seine ursprüngliche Garantiewerbung irreführend gewesen sei. Er vertieft seinen bereits
erstinstanzlich eingenommenen Standpunkt, dass ein eventueller Wettbewerbsverstoß
als Bagatelle anzusehen sei. Er meint, für den geltend gemachten
Schadensersatzanspruch fehle es an der erforderlichen Schadenswahrscheinlichkeit.
Zudem habe er nicht schuldhaft gehandelt, da er sich an der ständigen Rechtsprechung
des Kammergerichts Berlin orientiert habe.
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Vorsorglich regt der Beklagte die Zulassung der Revision an, falls der Senat einen vom
Kammergericht abweichenden Rechtsstandpunkt einnehmen sollte.
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II.
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Die Berufung ist begründet, weil der Klägerin der zweitinstanzlich weiter geltend
gemachte Anspruch auf Unterlassung und die Folgeansprüche auf Auskunft,
Schadensersatz und anteiligem Aufwendungsersatz unter dem Gesichtspunkt des
wettbewerbswidrigen Gesetzesverstoßes zustehen.
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1) Der Unterlassungsantrag ist jedenfalls jetzt hinreichend bestimmt im Sinne des § 253
Abs. 2 Satz 2 ZPO, weil er nach der Klarstellung zur Erläuterung der beanstandeten
Werbeaussage "3 Jahre Garantie" auf die konkrete Verletzungshandlung, nämlich den
Internetauftritt des Beklagten (Bl.62 f.), auf den es entscheidend ankommt, Bezug nimmt.
Der mit "ohne zu" beginnende Zusatz zeigt einen Weg auf, der aus dem Verbot
herausführt. Er ist unschädlich, weil er keinen Einfluss auf den Verbotsumfang hat. Die
Klarstellung ist hier auch kostenunschädlich, weil es der Klägerin von Anfang an um
diese konkrete Werbung gegangen ist und sie nicht etwa ein Schlechthinverbot im
Hinblick auf die oben erwähnte Werbeaussage erstrebte.
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2) Der Klägerin steht als Mitbewerberin des Beklagten im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1
UWG ein Unterlassungsanspruch sowohl nach dem zur Zeit der Verletzungshandlung
geltenden Recht als auch nach der neuen Fassung des UWG aus § 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11
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UWG in Verbindung mit § 477 BGB zu. Dabei kommt es hier auf die Gesetzesänderung
nicht entscheidend an. Wenn in der beanstandeten Werbung mit der Garantie eine
unlautere Wettbewerbshandlung des Beklagten zu sehen wäre, wäre diese zugleich
auch eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG n.F..
a) Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG setzt voraus, dass der Beklagte gegen eine
Vorschrift verstoßen hat, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer,
hier der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln. Eine solche Vorschrift ist als
Sonderbestimmung für die Abfassung von Garantien § 477 BGB. Wer Garantien
einräumt, muss das unter den in § 477 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen tun. Es
geht somit um eine Marktverhaltensregelung. Das hat der Senat im Urteil vom
16. Dezember 2008 –4 U 173 / 08 auch ausdrücklich so entschieden.
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b) Der Beklagte hat hier auch gegen § 477 Abs. 1 BGB verstoßen. Denn er hat mit einer
dreijährigen Garantie für alle HQ-Produkte geworben, ohne die vom Gesetz geforderten
genauen Angaben zu den Garantiebedingungen zu machen. Hinzu kommt, dass er in
Zusammenhang mit der Aussage zur Garantie nicht auf die gesetzlichen Rechte des
Verbrauchers und darauf hingewiesen hat, dass diese durch die Garantie nicht
eingeschränkt werden. Dabei mag man durchaus begrifflich zwischen der
Garantieerklärung selbst, die den gesetzlich bestimmten Inhalt haben muss, und der
Werbung mit einer Garantie unterscheiden, zumal § 443 BGB beide Begriffe verwendet.
Es kann auch dahinstehen, ob in jedem Fall einer Werbung mit einer Garantie auch die
Garantiebedingungen mitgeteilt werden müssen. Bezieht sich die Werbung allerdings
auf konkrete Verkaufsangebote im Internet, wie es hier bei dem Hinweis auf alle
Angebote von HQ-Patronen der Fall ist, muss mit dem Hinweis auf die Garantie zugleich
auch über deren Wirkungen und Bedingungen informiert werden. Wie der Senat in der
Sache 4 U 173 / 09 bereits ausgeführt hat, ist die beworbene Übernahme der Garantie
Teil des betreffenden Kaufvertrages über die beworbenen Produkte, für die die Garantie
gelten soll. Sie wird nicht etwa erst zu einem späteren Zeitpunkt eingeräumt. Deshalb
muss der Verbraucher auch vor dem Vertragsschluss die Einzelheiten der Garantie
kennen. § 443 Abs. 1 BGB stellt ausdrücklich klar, dass die sich aus einer
Garantieerklärung der beworbenen Art ergebende Gewähr für eine bestimmte
Beschaffenheit und Haltbarkeit der Ware neben und völlig unabhängig von der
gesetzlichen Gewährleistung geleistet wird. Es handelt sich damit um vertraglich
zusätzlich eingeräumte Rechte. Deren Beschaffenheit muss der Verbraucher kennen.
Außerdem muss er zur Einschätzung des Werts der Garantie den Inhalt der gesetzlichen
Regelung kennen. Das hat das OLG Frankfurt (vgl. MIR Dok. 255.2008) gerade beim
Fall einer Garantie von 24 Monaten in der von der Klägerin vorgelegten Entscheidung
anschaulich deutlich gemacht. Die Anziehungskraft der Garantie wird danach merklich
relativiert, wenn zugleich mitgeteilt wird, dass nach dem Gesetz ohnehin eine
zweijährige Gewährleistung besteht. Die übliche Gewährleistungsfrist ist aber auch für
einen Verbraucher von erheblicher Bedeutung, der wie hier mit einer sehr lang
erscheinenden Garantiefrist von drei Jahren für Druckerpatronen konfrontiert wird. Die
Informationspflicht gilt auch unabhängig davon, dass die dann geltenden Bedingungen
der Garantie noch nach Vertragsschluss gemäß § 312 c Abs. 2 BGB in Verbindung mit §
1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 b BGB-InfoV in Textform an den Verbraucher übermittelt werden
können, wenn das noch nicht geschehen ist. Auch insoweit ist zwischen der vorherigen
Unterrichtung im Sinne von Art. 4 und der schriftlichen Bestätigung der Informationen im
Sinne von Art. 5 der Fernabsatz-VerbraucherschutzRL 97/7/EG zu unterscheiden. Auch
nach Art. 6 Abs. 1 der VerbrauchsgüterRL 1999/44/EG muss die Garantie denjenigen,
der sie anbietet, zu den in der Garantieerklärung und der einschlägigen Werbung
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angegebenen Bedingungen binden. Das kann so zu verstehen sein, dass auch in der
Werbung mit einer Garantie deren Bedingungen schon angegeben werden müssen.
Darauf, ob der Beklagte die Garantiebedingungen tatsächlich nach Vertragsschluss
noch angibt oder nicht, kann es allerdings in diesem Rechtsstreit unter keinerlei
rechtlichem Gesichtspunkt ankommen.
3) Es kann deshalb dahinstehen, ob sich die Werbung mit der Aussage "3 Jahre
Garantie" ohne die weiter erforderlichen Informationen nicht auch als irreführende
Werbung darstellt. Es kann die Gefahr der Irreführung begründen, wenn der Verbraucher
nicht mit dem Wissen versorgt wird, das er nach Auffassung des deutschen und
europäischen Gesetzgebers vor dem Vertragsschluss haben muss, um eine informierte
geschäftliche Entscheidung zu treffen.
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4) Darüberhinaus kann die Klägerin auch die Feststellung der Schadensersatzpflicht
des Beklagten in Zusammenhang mit den verletzenden Handlungen verlangen. Den
Beklagten trifft hier ein Verschulden, weil er ohne klärende höchstrichterliche
Rechtsprechung nicht den sichersten Weg der Information der Verbraucher gewählt hat.
Angesichts des konkreten Wettbewerbsverhältnisses der Parteien und dem
überschaubaren Markt vergleichbarer Internethändler mit Druckerzubehör ist ein
Schadenseintritt nach den zu stellenden geringen Anforderungen hinreichend
wahrscheinlich, auch wenn er schwer zu beziffern sein dürfte. Besteht der
Schadensersatzanspruch dem Grunde nach, kann die Klägerin auch nach § 242 BGB
die begehrte Auskunft verlangen, die nach Art und Umfang zur Bezifferung des
Schadens erforderlich ist. Es gilt im Prinzip nichts anderes als das, was das Landgericht
in Bezug auf die Folgeansprüche im Hinblick auf den von ihm bejahten
Unterlassungsanspruch ausgeurteilt hat.
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5) Folgerichtig stehen der Klägerin dann aber auch nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG
Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 573,20 € zu, weil die Abmahnung wegen zweier
von drei Ansprüchen berechtigt gewesen ist. Die Klägerin kann also auch die begehrten
weiteren Kosten in Höhe von 286,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Oktober 2008 noch verlangen, die sie in
dieser Höhe auch nur noch geltend macht.
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Die Revision ist im Sinne einer einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung
zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
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