Urteil des OLG Hamm vom 13.05.2003

OLG Hamm: wohl des kindes, elterliche sorge, kindeswohl, billigkeit, unterhalt, einsichtnahme, auskunft, akte, kopie, verfügung

Oberlandesgericht Hamm, 7 UF 98/03
Datum:
13.05.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
7. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 UF 98/03
Vorinstanz:
Amtsgericht Soest, 18 F 107/02
Tenor:
Der Beschluss wird abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, alle seit dem Schuljahr
2001/2002 er-
teilten Zeugnisse der gemeinsamen Tochter T dem
Antragsteller in Kopie zukommen zu lassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt, die
auch
die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen hat.
Beschwerdewert: 500,00 €.
G r ü n d e :
1
Das Amtsgericht - Rechtspflegerin - hat den Antrag des Kindesvaters zurückgewiesen,
der Kindesmutter, die die alleinige elterliche Sorge hat, aufzugeben, die Schulzeugnisse
der Tochter T vorzulegen. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin im wesentlichen
ausgeführt, die Tochter sei mit der Vorlage nicht einverstanden, daher verstoße eine
solche Anordnung gegen das Kindeswohl, das Auskunftsverlangen könne ohnehin
gegen den Willen der 15jährigen nicht durchgesetzt werden.
2
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist - unter Zurückstellung erheblicher
Bedenken - zulässig. Allerdings hat der Antragsteller zunächst "vorsorglich" gegen eine
"Verfügung des Gerichts vom 04.03.2003" Beschwerde eingelegt, eine solche findet
sich jedoch nicht in der Akte. Sollte etwa die Terminsverfügung vom 17.03.2003 oder
ein Gerichtsschreiben vom 26.02.2003 gemeint sein, so wäre das Rechtsmittel schon
deshalb unzulässig, weil diese Verfügungen nicht anfechtbar sind.
3
Mit Schriftsatz vom 08.04.2003 hat der Beschwerdeführer dann seine Beschwerde
begründet. Auch hier bedarf es erheblicher Anstrengungen, diesen Schriftsatz als eine
Beschwerdeschrift gegen den Beschluß vom 02.04.2003 anzusehen, obwohl nicht
einmal der angefochtene Beschluss vom 02.04.2003 präzise bezeichnet wird. Immerhin
wird aber gerade noch hinreichend deutlich, daß dieser Beschluß angefochten wird. Der
Senat stellt daher alle Bedenken jedoch zurück, zumal die offensichtlich unhaltbare
Entscheidung des Amtsgerichts der Abänderung bedarf.
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Dem Antragsteller steht das Recht auf Auskunfterteilung durch Vorlage von
Zeugniskopien gem. § 1686 BGB zu. Als Vater, dessen Tochter den Kontakt mit ihm
verweigert, hat er ein berechtigtes Interesse daran, Auskunft über die schulische
Entwicklung des Kindes von der Kindesmutter zu erhalten. Es geht daher hier nicht
darum, das Kind zur Vorlage seiner Zeugnisse zu verpflichten. Dies ist vielmehr
Aufgabe der personensorgeberechtigten Antragsgegnerin (vgl. Palandt-Diederichsen §
1686, 1).
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Nach dem Gesetzeswortlaut ist dem Antrag dann nicht stattzugeben, wenn die dem
Wohl des Kindes widerspricht.
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Es heißt dort nicht etwa, wenn dies dem Willen des Kindes widerspricht, darauf sollte
deutlich hingewiesen werden. Das Kindeswohl ist unter Anlegung objektiver Maßstäbe
zu beurteilen. Dann aber sind vernunftgetragene - nicht willkürliche - Gründe für die
Ablehnung der Zeugnisvorlage nicht ersichtlich. Gerade eine 15 Jährige muß wissen,
dass der Antragsteller als Vater, der auch den Unterhalt für sein Kind zahlt, auch
entsprechende Rechte hat. Das Unterhaltsrechtsverhältnis begründet wechselseitige
Rechte und Pflichten. Dies dem Kind klarzumachen, kann nicht dem Kindeswohl
widersprechen.
7
Bei den Zeugnissen handelt es sich auch nicht um kindliche Geheimnisse, an deren
Nicht-Offenbarung ein berechtigtes Interesse bestünde, wie z. B.
Tagebuchaufzeichnungen, Photos, Telefonnummern etc. Schulzeugnisse stellen
vielmehr ein Spiegelbild der schulischen Leistungen dar. Als Vater hat der Antragsteller
ein Interesse daran, über diese Leistungen informiert zu werden. Eine Einsichtnahme in
den Räumen des Jugendamtes ist nicht zumutbar.
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Der angefochtene Beschluss ist daher abzuändern.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a I, 1 FGG, angesichts der eindeutigen Sach-
und Rechtslage entspricht eine Kostenüberbürdung auf die unterlegene
Antragsgegnerin der Billigkeit.
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