Urteil des OLG Hamm vom 01.12.2008
OLG Hamm: stadt, grundstück, entschädigung, eigentümer, genehmigung, einwirkung, klagegrund, eigentum, kausalität, ausnahme
Oberlandesgericht Hamm, 5 U 161/08
Datum:
01.12.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 161/08
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Juli 2008 verkündete
Urteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckbaren Betrags
abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in
Höhe von 100 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
(§ 540 ZPO)
2
A)
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Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Der Kläger verlangt von den Beklagten
Entschädigung nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB für Zeitaufwand, Aufwendungen und
vermeintliche Schäden, die ihm durch die Einwirkungen von zwei in unmittelbarer Nähe
zur Grundstücksgrenze auf dem Grundstück der Beklagten befindlichen Buchen
entstanden sein sollen.
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Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien einschließlich der genauen
Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den
Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
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Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 1.387,53 € stattgegeben. Zur Begründung
hat es ausgeführt, dass der Kläger einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in dieser
Höhe aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB habe. Entschädigung könne der Kläger verlangen für
die Reinigung der Dachrinnen in Höhe von 627,53 € und für die durch Laubabfall
verursachten Aufräumarbeiten in Höhe von 720,- € (72 Std. mal 10,- €). Darüber hinaus
könne er Deponiekosten für 120 Müllsäcke in Höhe von 40,- € ersetzt verlangen.
Weitergehende Ansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Das Kläger-vorbringen zur
notwendig gewordenen Instandsetzung des Balkons sei unsubstantiiert. Der Schaden
an seinem Pkw sei von seiner Versicherung reguliert worden. Entschädigung für die
Anschaffung eines gebrauchten Anhängers könne der Kläger nicht verlangen, da ihm
der Anhänger auch ansonsten jederzeit für andere Zwecke zur Verfügung stehe.
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Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
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Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ferner
behaupten sie, die Buchen seien 80 bis 90 Jahre alt, und meinen, sie seien keine
Störer, da sie - unstreitig - die Bäume nicht gepflanzt haben. Im übrigen sind sie der
Auffassung, es würden keine wesentlichen bzw. zumutbare Beeinträchtigungen
vorliegen.
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Die Beklagten beantragen,
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unter Abänderung des am 23.07.2008 verkündeten Urteil des Landge- richts Detmold
(Az. 12 O 184/07) die Klage insgesamt abzuweisen;
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen;
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unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten als
Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn weitere 25.804,07 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 27.06.2007 zu zahlen.
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Der Kläger wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Des weiteren
behauptet er, die auf seinem Grundstück entstehenden Immissionen würden praktisch
ausschließlich von den beiden Buchen verursacht. Er meint, eine ortsübliche Benutzung
des Grundstücks durch die Beklagten sei schon deshalb zu verneinen, weil - unstreitig -
die Buchen nicht einmal einen Grenzabstand vom 2 m einhalten.
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Der Kläger hat bei der Stadt Detmold eine Ausnahmegenehmigung zum Fällen der
Bäume nach § 5 der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt E2 vom
17.09.2001 beantragt. Diese ist ihm versagt worden. Die Stadt hat stattdessen unter dem
19.08.2005 lediglich eine Genehmigung zum Rückschnitt der Buchen maximal bis zur
Grenzlinie und zur Kronenauslichtung von maximal 15 % erteilt. Mit seinem darüber
hinausgehenden Begehren auf Erteilung einer Genehmigung zum Fällen der beiden
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Bäume ist der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Minden abgewiesen worden (Urteil
vom 29.8.2005, Az. 9 K #####/####). Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist durch
Beschluss des OVG Münster vom 20.12.2005 (Az. 8 A #####/####) abgelehnt worden.
Im Verfahren vor dem Landgericht Detmold, Az. XXXXXX, haben die Parteien über die
Frage gestritten, ob die Beklagten verpflichtet sind, die streitgegenständlichen Buchen
zu fällen. Dies hatte der Kläger mit der Behauptung begehrt, dass es technisch
ausgeschlossen sei, die Beschattung und Verunreinigung seines Grundstücks durch die
beiden Buchen anders zu beseitigen als durch deren Entfernung. Hilfsweise hatte er
beantragt festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm als Gesamtschuldner
jeglichen Schaden zu ersetzen, der durch die Einwirkung der beiden
streitgegenständlichen Bäume durch Laub- und Fruchtbefall sowie Ver-moosung der
Dächer entsteht. In der Berufung ist die Klage insgesamt abgewiesen worden (Urteil des
Senats vom 23.03.2006, Az. XXXXX). Einen Anspruch des Klägers auf Beseitigung der
Buchen hat der Senat mit der Begründung verneint, dass der Kläger die Bäume gemäß
§ 1004 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Baumschutzsatzung der Stadt E2 zu dulden
hat.
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B)
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Berufung des Klägers ist
zulässig, aber unbegründet.
19
I.
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Die Klage ist zulässig. Dadurch, dass der Senat im Vorprozess die Klage insgesamt
abgewiesen hat, ist nicht bereits rechtskräftig entschieden, dass dem Kläger gegen die
Beklagten wegen der von den beiden Buchen ausgehenden Emissionen keine
Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche zustehen.
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Zwar hat das Berufungsgericht über den hilfsweise vorgebrachten, vom Erstrichter nicht
berücksichtigten Klagegrund mitzuentscheiden, wenn es den ersten, vom Erstrichter als
durchschlagend angesehenen Klagegrund nicht für begründet hält. Hat der Erstrichter
den Hauptantrag zuerkannt, muss also auf die Berufung des Beklagten das
Berufungsgericht, das den Hauptantrag für unbegründet hält, über den Hilfsantrag
entscheiden, ohne dass es einen besonderen Antrags oder gar des
Anschlussrechtsmittels des Klägers bedarf (vgl. Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, § 528 Rn
19, 20). Im Vorprozess hat der Kläger seine Hilfsanträge in der Berufung allerdings nicht
weiterverfolgt. In der Berufungsbegründung hat er lediglich noch den Hauptantrag
gestellt. Mit der Abweisung der Klage ist deshalb auch nicht rechts-kräftig festgestellt,
dass keine Verpflichtung der Beklagten besteht, durch Einwirkung der beiden Buchen
entstehende Schäden zu ersetzen, da eine Entscheidung über den vorgenannten
Hilfsantrag nicht ergangen ist.
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II.
23
Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von 27.191,60 Euro
aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog, der einzigen in Betracht kommenden
Anspruchsgrundlage, zu.
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Gehen von der ortsüblichen Benutzung eines Grundstücks Einwirkungen i.S. von § 906
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Abs. 1 S. 1 BGB auf ein anderes Grundstück aus und beeinträchtigen sie dessen
Benutzung wesentlich, und muss der betroffene Grundstückseigentümer die
Einwirkungen dulden, kann er von dem Eigentümer des anderen Grundstücks
grundsätzlich nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB einen angemessenen Ausgleich in Geld
verlangen, wenn die Einwirkungen eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder
dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigen (vgl. BGH NJW 04, 1037
ff.). Laubabfall bzw. das Abfallen von Bucheckern und Blüten auf ein
Nachbargrundstück gehören auch - anders als die vom Kläger ebenfalls gerügte
Verschattung durch die Buchen (vgl. Senat MDR 1999, 930 f.; Palandt-Bassenge, BGB,
§ 906 Rn 4) - zu den "ähnlichen Einwirkungen" i.S. des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl.
BGH NJW 04, 1037 ff.; OLG G NJW 1988, 2618 ff.; OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 204 f.).
1.
26
Im vorliegenden Fall ist bereits eine wesentliche Beeinträchtigung des
Klägergrundstücks durch die von den Buchen ausgehenden Einwirkungen nicht
ersichtlich.
27
Maßgebend für die Frage, ob eine Einwirkung wesentlich ist oder nicht, ist das Ausmaß,
in dem die Benutzung nach der tatsächlichen Zweckbestimmung des Grundstücks
gestört wird (MüKo-Säcker, BGB, § 906 Rn 34). Dabei ist auf das Empfinden eines
"verständigen Durchschnittsmenschen" und das, was diesem unter Würdigung anderer
öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist, abzustellen. Damit können auch
wertende Momente, wie zum Beispiel die Beachtung des Naturschutzes und des
Umweltbewusstseins der Bevölkerung, in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. BGH
NJW 04, 1037 ff.).
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Soweit der Kläger geltend macht, er müsse aufgrund der von den Buchen ausgehenden
Beeinträchtigungen (nach den Ausführungen des Klägers im Senatstermin auch
aufgrund der von den auf dem Grundstück der Beklagten vorhandenen Obstbäumen und
der dort stehenden Hecke ausgehenden Einwirkungen) 72 Stunden im Jahr Laub,
Bucheckern und Äste beseitigen, er müsse einmal im Jahr das Dach seines Hauses
abstrahlen, er müsse zweimal im Jahr die Abwasserkanäle säubern und er müsse
jährlich ca. 120 Säcke (nach den Ausführungen des Klägers im Senatstermin: 80 Säcke)
an Blättern, Bucheckern und Zweigen sammeln und zur Deponie abfahren, liegen keine
Einwirkungen vor, die den Wohngenuss oder die Grundstücksnutzung dauerhaft und
nachhaltig beeinträchtigen. Vielmehr handelt es sich um jahreszeitlich bedingte und
beschränkte Einwirkungen, für deren Beseitigung ein relativ geringer Zeit- und
Arbeitsaufwand erforderlich ist. Ein durchschnittlich empfindender und denkender
Anwohner ohne besondere Empfindlichkeit würde die geschilderten Beeinträchtigungen
ohne Entschädigungsverlangen hinnehmen. Dies gilt umso mehr, als der Begriff der
Wesentlichkeit entsprechend der Änderung der allgemeinen Umweltverhältnisse und
der Einstellung der Bevölkerung einem ständigen Wandel unterworfen ist. Das
geschärfte allgemeine Bewusstsein und das Streben nach Erhaltung herkömmlicher
Baumbestände darf deshalb auch in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt
bleiben. Billigte man hier großzügig Ausgleichsansprüche zu, würde dies dazu führen,
dass viele Eigentümer sich ihrer Bäume entledigten, nur um solchen Ansprüchen zu
entgehen (vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 204 f.).
29
Deshalb könnte hier eine wesentliche Beeinträchtigung nur dann bejaht werden, wenn
die Einwirkungen der Buchen bereits objektiv feststellbare physische Auswirkungen auf
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das Eigentum des Klägers hätten. In einem solchen Fall ist die Grenze von der
Unwesentlichkeit zur Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen nämlich in jedem Fall
überschritten (vgl. BGH NJW 04, 1037 ff.). Der Kläger behauptet zwar solche physische
Auswirkungen und trägt vor, der an seinem Haus befindliche Balkon sei so stark durch
Feuchtigkeitsschäden, Laubfall etc. geschädigt worden, dass ein Ersatz notwendig sei.
Allerdings ist - ganz abgesehen von den Fragen, ob der diesbezügliche Vortrag des
Klägers überhaupt hinreichend substantiiert ist, ob der Kläger die Höhe des geltend
gemachten Schadens schlüssig dargelegt hat, und inwieweit sich der Kläger ein
Mitverschulden anrechnen lassen muss - bereits eine Kausalität zwischen den
Einwirkungen der Buchen und der behaupteten Verrottung des Balkons nicht ersichtlich.
Denn es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass der Umstand, dass sich Laub auf der
für eine Verwendung im Freien vorgesehenen Holzkonstruktion angesammelt hat, dazu
geführt haben soll, dass der Balkon marode ist.
2.
31
Zudem steht einem Entschädigungsanspruch des Klägers entgegen, dass er die
Buchen nach dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 23.03.2006 (Az. 5 U 156/05)
gemäß § 1004 Abs. 2 BGB i. V. m. der Baumschutzsatzung der Stadt E2 zu dulden hat.
32
a)
33
Ein Anspruch aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn der
Beseitigungsanspruch durch eine Baumschutzsatzung ausgeschlossen ist. Denn wie
die Wortwahl "hiernach" in § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zeigt, besteht der Ausgleichsan-
spruch nur, wenn die Duldungspflicht auf § 906 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB beruht. Dem
liegt zugrunde, dass derjenige, der die ihn bindende öffentlich-rechtliche Verpflich-tung
befolgt, den Baumbestand zu erhalten, nicht zugleich wegen des von diesem
zwangsläufig ausgehenden Laubfalls privatrechtlich haftbar gemacht werden kann. Er
ist nämlich selbst gehindert, die Ursache für die Zahlungspflicht zu beseitigen. Nicht
allein er ist aus seinem Eigentum sozialpflichtig in der Weise, den Baum dulden zu
müssen, sondern auch der Nachbar in der Weise, dass er die Einwirkungen des
Baumes ohne Ausgleichsanspruch hinnehmen muss (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1991,
1364 ff.; LG B NJW 1987, 1271 f.; LG Dortmund NJW-RR 1987, 1101; Staudinger-Roth,
BGB-Neubearbeitung 2002, § 906 Rn 251; Otto, Zivil-rechtliche Auswirkungen von
Baumschutzregelungen, NJW 1989, 1783 ff.).
34
b)
35
Eine andere Entscheidung wäre geboten, wenn das Anpflanzen der Bäume als
rechtswidrig anzusehen wäre (vgl. Staudinger-Roth, BGB-Neubearbeitung 2002, § 906
Rn 251), die Beklagten mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der
Buchen beantragen könnten (vgl. BGH NZM 05, 318 f.; BGH NJW 04, 3701ff.), oder die
Erteilung einer Ausnahmegenehmigung daran scheitert, dass eine Beseitigung der
Bäume jetzt dem Zweck der Baumschutzsatzung widerspricht, weil die Störer bisher
pflichtwidrig das ungehinderte Wachstum der Bäume hingenommen haben (vgl. BGH
NZM 05, 318 ff.).
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Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass das Anpflanzen der - mindestens 60 Jahre
alten - Bäume als rechtswidrig anzusehen ist oder die Beklagten pflichtwidrig das
ungehinderte Wachstum der Bäume hingenommen bzw. es zugelassen haben, dass die
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Buchen in diesem Umfang wachsen. Jedenfalls mangelt es insoweit an jeglichem
substantiierten Vorbringen des darlegungs- und beweis-belasteten Klägers. Unstreitig
ist, dass die Beklagten die Bäume nicht gepflanzt haben. Der Kläger hat aber nicht
einmal dargelegt, wann die Beklagten Eigentümer des Grundstücks geworden sind.
Auch fehlt Vortrag dazu, ob die Beklagten zu diesem Zeitpunkt oder später verpflichtet
und in der Lage gewesen wären, die Bäume zu beseitigen oder zumindest soweit
zurückzuschneiden, dass sie sein Grundstück nicht beeinträchtigen.
Auch die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Bäume ist für
die Zukunft nicht zu erwarten. Es ist nicht nur rechtskräftig festgestellt, dass die beiden
Buchen dem Schutz der örtlichen Baumschutzsatzung unterliegen, sondern auch, dass
dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der gemäß § 3 Abs. 1 S. 1
der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt E2 vom 17.09.2001
grundsätzlich verbotenen Entfernung der Buchen zusteht (vgl. VG Minden, Urteil vom
29.08.2005, Az. 9 K #####/####; OVG NRW, Beschluss vom 20.12.2005, Az. 8 A
#####/####). Unter Berücksichtigung der Umstände, dass die Baumschutzsatzung der
Stadt E2, hier insbesondere § 5, der "Ausnahme und Befreiungen” regelt, seitdem keine
Änderung erfahren hat, und auch die Sach- und Rechtslage seit dem rechtskräftigen
Abschluss des Verwaltungsverfahrens gleich geblieben ist, besteht deshalb nach wie
vor keine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot, die Buchen zu fällen, so dass die
Inzidententscheidung, die das Zivilgericht in diesem Zusammenhang vorzunehmen hat
(vgl. BGH NZM 05, 318 f.; BGHNJW 04, 3701ff.), ergibt, dass die Beklagten nicht mit
Erfolg eine Ausnahmegenehmigung beantragen könnten.
38
c)
39
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB kommt
letztlich auch nicht vor dem Hintergrund in Betracht, dass die Stadt unter dem
19.08.2005 die Genehmigung zum Rückschnitt der Buchen maximal bis zur Grenzlinie
und eine Kronenauslichtung von maximal 15% erteilt hat, und der Kläger behauptet, die
Beklagten hätten bis heute keine Rückschnittarbeiten durchgeführt. Letztgenannte
Behauptung wird nämlich nicht nur von den Beklagten bestritten, die - unter Vorlage von
Lichtbildern und entsprechenden Rechnungen im Senatstermin - vorgetragen haben, sie
hätten immer das getan, was die Stadt E2 ihnen erlaubt hat, und die Bäume würden
jedes Jahr geschnitten. Zudem hält der Kläger selbst, wie sich aus seinen Ausführungen
im Vorprozess ergibt, ein Zurückschneiden allein für nicht geeignet, die von ihm
gerügten Beeinträchtigungen zu beseitigen. Er meint vielmehr, nur die Beseitigung der
Bäume könne das Problem lösen. Damit fehlt es aber nach dem eigenen Vorbringen
des Klägers an der Kausalität zwischen angeblich nicht vorgenommenen
Rückschnittarbeiten und dem Eintritt der hier für eine Entschädigung herangezogenen
Beeinträchtigungen durch die Buchen, so dass auch hierauf kein
Entschädigungsanspruch gestützt werden kann.
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Im übrigen geht der Anspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB nicht auf Schadensersatz,
sondern auf angemessenen Ausgleich in Geld. Er richtet sich als Folgeanspruch aus
der Duldungspflicht des Abs 2 S 1 an der ortsüblichen Nutzung des Grundstücks aus
und wird nur für den Teil der Beeinträchtigungen gewährt, der unzumutbar ist. Damit ist
er betragsmäßig i.d.R. niedriger als ein Schadens-ersatzanspruch (vgl. BeckOK-
Fritzsche, BGB, § 906 Rn 78, 79 m.w.N.; Palandt-Bassenge, BGB, § 906 Rn 27).
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Soweit der Kläger seinen Entschädigungsanspruch auf beklagtenseits angeblich nicht
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durchgeführte Rückschnittarbeiten hätte stützen wollen, hätte er daher substantiiert
darlegen müssen, welche - zusätzlichen – unzumutbaren Beein-trächtigungen auf die
fehlenden Rückschnittarbeiten zurückzuführen sein sollen. Dazu fehlt es an Vortrag des
Klägers. Dieser unterscheidet nicht nur nicht zwischen Laubbefall der Buchen an sich
und Laubbefall aufgrund nicht durchgeführter Rückschnittarbeiten. Er differenziert auch
nicht zwischen den von den Buchen ausgehenden Einwirkungen und den Emissionen
der übrigen auf seinem Grund-stück, dem Grundstück der Beklagten oder in der
Nachbarschaft stehenden Bäume und Sträucher. Da Entschädigung nur für die
unzumutbaren Beeinträchtigungen verlangt werden kann, hätte der Kläger aber zu Art
und Größe der eigenen und umliegenden Anpflanzungen vortragen und zwischen den
insoweit entstehenden Einwirkungen konkret unterscheiden müssen. Es ist nämlich zu
berücksichtigen, dass sich die Grundstücke der Parteien offensichtlich in einem seit
vielen Jahren gewachsenen Wohngebiet mit teilweise hohem Baumbestand befinden,
weshalb das Grundstück des Klägers - wie auch die benachbarten Grundstücke - auf
jeden Fall dem Abfallen von Laub, Nadeln, Zapfen und anderen pflanzlichen
Bestandteilen der eigenen und fremden Bäume und Sträucher ausgesetzt ist. Deshalb
muss der Kläger - ebenso wie seine Nachbarn - ohnehin Reinigungsarbeiten auf
seinem Grundstück vornehmen, um das Laub und Ähnliches zu entfernen. Für diese
Einwirkungen kann der Kläger aber keine Entschädigung geltend machen.
III.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10,
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711 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen
Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
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