Urteil des OLG Hamm vom 25.06.2003

OLG Hamm: geschäftsführer, gesellschafterversammlung, einziehung, wichtiger grund, widerklage, fristlose kündigung, abberufung, feststellungsklage, berechtigung, ausschluss

Oberlandesgericht Hamm, 8 U 172/02
Datum:
25.06.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 U 172/02
Vorinstanz:
Landgericht Detmold, 8 O 82/02
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 16. Juli 2002 verkündete
Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Detmold wird
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Verurteilung nach Ziffer
II, 1 und 2 auf den Zeitraum vom 22.3.2002 bis zum 17.5.2002, die
Verurteilung nach Ziffer III, 3 auf den Zeitraum vom 1.4.2002 bis zum
17.5.2002 erstreckt.
Der Beklagte tragen die Kosten des Rechtsmittels.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger gegen sich durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des nach diesem Urteil
zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des von ihnen jeweils zu
vollstreckenden Betrages leisten.
Das Urteil beschwert den Beklagten um mehr als 20.000 €.
G r ü n d e :
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A.
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Die Parteien, bislang Gesellschafter der Firma D GmbH, streiten um die Wirksamkeit
von mehreren in der Gesellschafterversammlung der GmbH am 25.04.2002 gefassten
Beschlüssen (Klage zu I. und Widerklage) sowie die Berechtigung von
Auskunftsansprüchen gegen den Beklagten (Klage zu II.).
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Mit dem von dem Beklagten als Geschäftsführer der GmbH an den Kläger zu 1)
gerichteten Schreiben vom 12.04.2002 erfolgte die Einladung zu einer
Gesellschafterversammlung am 25.04.2002 mit folgender Tagesordnung:
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1. nachträgliche Genehmigung des Widerrufes der Prokura für Herrn C durch die
Gesellschafterversammlung aus wichtigem Grunde
2. nachträgliche Genehmigung der erfolgten Kündigung des
Anstellungsverhältnisses des Herrn C durch die Gesellschafterversammlung aus
wichtigem Grunde
3. Ausschluss des Gesellschafters C aus der Gesellschaft aus wichtigem Grunde im
Wege der Einziehung bzw. Abtretung seines Geschäftsanteiles
4. Abberufung des Geschäftsführers S aus wichtigem Grunde
5. Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Geschäftsführer und
Gesellschafter S
6. Ausschluss des Gesellschafters S aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft im
Wege der Einziehung bzw. Abtretung seines Geschäftsanteiles.
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6
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 22.04.2002 kündigte der Kläger zu 1) nach
§ 50 Abs. 3 S. 1 GmbHG folgenden weiteren Punkt der Tagesordnung an:
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7. Wahl des Herrn C als alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer unter
Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
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Nach dem teils handschriftlich teils maschinenschriftlich verfassten Protokoll der
Gesellschafterversammlung stimmten die beiden Gesellschafter jeweils für und gegen
die Vorlagen der Tagesordnungspunkte (Bl. 59 - 63).
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Die Parteien konnten im Hinblick auf das jeweils zu Lasten des anderen Gesellschafters
beanspruchte Stimmverbot eine Einigkeit über die Wirksamkeit der gefassten
Beschlüsse nicht erzielen. Mit der von dem Gesellschafter C, dem Kläger zu 1), und der
GmbH, der Klägerin zu 2), gegen den Beklagten gerichteten Klage haben die Kläger
Feststellungsklage hinsichtlich der Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse erhoben. Sie
haben die Auffassung vertreten, dass sämtliche mit den Stimmen des Klägers zu 1)
gefassten Beschlüsse wirksam seien, denn für die Abberufung des Beklagten sei ein
wichtiger Grund im Sinne des § 38 GmbHG gegeben gewesen. Der Beklagte habe
einen schweren Pflichtenverstoß begangen, indem er seine Geschäftsführerstellung für
eigene Interessen und insbesondere für die Durchführung unerlaubter
Konkurrenzgeschäfte ausgenutzt habe. Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub habe der
Beklagte seit dem 23. März 2001 in den Räumlichkeiten der Klägerin zu 2) Geschäfte für
sein Einzelunternehmen abgewickelt. Zudem habe er den Versuch unternommen, den
Grundbesitz der GmbH an seine Mutter zu veräußern. Infolge dieser gewichtigen
Vorwürfe habe der Beklagte ein Stimmrecht bei den von dem Kläger zu 1) gefassten
Beschlüsse nicht besessen. Umgekehrt sei er, der Kläger zu 1), weiterhin
stimmberechtigt gewesen, da die von dem Beklagten vorgebrachten Gründe einen
wichtigen Grund nicht darstellten.
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Die Auskunftsansprüche seien begründet. Sie dienten der Durchsetzung der in der
Gesellschafterversammlung beschlossenen Geltendmachung von
Schadensersatzansprüchen der GmbH gegenüber dem Beklagten. Dieser habe seit
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dem 23.03.2002 in den Geschäftsräumen der GmbH auf eigene Rechnung gearbeitet
und damit Einnahmen erzielt, die rechtlich der GmbH zustehen würden. Zusätzlich habe
er das Dienstfahrzeug des Klägers zu 1) veräußert und mit seiner Mutter einen
Mietvertrag abgeschlossen. Vermutlich seien auch weitere zu Lasten der GmbH
gehende Verträge geschlossen worden. Dies entziehe sich der Kenntnis der Kläger.
Information sei jedoch geboten zur Vorbereitung der Durchsetzung von
Schadensersatzansprüchen der GmbH gegenüber dem Beklagten.
Wegen der gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
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Der Beklagte ist dem Klagebegehren entgegengetreten und hat seinerseits die
Auffassung vertreten, es sei der Kläger zu 1) gewesen, der zu seinen Handlungen
Anlass gegeben habe.
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Der Beklagte hat Widerklage erhoben und die Feststellung begehrt, dass die
Gesellschafterversammlung der D GmbH am 25.04.2002 wirksam beschlossen hat,
dass der Geschäftsanteil des Klägers im Nennbetrag von 12.500,00 € von der
Gesellschaft eingezogen worden ist. Diese Maßnahme rechtfertige sich, da der Kläger
zu 1) einen wichtigen Grund gesetzt habe. Er habe die Schlösser ausgewechselt,
Gelder aus der Kasse entnommen sowie unberechtigt zu seinen Gunsten einen Betrag
von 90.000,00 € vereinnahmt, dadurch die Gesellschaft in eine schwierige Lage
gebracht und verhindert, dass er, der Beklagte, entsprechend der Beschlusslage vom
17. Januar 2002 seinerseits die gewährten Gesellschafterdarlehen habe zurückerhalten
können.
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Das Landgericht, auf dessen Urteil verwiesen wird, hat dem Klagebegehren in vollem
Umfang entsprochen und die Widerklage abgewiesen.
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Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten mit dem Ziel der
Klageabweisung. Zugleich verfolgt er gegenüber der Klägerin zu 2) sein
erstinstanzliches Feststellungsbegehren im Wege der Widerklage weiter. Dazu trägt er
vor:
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Die Klage der Klägerin zu 2) sei schon unzulässig, da sie nicht wirksam durch den
Kläger zu 1) als Geschäftsführer im Verfahren vertreten werde. Dieser sei nämlich nicht
wirksam zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2) bestellt worden. Es sei wegen der
Stimmengleichheit nicht zu einem Mehrheitsbeschluss gekommen. Er, der Beklagte, sei
weiterhin zur Abstimmung berechtigt gewesen, denn er habe zu diesem Zeitpunkt seine
Gesellschafterstellung noch nicht verloren. Eine Einziehungserklärung habe der Kläger
zu 1) erst nach Beendigung der Gesellschafterversammlung abgegeben, das
Einziehungsentgelt sei bislang noch nicht an ihn geleistet worden.
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Die Klagen mit den sechs verschiedenen Feststellungsanträgen seien auch deshalb
unbegründet, weil er nicht passivlegitimiert sei. Derartige Feststellungsklagen seien
ausschließlich gegen die GmbH zu richten und nicht gegen einen oder alle anderen
Gesellschafter. Im übrigen seien die Feststellungsanträge auch materiell unbegründet.
Er habe keine Pflichtverstöße begangen, welche die fristlose Abberufung und die
fristlose Kündigung sowie die Einziehung seiner Anteile rechtfertigen könnten. Ebenso
seien die Auskunftsansprüche unbegründet. So könne die Klägerin zu 2) von ihm nicht
verlangen, über ihre eigenen Einkünfte Auskunft zu erteilen. Der Kläger zu 1) sei auf
sein Informationsrecht nach § 51 a GmbHG zu verweisen. Ein Auskunftsrecht ergebe
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sich auch nicht aus der Treuepflicht. Auskunft schulde er auch nicht ab 22.03.2002, da
sein Unternehmen erst ab 01.04.2002 existent gewesen sei.
Demgegenüber sei die Widerklage berechtigt, denn die Pflichtverletzungen des Klägers
zu 1) rechtfertigten die Einziehung seiner Anteile.
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Der Beklagte beantragt,
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1. die Klage insgesamt abzuweisen,
2. auf die Widerklage gegenüber der Klägerin zu 2 festzustellen, dass die
Gesellschafterversammlung der Klägerin zu 2 am 25.4.2002 wirksam beschlossen
hat, dass der Geschäftsanteil des Klägers zu 1 im Nennbetrag von 12.500 € von
der Gesellschaft eingezogen wird.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil unter Hinweis auf die zutreffenden
Gründe des Landgerichts. Sie halten an ihrer Beurteilung gemäß den erstinstanzlichen
Ausführungen fest.
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B.
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Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zur Klarstellung ist in dem Tenor der
Zeitraum ausdrücklich festgehalten worden, auf den sich die Verurteilung nach Ziffer II,
1.2.3. des angefochtenen Urteils erstreckt.
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I. Feststellungsklage
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Die gegen die Klage gerichteten Berufungsangriffe des Beklagten sind nicht
durchgreifend.
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1. Die Feststellungsklage ist zulässig.
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Nach dem formulierten Klagebegehren handelt es sich um eine positive (Klageanträge
zu 1 bis 3) und eine negative (Klageanträge zu 4 bis 6) Beschlussfeststellungsklage. Mit
der Beschlussfeststellungsklage können im Falle fehlender Feststellung eines
Beschlussergebnisses Unklarheiten darüber beseitigt werden, welches
Abstimmungsergebnis erzielt und ob der Beschlussantrag angenommen oder abgelehnt
wurde. Sie kann als positive mit dem Ziel, ein bestimmtes Beschlussergebnis, also die
Annahme oder Ablehnung festzustellen, oder als negative mit dem Ziel, festzustellen,
dass der Beschluss nicht mit einem bestimmten Abstimmungsergebnis gefasst wurde,
erhoben werden. Mit dieser Klage können Fragen geklärt werden, von denen das
Beschlussergebnis unmittelbar abhängt. Dazu gehören vor allem das anzuwendende
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Mehrheitserfordernis, ein bestehendes Stimmverbot und ein zur Nichtigkeit der
Stimmabgabe führender Stimmrechtsmissbrauch.
Ein solcher Anwendungsfall ist hier gegeben im Streit der Parteien darüber, welche
Stimmrechtsverhältnisse maßgeblich sind.
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Der Auffassung des Beklagten, die Klägerin zu 2) sei nicht ordnungsgemäß gesetzlich
vertreten, ist nicht zu folgen. Gesetzlich vertreten wird die GmbH durch ihren
Geschäftsführer. Dies ist im Streitfall der Kläger zu 1). Dies folgt bereits aus dem
rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Detmold in dem Verfahren 8 O 81/02 =
8 U 103/01 OLG Hamm. In diese Verfahren ist rechtskräftig festgestellt worden, dass der
Kläger zu 1) bis zur Klärung der Bestandskraft/Rechtmäßigkeit der in der
Gesellschafterversammlung vom 25.04.2002 gefassten Beschlüsse zum
Geschäftsführer bestellt ist. Diese rechtskräftige Feststellung hat zumindest bis zum
Ende dieses laufenden Verfahrens Wirkung.
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Richtiger Klagegegner für die Beschlussfeststellungsklage und für die
Anfechtungsklage ist grundsätzlich die Gesellschaft, hier die Klägerin zu 2). Dies folgt
aus der die Anfechtungsklage ergänzenden Funktion der Beschlussfeststellungsklage.
Im Streitfall kann die Klage ausnahmsweise gegen den Beklagten gerichtet werden. Bei
der Klägerin zu 2 handelt es sich um eine Zweipersonengesellschaft. Wie der Senat
entschieden hat (GmbHR 1985,119), besteht für diesen Fall die Möglichkeit, die Klage
auch gegen den Mitgesellschafter zu erheben.
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2. Die Feststellungsklage ist auch begründet.
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a. Die Beschlussfassung zu TOP 1 (Klageantrag zu I 4) kann keinen Bestand haben.
Nach dem Wortlaut des Beschlusses soll der mit Schreiben des Beklagten vom
22.03.2002 erfolgte Widerruf der Prokura des Klägers zu 1 genehmigt werden. Eine
solche Beschlussfassung kann nicht zur Wirksamkeit des seitens des Beklagten
gegenüber dem Kläger zu 1 getätigten Rechtsgeschäftes führen. Der Widerruf vom
22.03.2002 war unwirksam. Der Beklagte war trotz seiner damaligen Stellung als
Geschäftsführer zu dieser Maßnahme nicht befugt. Nach § 1 (3) e bedurfte sie der
vorherigen Zustimmung der Gesellschafter, die unstreitig nicht vorlag. Die nachträglich
beabsichtigte Genehmigung konnte daher das Rechtsgeschäft nicht wirksam werden
lassen.
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b. Aus den Gründen zu a) kann auch der Beschluss zu TOP 2 (Klageantrag zu I 5)
keinen Bestand haben. Die Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers zu 1
war ebenfalls nach § 1 (3) f von der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter
abhängig, die nicht vorlag.
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c. Der Beschluss zu TOP 3 (Klageantrag zu I 6) ist unwirksam, denn die
Voraussetzungen für den Ausschluss des Klägers zu 1 aus der Gesellschaft wegen
Vorliegens eines wichtigem Grund sind nicht gegeben.
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Die materielle Berechtigung für die Beschlussfassung beurteilt sich nach § 7 Abs. 2 c)
des Gesellschaftsvertrages (Bl. 22). Danach kann ohne Zustimmung eines
Gesellschafters dessen Geschäftsanteil eingezogen werden, wenn dieser sich eines so
schweren Verstoßes gegen Gesellschafterpflichten schuldig gemacht hat, dass den
übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm nicht mehr zugemutet
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werden kann.
Für diese Voraussetzung eines schweren Verstoßes reichen die von dem Beklagten
erhobenen Vorwürfe nicht aus. Das Landgericht hat sich in den Entscheidungsgründen
mit seinen Vorwürfen befasst und diese als nicht ausreichend angesehen. Seine
dagegen in der Berufungsbegründung gerichteten Angriffe rechtfertigen eine andere
Beurteilung nicht. Soweit es um das Auswechseln der Schlösser an dem Objekt geht,
haben die Parteien das Vorgehen des Klägers zu 1) nachträglich geregelt. Der
behauptete Griff in die Kassen der Klägerin zu 2) seitens des Klägers zu 1) ist streitig
und durch Beweismittel nicht belegt. Hinsichtlich der Rückführung von
Gesellschafterdarlehen durch den Kläger zu 1) per Überweisung vom 15.03.2002 in
Höhe von 90.000,00 Euro ist festzuhalten, dass dieses Vorgehen zunächst einmal durch
Gesellschafterbeschluss vom 17.01.2002 bestätigt war. Diese Beschlussfassung
enthielt allerdings die Einschränkung, dass auf die wirtschaftlichen Belange der GmbH
Rücksicht zu nehmen war. Die Behauptung, die Gesellschaft sei in eine schwierige
Finanzlage geraten, ist schriftsätzlich durch konkrete Tatsachen nicht nachvollziehbar
dargetan. Dem Beklagten ist es aber auch deshalb verwehrt, diesen Vorgang dem
Kläger zu 1 als schweren Verstoß anzulasten, da er nach seinen Erklärungen im
einstweiligen Verfügungsverfahren und in diesem Verfahren von dem Vorgehen in
Kenntnis gesetzt war, ohne dies verhindert zu haben.
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d. Der Beschluss zu TOP 4 (Klageantrag zu I 1) ist wirksam, das dahingehende
Feststellungsbegehren begründet.
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Der Beschluss ist allein mit der Stimme des Klägers zu 1 wirksam gefasst worden. Die
ablehnende Stimme des Beklagten bleibt unberücksichtigt. Dem Beklagten war das
Stimmrecht nach § 47 Abs. 4 GmbHG versagt. Der Stimmrechtsausschluss ist
ausnahmsweise zu rechtfertigen, wenn es um die Abberufung eines Geschäftsführers
aus wichtigem Grund geht ( Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 47 Rn. 62).
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So liegt es hier. Der Beklagte sollte nach der Beschlussvorlage aus wichtigem Grund
als Geschäftsführer abberufen werden.
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Die erforderlichen wichtigen Gründe für die Abberufung des Beklagten sind gegeben.
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Der Beklagte hat sich gegenüber dem Kläger zu 1 in einer Art und Weise in
Widerspruch zu seinen Pflichten als Geschäftsführer gesetzt, die den Fortbestand seiner
Geschäftsführerstellung nicht mehr zuließ. Die Zumutbarkeitsschwelle war für den
Kläger zu 1 überschritten, nachdem der Beklagte ohne Beachtung seiner rechtlichen
Möglichkeiten als Geschäftsführer in die Rechtsposition des Klägers zu 1 eingriff. So lag
für den Widerruf der Prokura kein Votum der Gesellschafter vor. Gleiches gilt für den
unfreiwilligen Entzug des Firmenfahrzeuges. Besonders schwerwiegend ist der
beabsichtigte Verkauf von 2 Grundstücken aus dem Besitz der Klägerin zu 2 an seine
Mutter, ebenfalls ohne den Beschluss der Gesellschafter. Schließlich hat der Beklagte
noch ab 01.04.2002 in den Räumen der Klägerin zu 2 unerlaubte Konkurrenztätigkeit
entfaltet, indem er dort ein eigenes Unternehmen betrieb. Damit hat sich der Beklagte
gänzlich von den schutzwürdigen Interessen seines Mitgesellschafters abgekehrt, der
dies nicht länger hinzunehmen brauchte.
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Diese Vorgänge erhalten nicht deshalb geringere Bedeutung, weil auch der Kläger zu 1
eigenmächtig gehandelt hat und dadurch gleichfalls schutzwürdige Interessen des
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Beklagten verletzt hat. Wie bereits ausgeführt hat sein Handeln nicht das Gewicht des
Vorgehens auf Beklagtenseite. Es hat nach Aktenlage auch zu keinen bedeutsamen
Nachteilen des Beklagten geführt. Keinesfalls kann es als Rechtfertigung dafür dienen,
nunmehr in einen Prozess sich steigernder Verstöße gegen die Pflichtenstellung eines
Geschäftsführers einzutreten.
Die vorgenannten Gründe rechtfertigen zugleich die am 25.04.2002 ausgesprochene
Kündigung des Geschäftsführervertrages aus wichtigem Grund, die ebenfalls
Gegenstand der Beschlussfassung war.
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e. Der Beschluss zu TOP 6 (Klageantrag zu I 3) ist ebenfalls mit der Stimme des Klägers
zu 1 wirksam gefasst worden.
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Auch insoweit war der Beklagte mit seinem Stimmrecht ausgeschlossen. Betroffen war
die Einziehung des Geschäftsanteils des Beklagten aus wichtigem Grund. Aus den zu d
gemachten Ausführungen folgt die Berechtigung für dieses Vorgehen, das die
Voraussetzungen des § 7 (2) c der Satzung der Klägerin zu 2 erfüllte. Die zu d
genannten Gründe und Erwägungen haben auch das Gewicht, um die Einziehung zu
tragen.
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f. Der Kläger zu 1 ist entsprechend dem zu TOP 7 (Klageantrag zu 2) gefassten
Beschluss mit seiner Stimme wirksam zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 bestellt
worden. Dem Beklagten ist die Ausübung des ihm grundsätzlich zustehenden
Stimmrechts in dieser Situation verwehrt.
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Der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil durch Beschluss der
Gesellschafterversammlung gegen seinen Willen eingezogen wurde, unterliegt nach
diesem Zeitpunkt Beschränkungen hinsichtlich der Ausübung seines Stimmrechts. Mit
dem Beschluss über die Einziehung ist der Weg eingeleitet, der zum Verlust seines
Geschäftsanteils und der Mitgliedschaft führt. Neue Rechte und Pflichten entstehen
nicht. In dieser Situation ist es dem betroffenen Gesellschafter zuzumuten, seine
Willensbildung in Wahrnehmung seines Stimmrechts nur noch dann gegen den Willen
der verbleibenden Gesellschafter auszuüben, wenn Entscheidungen betroffen sind, die
sein Ausscheiden negativ berühren können. Nur dann muss er seine Interessen im
Rahmen der Willensbildung in der Gesellschaft einbringen können. Im Übrigen gehen
die Interessen der ohne ihn fortbestehenden Gesellschaft vor. Insbesondere in der
Zweipersonengesellschaft muss gewährleistet sein, dass die Gesellschaft
handlungsfähig bleibt und sie nicht durch ein Stimmverhalten des Gesellschafters,
dessen Geschäftsanteil eingezogen ist, an der Fortführung der Geschäfte mangels
wirksamer Bestellung handlungsfähiger Organe gehindert wird.
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Dies steht einer Stimmausübung des Beklagten bei der Beschlussfassung über die
Bestellung eines neuen Geschäftsführers der Klägerin zu 2 entgegen. In der
Zweipersonengesellschaft führt dies dazu, dass dem verbleibenden Gesellschafter die
Entscheidungskompetenz zukommt. Nur so ist auch gesichert, dass die Gesellschaft
rechtlich und wirtschaftlich fortgeführt und damit letztlich dem ausscheidenden
Gesellschafter die ihm zustehende Abfindung geleistet werden kann. Dabei ist generell
nicht auszuschließen, dass sich die Geschäftsführerbestellung mittelbar auch auf die
Abfindung auswirken kann. Doch wird der verbliebene Gesellschafter schon aus
eigenem wirtschaftlichen Interesse auf eine positive Gestaltung der Geschäftslage der
Gesellschaft Bedacht nehmen.
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II. Auskunftsklage
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Die Auskunftsklage ist zulässig und begründet.
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1. Gegen die Zulässigkeit der Klage führt der Beklagte keinen konkreten
Berufungsangriff. Bedenken bestehen auch nicht.
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Die Kläger haben das Auskunftsbegehren darauf gestützt, dass sie der erbetenen
Auskünfte zur Feststellung von Schadensersatzansprüchen gegen den Beklagten
benötigten. Derartige Schadensersatzansprüche stehen zwar nicht dem als
Geschäftsführer auftretenden Kläger zu 1) zu, es sind vielmehr Ansprüche der Klägerin
zu 2), der GmbH, zu deren Lasten angeblich schadensstiftende Handlungen des
Beklagten gegangen sein sollen. Der Kläger zu 1) ist jedoch jedenfalls mittelbar in
seiner Stellung als Mitgesellschafter betroffen, zu dessen Lasten sich
schadensersatzbegründendes Handeln des Beklagten auswirken kann.
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2. Mit den gegen die Begründetheit vorgebrachten Einwendungen kann der Beklagte
ebenfalls nicht durchdringen.
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a. Dem Erfordernis einer Beschlussfassung nach § 46 Nr. 8 GmbHG ist genügt.
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Mit der Auskunftsklage geht die GmbH gegen ihren vormaligen Geschäftsführer vor. Die
Entscheidung über dieses Vorgehen ist der Beschlussfassung seitens der
Gesellschafterversammlung vorbehalten, § 46 Nr. 8 GmbHG. Ein derartiger Beschluss
ist zu TOP 5 in der Gesellschafterversammlung vom 25.04.2002 (Bl. 61) gefasst worden.
Dieser Beschluss hat die erforderliche Stimmenmehrheit erhalten. Dass der Beklagte
gegen die Beschlussfassung gestimmt hat, steht nicht entgegen, denn er war nach § 47
Abs. 4 GmbHG von der Stimmabgabe ausgeschlossen.
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b. Der Auskunftsanspruch folgt aus § 242 BGB.
60
Ein solcher Anspruch ist gegeben, wenn im Rahmen eines bestimmten
Rechtsverhältnisses der Auskunftsberechtigte der Auskunft bedarf, um einen Anspruch
sachgerecht gegen einen Dritten geltend machen zu können und der in Anspruch
genommene Dritte die Auskunft unschwer erteilen kann.
61
So liegt es hier. Es ist unstreitig, dass der Beklagte als damaliger Geschäftsführer
Rechtsgeschäfte mit Dritten für die GmbH getätigt hat. Aus diesen Rechtsgeschäften,
etwa dem Verkauf des Dienstwagens des Klägers zu 1), sind möglicherweise
Ansprüche der GmbH erwachsen, die im Rahmen der Ermittlung des
Geschäftsergebnisses von Bedeutung sein können. Die Klägerin zu 2) erhebt den
konkreten Vorwurf, dass Erträgnisse aus Rechtsgeschäften nicht in das
Gesellschaftsvermögen gelangt sind. Der Geschäftsführer ist insoweit auch infolge der
Pflichten aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag verpflichtet, Auskunft zu geben
und Rechenschaft über sein Handeln zu legen. Dies gilt erst recht, wenn, was unstreitig
ist, der Geschäftsführer in den Räumlichkeiten der Klägerin zu 2) ein
Einzelunternehmen geführt und damit unzulässige Konkurrenz zu Lasten der Klägerin
zu 2) ausgeübt hat.
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c. Inhalt und Umfang des Auskunftsanspruchs beanstandet der Beklagte vergeblich.
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Der Beklagte kann den Kläger zu 1 hinsichtlich seines Auskunftsanspruchs nicht auf
§ 51 a GmbHG verweisen. Der Anspruch nach 51 a GmbHG richtet sich gegen die
GmbH als Anspruchsgegner, für die deren Geschäftsführer die erbetene Auskunft zu
erteilen hätte. Dies wäre hier der Kläger zu 1), dem die Erfüllung seines eigenen
Auskunftsverlangens nicht möglich ist, jedenfalls nicht hinsichtlich der hier im Streitfall
erbetenen Auskünfte.
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Der Auskunftsanspruch dient als Hilfsanspruch der Durchsetzung eines
Hauptanspruchs. Diesen bezeichnet die Klägerin zu 2) als Schadensersatzanspruch
gegen den Beklagten wegen dessen pflichtwidrigen Verhaltens in der Zeit ab
22.03.2002 als damaliger alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer für die GmbH.
65
Der Beklagte hat danach zunächst entsprechend dem Antrag zu 1) Auskunft über
sämtliche von der Klägerin zu 2) seit dem 22.03.2002 bis zum 17.04.2002 erzielten
Einkünfte zu erteilen. Darauf hat die Klägerin zu 2) Anspruch, da sie selbst vertreten
durch ihren jetzigen Geschäftsführer dazu Feststellungen nicht treffen kann. In dieser
Zeit war allein der Beklagte als Geschäftsführer tätig, so dass von ihm Auskunft zu
geben ist.
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Diese Beurteilung gilt gleichfalls für das Begehren entsprechend dem Klageantrag zu
2), das darauf gerichtet ist, Auskunft über sämtliche Verträge mit Dritten zu erteilen, die
der Beklagte als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer für die Klägerin zu 2) in
dem angesprochenen Zeitraum abgeschlossen hat. Insoweit besteht ein Bedürfnis unter
anderem aus der Darlegung der Klägerin zu 2), dass ein Autoverkauf stattgefunden und
der Beklagte einen Mietvertrag mit seiner Mutter zu Lasten der GmbH geschlossen hat.
Der Beklagte wird sich dazu erklären müssen, ob er in weitergehendem Umfang
Verträge mit Wirkung für oder gegen die GmbH geschlossen hat.
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Der Beklagte wird auch Auskunft über sämtliche Einkünfte zu erteilen haben, die er mit
seinem als Pensionsbetrieb und Getränkehandel angemeldeten Gewerbe als
Einzelfirma erzielt hat. Dies ist für eine eventuelle Schadensersatzforderung der GmbH
gegen den Beklagten von Bedeutung, da insoweit Geschäfte zu Lasten der GmbH im
Wege unzulässiger Konkurrenz getätigt worden sein können. Da unstreitig der
Geschäftsbetrieb entsprechend der Anmeldung erst zum 01.04.2002 aufgenommen
worden ist, ist das Auskunftsbegehren nur für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis zum
17.04.2002 begründet.
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Diese zeitlichen Einschränkungen, die sich aus dem Vortrag der Kläger ohne weiteres
ableiten lassen, sind klarstellend in den Tenor aufgenommen worden.
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III. Widerklage
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Das Landgericht hat die Widerklage zu Recht abgewiesen. Die Berufung rechtfertigt
eine andere Entscheidung nicht.
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1. Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage des Beklagten bestehen Bedenken
nicht.
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Mit der Beschlussfeststellungsklage begehrt der Beklagte positiv die Feststellung, dass
entsprechend dem Tagesordnungspunkt 3 der Einladung vom 12.04.2002 der
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Geschäftsanteil des Klägers zu 1) eingezogen worden ist.
Für diese Klage besteht ein Feststellungsinteresse und Rechtsschutzbedürfnis. Der
Beklagte ist wie dargelegt entsprechend der Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt
6 im Wege der Einziehung bzw. Abtretung seines Geschäftsanteiles aus der
Gesellschaft ausgeschlossen worden. Dieser Ausschluss ist jedoch noch nicht
vollzogen. Als Gesellschafter muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, die
Rechtmäßigkeit eines mit seiner Stimme gefassten Beschlusses gerichtlich überprüfen
zu lassen.
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Wie bereits im Fall des Klägers zu 1) ausgeführt, kann die Beschlussfeststellungsklage
gegen die Gesellschaft und auch gegen den Mitgesellschafter der
Zweipersonengesellschaft erhoben werden. In der Berufungsinstanz richtet der Beklagte
die Klage nunmehr nur noch gegen die Klägerin zu 2).
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2. Die Klage ist aber nicht begründet.
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Die materielle Berechtigung für die Beschlussfassung beurteilt sich nach § 7 Abs. 2 c)
des Gesellschaftsvertrages (Bl. 22). Danach kann ohne Zustimmung eines
Gesellschafters dessen Geschäftsanteil eingezogen werden, wenn dieser sich eines so
schweren Verstoßes gegen Gesellschafterpflichten schuldig gemacht hat, dass den
übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm nicht mehr zugemutet
werden kann.
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Für diese Voraussetzung eines schweren Verstoßes hat der Beklagte nicht hinreichend
vorgetragen, wie bereits zu I 2 c dargelegt wurde.
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IV. Nebenentscheidungen
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10,711 ZPO.
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