Urteil des OLG Hamm vom 14.10.2004
OLG Hamm: bedingter vorsatz, abtretung, gläubigerbenachteiligung, kaufvertrag, abrede, verrechnung, geschäftsführer, druck, insolvenz, zahlstelle
Oberlandesgericht Hamm, 27 U 218/03
Datum:
14.10.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 U 218/03
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 6 O 356/03
Normen:
§ 133 InsO
Leitsätze:
Die Vereinbarung in einem Grundstückskaufvertrag, dass der Kauspreis
auf das Geschäftskonto der Verkäuferin zu zahlen ist, begründet auch
dann kein ausreichendes Indiz für einen
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz i.S.v. § 133 InsO zugunsten des
kontoführenden Kreditinstituts, wenn die demgemäß erfolgende Zahlung
dem Kreditinstitut eine Verrechnungsmöglichkeit eröffnet.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6. November 2003
verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen
abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach dem Urteil
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
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A.
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Der Kläger macht einen Rückgewähranspruch aus Insolvenzanfechtung geltend.
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Er hat die Regelung in § 3 Abs. 5 eines notariellen Kaufvertrages vom 24.5.2000
angefochten, in dem die Schuldnerin Wohnungseigentumsrechte an einem Grundstück
in F an ihren Geschäftsführer verkaufte. Inhalt dieser Regelung war, dass der Käufer die
durch Grundschulden am Kaufobjekt gesicherten Darlehen in voller Höhe in
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Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen und den sich danach ergebenden
Kaufpreisrest auf ein näher bezeichnetes Konto der Schuldnerin bei der Beklagten
zahlen sollte.
Der Kläger hat gemeint, durch diese Regelung seien die Gläubiger der Schuldnerin
unangemessen benachteiligt, soweit der Käufer mehr als die durch Grundschulden
gesicherten Beträge auf das fragliche Konto überwiesen habe, weil der übersteigende
Betrag, mit dem "Überziehungen auf dem Girokonto der Schuldnerin abgelöst" wurden,
ohne diese Zahlung in die Insolvenzmasse gefallen wäre.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens in erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug
genommen.
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Durch dieses Urteil hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Rückzahlung
des geltend gemachten Betrages verurteilt und gemeint, die anfechtbare
Rechtshandlung liege in der Vereinbarung, wonach der Kaufpreisrest auf das bei der
Beklagten geführte Konto der Schuldnerin zu zahlen sei, und der entsprechend
geleisteten Zahlung. Dieses Vorgehen sei als "Gesamtvorgang" anfechtbar. Lediglich
im Umfang der bestehenden dinglichen Sicherung der Beklagten sei eine
Benachteiligung nicht eingetreten. Der Sicherungsgegenstand sei aber nicht durch die
Abtretung der vorrangigen Grundschuld erweitert worden; Zweck der Abtretung sei nur
die Rangsicherung. Ein bedingter Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung sei zu bejahen,
da die Rückführung des Sollsaldos zwangsläufig andere Gläubiger benachteiligt habe.
Ein ernsthafter Sanierungsversuch sei nicht dargetan. Die Beklagte habe Kenntnis von
diesem Vorsatz gehabt, da sie alle für den Vorsatz sprechenden tatsächlichen
Umstände gekannt habe.
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Gegen dieses Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten seiner Begründung verwiesen
wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin Klageabweisung erstrebt.
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Sie meint, das Landgericht habe sowohl übersehen, dass innerhalb der Anfechtungsfrist
allein die Verrechnungsabrede angefochten sei, die nach erfolgter Zahlung jedoch gar
nicht mehr anfechtbar sei, als auch, dass es durch die - nicht angefochtene - Zahlung
auf das Konto der Schuldnerin bei der Beklagten wegen der Abtretung der erstrangigen
Grundschuld der Commerzbank F nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung habe
kommen können. Zudem überzeugten die Überlegungen zum Vorsatz der Schuldnerin
nicht; dieser sei jedenfalls durch ein schlüssiges Sanierungskonzept ausgeschlossen.
Im Einzelnen führt sie aus:
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Der Kläger habe ausdrücklich und mit wünschenswerter Deutlichkeit nur die
Zahlungsabrede in § 3 Abs. 5 des Kaufvertrags und nicht die Zahlung an die Beklagte
angefochten. Zwischen beiden sei zu differenzieren. Die Zahlungsabrede sei aber nur
solange anfechtbar, wie es noch nicht zur Zahlung gekommen sei. Nach erfolgter
Zahlung gehe die erklärte Anfechtung somit ins Leere. Die vom Landgericht
angenommene "Einheit" von Zahlungsabrede und Zahlung überzeuge nicht. Es liege
kein "anfechtbarer Gesamtvorgang" vor.
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Ferner fehle es an einer Gläubigerbenachteiligung durch die Zahlung des
Restkaufpreises auf das Konto der Schuldnerin bei der Beklagten.
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Die Beklagte behauptet, die Überweisung sei von ihr nicht eigenmächtig vorgenommen
worden, sondern es sei im Vorfeld zwischen ihr und der von Herrn O bevollmächtigten
Fa. X abgesprochen gewesen, dass der Kaufpreis über eine
Überziehungsgenehmigung auf dem Privatgirokonto des Herrn O von ihr vorfinanziert
und von diesem Konto überwiesen werde.
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Die Beklagte macht geltend, dass sie in Höhe der auf dem Konto der Schuldnerin bei ihr
eingegangenen Zahlung einen fälligen Anspruch wegen des bestehenden Sollsaldos
gehabt habe. Zudem habe die Schuldnerin in § 3 Abs. 3 des Kaufvertrages gemeinsam
mit Herrn O ein abstraktes Schuldanerkenntnis verbunden mit der Unterwerfung unter
die sofortige Zwangsvollstreckung zu ihren Gunsten abgegeben.
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Außerdem scheide die Annahme einer Gläubigerbenachteiligung deshalb aus, weil sie
hinsichtlich des erhaltenen Betrages dinglich gesichert gewesen sei. Denn die
Regelung in § 3 Abs. 3 des Kaufvertrags lasse nur den Schluss zu, dass die Abtretung
der Ansprüche auf Rückgewähr der vor- und gleichrangigen Grundschulden zur
Erweiterung ihrer Sicherung habe dienen sollen. Im Kaufvertrag werde eindeutig Bezug
genommen auf eine mehrseitige Vereinbarung zwischen ihr, den Vertragsparteien und
der Commerzbank F, nach der die Abtretung der Grundschuld der Commerzbank an sie
vereinbart worden sei. Die Abtretung des Rückgewähranspruchs habe ihr als besondere
Sicherheit in der Weise dienen sollen, dass sie berechtigt sein sollte, Befriedigung aus
dem auf sie übergehenden Recht zu verlangen, wenn sie hinsichtlich ihres ursprünglich
allein dinglich gesicherten Anspruchs befriedigt sei. Die Abtretung der Grundschuld sei
dann auch erfolgt und ins Grundbuch eingetragen worden.
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Schließlich habe die Schuldnerin hinsichtlich einer etwaigen Gläubigerbenachteiligung
nicht vorsätzlich gehandelt.
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Da sich in den Fällen der Erfüllung einer fälligen Verbindlichkeit der Wille des
Schuldners regelmäßig darin erschöpfe, seinen Verbindlichkeiten gerecht zu werden,
sei zum Nachweis eines Benachteiligungsvorsatzes die Feststellung erforderlich, dass
der spätere Schuldner durch die Zahlung seine Gläubiger in unlauterer Weise
benachteiligen wollte. Derartige Umstände seien vom Landegricht nicht festgestellt und
auch nicht erkennbar.
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Schließlich entfalle der Vorsatz deshalb, weil die Zahlung in Umsetzung eines
schlüssigen Sanierungskonzepts erfolgt sei. Aus Sicht der Schuldnerin sei eine positive
Prognose zu bejahen gewesen. Deren Geschäftsführer habe wie alle Beteiligten an den
Erfolg geglaubt. Er habe die Verbindlichkeiten der Schuldnerin letztlich persönlich
übernommen, was er nicht getan hätte, wenn er von einem Scheitern des
Sanierungsversuchs ausgegangen wäre.
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Auch seien ihr, der Beklagten, keine neuen Mittel zugeflossen. Da die Kaufpreiszahlung
des Geschäftsführers durch eine von ihr genehmigte Kontoüberziehung finanziert
worden sei, sei nur ein Schuldner durch den anderen ausgetauscht worden. Da Herr O
sich bereits für Verbindlichkeiten der Schuldnerin in Höhe von 500.000 DM verbürgt
hatte, habe die Insolvenz praktisch auch seine Zahlungsunfähigkeit bedeutet. Dass sie
sich in dieser Situation auf diese Konstruktion eingelassen habe, zeige, dass auch sie in
das Sanierungskonzept vertraut und nicht in Kenntnis einer etwaigen vorsätzlichen
Gläubigerbenachteiligung gehandelt habe.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
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Mit der Zahlungsabrede im Kaufvertrag habe die Schuldnerin auf ihr Recht verzichtet,
Zahlung auf ein anderes Konto zu verlangen; eine solche Zahlung hätte - ebenso wie
eine Barzahlung - keine Erfüllungswirkung mehr gehabt. Die Abrede sei damit darauf
gerichtet gewesen, für einen die Bank begünstigenden Zahlungseingang auf dem
Girokonto zu sorgen. Eine genaue Bezeichnung der angefochtenen Rechtshandlung sei
nicht notwendig. Es genüge, dass der Sachverhalt, der den Klageantrag rechtfertige -
Verrechnungsabrede und Zahlung - vorgetragen werde.
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Mit dieser Zahlung seien die übrigen Gläubiger benachteiligt worden. Für eine
mittelbare Gläubigerbenachteiligung genüge es, dass die angefochtene
Rechtshandlung i.V.m. einem weiteren Umstand - hier der Zahlung - die
Benachteiligung auslöse. Auf eine Eigenmächtigkeit bei der Umbuchung komme es
nicht an, und auch kongruente Deckungen könnten gläubigerbenachteiligend sein.
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Die Abtretung der Rückgewähransprüche habe nicht zu einer dinglichen Sicherung der
Beklagten geführt. Die Auslegung des Landgerichts, die der Senat nur wie ein
Revisionsgericht zu überprüfen habe, sei richtig. Aus den Abtretungserklärungen ergebe
sich nicht, dass die Rückgewähransprüche der Sicherung der durch eigene
Grundschuld gesicherten Forderungen dienen sollten. Der fast ein Jahr später
geschlossene Kaufvertrag könne für die Auslegung nicht herangezogen werden. In § 3
(3) des Vertrages seien die Rückgewähransprüche nicht einmal erwähnt.
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Die Schuldnerin habe mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt. Es liege ein Fall
inkongruenter Deckung vor. Zum einen habe die Beklagte keinen Anspruch darauf
gehabt, dass der Käufer O auf das bei ihr geführte Konto zahle und dass die
Vertragsparteien eine Zahlung auf dieses Konto vereinbarten. Zum anderen sei der
Anspruch auf Rückführung des Sollsaldos nicht fällig gewesen. Die Grundschuld sei für
neu eingeräumte Überziehungsgenehmigungen auf dem Girokonto zur Verfügung
gestellt worden; dass dieser genehmigte Überziehungsrahmen überschritten gewesen
sei, bestreitet der Kläger. Und schließlich habe die Beklagte den Restkaufpreis
eigenmächtig auf das Girokonto der Schuldnerin umgebucht.
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Aber selbst wenn man das Vorliegen kongruenter Deckung unterstelle, sei die
Feststellung unlauteren Verhaltens des Schuldners für den
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht erforderlich. Nach der neueren Rechtsprechung
des BGH reiche es vielmehr aus, dass der Schuldner mit der Befriedigung gerade
dieses Gläubigers Vorteile für sich erlangen oder Nachteile von sich abwenden wolle
(BGH ZIP 2003, 1799). Das sei hier der Fall. Der Schuldnerin, die auf die Mitwirkung
und das Wohlwollen ihrer Hausbank angewiesen gewesen sei, sei es nicht auf die
Vertragserfüllung, sondern auf die Bevorzugung der Beklagten angekommen. Dass sie
dabei die Schädigung anderer Gläubiger als notwendige Folge der der Beklagten
gewährten Befriedigung vorausgesehen habe, sei ausreichend, um auf den Vorsatz der
Benachteiligung schließen.
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Ein Sanierungskonzept mit ernsthafter Erfolgsaussicht habe gleichfalls nicht
vorgelegen. Allen Beteiligten unter Einschluss der Schuldnerin sei es nur darum
gegangen, die Q GmbH zu erhalten, während die Insolvenz der Schuldnerin in Kauf
genommen worden sei. Um die anderen Gesellschaften zu sanieren und das
wirtschaftliche Überleben des Herrn O zu sichern, sei dieser auf die Mitwirkung der
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Beklagten angewiesen gewesen sei, die dafür den Ausgleich ihrer "besonders
gefährdeten" Forderungen gegen die Schuldnerin verlangt habe. Die Beklagte habe
gewusst, dass sie die Schuldnerin unter Druck setzte, indem sie Zahlung auf das bei ihr
geführte Konto verlangt und dies zur Grundlage ihrer Mitwirkung bei der Sanierung der
übrigen Unternehmen gemacht habe.
B. Die zulässige Berufung ist begründet, weil sich die Voraussetzungen eines
Anfechtungstatbestands gemäß §§ 129 ff. InsO nicht feststellen lassen.
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I. Eine Anfechtung gemäß §§ 130, 131 InsO scheitert daran, dass alle in Betracht
kommenden Handlungen außerhalb der hierfür geltenden Fristen von maximal drei
Monaten liegen.
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II. Als anfechtbare Handlung gemäß § 133 InsO kommt allein die Kaufpreisregelung im
Kaufvertrag in Betracht. Hinsichtlich dieser Handlung lässt sich aber ein
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht feststellen.
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1. Sowohl die Zahlung des Käufers O als auch die im Anschluss an diese Zahlung
erfolgte Verrechnung der Gutschrift mit dem Debetsaldo durch die Beklagte scheiden als
gemäß § 133 InsO anfechtbare Rechtshandlungen aus, weil diese Vorschrift eine
Rechtshandlung des Schuldners voraussetzt.
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2. Dagegen ist die Kaufpreisregelung als eine die Anfechtbarkeit nach § 133 InsO
begründende Rechtshandlung in Betracht zu ziehen, auch wenn erst die nachfolgende
Verrechnung durch die Beklagte zu deren Befriedigung und damit unmittelbar zur
Benachteiligung der übrigen Gläubiger führte.
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Denn grundsätzlich kann auch die Herstellung einer Verrechnungslage die
Insolvenzgläubiger benachteiligen (BGH NJW 2002, 1722, 1723).
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3. Es geht bei einer Konstellation wie hier nämlich nicht um die Leistung an einen
Dritten, an einen Gläubiger des Schuldners, also um einen Fall, wie er der
Entscheidung BGH NJW 1999, 3636 zugrunde lag oder wie er in dem Aufsatz von Lüke
in ZIP 2001, 1 behandelt wird. Die Zahlung auf das Konto der Schuldnerin war eine
Zahlung an diese selbst, da eine Bank nicht Dritte, sondern Zahlstelle des Gläubigers ist
(vgl. Palandt-Heinrichs, § 362 BGB Rn 9 m.w.N.), und es bedarf wie ausgeführt
zusätzlich der Verrechnung durch die Bank, um deren Forderung zu befriedigen.
(Dagegen wäre eine unmittelbare Befriedigung von Gläubigern des Schuldners bereits
benachteiligend, vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 129 InsO Rn 24).
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In dem Fall, der der Entscheidung des BGH in NJW 1999, 3264, 3266 zugrunde lag, hat
der BGH die Verrechnung nicht nur als kongruent angesehen, sondern sogar ein
Bargeschäft bejaht, weil der Kontokorrentverkehr weiter lief und die Bank weiter
Verfügungen zugelassen hat. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass das hier anders war,
nachdem die Kontoüberziehung zurückgeführt wurde.
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4. Dies kann aber alles ebenso offen bleiben, wie die von den Parteien diskutierte
Frage, ob die Beklagte im Zusammenhang mit der Grundschuldabtretung eine
weitergehende dingliche Sicherung erworben hat. Denn es fehlt zumindest am
Nachweis eines Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin.
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Insoweit liegt der Fall nicht anders als der in der zuletzt zitierten BGH-Entscheidung, in
der der BGH (a.a.O., S. 3266) u.a. ausgeführt hat:
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Für eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners i.S. von § 10 I Nr. 1 GesO im
Zusammenhang mit den Verrechnungen hat der Kl. nichts vorgetragen. Da der
Kontokorrentverkehr vereinbarungsgemäß, also kongruent, abgewickelt wurde,
fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Schuldner die Benachteiligung seiner
Gläubiger bewußt in Kauf genommen hat, indem er Eingänge auf dem von der
Bekl. geführten Konto zuließ.
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Hier stellt sich sogar zusätzlich die Frage, ob der Käufer nicht auch ohne die konkrete
Abrede im Kaufvertrag ohnehin mit befreiender Wirkung auf dieses Konto hätte zahlen
können. Es spricht viel dafür, im kaufmännischen Verkehr von einem generellen
Einverständnis des Gläubigers mit einer Zahlung auf sein Geschäftskonto auszugehen,
wenn dieses dem Vertragspartner bekannt ist. Jedenfalls bei einem
Grundstückskaufvertrag ist die Annahme, dass ohne eine ausdrückliche Abrede
ausschließlich Barzahlung geschuldet werde, lebensfremd. Zudem handelte es sich hier
zusätzlich um ein In-Sich-Geschäft zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer, bei
dem eine Barzahlung schon aus Gründen der Dokumentation des Zahlungsvorgangs
ausschied.
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Aus all diesen Gründen kann man nicht annehmen, dass die Angabe des
Geschäftskontos als Zahlstelle für die Überweisung des Kaufpreises von einer
Gläubigerbenachteiligungsabsicht getragen worden ist. Diese Abrede im Kaufvertrag ist
in keiner Weise auffällig oder verdächtig - sie ist nicht nur möglich und zulässig, sondern
im Gegenteil bei einem Grundstückskaufvertrag fast ausnahmslos üblich.
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Für einen irgendwie gearteten Druck der Beklagten im Hinblick auf die Sanierung der
übrigen Unternehmen ist nichts ersichtlich. Beweis für diese Behauptung tritt der Kläger
nicht an. Der Entscheidung des BGH in NJW 2003, 3560, in der der BGH die
Voraussetzung unlauteren Handelns aufgegeben hat, und auf die der Kläger sich in
diesem Zusammenhang beruft, lag insgesamt ein völlig anders gelagerter Sachverhalt
zugrunde. Dort war es so gewesen, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin nach dem
unter Beweis gestellten Klägervorbringen den (Finanz-) Beamten des beklagten Landes
gegenüber erklärt hatte, er sei "illiquide" bzw. "zahlungsunfähig", woraufhin ein
Mitarbeiter des beklagten Landes ihm gegenüber in einem weiteren Gespräch erklärt
haben soll, wenn die Schuldnerin nicht bis Montag der kommenden Woche 5000 DM
zahle, mache er "die Bude dicht"; komme das Geld nicht, würden die 36 Mitarbeiter
zumindest ein "geregeltes Einkommen über das Arbeitslosengeld" beziehen können.
Indem der BGH diesen Fall zum Anlass genommen hat auszuführen, dass auch
Umstände, deren Unlauterkeit zweifelhaft sein könne, wie z.B. ein gesetzmäßiger, aber
massiver Druck des sodann begünstigten Gläubigers die tatsächliche Vermutung, dass
es dem Schuldner vorrangig auf die Erfüllung seiner Zahlungspflicht ankomme,
erschüttern könne, hält er im Grundsatz gerade an dieser Vermutung in den Fällen
kongruenter Leistung fest. Dass ein vergleichbarer massiver Druck hier zu der Regelung
über die Kaufpreiszahlung im Vertrag geführt hat, lässt sich wie ausgeführt aber gerade
nicht feststellen.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die
Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Insbesondere beruht
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die Verneinung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes auf einer tatsächlichen
Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles.