Urteil des OLG Hamm vom 03.07.2003
OLG Hamm: eintragung im handelsregister, auflösung der gesellschaft, firma, gesellschafter, kommanditgesellschaft, verfügung, erlöschen, liquidation, androhung, einspruch
Oberlandesgericht Hamm, 15 W 375/02
Datum:
03.07.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 375/02
Vorinstanz:
Landgericht Detmold, 8 T 6/02
Tenor:
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts
Detmold vom 6. Juni 2002 werden aufgehoben.
Der Gegenstandswert für das Verfahren vor dem Senat wird auf 1.500,-
Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
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I.
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Über das Vermögen der T3 Gesellschaft für Transport, Spedition und Entsorgung GmbH
&Co KG (im folgenden: T3 GmbH &Co KG) sowie der W mbH als persönlich haftende
Gesellschafterin (im folgenden W GmbH) und der I Werke Gebr. W GmbH &Co KG als
Kommanditistin (im folgenden I GmbH &Co KG) ist mit Beschlüssen des Amtsgerichts
Detmold vom 1. September 2001 zu den Aktenzeichen 10c IN 22, 24 und 20/01 jeweils
das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 2) zum Insolvenzverwalter bestellt
worden.
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Mit Verfügung vom 8. Oktober 2001 hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 2)
aufgefordert, die Auflösung der Firma T2 GmbH &Co KG und das Erlöschen der Firma
in beglaubigter Form zur Eintragung im Handelsregister anzumelden. Mit der dem
Beteiligten zu 2) am 7. März 2002 zugestellten Verfügung vom 27. Februar 2002 hat das
Amtsgericht diesem unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.500,- Euro
aufgegeben, der durch Verfügung vom 8. Oktober 2001 aufgegebenen Verpflichtung
binnen zwei Wochen nachzukommen oder die Unterlassung durch Einspruch zu
rechtfertigen. Mit der dem Beteiligten zu 2) am 4. April 2002 zugestellten Verfügung vom
27. März 2002 hat das Amtsgericht diesem unter Hinweis auf die Verfügung vom 27.
Februar 2002 eine weitere Frist von drei Wochen eingeräumt.
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Mit Schreiben vom 16. April 2002 hat der Beteiligte zu 2) Einspruch eingelegt. Das
Amtsgericht hat nach Anhörung des Beteiligten zu 2) im Termin vom 5. Juni 2002 mit
Beschluss vom darauf folgenden Tag den Einspruch des Beteiligten zu 2) gegen die
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Verfügungen vom 27. Februar und 27. März 2002 verworfen und gegen ihn ein
Zwangsgeld von 1.500,- Euro festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 2 rechtzeitig sofortige Beschwerde
eingelegt, die das Landgericht - Kammer für Handelssachen - durch Beschluss vom 13.
August 2002 zurückgewiesen hat.
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Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2), die dieser
rechtzeitig mit Schriftsatz vom 28. August 2002 bei dem Oberlandesgericht eingelegt
hat.
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II.
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Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 139 Abs. 1, 27, 29 FGG statthaft
sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2)
folgt bereits daraus, daß seine Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
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In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts
auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Auf die sofortige weitere
Beschwerde des Beteiligten zu 2) hin waren der angefochtene Beschluss und der
Beschluss des Amtsgerichts vom 6. Juni 2002 aufzuheben.
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In sachlicher Hinsicht hat sich das mit einer zulässigen Erstbeschwerde befasste
Landgericht zur Begründung der Zurückweisung der Erstbeschwerde zunächst auf die
Gründe des amtsgerichtlichen Beschlusses gestützt. Insoweit hat das Amtsgericht zur
Begründung seines Beschlusses vom 6. Juni 2002 wie folgt ausgeführt:
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Gem. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB führe die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen eines Gesellschafters mangels abweichender Bestimmung im
Gesellschaftsvertrag zum Ausscheiden des Gesellschafters. Im vorliegenden Fall seien
daher sowohl die Komplementärin als auch die Kommanditistin mit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über ihr jeweiliges Vermögen aus der Gesellschaft ausgeschieden.
Zwar führe im Regelfall nicht schon die Auflösung der Gesellschaft, sondern erst der
Abschluss der Liquidation des Gesellschaftsvermögens zur Beendigung der
Gesellschaft und damit zum Erlöschen der Firma. Dies gelte hier jedoch nicht, da die
Firma T2 GmbH &Co KG mit dem Ausscheiden ihrer beiden Gesellschafter
liquidationslos erloschen sei. Daher sei das Erlöschen der Firma durch den Beteiligten
zu 2) als Insolvenzverwalter zum Handelsregister anzumelden.
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Ergänzend hat das Landgericht ausgeführt: Nach dem klaren Wortlaut des § 131 Abs. 3
S. 1 Nr. 2 HGB erfolge das Ausscheiden des Gesellschafters, über dessen Vermögen
das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, unmittelbar. Da hier beide Gesellschafter
ausgeschieden seien, ergebe sich als zwingende Folge die Pflicht, die Auflösung nach
§ 143 HGB zum Handelsregister anzumelden. Soweit die Durchführung der Liquidation
auf praktische Schwierigkeiten stoße, rechtfertige dies angesichts des eindeutigen
Gesetzeswortlauts eine analoge Anwendung anderer Vorschriften nicht.
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Diese Begründung hält einer rechtlichen Nachprüfung durch den Senat nicht stand.
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Gem. § 31 Abs. 2 S. 1 HGB ist das Erlöschen der Firma der Kommanditgesellschaft -
abgesehen vom Fall der Löschung nach Abschluss der Liquidation gem. § 157 HGB -
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nach den Vorschriften des § 29 HGB zur Eintragung in das Handelsregister
anzumelden. Nach § 14 S. 1 HGB ist derjenige, der seiner Pflicht zur Anmeldung zum
Handelsregister nicht nachkommt, von dem Registergericht hierzu durch Festsetzung
eines Zwangsgeldes anzuhalten. Gem. § 132 FGG hat das Registergericht, sobald es
von einem sein Einschreiten nach § 14 HGB rechtfertigenden Sachverhalt glaubhaft
Kenntnis erlangt, dem Beteiligten unter Androhung eines unter Androhung eines
Zwangsgeldes aufzugeben, innerhalb einer bestimmten Frist seiner gesetzlichen
Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gegen die
Verfügung zu rechtfertigen.
Gem. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen des Gesellschafters mangels abweichender Bestimmung im
Gesellschaftsvertrag zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft. Nach dem
eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ist die Firma W GmbH mit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aus der Firma T2 GmbH &Co KG
ausgeschieden. Ob das Ausscheiden des Komplementärs unmittelbar die Auflösung der
Kommanditgesellschaft zur Folge hat, weil deren einziger Komplementär
ausgeschieden ist und die Komplementärstellung nicht durch einen neu eingetretenen
Gesellschafter oder den bisherigen Kommanditisten übernommen worden ist, oder ob
für den Fall, dass eine Gesellschafter-Gesellschaft Komplementär ist, in Anlehnung an §
131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB erst deren Vollbeendigung zur Auflösung der
Kommanditgesellschaft führt (vgl. zum Meinungsstand: Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl.,
§ 131 Rdn. 20, 36; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 1. Aufl. 2001 § 131 Rdn. 23,
45 jeweils m.w. N.), kann im vorliegenden Fall dahin gestellt bleiben, da es darauf im
Ergebnis nicht entscheidend ankommt. Selbst wenn man mit den Vorinstanzen davon
ausgeht, dass die T2 GmbH &Co KG mit dem durch die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens herbeigeführten Ausscheiden ihrer Komplementärin aufgelöst
worden ist, so führte dies jedenfalls aber nicht zu einem liquidationslosen Erlöschen der
Gesellschaft und damit zur Löschung der Firma.
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Die Auflösung der Gesellschaft bedeutet i.d.R. nur den Übergang von der dem
Gesellschaftszweck gewidmeten werbenden Tätigkeit in die Abwicklung. Die
Abwicklung (Liquidation) ist die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern, die sich
als gesetzliche Regelfolge an die Auflösung anschließt, sofern nicht eine andere Art der
Auseinandersetzung vereinbart oder über das Vermögen der Gesellschaft das
Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Erst die vollständige Abwicklung bewirkt die
Vollbeendigung, an die sich gem. § 157 HGB die Löschung der Firma der
Kommanditgesellschaft im Handelsregister anschließt. Mit der Auflösung einher geht die
Vollbeendigung dann, wenn nach dem Ausscheiden eines oder mehrerer Gesellschafter
nur noch ein Gesellschafter übrigbleibt. In diesen Fällen des liquidationslosen
Erlöschens, die nicht der Regelung des § 131 und § 157 HGB unterfallen, erlischt die
Gesellschaft und sämtliche Aktiva und Passiva gehen im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über, der dann den
Ausscheidenden abzufinden hat (vgl. Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., § 131
Rdn.10f). Daraus ergibt sich, dass die von dem Amtsgericht gezogene und von dem
Landgericht im Ergebnis bestätigte Schlussfolgerung, ein Fall des liquidationslosen
Erlöschens mit der Folge einer Anzeigepflicht aus § 31 Abs. 2 HGB liege erst recht vor,
wenn nicht nur der eine sondern beide Gesellschafter einer zweigliedrigen Gesellschaft
ausscheiden, bereits vom Ansatz her verfehlt ist. Ein Fall des liquidationslosen
Erlöschens, der gleichzeitig zur Vollbeendigung und zur Löschung der Firma der
Kommanditgesellschaft führt, liegt deshalb nicht vor, weil nach dem Ausscheiden der
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Komplementärin und der Kommanditistin kein Gesellschafter aus der
Kommanditgesellschaft verblieben ist, auf den die Gesellschaftsanteile hätten
übergehen und der die ausscheidenden Gesellschafter hätte abfinden können.
Dem Regelfall der Praxis entsprechend ist auch im vorliegenden Fall die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschafter mit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kommanditgesellschaft einhergegangen.
Gem. § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist die T2 GmbH &Co KG mit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aufgelöst worden. Aufgrund dessen schließt
sich an die Auflösung das nach Maßgabe der Insolvenzordnung ablaufende
Insolvenzverfahren an (vgl. Sudhoff, GmbH &Co KG, 5. Aufl., § 46 Rdn. 7ff). Das
Gesellschaftsvermögen wird nunmehr nach den Vorschriften der InsO vom
Insolvenzverwalter verwaltet und zu Gunsten der Gläubiger verwertet. Unabhängig
davon, ob die Aufgaben des Insolvenzverwalters auch die Liquidation der Gesellschaft
umfassen (ablehnend BGH NJW 2001, 2966, 2967), stellt die ihm obliegende
Verwertung des Gesellschaftsvermögens im Gläubigerinteresse den wesentlichen
Ausschnitt einer sonst durchzuführenden Regelliquidation dar. Die Firma der
Kommanditgesellschaft ist Teil der Insolvenzmasse i.S.d. § 35 InsO und in vielen Fällen
dessen wesentlicher Aktivposten, dessen Verwertung dem Insolvenzverwalter obliegt
(vgl. Menzel/Kuhn/Uhlenbrock, InsO, 12. Aufl., §159 Rdn. 14; § 35 Rdn. 102 jeweils
m.w.N.). Die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung hätte zur Folge, dass die
Firma der Insolvenzmasse ersatzlos entzogen und so die Insolvenzmasse entscheidend
geschwächt würde.
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Nach den vorstehenden Ausführungen ergibt sich weder aus § 31 Abs. 2 noch aus §
157 HGB, dass die Firma T2 GmbH im Handelsregister zur Löschung gebracht werden
muss. Demnach hat das Amtsgericht zu Unrecht den Beteiligten zu 2) mit Verfügung
vom 8. Oktober 2001 aufgefordert, die Löschung der vorgenannten Firma zur Eintragung
im Handelsregister anzumelden. Mithin war das gegen den Beteiligten zu 2) nach
vorheriger Androhung durch Beschluss vom 6. Juni 2002 festgesetzte Zwangsgeld
aufzuheben.
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Die Wertfestsetzung für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf
den §§ 131 Abs. 2, 119 Abs. 2 KostO.
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