Urteil des OLG Hamm vom 22.08.2005

OLG Hamm: abstellplatz, wohnung, ausschluss, kaufvertrag, amtspflicht, abtretung, grundbuchamt, pfändung, bindungswirkung, miteigentümer

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 17/05
Datum:
22.08.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 17/05
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 7 T 579/03
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird mit der klarstellenden Maßgabe
zurückgewiesen, dass die erste Beschwerde des Beteiligten als
unzulässig verworfen wird.
Der Geschäftswert wird auf 3.000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
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Der Notar a. D. Dr. X in F beurkundete am 5. März 1979 (UR-Nr. xxx/79) eine
Teilungserklärung des Architekten Hans I1 betreffend das Grundstück G1 43 Nr. 654
(Teilfläche in der Größe von ca. 3430 qm), eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts
Essen von B Blatt 1679. Teil II § 4 Nr. 1 dritter Absatz der Teilungserklärung lautet wie
folgt:
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"Der Bauträger, Architekt Hans I1, behält sich das Recht vor, die in dem
anliegenden Lageplan blau umrandete Grundstücksfläche als Pkw-Abstellplatz
herzurichten und den Abstellplatz als Sondernutzungsrecht einem bestimmten
Wohnungs- oder Teileigentum zur alleinigen Nutzung des Abstellplatzes
zuzuordnen oder die Grundstücksfläche als Abstellplatz für Mülltonnen oder für
die Errichtung und den Betrieb einer Trafo-Station zu benutzen."
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In der Folgezeit wurden die Miteigentumsanteile in den Wohnungs- und
Teileigentumsgrundbüchern von B Blatt 2781 bis 2810 eingetragen. Eine bestimmte
Zuordnung des oben erwähnten Sondernutzungsrechts durch den Bauträger ist in
keinem der genannten Grundbücher eingetragen.
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Durch notariellen Kaufvertrag vom 23. März 1979 (UR-Nr. xxx/79 des Notars Dr. X)
verkaufte Hans I1 das im Wohnungsgrundbuch von B Blatt 2794 eingetragene
Wohnungseigentum lfd. Nr. 14 des Aufteilungsplans an den Dipl. H. In § 1 des Vertrages
heißt es, Kaufgegenstand sei das Wohnungseigentum F-By, Z-bogen 63, Nr. 14 des
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Aufteilungsplanes, sowie das alleinige Nutzungsrecht an dem in § 4 Abs. 3 der
Teilungserklärung vom 5. März 1979 erwähnten Pkw-Abstellplatz.
Durch vor dem Notar Jürgen S1 in F beurkundeten Kaufvertrag vom 30. November 1993
- UR-Nr. xxx/1993 verkaufte der Dipl. H die Wohnung Nr. 14, dessen Ehefrau Helga H
die Wohnung Nr. 15 sowie die Eheleute H und Helga H die Garageneinheit Nr. 17 des
Aufteilungsplanes an den Beteiligten. § 1 ("Kaufgegenstand") des Vertrages enthält u. a.
folgende Erklärung:
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"Es besteht ein Sondernutzungsrecht an dem Pkw-Abstellplatz, der in dem
Lageplan, der Anlage der Teilungserklärung vom 05. 03. 1979 ist, blau
umrandet ist. Der Pkw-Abstellplatz wurde zwischenzeitlich den Wohnungen
Nr. 14 u. 15 zugeordnet."
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Mit vor dem Notar H1 in C beurkundetem Kaufvertrag vom 8. Juni 2001 (UR-Nr. xxx/01)
veräußerte der Dipl. H die Wohnung Nr. 13 des Aufteilungsplans sowie das
Sondernutzungsrecht an dem genannten Pkw-Stellplatz an den Käufer C2, der sich
nunmehr seinerseits berechtigt sieht, den Stellplatz zu nutzen.
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Im November 2003 wandten sich die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten an
den Notar Dr. X mit der Bitte um Prüfung des Sachverhaltes und Vollzug des
Kaufvertrages vom 23. März 1979 dahingehend, dass das Sondernutzungsrecht an dem
Pkw-Stellplatz der Wohnung Nr. 14 zugeordnet wird. Dieses Begehren lehnte dessen
Notariatsverwalter Dr. T1 ab.
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Hiergegen hat der Beteiligte am 22. September 2004 bei dem Landgericht Beschwerde
mit dem Antrag eingelegt, den Notariatsverwalter anzuweisen, zum Grundbuch von B
Blatt 2794 den Antrag auf Eintragung der Zuordnung des Sondernutzungsrechts an dem
bezeichneten PKW-Abstelllatz als Inhalt des Sondereigentums zu stellen. Er hat geltend
gemacht, er sei zur Einlegung der Beschwerde befugt, weil anerkannt sei, dass auch ein
Zessionar oder ein Pfändungspfandgläubiger beschwerdeberechtigt und seine
wirtschaftliche Position der eines Zessionars vergleichbar sei. Er ist der Auffassung,
durch die Erklärung in § 1 des Kaufvertrages vom 23. März 1979 sei jedenfalls
konkludent eine Zuordnung des Einstellplatzes zur Wohnung Nr. 14 erfolgt und ein
Antrag auf Zuordnung gestellt worden.
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Das Landgericht hat mit Beschluss vom 2. Dezember 2004 die Beschwerde
zurückgewiesen.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Anwaltschriftsatz vom 4. Februar 2005
eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten.
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II.
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Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz
3 BNotO statthaft und in der rechten Form eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis
des Beteiligten folgt aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde.
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In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung
nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 FGG iVm § 545 ZPO.
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Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BNotO ist gegen die Weigerung des Notars, ohne
ausreichenden Grund seine Urkundstätigkeit vorzunehmen, die Beschwerde gegeben,
über die die Beschwerdekammer des Landgerichts zu entscheiden hat, in dessen Bezirk
der Notar seinen Amtssitz hat. Dies gilt auch dann, wenn der Notar es ablehnt,
bestimmte Vollzugshandlungen durchzuführen (Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 5. Aufl.,
§ 15 Rn. 35). Sind Willenserklärungen beurkundet worden, die beim Grundbuchamt
einzureichen sind, so soll der Notar dies gemäß § 53 BeurkG veranlassen, sobald
Vollzugsreife eingetreten ist. Um Vollzug im Sinne des § 53 BeurkG handelt es sich,
wenn die Einreichung notwendig ist, um die mit dem Urkundsgeschäft erstrebte
Rechtswirkung herbeizuführen. Die Einreichung stellt dann eine nachfolgende
Hilfstätigkeit zur Urkundstätigkeit und damit eine Pflichtaufgabe des Notars dar
(Arndt/Lerch/Sandkühler, a.a.O., Rn. 36). Die Amtspflicht zur Einreichung besteht aber
nur gegenüber den Beteiligten, deren Erklärungen der Notar beurkundet hat (BGH
DNotZ 1992, 813). Diese Voraussetzungen sind hier in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt:
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Der Beteiligte verlangt, dass der Notar bzw. sein Notariatsverwalter zum Zwecke des
Vollzugs des vor dem Notar Dr. X am 23. März 1979 unter der UR.-Nr. xxx/79
beurkundeten Vertrages zwischen dem teilenden Eigentümer Hans I1 und dem
Erwerber H H bei dem Grundbuchamt den Antrag stellt, das in § 1 ("Kaufgegenstand")
unter a) des Kaufvertrags bezeichnete Sondernutzungsrecht an dem in § 4 Ziffer 1,
3. Absatz der Teilungserklärung Pkw-Abstellplatz einzutragen. Der Beteiligte ist aber
nicht Beteiligter dieses notariellen Vertrages. Damit besteht ihm gegenüber keine
Amtspflicht des Notars zur Vollzugstätigkeit; dies hat auch zur Folge, dass er nicht
berechtigt ist, Beschwerde gegen die Entscheidung des Notars einzulegen, den bei ihm
gestellten Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung abzulehnen, §§ 20 Abs. 2 FGG, 15
Abs. 1 Satz 3 BNotO.
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Zwar ist, worauf der Beteiligte zu Recht hinweist, auch der Zessionar (OLG Frankfurt
DNotZ 1992, 61; KG FGPrax 1999, 187) und der Pfändungspfandgläubiger eines
Urkundsbeteiligten zur Beschwerde berechtigt (Senat OLGZ 1994, 115;
Arndt/Lerch/Sandkühler, a.a.O., § 15, Rn. 95). Diese in der Rechtsprechung
entschiedenen Konstellationen sind dadurch gekennzeichnet, dass durch Abtretung
bzw. Pfändung Rechte eines Dritten an dem noch nicht vollständig erfüllten
Eigentumsverschaffungsanspruch des als Käufer an dem notariellen
Beurkundungsvorgang Beteiligten begründet worden sind. Der Anspruch des
Urkundsbeteiligten auf eine ordnungsgemäße Amtsführung des Notars zur
Herbeiführung der sachenrechtlichen Vollziehung stellt sich als Nebenrecht des
Eigentumsverschaffungsanspruchs dar, der von der Abtretung bzw. Pfändung dieses
Anspruchs erfasst wird, § 401 BGB (vgl. KG a.a.O. S. 188). Der Beschwerdeführer hat
indessen hier nach seinem eigenen Vorbringen keinerlei Rechte an dem
Eigentumsverschaffungsanspruch seines Rechtsvorgängers erworben. Denn er ist
Zweiterwerber des Wohnungseigentums mit der Maßgabe, dass die Vertragsbeteiligten
ausweislich der zitierten Passage aus dem schuldrechtlichen Kaufvertrag davon
ausgegangen sind, das veräußerte, für den Verkäufer im Grundbuch bereits
eingetragene Sondereigentum sei bereits mit dem Inhalt begründet, dass ein
Sondernutzungsrecht an den bezeichneten PKW-Abstellplatz bestehe. Der notarielle
Kaufvertrag vom 30. November 1993 kann also allenfalls dahin verstanden werden,
dass eine schuldrechtliche Verpflichtung des Verkäufers zur Verschaffung von
Sondereigentum mit diesem Inhalt begründet worden ist. Es besteht deshalb keinerlei
Anhaltspunkt dafür, dass dem Beschwerdeführer auch ein (restlicher)
Eigentumsverschaffungsanspruch seines Verkäufers abgetreten werden sollte.
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Die fehlende Beschwerdebefugnis des Beteiligten wird auch aus den
grundbuchverfahrensrechtlichen Zusammenhängen deutlich: Die Amtspflicht des Notars
zur Stellung eines Antrags auf Eintragung im Grundbuch (§ 53 BeurkG) beschränkt sich
auf die Beteiligten, deren Willenserklärungen beurkundet worden sind. Sie besteht im
Übrigen nur in dem Umfang, in dem der Notar grundbuchverfahrensrechtlich zur
Antragstellung ermächtigt ist, hier also im Rahmen des § 15 GBO (vgl. Keidel/Winkler,
FG, 15. Aufl., § 53 BeurkG, Rdnr. 5). Nach dieser Vorschrift ist der Notar zur
Antragstellung nur im Namen eines Antragsberechtigten ermächtigt. Die Beteiligten der
Urkunde vom 23. März 1979 (Ersterwerb) sind jedoch gem. § 13 Abs. 1 S. 2 GBO nicht
mehr antragsberechtigt, weil die jetzt begehrte Eintragung weder zu ihrem rechtlichen
Nachteil erfolgt noch sie begünstigt. Begünstigter der begehrten Eintragung ist
demgegenüber allein der Beschwerdeführer, in ihren Rechten betroffen sind die
weiteren gegenwärtigen Wohnungseigentümer (siehe dazu näher nachstehend). Wenn
überhaupt, kann die begehrte Eintragung also nur auf einen eigenen Antrag des
Beschwerdeführers erfolgen, den zu stellen er durch nichts gehindert ist. Auch dieser
Zusammenhang spricht eindeutig dafür, dass der Beschwerdeführer durch den lediglich
schuldrechtlichen Zweiterwerb des Wohnungseigentums nicht die Stellung eines
Beteiligten des Beurkundungsvorgangs über den Ersterwerb erlangt haben kann, dem
gegenüber der Notar auch jetzt noch zu einer Amtshandlung verpflichtet wäre.
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Ausserhalb der die Entscheidung tragenden Erwägungen und ohne Bindungswirkung
weist der Senat ergänzend auf folgendes hin: Nach der Rechtsprechung des BayObLG
(BayObLGZ 1985, 378 = NJW-RR 1986, 93) können Sondernutzungsrechte durch die
Teilungserklärung auch bedingt begründet werden, indem aufschiebend bedingt durch
eine spätere Zuweisungserklärung eines Dritten sowohl der Ausschluss der übrigen
Miteigentümer vom Mitgebrauch (sog. negative Komponente des
Sondernutzungsrechts) als auch die positive Zuweisung der Nutzungsbefugnis an den
begünstigten Wohnungseigentümer begründet wird. Wenngleich die in der
Teilungserklärung vom 05. März 1979 enthaltene Formulierung nicht ausdrücklich den
bedingten Ausschluss der übrigen Miteigentümer vom Mitgebrauch behandelt, so spricht
doch das erkennbar gewollte Ergebnis, dass durch eine nachträgliche
Zuordnungserklärung des teilenden Eigentümers das Sondernutzungsrecht begründet
werden kann, für eine Auslegung im Sinne der in der genannten (zeitlich später
ergangenen) Entscheidung des BayObLG gebilligten rechtlichen Konstruktion (vgl. OLG
Düsseldorf MittRhNotK 1997, 30). Erkennbar nicht gewollt ist demgegenüber ein
sofortiger Ausschluss aller Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch an der
vorgesehenen Sondernutzungsfläche mit der Möglichkeit der späteren Zuweisung durch
den verbleibenden nutzungsberechtigten Sondereigentümer (BayObLGZ 1985, 124,
128). Denn für einen bereits durch die Teilungserklärung bewirkten sofortigen
Ausschluss aller außenstehenden Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch finden sich
in der Regelung keine hinreichenden Anhaltspunkte, zumal diese die ergänzende
Möglichkeit einer anderweitigen Nutzung der Grundstücksfläche für gemeinschaftliche
Zwecke (Platz für Mülltonnen bzw. eine Trafo-Station) ausdrücklich offen hält. Wird die
Regelung der Teilungserklärung weiter dahin ausgelegt, dass der Bedingungseintritt für
die Entstehung des Sondernutzungsrechts durch die Zuweisungserklärung des
teilenden Eigentümers in den Kaufverträgen über den Ersterwerb erfolgt, so bedarf es
grundbuchverfahrensrechtlich für die Eintragung des Sondernutzungsrechts im
Ausgangspunkt lediglich des Nachweises der Zuordnungserklärung in der Form des §
29 Abs. 1 S. 2 GBO (BayObLGZ 1985, 378, 386), der hier durch die in den Grundakten
bereits vorhandene Ausfertigung des notariellen Vertrages vom 23. März 1993 geführt
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werden könnte.
In diesem Zusammenhang ist allerdings ergänzend zu berücksichtigen, dass die
Zuordnungserklärung als solche das Sondernutzungsrecht lediglich mit
schuldrechtlicher Wirkung im Verhältnis der Wohnungseigentümer in ihrer damaligen
Zusammensetzung hat entstehen lassen können. Nach der Rechtsprechung des
BayObLG (a.a.O.) ist die Vorschrift des § 10 Abs. 2 WEG auch in diesem
Zusammenhang anwendbar mit der Folge, dass der Eintritt der Bindungswirkung an die
(geänderte) schuldrechtliche Vereinbarung gegenüber Sonderrechtsnachfolgern
einzelner Wohnungseigentümer die Eintragung des Sondernutzungsrechts im
Grundbuch voraussetzt. Dies ist die rechtliche Folge daraus, dass bei einer Auslegung
der Teilungserklärung in der geschilderten Weise die rechtlichen Wirkungen für die sog.
negative Komponente des Sondernutzungsrechts (Ausschluss vom Mitgebrauch) erst
aufschiebend bedingt durch die Zuordnungserklärung eintreten. Daraus wäre
abzuleiten, dass das Sondernutzungsrecht zumindest gegenüber etwaigen
zwischenzeitlich in die Gemeinschaft eingetretenen Zweiterwerbern nicht wirksam wäre,
so dass es grundbuchverfahrensrechtlich für die Eintragung des Sondernutzungsrechts
deren Bewilligung bedarf (§ 19 GBO). Entgegen der Auffassung des Beteiligten finden
in Ansehung der Wirkungen des § 10 Abs. 2 WEG die Regeln des gutgläubigen
Erwerbs keine Anwendung. Die Bindung an eine eingetretene, jedoch nicht
eingetragene (geänderte) Vereinbarung tritt gegenüber einem Sonderrechtsnachfolger
auch bei dessen Kenntnis nicht ein (vgl. Senat FGPrax 1997, 15 m.w.N.).
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Die Entscheidung über die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.
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