Urteil des OLG Hamm vom 12.02.1981

OLG Hamm (zpo, kind, verhältnis zwischen, abänderungsklage, eltern, partei, kläger, verhältnis, unterhaltspflicht, mutter)

Oberlandesgericht Hamm, 1 WF 43/81
Datum:
12.02.1981
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
1. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 WF 43/81
Vorinstanz:
Amtsgericht Bielefeld, 34 F 1455/80
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.
Gründe
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I.
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Die Ehe der Parteien ist durch Verbundurteil vom 14.12.1979 geschieden. Darin wurde
der Kläger zugleich verurteilt, einen monatlichen Unterhalt von 205,- DM an das aus der
Ehe hervorgegangene minderjährige Kind zu bezahlen. Das Urteil ist seit dem
22.1.1980 rechtskräftig. Der Kläger hat nunmehr Abänderungsklage nach § 323 ZPO
gegen seine geschiedene Ehefrau erhoben, mit der er die Herabsetzung seiner
Unterhaltspflicht begehrt. Das Amtsgericht hat die Einstellung der Zwangsvollstreckung
aus dem abzuändernden Urteil abgelehnt, weil die Klage gegen die falsche Partei
gerichtet sei.
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II.
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Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers ist gemäß § 793 ZPO zulässig (vgl.
Baumbach-Hartmann, ZPO, 39. Aufl., Anm. 3 D zu § 323 ZPO). Sie bleibt jedoch in der
Sache ohne Erfolg, weil das Amtsgericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung mit
zutreffender Begründung abgelehnt hat.
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1)
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Die Abänderungsklage aus § 323 ZPO ist gegen den aus dem Titel Berechtigten zu
richten. Dies ist nicht die beklagte Mutter, sondern das unterhaltsberechtigte Kind. Zwar
ist das Unterhaltsurteil im Rahmen des Scheidungsverbundes zwischen den Parteien
des vorliegenden Rechtsstreits ergangen. Dies war jedoch gemäß § 1629 III BGB nicht
anders möglich, weil während des Scheidungsrechtsstreits der Eltern
Unterhaltsansprüche des Kindes von diesem nicht im eigenen Namen, sondern nur im
Wege der Prozeßstandschaft von der Mutter geltend gemacht, werden konnten. § 1629
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III, 2 BGB bestimmt deshalb ausdrücklich, daß das Unterhaltsurteil für und gegen das
Kind wirkt. Diese Prozeßführungsbefugnis der Beklagten endete mit dem
Scheidungsrechtsstreit. Dies folgt eindeutig aus dem Wortlaut der genannten
Bestimmung. Auch der Sinn derselben, das Kind nicht in den Ehescheidungsrechtsstreit
seiner Eltern hineinzuziehen, gebietet nach Beendigung des Scheidungsverfahrens
nicht mehr die Fortsetzung der Prozeßstandschaft der Beklagten (ebenso: OLG
Frankfurt, FamRZ 1980, 1059; OLG Karlsruhe, FamRZ 1980, 1059; OLG Kamm, FamRZ
1980, 1060). Die Abänderungsklage ist daher ab Rechtskraft des Scheidungsurteils nur
noch gegen das aus dem Urteil berechtigte Kind zu richten.
2)
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Dem steht nicht der Umstand entgegen, daß die Beklagte Partei des
Scheidungsrechtsstreits und damit auch des Unterhaltsverfahrens war, weil sie den
Unterhaltsanspruch des Kindes im Wege der Prozeßstandschaft im eigenen Namen
geltend gemacht hat. Zwar führt die Prozeßstandschaft zur Erstreckung der Rechtskraft
des Urteils auch auf das Kind (Baumbach-Hartmann, a.a.O., § 325 Anm. 5 B a), doch
ändert dies nichts an der Rechtskraftwirkung des Urteils auch gegen die Beklagte als
Partei des damaligen Verfahrens. Sie kann deshalb insbesondere auch aus dem Urteil
gegen den Kläger vollstrecken. Ist durch die Neufassung des § 1629 III BGB zwar jetzt
sichergestellt, daß das Kind aus dem Urteil oder Vergleich zwischen seinen Eltern im
Rahmen des Scheidungsverfahrens im Gegensatz zum früheren Recht nunmehr einen
eigenen Anspruch erlangt und damit selbst Partei der Abänderungsklage sein kann, so
könnten die genannten Erwägungen nicht von vornherein die Möglichkeit ausschließen,
daß daneben auch der andere Ehegatte Partei dieser Klage sein kann. Die genannten
Umstände nötigen jedoch nicht zu dieser Annahme. Streitgegenstand und damit
prozessualer Anspruch des Vorprozesses war das Unterhaltsbegehren des Kindes.
Dieses bildet auch den Gegenstand der Abänderungsklage. Die Neufestsetzung des
Unterhaltsanspruchs des Kindes wäre im Rechtsstreit gegen die beklagte Mutter nicht
mit Wirkung gegen das Kind möglich. Dieses könnte deshalb unabhängig vom Ausgang
der Abänderungsklage nach wie vor aus dem alten Titel gegen den Kläger vollstrecken
oder einen höheren Unterhalt im eigenen Namen fordern. Diese Zweispurigkeit des
Verfahrens sollte gerade durch die Neufassung des § 1629 III BGB beseitigt werden. Da
der Unterhaltsanspruch des Kindes Jetzt sowohl den Streitgegenstand des damaligen
wie des vorliegenden Verfahrens bildet, rechtfertigt die formelle Parteistellung der
Beklagten im früheren Rechtsstreit nicht die Zulässigkeit der Abänderungsklage auch
gegen sie. Mangels jeglicher materiell-rechtlicher Wirkungen des abzuändernden
Urteils für sie kann sie auch nicht im Wege der Klage aus § 323 ZPO auf Abänderung
der Unterhaltspflicht in Anspruch genommen werden (vgl. BGH FamRZ 80, 342, 343).
Die Rechtslage ist insoweit gerade anders als im Falle eines Vertrages zugunsten
Dritter nach § 328 BGB. Dort hat die Abänderung nach überwiegender Ansicht im
Verhältnis zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger zu erfolgen, weil in
diesem Verhältnis die Rechtsgrundlage des Anspruchs des begünstigten Dritten zu
finden ist. Demzufolge ist z.B. bei Unterhaltsvergleichen nach altem Recht die
Abänderungsklage nur zwischen den beteiligten Eltern möglich, weil ein derartiger Titel
nicht den Unterhaltsanspruch des Kindes, sondern die Regelung der Unterhaltspflichten
zwischen den beteiligten Eltern zum Gegenstand hat (BGH, FamRZ 1960, 110, 113).
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Insoweit hat sich jedoch die Rechtslage seit Inkrafttreten des 1. EheRG geändert. Durch
§§ 623, 621 I Ziff. 4 ZPO, § 1629 III BGB wird die Festsetzung des Kindesunterhalts mit
Wirkung auch gegen das Kind im Scheidungsverfahren der Eltern ermöglicht. Die
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Zweispurigkeit der früheren Rechtslage ist damit beseitigt. Eine Auslegung des Urteils
in dem früheren Sinne, daß nur die Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind im
Verhältnis der Eltern zueinander geregelt werden sollen, ist nicht mehr möglich. Das
Unterhaltsurteil legt vielmehr die Unterhaltspflicht des barunterhaltspflichtigen Elternteils
gegenüber dem Kinde fest. Lediglich im Rahmen des Verfahrens der einstweiligen
Anordnung verbleibt es kraft der ausdrücklichen Regelung des § 620 I Ziff. 4 ZPO dabei,
daß der Titel auch heute nicht unmittelbar zugunsten des Kindes wirkt (vgl. Stein-Jonas,
ZPO, 20. Aufl., § 620 Rdnr., 6; Thomas-Putzo, 10. Aufl., ZPO, § 620 Anm. 2a, dd).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 788 ZPO.
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