Urteil des OLG Hamm vom 14.06.2004
OLG Hamm (höchstgeschwindigkeit, stpo, identität, nachteil, foto, person, geschwindigkeit, identifizierung, täter, anschrift)
Oberlandesgericht Hamm, 2 Ss OWi 335/04
Datum:
14.06.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Senat für Bußgeldsachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ss OWi 335/04
Vorinstanz:
Amtsgericht Recklinghausen, 25 OWi 56 Js 1585/03 (315/03)
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird auf seine Kosten (§§ 473
Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG) als offensichtlich unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der
Rechtsbeschwerderechtfertigung Rechtsfehler zum Nachteil des
Betroffenen nicht erkennen lässt (§§ 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG).
Zusatz:
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Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung hat keinen
durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Der Erörterung
bedürfen insoweit lediglich folgende Punkte:
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Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig
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( §§ 344 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG).
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Entgegen der Ansicht des Betroffenen ist der Bußgeldbescheid des Kreises
Recklinghausen vom 12. November 2003 wirksam.
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Die mit der Rechtsbeschwerde gerügten Abweichungen des Bußgeldbescheids
hinsichtlich des Geburtsortes und des Geburtsdatums des Betroffenen von den
zutreffenden Personalien führen nicht zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheides,
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da sich die Identität des Betroffenen aus den vorhandenen richtigen Angaben im
Übrigen zweifelsfrei ergibt ( Göhler, OwiG, 13. Aufl., § 66 Rn. 4a, OLG Hamm, Beschluss
vom 18.Mai 2000 –3 Ss OWi 475/2000-). Der Bußgeldbescheid individualisiert den
Betroffenen trotz dieser Fehler in ausreichender Weise, da Name und die angegebene
Anschrift (letztere bis auf die Hausnummer: Statt 10b richtig 10a) Zweifel an der Identität
des Betroffenen beseitigen. Die fehlerhafte Hausnum-
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mer ist insoweit unschädlich, da der Verteidiger des Betroffenen vor Erlass des
Bußgeldbescheides diese selbst mitgeteilt hatte und demnach bei dem Betroffenen
keine Zweifel über die wirklich gemeinte Person entstehen konnten. Die Identität des
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durch den Bußgeldbescheid angesprochenen Verkehrsteilnehmers konnte auch
deshalb für ihn nicht fraglich sein, da seine Arbeitgeberfirma aufgrund des zunächst an
sie versandten Anhörungsbogens mitgeteilt hatte, dass das anhand des
Zulassungskennzeichens bezeichnete Fahrzeug dem Betroffenen ständig zur Nutzung
überlassen sei und dazu seine Anschrift (ebenfalls mit der fehlerhaften Hausnummer
10b) angegeben hatte. Somit war auch anhand des im Bußgeld-
bescheid angegebenen Zulassungskennzeichens für den Betroffenen erkennbar, um
welchen Verkehrsverstoss es ging und folglich er selbst als Verantwortlicher ange-
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sprochen war.
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Bereits der am 12. November 2003 erlassene Bußgeldbescheid hat damit die zunächst
dreimonatige Verjährungsfrist unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG).
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Auch in der Folgezeit ist Verjährung nicht eingetreten.
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Das angefochtene Urteil wird ferner den Anforderungen der obergerichtlichen
Rechtsprechung an den Umfang der tatrichterlichen Ausführungen, wenn der Betroffene
als Täter eines Verkehrsverstosses anhand eines von dem Verstoss gefertigten
Lichtbildes identifiziert wird, gerecht. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes (vgl. BGHSt 41, 374), der sich die Oberlandesgerichte
angeschlossen haben (vgl. OLG Hamm DAR 1996, 245; Göhler, OWiG, 13. Aufl.,
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§ 71 Rn. 47a m.w.N.) darf der Tatrichter gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf ein zur
Identifizierung geeignetes Foto verweisen. Handelt es sich dabei um ein sog. "gutes"
Foto, sind in der Regel keine weiteren Ausführungen zur Identitätsfeststellung er-
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forderlich (OLG Hamm DAR 1996, 417, Beschluss des Senats vom 18.November 2002 -
2Ss OWi 927/02-). Diesen Grundsätzen wird das angefochtene Urteil gerecht, indem es
in zulässiger Weise auf das bei den Akten befindliche Radarfoto verweist, das nach der
somit dem Rechtsbeschwerdegericht ermöglichten Einsichtnahme vorliegend trotz einer
gewissen Unschärfe und der teilweisen Verdeckung des Gesichtes zur
Täteridentifizierung geeignet ist. Zusätzlich hat der Tatrichter weitere Merkmale benannt,
die nach seiner Überzeugung eine hinreichend Übereinstimmung zwischen dem
Lichtbild und dem anwesenden Betroffenen ergeben haben, sodass seine
Identifizierung als Täter insgesamt aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.
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Die Feststellungen des Urteils tragen auch die Verurteilung wegen fahrlässiger
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
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Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 23. September 2003, um
12.59 Uhr die BAB 43 bei km 39,20 in Fahrtrichtung X mit einer Geschwindigkeit von
130 km/h, obwohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit dort nur 80 km/h betrug. Der
Messstelle ging ein sog. Geschwindigkeitstrichter voraus, durch den die zulässige
Höchstgeschwindigkeit durch fünf Schilder zunächst auf 120 km/h, ein weiteres auf 100
km/h (mit dem Hinweis "Radarkontrolle") und letztlich durch ein folgendes Schild (mit
dem Zusatz "Straßenschäden") auf 80 km/h begrenzt war. Die
Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit dem Radargerät Multanova VR 6F. Da es sich
hierbei um ein standardisiertes Messverfahren handelt, war die Angabe des
verwendeten Messgerätes und des Eichdatums ausreichend (vgl. Beschluss des Senats
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vom 30. November 1999 – 2Ss OWi 1196/99-). Nach Abzug eines Toleranzwertes von 5
km/h hat das Amtsgericht zutreffend eine Geschwindigkeit von
130 km/h, somit eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um
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50 km/h festgestellt.
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Ebenso hat die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Betroffenen ergeben.
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Insbesondere ist gegen die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbotes nichts
einzuwenden.
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Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass ein Ausnahmefall, der ein
Absehen von der Verhängung des nach der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen
Regelfahrverbotes rechtfertigen würde, nicht vorliegt (vgl. Hentschel, § 15 Rn. 15ff.
m.w.N.). Dazu sind weder Umstände aus der Tat noch aus der Person des Betroffenen
ersichtlich, noch werden solche mit der Rechtsbeschwerde vorgetragen.
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Der Tatrichter hat ferner die Frage des Absehens vom Fahrverbot gegen angemessene
Erhöhung der Geldbuße ausdrücklich angesprochen und hat dies letztlich mit rechtlich
nicht zu beanstandenden Erwägungen verneint. Insoweit hat er darauf abgestellt, dass
der Messstelle ein mit zahlreichen Schildern versehener sog. Geschwindigkeitstrichter
vorausging, wobei u.a. auf eine Radarkontrolle hingewiesen wurde, und dass bereits
eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt. Demnach ist es nicht zu
beanstanden, dass der Tatrichter bei dem nicht straßenverkehrsrechtlich vorbelasteten
Betroffenen die Verhängung eines Fahrverbotes im Hinblick auf den damit angestrebten
Besinnungs- und Erziehungseffekt für unbedingt erforderlich erachtet hat.
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