Urteil des OLG Hamm vom 14.05.1998

OLG Hamm (kläger, firma, höhe, 1995, kaufvertrag, wirtschaftliche einheit, betrag, agb, rückabwicklung, wohnung)

Oberlandesgericht Hamm, 22 U 88/97
Datum:
14.05.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 U 88/97
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 12 O 600/96
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.05.1997 verkündete Urteil
der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Beklagte in Höhe von 54.500,00 DM.
Tatbestand:
1
Die Beklagte handelt mit Immobilien. Sie befaßt sich mit solchen Objekten, deren
Eigentümer in Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind, den Wert der Immobilie beim
Erwerb möglicherweise zu hoch veranschlagt haben, das Objekt mit hohen
Grundpfandrechten belastet haben und/oder die Probleme damit haben, die
erforderlichen Darlehenslasten aufzubringen bzw. darüber hinaus noch Reparaturen
und Sanierungen zu bezahlen. Die Beklagte, der solche Fälle durch die inzwischen
aufgelöste Firma ... GmbH zugeführt wurden - der Geschäftsführer und jetzige Liquidator
dieser Firma ist Mitgeschäftsführer der Beklagten -, ermittelt hierbei, welcher Betrag
unter Berücksichtigung der Nettomiete als Ertragswert zugrundezulegen ist. Zu diesem
Zweck sandte die Firma ... Interessenten oder möglichen Kunden einen
Immobilienerfassungsbogen zu. In Kapitel 4 dieses Formulars wird nach der
monatlichen Bruttomieteinnahme abzüglich Wohngeld inklusive Verwalterkosten =
Nettomiete monatlich gefragt. Nach Rücksendung des Erfassungsbogens übersandte
die Firma ... ein standardisiertes Schreiben, in dem sie mitteilte, man habe einen
Kaufinteressenten, der die Wohnung zum bestehenden Valutenstand übernehme.
Gegen einen Zuzahlungsbetrag in Höhe einer jeweils ausgerechneten Summe ergebe
sich für den Käufer eine bestimmte ausreichende Rendite. Der Zuzahlungsbetrag sei am
Tage der notariellen Beurkundung fällig, weitere Kosten würden nicht entstehen.
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Kommt es zum Verkauf der Immobilie, bei dem der Kaufpreis üblicherweise durch
Übernahme der persönlichen Belastungen bzw. Freistellung von diesen erfolgte,
unterzeichnen die Verkäufer regelmäßig eine sog. "Bestätigung und
Individualvereinbarung" gegenüber der Firma ..., wonach diese zum Ausgleich ihrer
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Kosten, Beiträge, Provisionen etc. und der zu zahlenden Unterdeckung einen
Ausgleichs (Zuzahlungs-)betrag in bestimmter, bezifferter Höhe erhält. Diese
privatrechtliche Vereinbarung enthält den zusätzlichen Hinweis, daß der Betrag nach
Rückabwicklung des Geschäftes zurückzuzahlen sei, von dieser Verpflichtung die Firma
... jedoch im Falle einer Vertragsanfechtung durch die Käuferin, die Firma ... GmbH,
wegen unrichtiger Angaben befreit sei. Diese Formulierung steht im Zusammenhang mit
dem jeweils geschlossenen Kaufvertrag, in dem sich die Beklagte, gleichfalls in
standardisierter Form, seitens der Verkäufer zusichern läßt, daß die nach Abzug aller
Nebenkosten (Wohngeld, Instandhaltungsrücklagen, Verwaltergebühren usw.)
verbleibende reine Nettomieteinnahme zur Zeit einen bestimmten Betrag monatlich
betrage.
Nach diesem Prinzip wurde auch im vorliegenden Fall verfahren. Nachdem der Kläger
über die Firma ... in Kontakt mit der Beklagten gekommen war, schlossen die Parteien
am 17.08.1992 vor dem Notar ... in ... einen Kaufvertrag über die in ... im Aufteilungsplan
mit Nr. 6 bezeichnete Eigentumswohnung nebst Kellerraum Nr. 6 zu einem Kaufpreis
von 190.000,00 DM, der durch die Beklagte durch Übernahme der eingetragenen
Grundpfandrechte nach dem aktuellen Valutenstand oder durch Neufinanzierung belegt
werden sollte. Gemäß § 7 des Vertrages sicherte der Kläger als Verkäufer zu, der
verbleibende reine Nettomietüberschuß betrage für die ersten drei Geschäftsjahre
mindestens 7,50 DM pro Quadratmeter und Monat, ab dem vierten Geschäftsjahr 9,50
DM sowie ab fünften Geschäftsjahr mindestens 11,50 DM pro Quadratmeter/Monat. Für
den Fall der Nichteinhaltung der Zusicherung war ein Rücktrittsrecht der Beklagten
vereinbart. Wegen des Inhalts des Vertrags im einzelnen wird auf die bei den Akten
befindliche Kopie (Blatt 83 ff) verwiesen.
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Ebenfalls am 17.08.1992 unterzeichnete der Kläger eine von der Firma ... vorformulierte
"Individualvereinbarung", wonach er sich verpflichtete, einen Ausgleichsbetrag in Höhe
von 54.500,00 DM zu leisten. Wegen der Einzelheiten dieser "Individualvereinbarung"
wird auf die zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 20) Bezug genommen.
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Der Kläger bezahlte den Zuzahlungsbetrag in Höhe von 54.500,00 DM durch Scheck,
der unmittelbar danach einem Konto der Beklagten gutgeschrieben wurde.
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In der Folgezeit wurde das Eigentum an der verkauften Wohnung auf die Beklagte
umgeschrieben. Die weitere Abwicklung des Vertrages scheiterte jedoch. Die Beklagte
zog aus dem vermieteten Objekt zwar einige Mieterträge, entrichtete aber entgegen ihrer
Verpflichtung aus dem notariellen Kaufvertrag keinerlei Zahlungen auf die bestehenden
Darlehensverbindlichkeiten. Diese wurden weiter vom Kläger bedient. Durch
anwaltliche Schreiben vom 14.06.1995, 19.07.1995 sowie 18.08.1995 unter
Fristsetzung bis zum 08.09.1995 forderte er die Beklagte auf, ihrer
Freistellungsverpflichtung nachzukommen. Im Gegenzug warf die Beklagte dem Kläger
vor, fehlerhafte Angaben über die Miethöhe gemacht zu haben, und erklärte schließlich
durch Schreiben vom 13.12.1995 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Unter dem 27.02.1996
forderte der Kläger die Beklagte vergeblich zur Rückzahlung der 54.500,00 DM und
Rückübertragung der Wohnung auf.
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Wegen eines von der ursprünglichen Klageforderung umfaßten Teilbetrages in Höhe
von 6.212,82 DM haben beide Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt
erklärt.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen,
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1.
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an ihn 60.712,82 DM nebst 9,35 % Zinsen seit dem 20.03.1996 abzüglich am
25.02.1997 gezahlter 6.212,82 DM zu zahlen,
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2.
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den im Wohnungsgrundbuch von ... unter Band ... Blatt ... eingetragenen ...
Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung ... Flur ... Flurstück Gebäude und
Freifläche, ... groß ... Quadratmeter, verbunden mit dem Sondereigentum an der im
Obergeschoß gelegenen, im Aufteilungsplan mit Nr. ... bezeichneten Wohnung nebst
Kellerraum Nr. ... auf den Kläger aufzulassen.
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Die Beklagte hat die Klageforderung unter Ziffer 2 unter Protest gegen die Kostenlast
anerkannt und im übrigen beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat behauptet, der Kläger habe eine fehlerhafte Miethöhe zugesichert. Tatsächlich
habe die Differenz zwischen der zugesicherten und der erzielten Miethöhe jährlich ca.
1.700,00 DM betragen. Im übrigen sei sie für die Rückzahlungsforderung der 54.500,00
DM nicht passivlegitimiert; dieses Geld sei vertragsgemäß an die Firma ... GmbH
entrichtet worden.
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Durch das am 20.05.1997 verkündete Urteil hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts
Dortmund die Beklagte verurteilt, an den Kläger 54.500,00 DM nebst 4 % Zinsen aus
60.712,82 DM für die Zeit vom 20.03.1996 bis zum 24.02.1997 sowie aus 54.000,00 DM
seit dem 25.02.1997 zu zahlen; ferner hat sie sie entsprechend dem Anerkenntnis weiter
verurteilt, die näher bezeichnete Eigentumswohnung auf den Kläger aufzulassen.
Wegen der weiter gehenden Zinsforderung wurde die Klage abgewiesen.
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Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Beklagte sei nach der
Rückabwicklung des Vertrages zur Rückzahlung des sog. "Zuzahlungsbetrages" in
Höhe von 54.500,00 DM verpflichtet. Sie könne sich nicht darauf berufen, dieses Geld
sei an die Firma ... GmbH geflossen. Dieses Unternehmen sei durch die Beklagte nur
künstlich zwischengeschaltet worden, um ihre Vertragspartner zu täuschen; tatsächlich
bestehe zwischen der Beklagten und der Firma ... GmbH eine so enge Verflechtung,
daß aus Sicht des Klägers von einem einheitlichen Rechtsverhältnis ausgegangen
werden müsse. Die Beklagte sei daher im Hinblick auf die Rückzahlung des
Ausgleichsbetrages passivlegitimiert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe, Blatt 40
bis 44 der Akte, Bezug genommen.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der
Beklagten, mit der sie weiter ihre Passivlegitimation bezüglich des geltend gemachten
Rückforderungsanspruchs rügt und ferner darauf verweist, nach der mit der Firma ...
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GmbH getroffenen Vereinbarung müsse sich der Kläger im Falle einer Rückabwicklung
jedenfalls die entstandenen Aufwendungen (Kosten, Steuern, Gebühren, angefallene
Unterdeckung etc.) abziehen lassen. Darüber hinaus hat die Beklagte zunächst
hilfsweise die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegen den Kläger erklärt,
weil dieser sie über die Miethöhe arglistig getäuscht habe. In der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte diese Hilfsaufrechnung fallengelassen.
Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen, soweit sie nicht
bereits von der Beklagten anerkannt worden ist.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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notfalls ihm nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung
abzuwenden.
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Er ist der Auffassung, die Beklagte und die inzwischen aufgelöste Firma ... GmbH seien
als wirtschaftliche Einheit einzusehen, welche nur zur Täuschung der Vertragspartner in
zwei selbständige Rechtsträger aufgespalten worden sei.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
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1.
31
Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des "Zuzahlungsbetrages" in Höhe von
54.500,00 DM ergibt sich aus den §§ 326, 327, 346 BGB.
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Der zwischen den Parteien am 17.08.1992 geschlossene notarielle Kaufvertrag ist nicht
wegen der gleichzeitig getroffenen, aber nicht beurkundeten Zusatzvereinbarung über
den vom Kläger zu zahlenden weiteren Betrag in Höhe von 54.500,00 DM nichtig, da
ein etwa vorliegender Formmangel jedenfalls durch Auflassung und die Eintragung der
Käuferin als Eigentümerin im Wohnungsgrundbuch geheilt ist.
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Wesentliche Vertragspflicht der Beklagten war die Übernahme der auf dem Objekt
lastenden Verbindlichkeiten und die Freistellung des Klägers im Innenverhältnis.
Unstreitig hat die Beklagte jedoch nach Besitzübergang zwar die Mieten eingezogen,
jedoch keinerlei Zahlungen an die Gläubiger erbracht, so daß der Kläger alle
Schuldverpflichtungen weiter bedienen mußte. Die Beklagte hat demnach die ihr
obliegende Hauptleistungspflicht nach Eintritt der Fälligkeit, welche gemäß den §§ 3, 4
des Vertrages spätestens mit der Genehmigung durch den Verwalter eingetreten ist,
nicht erfüllt und ist somit in Verzug geraten.
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Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger etwa seinerseits eine wesentliche Pflicht aus
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dem Kaufvertrag nicht erfüllt hat. Zu denken ist hier an die in § 7 c des Vertrages
erwähnte Mietgarantie, die nach dem Vortrag der Beklagten nicht erfüllt wurde. Insoweit
beruft sich die Beklagte jedoch ausschließlich auf die von ihr erzielten Mieterträge,
welche mit den angeblich garantierten Mieten nicht übereinstimmten. Dieses
Rechenwerk ist nicht nachvollziehbar; es fehlt an einer substantiierten Darlegung und
Belegung der Umstände, aus denen sich eine Verletzung der Garantie durch den Kläger
ergibt. Hierzu hätte es der Darlegung bedurft, welche monatlichen Mieteinnahmen
konkret erzielt worden sind, in welcher Höhe monatliche Unkosten für die Beklagte,
nicht die Mieter, entstanden und von den Einnahmen abzusetzen sind, um so zum
Nettomietüberschuß zu gelangen. Der Vortrag der Beklagten läßt jedoch offen, ob und
ggf. in welcher Höhe insgesamt Nebenkosten zum Beispiel für Strom, Heizung,
Kanalisation, Wasser, Müllabfuhr, Straßenreinigung und Grundbesitzabgaben
angefallen und zu Recht die Nettomiete kürzend in die Abrechnung eingeflossen sind,
und ob nicht ggf. die vermeintlich niedrigen Erträge auf Mietausfall beruhen. Daß es
einer derart substantiierten Darlegung bedarf, um überhaupt einen Vergleich zwischen
den garantierten Mieterträgen und den tatsächlich geflossenen Beträgen ziehen zu
können, ist der Beklagten nicht zuletzt aufgrund der Senatshinweise und der
mündlichen Erörterungen in den Parallelverfahren 22 U 89/97 und 22 U 82/97 bekannt.
Eine Vertragsverletzung durch den Kläger ist damit insgesamt nicht substantiiert
vorgetragen, ebensowenig ein arglistiges Verhalten des Klägers.
Aus diesen Gründen ging auch der seitens der Beklagten durch Schreiben vom
13.12.1995 (Bl. 108 d.A.) erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag ins Leere; es fehlt jedenfalls
an einem Rücktrittsgrund.
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Die gemäß § 326 BGB erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist
spätestens durch das Schreiben des Klägers vom 18.08.1995 erfolgt. Die
Rücktrittserklärung des Klägers selbst ergibt sich jedenfalls aus dem Schreiben vom
27.02.1996, mit dem der Kläger keinen Zweifel daran läßt, daß er die Rückabwicklung
des Vertrages wünscht.
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Infolge des wirksamen Rücktritts ist das gesamte Rechtsverhältnis hinfällig geworden;
die Beklagte ist verpflichtet, die von ihr empfangenen Leistungen an den Kläger
zurückzugewähren. Hierzu zählt insbesondere der Zuzahlungsbetrag in Höhe von
54.500,00 DM.
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Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen dargelegt, daß die
Beklagte als Empfängerin dieser Geldleistung anzusehen ist, obwohl die
Zusatzvereinbarung vom 17.08.1992 dem äußeren Schein nach mit der Firma ... GmbH
geschlossen wurde. Es liegt ein einheitliches Rechtsverhältnis vor, denn der Kauf der
Immobilie und der Abschluß der sog. Individualvereinbarung standen miteinander in
einem untrennbaren Zusammenhang. Beide Geschäfte sollten miteinander stehen und
fallen. Insbesondere muß davon ausgegangen werden, daß die Beklagte den Ankauf
der Wohnung vom Kläger ohne die formaliter mit der Firma ... GmbH geschlossene
Zusatzvereinbarung nicht vorgenommen hätte. Es wäre für sie wirtschaftlich nachteilig
gewesen, und deshalb verstand sie den offiziell an die Firma Dr. ... zu leistenden Betrag
ausweislich ihres Schreibens vom 07.04.1995 selbst als Minderung des von ihr zu
erbringenden Kaufpreises. Die enge Verbindung der Geschäfte kommt auch dadurch
zum Ausdruck, daß in der Zusatzvereinbarung ausdrücklich auf den am selben Tage
geschlossenen Kaufvertrag Bezug genommen wird, und daß auf Seiten der Beklagten
der Geschäftsführer ... handelte, der im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang
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nunmehr auch für die Firma ... GmbH auftrat. Ferner ist dem Senat aus den genannten
Parallelverfahren bekannt, daß die Firma ... GmbH regelmäßig für die Beklagte während
der Vorverhandlungen mit den Interessenten agierte und der jeweils ausgehandelte
Zuzahlungsbetrag über die Firma ... GmbH letztlich an die Beklagte ging. Für eine
untrennbare Verknüpfung der beiden Firmen spricht nicht zuletzt, daß ausweislich der
sog. "Individualvereinbarung" vom 17.08.1992 dem Zuzahlungsbetrag keine werthaltige
Leistungspflicht der Firma ... GmbH gegenüber dem Kläger gegenüberstand. Vielmehr
sollte die Zuzahlung, wie die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung selbst vorträgt,
ausschließlich dazu dienen, die Firma ... GmbH wirtschaftlich in die Lage zu versetzen,
die durch den Kaufvertrag bei der Beklagten aufgetretene wirtschaftliche Lücke
(Unterdeckung) auszugleichen. Damit ist offensichtlich, daß es sich um eine der
Verschleierung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen dienende Konstruktion
handelte. Ungeachtet der äußerlich getrennten Verträge handelte es sich tatsächlich um
ein einheitliches Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger. Bei dieser
Sachlage erweist sich die Berufung der Beklagten auf ihre angeblich fehlende
Passivlegitimation als rechtsmißbräuchlich, weil sie den inhaltlichen Zusammenhang
der Verträge mißachtet und den Kläger einseitig auf die Folgen der künstlich
aufgespalteten zwei Verträge verweist. Dies muß erst recht gelten, nachdem die Firma
... GmbH - nach Vortrag der Beklagten "aus geschäftlichen Gründen" - aufgelöst worden
ist.
Nach allem ist die Beklagte im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung
passivlegitimiert.
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Gegenüber dieser Zahlungspflicht wendet die Beklagte im Ergebnis ohne Erfolg ein, der
Kläger müsse sich aufgrund der Individualvereinbarung vom 17.08.1992 ihre
Aufwendungen insbesondere für den Notar, für die Eintragung ins Grundbuchamt, für
die Grunderwerbssteuern und für eine gezahlte Maklerprovision anrechnen lassen.
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Zwar ist es der Beklagten infolge der Einheitlichkeit des Rechtsverhältnisses
unbenommen, sich auf diese Vereinbarung zu berufen. Es ist jedoch bereits fraglich, ob
hieraus überhaupt ein vertraglicher Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten
abzuleiten ist, weil sie für den Fall der Rückabwicklung des Vertrags lediglich die
Bereitschaft
zurückzugewähren, mithin nur die vom Gesetz ohnehin festgelegte Folge der
Rückabwicklung darstellt. Ob die nachfolgende Einschränkung dieser "Bereitschaft" in
bezug auf die sog. "Aufwendungen" als vertraglich bindende Verpflichtung zum Abzug
eines Aufwendungsersatzes angesehen werden kann, erscheint durchaus zweifelhaft.
Letztlich kann diese Frage aber offen gelassen werden, weil die
"Individualvereinbarung" jedenfalls wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz (§ 9
AGBG) insoweit unwirksam ist.
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Die Regelungen des AGB-Gesetzes sind auf die von der Beklagten durch die Fa. ...
regelmäßig verwandten sog. "Individualvereinbarungen" anwendbar. Es handelt sich
um formularmäßig vorbereitete, von der Beklagten für alle Grundstücksgeschäfte der
vorliegenden Art vorgesehene und verwandte Vertragsbedingungen, die auch im
vorliegenden Fall zum Inhalt der beiderseitigen Vertragserklärungen gemacht wurden.
Sie unterliegen daher der von Amts wegen vorzunehmenden Inhaltskontrolle nach dem
AGB-Gesetz.
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Mit der von der Beklagten für sich in Anspruch genommenen Klausel möchte sie die von
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ihr (in Gestalt der Fa. ... GmbH) für das Grundstücksgeschäft getragenen Kosten wie
Maklerkosten, Provisionen, Notar- und Gerichtskosten von der erhaltenen Zuzahlung
abziehen. Der Sache nach handelt es sich bei diesen Positionen nicht um Leistungen,
die der Kläger erhalten hat oder die dem Kaufgegenstand zugute gekommen sind,
sondern um Beträge, die im Zuge der Abwicklung des Vertrages entstanden sind. Es
geht also nicht um notwendige Verwendungen, welche der Rückgewährschuldner ggf.
gemäß § 347 S. 2 BGB in Verbindung mit § 994 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen könnte,
sondern um Vertragskosten. Eine Erstattung dieser Beträge ist nach den gesetzlichen
Regelungen nicht möglich, da eine dem § 467 Satz 2 BGB vergleichbare Regelung über
die Vertragskosten, die im übrigen auch nur den Wandlungs- bzw. Rücktrittsberechtigten
begünstigt, bei der Regelung des gesetzlichen Rücktrittsrechts fehlt und § 467 S. 2 BGB
weder direkt noch analog anzuwenden ist (BGH NJW 1985, 2697). Aufwendungen im
Zusammenhang mit dem Vertragsschluß und der Vertragsdurchführung, bei denen es
sich nicht um notwendige Verwendungen auf die Sache handelt, können ausschließlich
im Wege des Schadensersatzes geltend gemacht werden (Staudinger-Otto, BGB, 13.
Aufl., § 327 Rz. 38). Ein solcher Anspruch der Beklagten ist jedoch, wie oben dargelegt,
nicht gegeben.
Daraus folgt, daß die Beklagte sich jedenfalls - ungeachtet der oben dargelegten
Bedenken - mit der streitigen Klausel eine Leistung hat versprechen lassen, die im
Gesetz dem Grunde nach nicht vorgesehen ist. Daraus ergibt sich indes noch nicht die
Unwirksamkeit der Klausel, denn im Geschäftsverkehr ist nicht selten in AGB ein
Aufwendungsersatz zugunsten des Verwenders vorgesehen, durch den - über die
gesetzliche Regelung hinausgehend - dessen vertragsbedingte Kosten liquidiert
werden können. Dies ist nicht als unangemessen zu bewerten, wenn der Rücktrittsgrund
vom Kunden zu vertreten ist oder jedenfalls in dessen Risikobereich fällt (Wolf-Horn-
Lindacher, AGBG, 3. Aufl. § 10 Nr. 7 Rdnr. 21; Schmidt in Ulmer-Brandner-Hensen,
AGBG, 8. Aufl., § 10 Nr. 7 Rz. 13). Hat jedoch - wie hier - der Verwender der AGB den
Rücktritt zu verantworten, so stellt sich die Begründung einer Ersatzpflicht des
Rücktrittsberechtigten als eine unangemessene Risikoverteilung zu Lasten des Kunden
dar, der ungeachtet seines berechtigten Vorgehens mit den eigenen und den fremden
Vertragskosten belastet bliebe, während die Gegenseite trotz ihres zum Rücktritt
berechtigenden (Fehl-) Verhaltens Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen könnte und
somit im Ergebnis schadlos bliebe. Eine derartige Vereinbarung durch AGB weicht so
sehr von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab, daß sie als
unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners anzusehen und daher gem. § 9
AGBG unwirksam ist.
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2.
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Zu Recht hat das Landgericht der Beklagten auch die Kosten bezüglich des von ihr
anerkannten Auflassungsanspruches auferlegt. Ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne
von § 93 ZPO liegt nicht vor.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten hat sie sich vorprozessual zu keinem Zeitpunkt
mit einer bedingungslosen Rückauflassung auf den Kläger einverstanden erklärt.
Vielmehr hat sie nicht nur auf die Aufforderungen des Klägers zur Vertragserfüllung mit
ihrem unberechtigten Rücktritt vom Vertrage durch Schreiben vom 13.12.1995 reagiert,
sondern zudem ihre angekündigte Bereitschaft zur Rückauflassung mit der Forderung
verknüpft, damit sollten alle Ansprüche des Klägers, insbesondere die
Zahlungsansprüche, erledigt sein. Auch in dem nachfolgenden Schreiben vom
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23.01.1996 hat sie lediglich eine Zahlung in Höhe von 15.000,00 DM angeboten.
Nachdem der Kläger auch diese Modalität zurückwies und durch Schreiben vom
27.02.1996 neben der Rückauflassung Rückzahlung der 54.500,00 DM sowie Zahlung
der vereinnahmten Mieten begehrte, erklärte sich die Beklagte nur mit der
Rückauflassung einverstanden. Mit dieser Teilleistung brauchte sich der Kläger nicht
zufriedenzugeben. Insgesamt hat danach die Beklagte Veranlassung zur Klage
gegeben. Von einem sofortigen Anerkenntnis kann nicht die Rede sein, zumal sie
bezüglich des Rückauflassungsanspruches noch in der Klageerwiderung vom
24.02.1997 zunächst einen Abweisungsantrag ankündigte.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Ziff. 10 ZPO.
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Verkündet am 14. Mai 1998
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,Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
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