Urteil des OLG Hamm vom 14.07.2005

OLG Hamm: einkünfte aus erwerbstätigkeit, neues tatsächliches vorbringen, führung des haushalts, trennung, einkommen aus erwerbstätigkeit, kapitalvermögen, erwerbseinkommen, bfa, eigene mittel

Oberlandesgericht Hamm, 3 UF 10/04
Datum:
14.07.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 UF 10/04
Vorinstanz:
Amtsgericht Herne-Wanne, 3 F 129/99
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.12.2003 verkündete Urteil
des Amtsgerichts - Familiengericht Herne-Wanne - teilweise abgeändert
und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit vom 01.12.1998 bis zum
17.04.2000 in Höhe von 15.339,21 € (30.000,89 DM) nebst Zinsen in
Höhe von 4 % p.a. aus 962,62 € (1.882,72 DM) seit dem 01.12.1998, aus
je 451,33 € (882,72 DM) seit dem 01.01.1999 und dem 01.02.1999, aus
299,36 € (585,50 DM) seit dem 01.03.1999, aus 1.048,04 € (2.049,78
DM) seit dem 01.04.1999, aus je 1.048,40 € (2.050,50 DM) seit dem
01.05, dem 01.06., dem 01.07, dem 01.08., dem 01.09., dem 01.10., dem
01.11., dem 01.12.1999, dem 01.01., dem 01.02., dem 01.03.2000 sowie
aus weiteren 594,10 € (1.161,95 DM) seit dem 01.04.2000,
rückständigen Nachscheidungsunterhalt für die Zeit vom 10.05.2000 bis
zum 31.03.2001 in Höhe von 12.606,33 € (24.655,84 DM) nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 576,09 €
(1.126,73 DM) seit dem 10.05., aus je 1.078,06 € (2.108,50 DM) seit dem
01.06., dem 01.07., dem 01.08., dem 01.09., aus 501,88 € (981,59 DM)
seit dem 01.10., aus je 1.556,12 € (3.043,50 DM) seit dem 01.11. und
dem 01.12.2000 sowie aus je 1.367,96 € (2.675,50 DM) seit dem 01.01.,
dem 01.02. und dem 01.03.2001,
laufenden Nachscheidungsunterhalt in Höhe von
monatlich je 1.367,96 € (2.675,50 DM) für die Zeit vom 01.04. bis zum
31.12.2001,
monatlich je 987,--€ für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2002,
monatlich je 822,--€ für die Zeit vom 01.07.bis zum 31.12.2002,
monatlich je 665,--€ für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.12.2003,
monatlich je 716,--€ für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.03.2005,
und zwar jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem jeweiligen Monatsersten,
737,--€, davon 113,33 € Alters- und 60,67 € Kranken- und
Pflegevorsorgeunterhalt, für die Zeit vom 01. bis zum 30.04.2005 nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 563,-
-€ seit dem 01.04.2005,
ab dem 01.05.2005 monatlich zum Ersten eines jeden Monats 870,--€,
davon 200,--€ Alters- sowie 107,06 € Kranken- und
Pflegevorsorgeunterhalt, und zwar jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
zu zahlen;
die weitergehende Berufung der Klägerin sowie die Berufung des
Beklagten werden zurückgewiesen; die weitergehende Klage wird
abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 28 % und der
Beklagte zu 72 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Klägerin und Beklagter dürfen die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 58.454,66 € (114.327,37 DM)
G r ü n d e:
1
Tatbestand
2
Die Parteien schlossen am xxx die Ehe, aus der zwei mittlerweile volljährige Kinder
hervorgegangen sind. Der Beklagte führte bis April 1996 als Handwerksmeister
3
selbstständig einen kleinen Kfz-Betrieb, den er sodann aus gesundheitlichen Gründen
im Einvernehmen mit der Klägerin aufgab. Bereits im Jahre 1990 war sein
Mehrfamilienhaus in I fertiggestellt worden, das über drei Wohnungen verfügt. Die im
Erdgeschoss gelegene, ca. 91 m² große Wohnung nutzt der Beklagte - bis zur Trennung
gemeinsam mit der Klägerin - selbst. Die Klägerin, gelernte Friseuse, ging neben der
Erziehung der Kinder und der Führung des Haushalts zunächst keiner Erwerbstätigkeit
nach. Erst etwa ab 1990 verdiente sie Geld in streitiger Höhe als Reinigungshilfe und
Zugehfrau in einigen Haushalten. Dem Beklagten gelang es, während der Ehezeit
erhebliches Kapital auf Bankkonten zunächst in E und später in M anzusammeln, das
bis zum Jahre 1995 auf 1.291.818,--DM angestiegen war. Aus seinem Kapital hatte er
1992 99.458,--DM, 1993 76.449,--DM, 1994 91.083,--DM, 1995 57.551,--DM, 1996
27.767,--DM und in 1997 noch 27.386,--DM Zinsen erzielt. Weder das Kapital noch
Zinserträge setzte der Beklagte für den Familienunterhalt ein; er informierte auch die
Klägerin nicht über diese Vermögenswerte. Inwieweit die Klägerin über den Bestand
von Konten des Beklagten in M als solchen unterrichtet war, ist streitig; die Höhe des
gesamten Vermögens war ihr während der intakten Ehe nicht bekannt. Im Jahre 1996
wurden steuerliche Ermittlungen angestellt, die zur Einleitung eines
Steuerstrafverfahrens gegen den Beklagten führten. Im Zusammenhang mit diesen
Ermittlungen hob er Beträge in Höhe von 600.000,--DM - 700.000,--DM von seinen M
Konten ab und brachte das Bargeld nach I, wo er es an verschiedenen Orten versteckte.
Von diesen Maßnahmen setzte er auch die Klägerin in Kenntnis. Später transferierte er
Gelder nach M zurück. Ende Februar 1999 verfügte er wieder über ein Anlagevermögen
in M im Wert von mindestens 1.290.000,--DM. Die Klägerin war zumindest über die
Höhe der Guthaben des Beklagten nicht informiert. Ab dem 01.12.1998 erhält der
Beklagte eine Rente der BfA wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von anfänglich
2.462,26 DM (brutto) pro Monat. Außerdem bezieht er eine Berufsunfähigkeitsrente und
seit Mitte 2000 eine geringfügige Rente der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes.
Die Parteien, die sich im Herbst 1998 getrennt hatten, wurden mit Urteil vom 14.03.2000
geschieden; die Scheidung wurde am 18.04.2000 rechtskräftig. Mit Schreiben vom
09.05.2000 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von
Nachscheidungsunterhalt ab Mai 2000 in Höhe von 3.300,--DM monatlich auf. Die
Klägerin lebte nach dem Auszug aus der Ehewohnung bis Ende Dezember 2000
teilweise in der Wohnung der Tochter im selben Haus und teilweise in Souterrain-
Räumlichkeiten. Sie zog Anfang 2001 mit der Tochter in deren zwischenzeitlich
fertiggestellten Neubau. Die von der Tochter geräumte Wohnung wurde
zwischenzeitlich nicht mehr vermietet; hinsichtlich der größeren Wohnung fanden
wiederholt Mieterwechsel statt. Auch diese Wohnung stand wiederholt längere Zeit leer.
Zwischen den Parteien war u.a. ein Verfahren über den Zugewinnausgleich anhängig
(AG Herne 3 F 225/00), das vergleichsweise beendet wurde. Die Klägerin erhielt auf
ihre Forderung im November 2000 sowie im Januar 2001 insgesamt 256.000,--DM,
wovon sie im April 2001 einen Betrag von 200.000,--DM anlegte. Im Februar 2002 legte
sie weitere 150.000,--DM und im Juli 2002 nochmals 290.000,--DM an, die sie ebenfalls
vom Beklagten auf ihre Zugewinnausgleichsforderung gezahlt erhalten hatte.
4
Der Beklagte zahlte für Januar und Februar 1999 jeweils 1.000,--DM
Trennungsunterhalt, für März 1999 2.000,--DM, für April 535,72 DM. Überdies lässt sich
die Klägerin die von ihrer Tochter an sie in den Monaten Dezember 1998 - April 1999
jeweils gezahlten 400,--DM auf ihren Unterhaltsanspruch anrechnen. Der Beklagte
zahlte ab Mai 1999 bis einschließlich Oktober 2000 monatlich 935,--DM, im Oktober
2000 sodann nochmals 1.126,91 DM. Weitere Unterhaltsleistungen erbrachte er nicht.
5
Die Klägerin hat bereits in erster Instanz die Auffassung vertreten, ihr Bedarf sei unter
Berücksichtigung auch der tatsächlich erzielten oder erzielbaren Zinseinkünfte des
Beklagten aus seinem Kapitalvermögen zu ermitteln. Sie hat behauptet, der Beklagte
habe ihr zu dem in M abgehobenen und nach Deutschland verbrachten Bargeld erklärt,
es sei als Ergänzung der Rente angespart worden. Sie selbst habe durch ihre
Erwerbstätigkeit nur einen Betrag von monatlich durchschnittlich 200,--DM erzielt. Aus
gesundheitlichen Gründen sei sie ab April 2000 nicht mehr in der Lage, einer
Erwerbstätigkeit nachzugehen.
6
Die Klägerin hat beantragt,
7
den Beklagten zu verurteilen, an sie
8
- rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum Dezember 1998 bis April 2000
in Höhe von 38.344,28 DM zzgl. 4 % Zinsen aus 2.900,--DM seit dem 01.12.1998,
aus je 1.900,--DM seit dem 01.01. und dem 01.02.1999, aus 900,--DM seit dem
01.03.1999, aus 2.364,28 DM seit dem 01.04.1999, aus je 2.365,--DM seit dem
01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.1999, 01.01., 01.02.,
01.03. und dem 01.04.2000,
9
- rückständigen Nachscheidungsunterhalt in Höhe von 32.890,--DM nebst Zinsen in
Höhe von 5 % über dem Basiszins gem. § 1 DÜG aus je 2.565,--DM seit dem 01.05.,
01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10.2000, aus je 3.500,--DM seit dem 01.11.,
01.12.2000, 01.01., 01.02. und 01.03.2001
10
abzüglich am 09.10.2000 gezahlter 1.126,91 DM sowie
11
- laufenden Nachscheidungunterhalt
12
für April 2001 bis Januar 2002 in Höhe von monatlich 2.750,--DM,
13
für Februar bis Juni 2002 in Höhe von monatlich 2.430,--DM sowie
14
ab Juli 2002 in Höhe von monatlich 1.705,--DM,
15
jeweils zum 01. eines jeden Monats,
16
zu zahlen.
17
Der Beklagte hat beantragt,
18
die Klage abzuweisen.
19
Er hat behauptet, die Existenz von Vermögen in M sei der Klägerin zunächst unbekannt
gewesen; es sei auch nicht zum Zwecke der Altersversorgung angespart worden.
Vielmehr stamme es im Wesentlichen aus Glückspiel-Gewinnen. Aufgrund erheblicher
Spielverluste sei das Vermögen aber bis dato auf rund 80.000,--DM und "einige Aktien"
zusammengeschmolzen (Klageerwiderung vom 14.05.1999 - Bl. 47ff. d.A.). Die Klägerin
habe selbst während der Ehe Kapital in einer Höhe von etwa 190.000,--DM angespart
und Einkünfte aus Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich zumindest 1.200,--DM erzielt.
20
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihr Unterhaltsanspruch sei deshalb verwirkt,
weil sie ihre Einkünfte und ihr Vermögen nachhaltig verschwiegen habe. Überdies führe
sie der gemeinsamen Tochter den Haushalt, so dass sie sich ein fiktives Einkommen
von mindestens 1.000,--DM pro Monat anrechnen lassen müsse.
Das Familiengericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Auf Seiten des Beklagten
hat es lediglich seine Renten sowie die wechselnden Mieteinkünfte aus dem Haus und
geringfügige Zinseinkünfte berücksichtigt, nicht hingegen diejenigen aus den Anlagen
in Luxemburg, da diese nach dem gemeinsamen Lebensplan der Parteien nicht für den
Verbrauch bestimmt gewesen seien. Auf Seiten der Klägerin hat es die Einkünfte aus
den Putzstellen sowie Mietzahlungen der Tochter an sie und einen geringfügigen
Wohnvorteil angesetzt. Eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen im Hinblick auf die
Falschangaben der Klägerin zu ihren Einkünften sei in Anbetracht der langen Ehedauer
und dem Verschweigen eigener Einkünfte auf Seiten des Beklagten zu verneinen.
21
Bei der Bemessung des Nachscheidungsunterhalts ist das Familiengericht auf Seiten
des Beklagten nunmehr von einem objektiven Wohnwert der von ihm genutzten
Räumlichkeiten in Höhe von 865,--DM ausgegangen und hat der Klägerin ein
erzielbares Erwerbseinkommen von 2.000,--DM sowie ab April 2001 Zinseinkünfte
monatlich zugerechnet, von denen es lediglich jeweils ein Drittel als eheprägend
angesehen hat. Ab Oktober 2002 ist es von Erwerbsunfähigkeit der Klägerin
ausgegangen. Wegen des weitergehenden Vortrags der Parteien in erster Instanz, des
Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie wegen der Begründung der Entscheidung im
Einzelnen wird auf den Inhalt des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
22
Gegen das ihr am 20.12.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.12.2003
Berufung eingelegt. Auf ihren am 04.02.2004 eingegangenen Antrag ist die
Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.03.2004 verlängert worden. Mit ihrem
Rechtsmittel, dessen Begründung am 09.03.2004 eingegangen ist, rügt die Klägerin,
das Familiengericht habe die Zinseinkünfte aus dem nicht zum Verbrauch bestimmten
Vermögen in M zu Unrecht als nicht prägend behandelt. Abzustellen sei bei der
Feststellung des Bedarfs auf das Erwerbseinkommen des Beklagten, das er bis ins Jahr
1996 hinein bezogen habe. Dieses Einkommen habe sich bereits im Durchschnitt der
Jahre 1990 - 1994 auf mindestens 11.000,-- DM pro Monat belaufen. Eine Bereinigung
um Steuern sei nicht erforderlich, da solche nicht gezahlt worden seien. Unrichtig sei es
indes, mit dem Familiengericht auf das Einkommen des Beklagten abzustellen, das er
seit seiner Verrentung erziele. Der Ehepartner nehme an einem derartigen
Einkommensrückgang nur teil, wenn dieser unvermeidbar sei. Daran fehle es hier, da
der Beklagte seinen Betrieb ohne zwingenden Grund aufgegeben habe. Der
Einkommensrückgang habe außerdem durch den Einsatz der Zinseinkünfte, notfalls
auch des Kapitals, aufgefangen werden können und sollen. Sehe man die Zinseinkünfte
in einem solchen Fall jedoch weiterhin nicht als prägend an und lasse man sie, die
Klägerin, statt dessen nur an dem Einkommensrückgang partizipieren, stelle man sie
doppelt schlechter.
23
Nach abgeschlossener Auszahlung des Zugewinns stehe ihr - da sich die Erträge aus
dem Vermögen nunmehr neutralisierten - im Prinzip noch ein Anspruch auf die halbe
Rente des Beklagten zu. Darauf beschränke sich auch der ab diesem Zeitpunkt noch
verfolgte Anspruch der Klägerin.
24
Wie in erster Instanz legt die Klägerin weiterhin ein bereinigtes Einkommen des
25
Beklagten in Höhe von 8.000,--DM monatlich zugrunde, das der Beklagte unter
Berücksichtigung der Mieteinnahmen, des Wohnvorteils und der Verzinsung des ihm
verbleibenden Vermögens auch in der Zeit nach seiner Verrentung ständig erziele.
Gehe man sodann aus "anwaltlicher Vorsicht" von einem bereinigten Einkommen auf
Seiten des Beklagten in Höhe von nur 7.000,--DM aus, so stelle sich - ausgehend von
einem Einkommen der Klägerin in Höhe von 1.062,--DM, wie vom Familiengericht
zugrunde gelegt - der Bedarf für die Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 auf 4.031,--
DM; angesichts des eigenen Einkommens von 1.062,--DM verbleibe ihr ein Anspruch in
Höhe von 2.969,--DM (1.518,--€). Für die Zeit von Mai 1999 bis zum Eintritt der
Rechtskraft der Scheidung sei nach dem Wegfall der Zahlungen der Tochter - wie vom
Familiengericht dargelegt - von einem geringeren Einkommen auf ihrer Seite von
lediglich noch 662,--DM auszugehen, so dass sich der Bedarf auf 50 % von 7.662,--DM,
also auf 3.831,--DM, stelle. Unter Anrechnung des eigenen Einkommens verbleibe ein
Anspruch in Höhe von 3.169,--DM (1.620,--€).
Für den Nachscheidungsunterhalt gelte: Sie sei nicht mehr berufstätig gewesen und
entgegen der Annahme des Familiengerichts auch nicht mehr arbeitsfähig. Der Bedarf
stelle sich damit auf die Hälfte von 7.000,--DM, folglich auf 3.500,--DM (1.792,--€). Nach
dem Empfang der ersten Zahlungen aus dem Zugewinnausgleich in einer Gesamthöhe
von 256.000,--DM sei sie so zu behandeln, als habe sie 200.000,--DM ab Januar 2001
zu einem Zinssatz von 4,5 % p.a. anlegen können. Daraus ergebe sich ein monatliches
Zinseinkommen von 750,--DM, so dass ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 2.750,--DM
(1.406,--€) verbleibe. Ab Februar 2002 ergebe sich eine weitere Anlagemöglichkeit
bezüglich der Zahlung des Beklagten in Höhe von 150.000 DM. Unter Berücksichtigung
einer erzielbaren Rendite von 4 % sei ein weiterer Zinsertrag von 500,--DM einzustellen,
so dass sich der Unterhaltsanspruch auf 2.250,--DM oder 1.150,--€ reduziere. Ab Juli
2002 sei schließlich die Anlagemöglichkeit hinsichtlich der zwischenzeitlich ferner
ausgezahlten 290.000,--DM zu berücksichtigen, so dass sich bei einer Verzinsung in
Höhe von 4 % ein weiterer Ertrag von 966,--DM monatlich ergebe. Damit seien auf ihrer
Seite Zinsen in Höhe von monatlich 2.216,--DM zu berücksichtigen, die um 20 %
Steuern zu bereinigen seien, so dass ein Zinsertrag von 1.773,--DM anzurechnen
bleibe. Er ergebe sich ein laufender Unterhaltsanspruch in Höhe von noch 1.727,--DM
oder 883,--€.
26
Soweit diese Beträge hinter den in erster Instanz verfolgten Ansprüchen zurückbleiben,
macht die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung vom 08.03.2004 hilfsweise
Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhaltsansprüche geltend, die sie in der
mündlichen Verhandlung vom 14.04.2005 mit 107,06 € monatlich betreffend den
Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt und mit 200,--€ monatlich betreffend den
Altersvorsorgeunterhalt beziffert hat.
27
Mit dieser Maßgabe beantragt die Klägerin,
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in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils nach den Anträgen erster Instanz zu
erkennen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
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30
Der Beklagte beantragt,
31
unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Urteil des Familiengerichts
32
abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 19.12.2003 zugestellte Urteil am 19.01.2004
Berufung eingelegt. Auf seinen am 04.02.2004 eingegangenen Antrag ist die
Begründungsfrist bis zum 19.03.2004 verlängert worden. Am selben Tage ist seine
Berufungsbegründung eingegangen. Darin beruft sich der Beklagte in erster Linie auf
die Verwirkung jeglicher Ansprüche der Klägerin infolge ihrer Falschangaben zu den
eigenen Einkünften sowie zur angeblichen Nicht-Existenz eigener Konten. Überdies
habe sie ihn in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2000 zu Unrecht der
Urkundenfälschung bezichtigt.
33
Das Familiengericht habe im Übrigen den zeitweisen Leerstand von Wohnungen im
Hause des Beklagten nicht berücksichtigt, sondern Mieteinnahmen fortgeschrieben.
Damit bleibe unbeachtet, dass die Wohnungen trotz intensiver Bemühungen aufgrund
ihrer Lärm belasteten Lage im Besonderen und der Situation des Wohnungsmarktes im
Revier im Allgemeinen phasenweise nicht vermietbar gewesen seien.
34
Zu berichtigen sei ferner die Auffassung des Familiengerichts, die Klägerin sei ab
Oktober 2002 erwerbsunfähig. Dem ergänzend eingeholten Gutachten des
Nervenarztes Dr. med. C sei gerade nicht zu entnehmen, dass die Klägerin infolge ihrer
Depressionen als erwerbsunfähig anzusehen sei. Sie habe auch während der
gesamten Zeit gearbeitet und führe heute noch der Tochter den Haushalt, wofür sie sich
mindestens 400,--€ im Monat anrechnen lassen müsse.
35
Der Beklagte hält es im übrigen für geboten, die Klägerin auf die Verwertung ihres
Vermögensstammes zu verweisen, nachdem sie mittlerweile - unstreitig - 696.000,--DM
im Wege des Zugewinnausgleichs erhalten habe und über eigenes Vermögen in Höhe
von zumindest rund 84.000,--DM verfüge.
36
Er tritt der Auffassung der Klägerin, wonach von einem - im übrigen zu bestreitenden -
Einkommen auszugehen sei, wie er es in den Tagen seiner Erwerbstätigkeit erzielt
habe, entgegen und meint, die ehelichen Lebensverhältnisse seien sowohl im Hinblick
auf den Trennungs- wie auf den Scheidungsunterhalt allein durch seinen Rentenbezug
bestimmt worden. Die Zinseinkünfte aus den Geldern in M seien hingegen zu keinem
Zeitpunkt prägend gewesen. Dazu verweist er auf seinen unstreitigen Vortrag, wonach
Vermögenserträge jedenfalls für die Zeit bis zur Aufgabe seines Betriebes zu keinem
Zeitpunkt in den ehelichen Verbrauch eingeflossen seien. Die von der Gegenseite
angezogene Rechtsprechung des BGH zum Fall des "Absinkens" des Einkommens des
Unterhaltsschuldners sei nicht einschlägig, weil er 1996 seinen Betrieb aus
gesundheitlichen Gründen und im Einvernehmen mit der Klägerin aufgegeben habe.
Eine gemeinsame Lebensplanung dahin gehend, das angesparte Vermögen oder auch
nur die Zinserträge zur Auffüllung der Einkommensminderung infolge des
Rentenbezuges einzusetzen, habe es nicht gegeben, schon weil die Klägerin von
diesem Vermögen gar nichts gewusst habe, wie sie noch eingangs des Rechtsstreits
habe vortragen lassen. Im übrigen erziele er aus den noch vorhandenen Anteilen an
thesaurierenden Fonds nur geringfügige Erträge. Zu berücksichtigen sei ferner der
Wertverlust "der Aktien" sowie die zwischenzeitlich entstandenen Verbindlichkeiten und
notwendigen Kosten von zusammen 138.526,24 €.
37
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den
Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug
38
genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch ergänzende Vernehmung der
Sachverständigen Privatdozent Dr. med. C sowie Dr. med. Stichert. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung der Parteien wird auf den
Berichterstatter-Vermerk Bezug genommen. Die Akten des Amtsgerichts Herne-Wanne
3 F 129/99 EA, 3 F 129/99 PKV EA und 3 F 225/00 waren beigezogen und Gegenstand
der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
39
Die zulässigen Berufungen der Parteien sind jeweils teilweise begründet.
40
I. Trennungsunterhalt
41
42
Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 BGB besteht für den
Zeitraum vom 01.12.1998 bis zum 18.04.2000, dem Tag vor Eintritt der Rechtskraft der
Scheidung.
43
Wegen der Höhe des Unterhalts ist wie folgt zu differenzieren:
44
1. Zeitraum Dezember 1998 bis Februar 1999
45
a.)
46
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt scheitert nicht daran, dass die Klägerin nach
ihrem Auszug in das Souterrain des Hauses noch zeitweise die Ehewohnung zum
Fernsehen und auch zum Kochen sowie zur Benutzung des Bades aufsuchte.
47
Eine solche lediglich sporadische Nutzung der Ehewohnung durch die Klägerin, die
überdies nur während der Abwesenheit des Beklagten zu erfolgen pflegte, steht der
Annahme einer Trennung der Eheleute nicht entgegen. Denn diese Nutzung der
Ehewohnung geschah nicht mehr im Rahmen eines gemeinsamen Wirtschaftens.
Vielmehr praktizierten die Parteien bereits ein "Höchstmaß an Trennung in allen
Lebensbereichen" im Sinne einer tatsächlichen und konsequenten Absonderung (vgl.
Wendl/Staudigl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl.,
§ 4 Rn. 4). Dem Vortrag des Beklagten ist nichts anderes zu entnehmen.
48
b.)
49
Die Höhe des Trennungsunterhaltsanspruchs richtet sich auch im Rahmen des § 1361
Abs. 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Damit sind diejenigen
Verhältnisse gemeint, die für den Lebenszuschnitt in der Ehe und damit für den
ehelichen Lebensstandard prägend waren. Dazu gehören einerseits die den
Lebensstandard bestimmenden wirtschaftlichen Verhältnisse, also Einkommen und
Vermögen, soweit es in die Bedarfsdeckung eingeflossen ist, sowie Belastungen,
andererseits alle sonstigen beruflichen, gesundheitlichen, familiären und sonstigen
50
Faktoren (Wendl/Staudigl/Gerhardt, a.a.O., 6. Aufl., § 4 Rn. 175).
aa.) Renteneinkommen des Beklagten
51
Die Einkommensverhältnisse während des Zeitraums, für den Trennungsunterhalt
verlangt wird, werden zunächst durch den Rentenbezug des Beklagten geprägt. Dieser
setzt sich aus einer Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 2.462,26 DM (brutto) sowie
Zahlungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von 625,--DM monatlich
zusammen.
52
Auf das bis April 1996 erzielte Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit ist hingegen
nicht abzustellen, weil es im entscheidenden Zeitpunkt der Trennung schon seit
geraumer Zeit nicht mehr zur Verfügung gestanden hatte. Anhaltspunkte dafür, dass der
Beklagte seine Einkünfte aus Erwerbstätigkeit durch die Aufgabe seines Betriebes im
Jahre 1996 unterhaltsrechtlich zumindest leichtfertig verringert hat, sind nicht ersichtlich.
Die Aufgabe des Betriebes erfolgte vielmehr in Absprache mit der Klägerin und
jedenfalls auch aufgrund gesundheitlicher Probleme des Beklagten. Dem
diesbezüglichen Vortrag des Beklagten ist die Klägerin nicht substantiiert entgegen
getreten.
53
bb.) Mieteinkünfte des Beklagten
54
Der Beklagte erzielte im hier in Rede stehenden Zeitraum monatliche Netto-
Mieteinnahmen aus der Vermietung der großen Wohnung in Höhe von 826,--DM.
55
cc.) Kapitaleinkünfte des Beklagten
56
Für den hier in Rede stehenden Zeitraum sind auch Kapitaleinkünfte des Beklagten in
Höhe von 27.386,--DM jährlich oder 2.282,17 DM monatlich prägend. Dies ergibt sich
aus Folgendem:
57
aaa.)
58
Was die Höhe dieses Zinseinkommens betrifft, so geht der Senat davon aus, dass der
Beklagte wie noch im Jahre 1997 so auch in 1998 bis einschließlich Februar 1999
zumindest Zinseinkünfte in Höhe von 27.386,--DM jährlich erzielte oder jedenfalls
erzielen konnte. Er kann sich nicht darauf berufen, infolge der 1996 unstreitig erfolgten
Barabhebungen von M Konten gar nicht mehr über ein entsprechendes Kapital verfügt
zu haben. Abgesehen davon, dass seine Abhebung in 1996 nicht das gesamte zuvor
vorhandene Vermögen, sondern nur einen Betrag in Höhe von allenfalls 700.000,--DM
betrafen, wäre ansonsten nicht erklärlich, dass in 1997 überhaupt noch Zinseinnahmen
in Höhe von 27.386,--DM erzielt wurden, wie der Beklagte selbst sie in seiner
Einkommensteuer-Erklärung für 1997 angegeben und im übrigen unstreitig gestellt hat.
Einen weiteren Kapitalabfluss in der Zeit bis 1999 hat er hingegen nicht vorgetragen.
59
bbb.)
60
Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Erträge aus diesem nach der
Abhebung verbliebenen Kapital die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt haben,
weil sie - nach seiner Darstellung - zu keinem Zeitpunkt in die Bedarfsdeckung
eingeflossen sind.
61
(1)
62
Selbst wenn es zuträfe, dass diese Kapitalerträge auch nach der Aufgabe des Betriebes
im April 1996 nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingesetzt worden wären,
müssten sie nach Auffassung des Senats als prägend angesehen werden:
63
Der Grundsatz, wonach solche Einkommensbestandteile, die zu keinem Zeitpunkt
Einfluss auf die ehelichen Lebensverhältnisse genommen haben, bei der Bemessung
des Bedarfs außer Betracht bleiben müssen (z.B. Schwab/Borth, Handbuch des
Scheidungsrechts, 5. Aufl., IV Rn. 848 unter Hinweis auf BGH NJW 1984, 1237; NJW-
RR 1987, 194, NJW 1992, 1044 sowie BGH FamRZ 1997, S. 281), wird bereits im
Hinblick darauf relativiert, dass sich die ehelichen Lebensverhältnisse ohnehin nicht an
einer übertrieben sparsamen Lebensführung orientieren, sondern an einem
angemessenen Standard. Der unterhaltsbedürftige Ehegatte braucht sich daher eine
das verfügbare Einkommen unangemessen einschränkende Vermögensbildung nicht
entgegenhalten zu lassen, mag er sie auch während des Zusammenlebens der
Ehegatten widerspruchslos hingenommen haben. Darüber hinaus braucht sich ein
Ehegatte an einem zugunsten der Vermögensbildung gewählten Konsumverzicht nach
dem Scheitern der Ehe nicht festhalten zu lassen, weil damit die personale Grundlage
für eine derartige Einschränkung der Lebensführung entfallen ist. Danach ist bei der
Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse ein objektiver Maßstab anzulegen (BGH,
FamRZ 1987, S. 36; FamRZ 1997, S. 281, 283). Diese Grundsätze gelten auch für den
Trennungsunterhalt, da der Begriff der ehelichen Lebensverhältnisse für Trennungs-
und Nachscheidungsunterhalt einheitlich bestimmt wird (Wendl/Staudigl/Pauling, a.a.O.,
§ 4 Rn. 30).
64
Von einer solchen unangemessen sparsamen Lebensführung ist hier auszugehen: Die
Klägerin erhielt, wie der Beklagte erstinstanzlich selbst vortrug, ein "Wirtschaftsgeld"
von wöchentlich 240,--DM sowie monatlich 200,--DM Taschengeld. Dies stand mit der
Einkommenssituation der Eheleute, die primär durch die Einkünfte des Beklagten
bestimmt wurde, weil der Hinzuverdienst der Klägerin daneben keine entscheidende
Rolle spielte, nicht in Einklang:
65
Diese Einkommenssituation war zunächst durch Einkünfte des Beklagten aus dem
Gewerbebetrieb geprägt, die die Klägerin für die Jahre 1990 – 1994 auf durchschnittlich
11.000,--DM monatlich beziffert hat. Der Beklagte hat sich darauf beschränkt, die
Richtigkeit dieser Angaben zu bestreiten, ohne selbst zu seinen Einkünften aus
selbstständiger Tätigkeit konkrete Angaben zu machen. Der Senat geht in Anbetracht
des Umstandes, dass in den Jahren zuvor erhebliche Sparleistungen des Beklagten
erforderlich waren, um ein Mehrfamilienhaus zu errichten und um – auch unter
Berücksichtigung der seinerzeit erzielbaren ausgezeichneten Renditen – ein Kapital in
M anzusammeln, das – unter Einschluss der Renditen – bis 1995 auf rund 1,3 Mio. DM
angewachsen war, davon aus, dass dem Beklagten Einnahmen aus dem Betrieb in
Höhe von mindestens 5.000,--DM monatlich zur Verfügung standen. Hinzu kamen
Zinseinkünfte aus dem Vermögen in M, die sich im Durchschnitt der Jahre 1992 – 1996
auf über 70.000,--DM jährlich stellten. Bereits ohne Berücksichtigung von Mieteinkünften
verfügte der Beklagte damit über monatliche Einkünfte von über 10.000,--DM. Diesem
Missverhältnis zwischen der Einkommenssituation des Beklagten einerseits und den
daraus für den Lebensunterhalt zur Verfügung gestellten Mitteln andererseits entspricht
es, dass die Parteien übereinstimmend ihre eheliche Lebensführung als sehr sparsam
66
bezeichnet haben.
Für den hier in Rede stehenden Anspruch auf Trennungsunterhalt kommt es allerdings
nicht auf die Zeit bis April 1996, sondern auf die Zeit ab Dezember 1998 an. An die
Stelle des Erwerbseinkommens des Beklagten sind dessen Renteneinkünfte in Höhe
von rund 3.000,--DM getreten. Darüber hinaus standen ihm Zinseinkünfte in Höhe von
jährlich mindestens 27.386,--DM zur Verfügung. Unter Berücksichtigung auch der
Mieteinnahmen stellte sich sein Einkommen damit auf monatlich rund 6.000,--DM. Vor
diesem Hintergrund ist ein Betrag von wöchentlich 240,--DM für die Haushaltsführung
nebst einem Taschengeld von 200,--DM nach wie vor als unangemessen gering
anzusehen.
67
Für die hier in Rede stehenden Zinseinkünfte bedeutet dies, dass sie die objektiv zu
bestimmenden Lebensverhältnisse entscheidend mitbestimmt haben und deshalb für
die Bestimmung des Bedarfs nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.
68
Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es bei dieser Sachlage auch nicht
darauf an, ob die Klägerin in der Zeit der intakten Ehe und vor der Geltendmachung ihrer
Unterhaltsansprüche von einem entsprechenden Kapital wusste oder nicht. Die
normative Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse, wie sie der BGH bei einer –
nach oben oder unten – unangemessenen Lebensführung vornimmt, hängt nämlich
nicht von den subjektiven Vorstellungen des Unterhaltsberechtigten ab.
69
Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht auf die Entscheidung des BGH vom
20.11.1996 (XII ZR 70/95 – FamRZ 1997, S. 281) berufen, wonach auch der zur
Korrektur einer nach den Verhältnissen zu dürftigen Lebensführung herangezogene
objektive Maßstab nicht dazu führen darf, "dass der Boden der ehelichen
Lebensverhältnisse verlassen und Einkünfte des Unterhaltspflichtigen als prägend
zugrunde gelegt werden, die tatsächlich nie vorhanden waren" (BGH, a.a.O., S. 284).
Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor: Der Beklagte hat aus dem hier in Rede stehenden
Kapital - es geht nicht um die vorübergehend versteckten 600.000,-- bis 700.000,--DM -
permanent Renditen erwirtschaftet, weshalb keine Rede davon sein kann, dass mit
deren Berücksichtigung ein Unterhaltsanspruch aus fiktiven Mitteln hergeleitet werde.
70
Der Beklagte kann für seine Rechtsauffassung schließlich nichts aus der Entscheidung
des Senats vom 25.8.1998 (Az. 3 UF 105/98 - OLGR Hamm 1998 S. 373) herleiten. Dies
ergibt sich schon daraus, dass der dortige Beklagte über ein unbereinigtes Einkommen
von über 7.000,--DM verfügte, demgegenüber die weiter geführte Vermögensbildung in
M untergeordnete Bedeutung hatte.
71
(2)
72
Die Heranziehung der erzielten oder erzielbaren Zinseinkünfte ist auch aus einem
anderen Grunde geboten: Die Klägerin begehrt hier Unterhalt für einen Zeitraum,
während dessen der Beklagte schon seit einiger Zeit gar kein Einkommen mehr aus
Erwerbstätigkeit bezog, sondern nur noch über ein geringeres Renteneinkommen
verfügte. Wenn sich aber der Unterhaltsberechtigte bei fortlaufenden Erwerbseinkünften
des Verpflichteten nicht auf eine unangemessen hohe Vermögensbildung verweisen
lassen muss (BGH, a.a.O.), dann muss dies erst recht gelten, wenn die Trennung in
einen Zeitraum fällt, in dem an die Stelle des Erwerbseinkommens ein niedrigeres
Renteneinkommen des Verpflichteten getreten ist. Denn in diesem Fall ist nach
73
allgemeiner Lebensanschauung die Grundlage für eine weitere Vermögensbildung auf
bisherigem Niveau ohnehin entfallen. Vielmehr sind die Ersparnisse bzw. die daraus zu
ziehenden Früchte zum Ausgleich der rentenbedingten Einkommensminderung
heranzuziehen und bereits aus diesem Grunde prägend geworden.
(3)
74
Auf die streitige Frage, ob und wie der Beklagte auch in der Zeit zwischen der Aufgabe
seines Betriebes und dem Beginn des Rentenbezuges den familiären Lebensunterhalt
tatsächlich ohne Rückgriff auf die Kapitalerträge bestreiten konnte, kommt es nach
alledem nicht mehr an. Denn für den Trennungszeitpunkt, der mit dem Beginn des
Rentenbezugs zusammenfällt, liegt auf der Hand, dass die bisherige sparsame
Lebensführung nunmehr allein durch die Renteneinkünfte gewährleistet war.
75
ccc.)
76
Die Frage, ob die Kapitaleinkünfte zusammen mit den übrigen Einkünften des Beklagten
sozusagen einer Kappungsgrenze unterliegen, die durch die Höhe des seinerzeit
erzielten Erwerbseinkommens bestimmt wird, wird nicht relevant und bedarf deshalb
keiner Beantwortung. Denn das in der Ehe bis Anfang 1996 erzielte Einkommen des
Beklagten aus selbstständiger Arbeit und Kapitalerträgen lag deutlich höher als das für
den Trennungsunterhalt maßgebliche, Ende 1998 erzielte Einkommen.
77
dd.) Wohnvorteil des Beklagten
78
Der angemessene Wohnwert beläuft sich auf 500,--DM, wie vom Familiengericht
angenommen und von den Parteien nicht in Abrede gestellt.
79
ee.) Bereinigung
80
Das Einkommen des Beklagten ist um die Vorsorgeaufwendungen (Beiträge zur
Kranken- und Pflegeversicherung) sowie um die Hauslasten einschließlich des
Tilgungsanteils zu bereinigen. Das Familiengericht ist insoweit von einem
Gesamtbetrag von 1.101,--DM einschließlich der Hypothekenraten von 330,--DM
monatlich ausgegangen. Dies ist von den Parteien nicht angegriffen worden.
81
Danach stellt sich das Einkommen des Beklagten wie folgt dar:
82
Rente BfA (brutto)
2.462,26 DM
Berufsunfähigkeits-Rente
625,--DM
Mieteinkünfte
826,--DM
Kapitaleinkünfte
2.282,17 DM
abzgl. Vorsorgeaufwendungen einschließlich Hauslasten
- 1.101,--DM
Wohnvorteil
500,--DM
Sa. bereinigtes Einkommen
5.594,43 DM
83
ff.) Einkommen der Klägerin
84
Die Klägerin rechnet sich in ihrer Berufungsbegründung selbst Einkünfte bis
einschließlich April 1999 in Höhe von 1.062,--DM entsprechend den Ausführungen des
Familiengerichts zu. Dieser Betrag ist geringfügig zu korrigieren, wie sich aus
Folgendem ergibt:
85
aaa.) Erwerbseinkommen der Klägerin
86
Der Senat folgt dem Familiengericht darin, dass auf Seiten der Klägerin von einem
Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 656,--DM auszugehen ist, das sich aus den
Einkünften der Familien T (monatlich je 268,--DM) und der Frau O (monatlich 120,--DM)
zusammensetzt. Die Behauptung des Beklagten, seine Frau verdiene monatlich 1.200
DM, ist nicht erwiesen. Die Beweiswürdigung des Familiengerichts ist nicht zu
beanstanden. Diesbezügliche Fehler, die zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme
Veranlassung gäben, hat der Beklagte nicht aufgezeigt. Dies gilt insbesondere auch für
die Würdigung der Aussage der Zeugin C. T, wonach die Klägerin im Schnitt lediglich
an 46 Wochen im Jahr tätig war. Eine derartige Schätzung der Zeugin ist ohne weiteres
im Hinblick auf die beiderseitigen Urlaubszeiten nachvollziehbar und ist erkennbar auch
nur als Schätzung formuliert worden. Weder ein hin und wieder bezogenes Urlaubs-
oder Weihnachtsgeld noch sonstige Sachgeschenke nötigen zu einer Korrektur der
Feststellungen des Familiengerichts, zumal sich in der Beweisaufnahme kein Hinweis
darauf ergeben hat, dass solche "Sonderzuwendungen" regelmäßig und in bestimmter
Höhe zu erfolgen pflegten.
87
bbb.) Position "Miete der Tochter"
88
Die Zahlungen der Tochter an die Klägerin sieht der Senat nicht als unterhaltsrechtlich
relevantes Einkommen an: Hintergrund ist, dass die Tochter anstatt der Mietzahlungen
an den Beklagten in Höhe der ihm monatlich geschuldeten 400,--DM bis einschließlich
April 1999 Zahlungen an die Mutter in entsprechender Höhe vornahm, weil der Beklagte
die Klägerin aus ihrer Sicht ungenügend unterhielt. Bei derartigen Zuwendungen
handelt es sich weder um ein eheprägendes Einkommen des Unterhaltsberechtigten
noch um eine Leistung, die den Unterhaltspflichtigen von Unterhaltsansprüchen
freistellen soll.
89
ccc.) Surrogat Haushaltsleistungen für die Tochter
90
Der Beklagte macht geltend, die Klägerin habe bereits während der Trennung der
Tochter den Haushalt geführt. Unstreitig hielt sich die Klägerin ab Ende 1998 tagsüber
in der Wohnung der Tochter auf, während sie die Räumlichkeiten im Souterrain nur zum
Schlafen aufsuchte. In einer solchen Situation obliegt es der Klägerin, den Nachweis
dafür zu führen, der Tochter keine Dienstleistungen im Haushalt zu erbringen. Dieser
Nachweis ist ihr nicht gelungen. Die Klägerin hat jedenfalls in ihrer Anhörung vor dem
Senat eingeräumt, in gewissem Umfang auch im Haushalt der Tochter tätig zu werden.
Demgegenüber kommt es auf die Aussage der Tochter in erster Instanz, die jegliche ihr
zugute kommende Haushaltstätigkeit der Klägerin von Belang abgestritten hat, nicht
mehr an. Der Senat geht ferner davon aus, dass Haushaltsleistungen der Klägerin für
ihre Tochter nicht erst seit dem Umzug in deren neu erbautes Wohnhaus, sondern auch
bereits in der Wohnung im I-Straße erfolgten. Auch dies hat die Klägerin nicht mehr
91
konkret abgestritten.
Im Hinblick darauf, dass keine Veranlassung besteht, von einer "Vollversorgung" der
Tochter auszugehen und dass diese im Hause D Straße selbst nur über eine kleine
Wohnung verfügte, legt der Senat einen Betrag von 100,--DM monatlich als Gegenwert
für die Tätigkeiten der Klägerin im Haushalt ihrer Tochter zugrunde. Dabei geht er davon
aus, dass sich die Klägerin lediglich im Umfang von etwa 2 Stunden pro Woche um die
Reinigung der Wohnung sowie der Wäsche der Tochter kümmerte.
92
ddd.) Position Wohnwert
93
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Schätzung des Wohnwerts auf 100,--DM für die
Souterrain-Räumlichkeiten fehlerhaft ist, trägt der Beklagte nicht vor. Angesichts des
Umstandes, dass es sich bereits nach eigener Darstellung des Beklagten in der
mündlichen Verhandlung vom 04.04.2000 nicht um eine Wohnung im eigentlichen
Sinne handelt (an Sanitäreinrichtungen gibt es beispielsweise nur eine Toilette mit
Waschbecken; eine Kochgelegenheit ist nicht vorhanden), ist der Ansatz des
Familiengerichts nicht zu korrigieren. Für das gelegentliche Aufsuchen der
Ehewohnung durch die Klägerin nach der Trennung ist kein zusätzlicher Wohnwert
anzusetzen. Für eine regelmäßige Nutzung der Wohnung fehlt es an dem erforderlichen
konkreten Vortrag des Beklagten. Soweit sich die Klägerin jedoch in der Wohnung der
Tochter aufgehalten hat, braucht sie sich auch dafür keinen Vorteil anrechnen zu lassen,
weil die Tochter ihr den Gebrauch nicht gestattete, um die Unterhaltspflichten des
Beklagten herabzusetzen.
94
eee.) Kapitaleinkünfte der Klägerin
95
Der Beklagte behauptet in zweiter Instanz noch, die Klägerin habe bereits im Zeitpunkt
der Trennung ein eigenes Vermögen in Höhe von 84.342,05 DM, das auf den Namen
der Tochter angelegt sei, angespart. Dazu verweist er auf den Sachvortrag in erster
Instanz sowie im Zugewinnausgleichsverfahren. Er hat dort verschiedene Konten, u.a.
bei der D2 sowie der Q, mit bestimmten Guthabenbeständen bezeichnet und ausgeführt,
dass es sich um Mittel der Klägerin handele, die nunmehr unter dem Namen der Tochter
angelegt seien. Diesem Vortrag ist die Klägerin nicht substantiiert entgegen getreten.
Ihre Einlassung, sie wisse nicht mehr, noch im Jahre 1995 bei der D2 eigene Mittel
angelegt zu haben, und könne auch nicht sagen, wohin diese Gelder transferiert worden
seien, überzeugt nicht. Eine Einlassung zu den weiteren Konten ist gänzlich
unterblieben. Die Aussage der Tochter, wonach nie Geld der Mutter auf ihren Namen
angelegt worden sei, steht bereits mit dem Befund in Widerspruch, dass zufolge der
Auskunft der D2 vom 13.03.2002 Gelder der Klägerin im Jahre 1995 als Sparbriefanlage
auf das Konto #####/#### flossen, das mit den ersten sechs Ziffern das Geburtsdatum
der Tochter wiedergibt und deshalb entsprechend den Gepflogenheiten der D2 auf die
Kontoinhaberschaft der Tochter hinweist.
96
Nach alledem hat die Klägerin ihre Bedürftigkeit in dem Umfang nicht bewiesen, in dem
sie ihren Unterhalt aus den Erträgen eines Kapitals in Höhe von 84.342,05 DM decken
kann. Bei einer Rendite von 4 % p.a. errechnen sich monatliche Zinseinkünfte in Höhe
von 281 DM bzw. 144 €. Diese sind ihrerseits als eheprägend anzusehen, weil davon
auszugehen ist, dass diese Erträge wie auch die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit mit
in die eheliche Lebensführung eingeflossen sind.
97
Zusammenfassend ergibt sich folgendes Einkommen der Klägerin:
98
Entgelt C. T
268,-- DM
Entgelt M. T
268,-- DM
Entgelt O
120,-- DM
Wohnwert Souterrain (geschätzt)
100,-- DM
Haushaltstätigkeit für die Tochter
100,--DM
Zinseinkünfte
281,--DM
Sa.:
1.137,--DM
abzgl. Erwerbstätigenbonus (1/7 vom Erwerbseinkommen)
- 108,--DM
verbleiben
1.029,--DM
99
gg.) Berechnung des Unterhaltsanspruchs
100
Aus dem Vorgenannten ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:
101
bereinigtes Einkommen Bekl.
5.594,43 DM
bereinigtes Einkommen Kl.
1.029,--DM
Summe
6.623,43 DM
½
3.311,72 DM
abzügl. Einkommen der Kl.
- 1.029,-- DM
Unterhaltsanspruch somit
2.282,72 DM
102
Die Klägerin lässt sich erfüllungshalber die Zahlungen der Tochter an sie in Höhe von
monatlich 400,--DM anrechnen. Daraus folgt ein Anspruch auf Trennungsunterhalt in
Höhe von monatlich noch 1.882,72 DM. Für die Monate Januar und Februar 1999 hat
der Beklagte im übrigen je 1.000,--DM gezahlt. Damit ergeben sich folgende
Zahlbeträge:
103
Dezember 1998: 2.282,72 DM - 400,--DM = 1.882,72 DM
104
Januar 1999: 2.282,72 DM - 400,--DM - 1.000,--DM = 882,72 DM
105
Februar 1999: 2.282,72 DM - 400,--DM - 1.000,--DM = 882,72 DM
106
gg.)
107
Soweit die Klage nicht begründet ist, kann die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch nicht
gemäß ihrem Vortrag in der Berufungsbegründung vom 08.03.2004 hilfsweise auf
Alters- und Krankenvorsorgeunterhalt stützen. Für den hier in Rede stehenden Zeitraum
108
fehlt es schon an der betragsmäßigen Geltendmachung, die sowohl beim Alters- als
auch beim Krankenvorsorgeunterhalt erforderlich ist (Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, a.a.O.,
§ 4 Rn. 458 und 522). Überdies kann der Vorsorgeunterhalt erst ab Geltendmachung
verlangt werden, hier also erst ab Zustellung der Berufungsbegründung.
Vorsorgeunterhalt kommt deshalb erst für die Zeit ab dem 14.04.2005 in Betracht (s.u.).
2. Zeitraum 01.03.1999 - 18.04.2000
109
a. Renteneinkommen des Beklagten
110
111
Bei dem Renteneinkommen des Beklagten ergeben sich nur geringfügige
Veränderungen, namentlich eine Steigerung der BfA-Rente auf 2.495,--DM ab dem
01.07.1999.
112
b.) Kapitaleinkünfte des Beklagten
113
Der Beklagte verfügte Ende Februar 1999 wiederum über ein Vermögen in M von über
1.290.000,--DM. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Beklagte selbst bei seiner
Anhörung vor dem Senat erklärte, in 1999 einen Gesamtbetrag von rund 1.300.000,--DM
nach M gebracht und dort angelegt zu haben.
114
Dies findet Bestätigung in der Eröffnung eines Kontos bei der C2 H E2 M2 und einer
Einzahlung eines Betrages von 635.000,--DM am 23.02.1999, den er sodann am
26.02.1999 in verschiedenen Fonds investierte (Kopien des Kontoauszugs
Kontokorrent-Konto 30-843688-16 sowie der Kaufbelege der C2 H E2 M2 vom
26.02.1999 - Bl. 68 im Verfahren 3 F 129/99 PKV-EA). Zu diesem Zeitpunkt standen ihm
jedoch weitere Mittel in Höhe von zumindest 655.000,--DM zur Anlage zur Verfügung,
wobei es sich entweder um Vermögen handelte, das der Beklagte zu keinem Zeitpunkt
aus M abgezogen hatte, oder um den Rest jener "rund" 1.300.000,--DM, die er in 1999
von E nach M zurücktransferiert haben will.
115
Für den Zeitraum ab März 1999 geht der Senat deshalb von Zinseinkünften des
Beklagten in Höhe von mindesten 64.500,--DM jährlich oder 5.375,--DM monatlich aus.
Dieser Betrag errechnet sich bei einer durchschnittlichen Rendite von 5 % p.a., wie sie
in 1998 und 1999 zumal für Beträge in dieser Größenordnung mindestens erzielbar war.
116
Der Darstellung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2005, es
habe sich bei diesen Mitteln nur zum Teil um eigenes, zum anderen Teil aber um
fremdes Geld gehandelt, folgt der Senat hingegen nicht. Diese Einlassung ist
unglaubhaft. Der Beklagte hat schon nicht konkret dargelegt, welche Beträge er lediglich
treuhänderisch verwaltet haben will. Bei der hier in Rede stehenden Größenordnung
wäre jedoch zu erwarten gewesen, dass die Beteiligten darüber genaue Vorstellungen
hegten. Der Beklagte hat auch davon abgesehen, den bzw. die angeblichen Eigentümer
dieser Mittel namhaft zu machen. Der Senat setzt auch die Anfang 1999 durch den
Beklagten erfolgte Zahlung in Höhe von 145.000,--DM auf seine Steuerschulden nicht
117
von dem Betrag in Höhe von 1.290.000,--DM ab. Denn es spricht nichts dafür, dass
diese Zahlung aus dem jedenfalls ab Ende Februar 1999 wieder in M befindlichen
Vermögen beglichen wurden. Entsprechendes gilt für die weiteren von ihm angeführten
Verbindlichkeiten im Gesamtumfang - einschließlich der Steuernachzahlung - von über
138.000,--€. Denn der Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt den konkreten Abfluss von
seinem in M angelegten Kapital zur Begleichung derartiger Forderungen behauptet oder
gar belegt. Dies ist auch nicht im Schriftsatz vom 09.06.2005 geschehen, in dem zwar
eine Vielzahl von Kostenpositionen aufgelistet, jedoch nicht dargelegt wird, dass die
entsprechenden Verbindlichkeiten unter Einsatz des hier in Rede stehenden
Vermögens erfüllt wurden. Beispielhaft sei die Steuernachzahlung des Beklagten in
Höhe von 135.372,--DM per 08.02.1999 genannt, die nach dem in Kopie vorgelegten
Kontoauszug über sein Konto bei der I T2 vorgenommen wurde. Offen bleibt somit,
woher das betreffende Guthaben stammte, aus dem die Überweisung vorgenommen
wurde.
Dem Ansatz eines Zinseinkommens in vorgenannter Höhe steht auch nicht entgegen,
dass der Beklagte, wie er unter Bezugnahme auf die Erklärungen der C2 H E2 M2
dargelegt hat, jedenfalls bei dieser Bank nur über thesaurierende Fonds verfügte, die
tatsächlich keine Erträge ausschütteten: Unterhaltsrechtlich ist der Beklagte gleichwohl
so zu behandeln, als habe er einen Betrag von 1.290.000,--DM verzinslich angelegt. Die
Wahl der Anlage in thesaurierenden Fonds im Februar 1999 stellte eine
unterhaltsrechtlich zumindest leichtfertige Verkürzung der Einkünfte dar. Diese
Anlageentscheidung geschah nämlich zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin bereits in
anwaltlicher Vertretung unter dem 01.12.1998 umfassend Auskunft, u.a. ausdrücklich
auch über Einkommen aus Kapitalvermögen, geltend gemacht hatte und der Beklagte
damit rechnen musste, dass auf diesem Wege auch auf etwaige Zinseinkünfte
zugegriffen werden würde. Auf die Frage, ob in einem solchen Fall der Wahl
thesaurierender Anlagen die Wertzuwächse - die der Beklagte freilich ebenfalls nicht
vollständig angegeben hat - unter den Begriff der Einkünfte aus Kapitalvermögen fallen
(Wendl/Staudigl/Dose, a.a.O., § 1 Rn. 408), kommt es deshalb nicht mehr an.
118
Im übrigen kann sich der Beklagte auch bezüglich dieses von 1996 bis Februar 1999
vorübergehend versteckten und nicht rentabel angelegten Teil des Vermögens nicht auf
die Rechtsprechung des BGH berufen, wonach fiktive Einkünfte nicht bedarfsprägend
sein können (FamRZ 1997, S. 281, 284). Denn auch diese Teile seines Vermögens
waren vor der Neuanlage im Jahre 1999 bereits bis zum Jahre 1996 verzinslich
angelegt. Die Voraussetzung des Verbots der bedarfsprägenden Zurechnung fiktiver
(Zins-)Einkünfte, dass dieses Vermögen dem Beklagten noch nie Einkünfte beschert
habe (BGH, a.a.O.), ist deshalb auch insoweit nicht erfüllt. Hinzu kommt, dass auch
fiktive Einkünfte dann zu einer Erhöhung des Lebensstandards führen und damit
bedarfsprägend werden, wenn der Unterhaltspflichtige während der Trennungszeit
zumindest leichtfertig eine Verkürzung seiner Einkünfte bewirkt hat
(Wendl/Staudigl/Dose, a.a.O. § 1 Rn. 512). Auch dies ist hier der Fall: Die Investition in
thesaurierende Fonds erfolgte während der Trennung und in Anbetracht der sich
deutlich anbahnenden Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten jedenfalls auch im
Hinblick auf die Höhe zu erwartender Unterhaltsforderungen.
119
c.) Mieteinkünfte
120
Bei schwankenden Mieteinkünften ist ein möglichst zeitnaher Mehrjahresdurchschnitt zu
bilden (Wendl/Staudigl/Gerhardt, a.a.O., § 1 Rn. 294). Der Senat hält es für
121
angemessen, für den hier in Rede stehenden Unterhaltszeitraum auf die Summe der in
diesem Zeitraum erzielten Mieteinnahmen abzustellen. Daraus ergibt sich hier: Der
Beklagte verfügte im Zeitraum 1999 bis einschließlich April 2000 nach eigenen
Angaben über Netto-Mieteinkünfte in Höhe von insgesamt 12.597,--DM (Mieteinnahmen
aus der "großen" Wohnung von Januar bis Juni 1999 in Höhe von je 826,--DM sowie
von Dezember 1999 bis April 2000 in Höhe von je 825,--DM; Mieteinnahmen aus der
"kleinen" Wohnung in Höhe von je 293,--DM in dem Zeitraum Mai 1999 bis April 2000).
Auf 16 Monate verteilt errechnen sich monatliche Einnahmen von 787,31 DM. Der Streit
über den Mietausfall betreffend die große Wohnung im Monat November 1999 ist in
zweiter Instanz nicht weiter geführt worden, so dass der Senat entsprechend dem
Ausgangspunkt im angegriffenen Urteil einen entsprechenden Mietzins nicht ansetzt.
d. Zusammenfassende Betrachtung
122
123
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Einkünfte - sowie des Wohnvorteils in Höhe
von weiterhin 500,--DM - ergibt sich folgendes Bild:
124
Rente BfA (brutto)
2.462,26 DM
Berufsunfähigkeits-Rente
625,--DM
Mieteinkünfte
787,31 DM
Kapitaleinkünfte
5.375,--DM
abzgl. Vorsorgeaufwendungen einschließlich Hauslasten
- 1.101,--DM
Wohnvorteil
500,--DM
Sa. bereinigtes Einkommen
8.648,57 DM
125
Dies genügt, um auf Seiten des Beklagten zu einem bereinigten Einkommen in Höhe
von monatlich 7.000,--DM zu gelangen, von dem die Klägerin ausgeht. Dies gilt auch
dann, wenn man die Zinseinkünfte des Beklagten einer fiktiven Besteuerung unterzieht.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Renten des Beklagten jeweils nur mit
dem Ertragsanteil zu versteuern sind und solchermaßen ausweislich des
Einkommensteuerbescheides für 1999 (Bl. 197f. BA 3 F 129/99 EA) lediglich Einkünfte
in Höhe von 1.205,--DM darstellten, sowie unter Berücksichtigung steuerlich relevanter
negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (1.912,--DM) ergäbe sich nach
Abzug des seinerzeitigen Sparer-Freibetrages von 7.524,--DM ein zu versteuerndes
Einkommen von höchstens rund 56.500,--DM, wobei die (beschränkt abziehbaren)
Sonderausgaben sogar noch unbeachtet blieben. Die Einkommensteuerbelastung
(einschließlich Solidaritätszuschlag, jedoch ohne Kirchensteuern) hätte dann 13.851,09
DM jährlich oder monatlich rund 1.154,--DM betragen. Auch unter Berücksichtigung der
steuerlichen Belastung hätte der Beklagte mithin jedenfalls über einen Betrag in Höhe
von 7.000,--DM monatlich verfügt.
126
Daraus ergibt sich folgende Bedarfsberechnung:
127
bereinigtes Einkommen des Beklagten
7.000,--DM
bereinigtes Einkommen der Klägerin
1.029,--DM
Summe
8.029,--DM
½
4.014,50 DM
abzügl. Einkommen der Kl.
1 -1.029,--DM
Unterhaltsanspruch somit
2.985,50 DM oder 1.526,46 €
128
Die Klägerin lässt sich für die Monate März und April 1999 jeweils die von der Tochter
gezahlten 400,--DM als Erfüllung anrechnen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der
Beklagte für März 1999 2.000,--DM und für April 535,72 DM gezahlt hat. Ab Mai 1999
sind sodann die monatlich vom Beklagten gezahlten 935,--DM als Erfüllung
anzurechnen, so dass ein Anspruch in Höhe von monatlich 2.050,50 DM verbleibt. Die
Behauptung des Beklagten in erster Instanz, es seien monatlich nicht nur 935,--DM,
sondern 935,72 DM gezahlt worden, ist nicht unter Beweis gestellt worden. Damit
ergeben sich folgende Beträge:
129
März 1999: 2.985,50 DM - 400,--DM - 2.000,--DM = 585,50 DM
130
April 1999: 2.985,50 DM - 400,--DM - 535,72 DM = 2.049,78 DM
131
ab Mai 1999: 2.985,50 DM - 935,--DM = 2.050,50 DM
132
01. - 17.04.2000: 17/30 von 2.050,50 DM = 1.161,95 DM
133
e. Verwirkung
134
135
Eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen der Klägerin gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579
Nr. 2, 4, 7 BGB ist nicht eingetreten.
136
aa.) Falsche Angaben zum eigenen Erwerbseinkommen
137
Zunächst kommt eine Verwirkung deshalb in Betracht, weil die Klägerin wiederholt auch
im Rahmen dieses Verfahrens und in der mündlichen Verhandlung angegeben hat,
monatlich selbst nicht mehr als 200,--DM aus ihrer Putz- und Haushaltsführungstätigkeit
zu erzielen (z.B. Verhandlung vom 04.04.2000 - Bl. 76 d.A.). Diese Angaben waren, wie
sie im Senatstermin vom 14.04.2005 selbst eingeräumt hat, falsch. Es handelt sich um
einen versuchten Prozessbetrug, der - insbesondere angesichts der Intensität des
Verhaltens - geeignet ist, sich auf Bestand oder Höhe des Anspruchs auszuwirken.
138
bb.) Verschweigen eigenen Vermögens
139
Dass die Klägerin hinsichtlich ihres eigenen Vermögens unwahre Angaben gemacht
hat, steht indes nicht fest: In diesem Zusammenhang geht es insbesondere um die
Äußerung der Klägerin im einstweiligen Anordnungsverfahren (3 F 129/99 EA) vom
18.04.1999, wonach sie nie ein eigenes Konto gehabt habe.
140
Der Beklagte hat im Rahmen des § 1579 BGB - anders als bei der Frage des Bedarfs
und der eigenen Bedürftigkeit - den Nachweis zu führen, dass die Klägerin auch
hinsichtlich ihrer Angaben zum Vermögen betrügerisch handelte, indem sie solches
verschwieg. Dem Familiengericht ist darin zu folgen, dass ihm dieser Nachweis nicht
gelungen ist. Was den bloßen Bestand eines eigenen Kontos angeht, so hat dieser
Umstand für sich betrachtet keine Relevanz für die Unterhaltsleistungen des Beklagten
und deren Höhe. Von Bedeutung im Rahmen der Verwirkung ist es erst, wenn die
Klägerin ein nennenswertes Vermögen verschwiegen hat, das sich auf die
Unterhaltspflicht auswirken kann. Dieser Nachweis ist dem Beklagten nicht gelungen.
Aus den Umbuchungen von einem Konto bei der D, das zumindest auf den Namen der
Klägerin geführt wurde, auf ein anderes Konto im Jahre 1995 ist nicht mit Sicherheit auf
das Vorhandensein entsprechender Mittel im Zeitpunkt der Trennung zu schließen.
Ebenfalls nicht nachgewiesen ist, dass es sich bei dem am 08.03.1999 von der D
ausgezahlten Sparbrief (40.570,80 DM) um Mittel der Klägerin handelte.
141
cc.) Bezichtigung des Beklagten der Urkundenfälschung
142
Die Klägerin hat den Beklagten einer Urkundenfälschung insofern bezichtigt, als sie in
der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht vom 04.04.2000 die Annahme
äußerte, der Beklagte habe die Unterschrift unter eine Glückwunschkarte der Familie T
gefälscht, um so den Erhalt einer besonderen Zuwendung zu belegen. Den Nachweis
für die Richtigkeit ihrer Behauptung hat die Klägerin nicht erbracht, so dass in der Tat
von einer Straftat gegen den Beklagten auszugehen ist.
143
dd.) Verschweigen von Haushaltsleistungen zugunsten der Tochter
144
Die Klägerin hat auch insoweit einen versuchten Prozessbetrug begangen, als sie in der
ersten Instanz abgestritten hat, ihrer Tochter Haushaltsleistungen in nennenswertem
Umfang zu erbringen. Aus ihren Angaben vor dem Sachverständigen Dr. med. C wie
auch aufgrund ihrer Darstellung im Senatstermin ist zu entnehmen, dass sie ihrer
Tochter doch in gewissem Umfang regelmäßig in deren Haushalt "hilft". Allerdings ist
die Relevanz dieses Verhaltens in Bezug auf eine Verwirkung nicht sehr hoch
einzuschätzen. Dies ergibt sich schon daraus, dass ihr letztlich nur eine eingeschränkte
Mitarbeit im Haushalt der Tochter nachweisbar ist.
145
ee.) Behauptung krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ab Mai 2000 nebst falscher
Information der Sachverständigen im Rahmen der Anamnese
146
Dem Beklagten ist darin zu folgen, dass der Vortrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz
vom 30.08.2000, wonach sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation ab Mai 2000
keine Einkünfte mehr erziele, nicht der Wahrheit entspricht. Denn gemäß der Aussage
der Zeugin O2 im Termin vor dem Familiengericht am 11.09.2001 hat sie für die Frau O
noch bis Ende 2000 u.a. Reinigungsarbeiten erledigt. Ferner ist davon auszugehen,
147
dass sie ihre Tätigkeit im Haushalt des Bäckermeisters T, wie dieser im selben Termin
bekundete, erst Ende Mai/Anfang Juni 2000 mit der Bemerkung einstellte, ihr Mann
spioniere ihr hinterher.
Dies reicht gleichwohl nicht aus, die Erklärung krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
insgesamt als betrügerisches Verhalten zu werten. Immerhin hatte sich die Klägerin im
Frühjahr 2000 einer sog. Totaloperation unterzogen und litt unter psychischen
Problemen. Dass sie bei Frau O noch bis Ende 2000 gelegentlich arbeitete, mag eher
aus therapeutischen Gründen erfolgt sein. Auch die Bemerkung gegenüber Marc T
besagt nichts darüber, aus welchen Gründen die Klägerin tatsächlich ihre Tätigkeit dort
einstellte.
148
Der Senat mag ferner dem Umstand, dass sich die Klägerin gegenüber den gerichtlich
bestellten Sachverständigen als Hausfrau bezeichnete und ihre langjährige
Erwerbstätigkeit verschwieg, in Anbetracht der Besonderheit ihrer Arbeitsverhältnisse
keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Es ist schon nicht ersichtlich, dass das
Verschweigen dieser Tätigkeiten Auswirkungen auf die Begutachtungen genommen hat
oder dass die Klägerin zumindest von der Möglichkeit solcher Auswirkungen ausging.
149
ff.) Zusammenfassende Würdigung
150
Bei der im Rahmen des § 1579 BGB erforderlichen umfassenden Würdigung des
Verhaltens der Klägerin ergibt sich, dass dies nicht ausreicht, eine Verwirkung von
Unterhaltsansprüchen anzunehmen. Nachgewiesen ist ein vorsätzliches, schädigendes
Verhalten der Klägerin im Hinblick auf die Angaben zu ihren eigenen
Erwerbseinkünften, zur Haushaltstätigkeit für die Tochter sowie die verleumderische
Aussage in der mündlichen Verhandlung von 04.04.2000. Dem steht zum einen die
Dauer der Ehe und zum anderen das seinerseits verschleiernde Verhalten des
Beklagten im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Zugewinnausgleichs- und
Unterhaltsansprüchen durch die Klägerin entgegen. Auch im vorliegenden
Unterhaltsverfahren hat sich der Beklagte in seiner Klageerwiderung vom 14.05.1999
dahin geäußert, sein Kapitalvermögen habe sich von 200.000 DM in 1998 auf noch
50.000 DM in 1999 reduziert, und zwar im wesentlichen aufgrund von Spielverlusten.
Diese Darstellung steht in deutlichem Widerspruch zu der Kontoeröffnung bei der C2 H
E2 M2 Ende Februar 1999 und seinem übrigen in 1999 nachgewiesenen
Vermögensstand. Die Erklärung des Beklagten in der Verhandlung vor dem Senat,
diese Angaben hätten sich lediglich auf das Bar- und nicht auf sein übriges Vermögen
bezogen, findet keinerlei Stütze im Inhalt des Schriftsatzes. Sie widerspricht auch der
eigenen Darstellung des Beklagten in seinem Schreiben vom 14.03.1999 (Bl. 38 d.A.).
Die Unrichtigkeit dieser Darstellung des Beklagten war auch geeignet, in weitaus
erheblicherem Umfang Einfluss auf die Höhe der Unterhaltsforderung der Klägerin zu
nehmen, als es umgekehrt die Falschangaben der Klägerin waren. Der Beklagte kann
auch nicht für sich in Anspruch nehmen, er habe darauf vertrauen dürfen, dass sein
Kapitalvermögen für die Bemessung der Unterhaltsansprüche seiner Frau ohnehin
rechtlich keine Rolle spielte. Bereits aufgrund des uneingeschränkten
Auskunftsbegehrens der damaligen Verfahrensbevollmächtigten seiner Ehefrau, das
sich ausdrücklich auch auf Kapitalvermögen bezog, musste er damit rechnen, dass
diesbezügliche Angaben unterhaltsrechtlich relevant werden konnten.
151
3.
152
Die Summe der Ansprüche der Klägerin auf Trennungsunterhalt beläuft sich auf
15.339,21 € (30.000,89 DM).
153
Die Klägerin kann die Verzinsung ihrer Trennungsunterhaltsansprüche aus §§ 1361
Abs. 4, 1360 a Abs. 3, 1613 Abs. 1 S.2 BGB, 284, 288 BGB a.F. verlangen.
154
II. Nachscheidungsunterhalt
155
Ein Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt besteht ab Rechtskraft der Scheidung, hier
ab dem 19.04.2000. Die Klägerin kann Nachscheidungsunterhalt als
Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2, 1574 BGB) verlangen.
156
Hingegen steht ihr kein Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) zu. Denn dass von der
1946 geborenen Klägerin im Zeitpunkt der Scheidung aufgrund ihres Alters von 54
Jahren keine Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden konnte, ist nicht anzunehmen.
157
Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 1572 BGB (Unterhalt wegen Krankheit) stützen.
158
Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt
körperlich dauerhaft nicht in der Lage war, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die
Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. med. T2 gelangte aufgrund der Untersuchung der
Klägerin am 09.10.2002 zu der Diagnose, dass bei der Klägerin ein leichtes
Übergewicht, ein nicht ausreichend therapierter Bluthochdruck sowie eine nicht
ausreichend therapierte reaktive Depression vorliege. Vor diesem Hintergrund kam die
Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin
noch regelmäßige und vollschichtige Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit
gewissen Einschränkungen (keine Nachtarbeit, kein zusätzlicher Zeitdruck, kein
ständiger Publikumsverkehr, keine besonderen Anforderungen an Aufmerksamkeit und
Verantwortlichkeit, kein Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über
10 kg, keine Überkopfarbeiten) gestatte. Dr. med. T2 sah sich in ihrer ergänzenden
Anhörung durch den Senat in ihren Erkenntnissen bestätigt.
159
Auch die depressive Erkrankungen der Klägerin steht der Annahme von
Erwerbsfähigkeit ab Mai 2000 nicht entgegen. Wie der Sachverständige Privatdozent
Dr. med. C zunächst in seinem schriftlichen Gutachten vom 25.07.2003 aufgrund seiner
Untersuchung vom 21.07.2003 ausführte, ließ die Intensität der Erkrankung die
Annahme von Erwerbsunfähigkeit allenfalls für einen Zeitraum von 2 Jahren seit der
Trennung zu. Allerdings ging der Sachverständige aufgrund "allgemeiner
nervenärztlicher Erfahrung" weiter davon aus, dass wegen der seit 1999
wahrgenommenen ambulanten Therapie der Klägerin seit Mai 2000 eine solche
psychische Stabilisierung vorlag, dass die Erwerbsfähigkeit unter Berücksichtigung
berufsbegleitender Fortführung der ambulanten Behandlung wieder hergestellt war.
Diese Einschätzung bekräftigte der Sachverständige in seiner ergänzenden Anhörung
vor dem Senat. Die erstinstanzlich von der Klägerin gegen das Gutachten geäußerten
Bedenken teilt der Senat nicht. Die Überzeugungskraft des Gutachtens wird durch die
angeblichen Fehler in der Eigen- und Familienanamnese, die weder einzeln noch im
Zusammenhang die Grundlagen der Feststellungen betreffen, nicht berührt. Die von der
Klägerin gerügten Widersprüche im Ergebnis bestehen ebenfalls nicht; bei dem
gebotenen zusammenfassenden Verständnis der Ausführungen sind diese durchaus
plausibel und überzeugend. Sie werden im übrigen nicht durch den erst im
Verhandlungstermin vom 14.04.2005 überreichten Bericht der W vom 20.08.2004
160
entkräftet, der anlässlich eines stationären Aufenthaltes der Klägerin vom 06.07. bis zum
17.08.2004 erstellt wurde und eine rezidivierende depressive Störung in Form einer
"gegenwärtig mittelgradige[n] Episode" diagnostiziert. Diesem Bericht lässt sich nicht
entnehmen, dass die Klägerin auch unter Fortführung der ambulanten psychiatrischen
Behandlung als erwerbsunfähig anzusehen ist oder seit Mai 2000 als erwerbsunfähig
anzusehen war.
Indes besteht ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Denn die Klägerin kann nicht auf
eine vollschichtige Tätigkeit verwiesen werden. Sie ist während der mehr als dreißig
Jahre dauernden Ehe nur in den letzten 9 Jahren stundenweise tätig gewesen, und
zwar nicht im Rahmen herkömmlicher Arbeitsverhältnisse, sondern mehr oder weniger
auf "freundschaftlicher" Basis. Auch angesichts der finanziellen Verhältnisse der
Parteien kommt eine Verweisung der Klägerin auf eine vollschichtige Tätigkeit nicht in
Betracht.
161
Zuzumuten ist der Klägerin allerdings, im bisherigen Rahmen als Reinigungs- oder
Zugehfrau einen gewissen Verdienst zu erzielen. Dem stehen weder die Dauer der Ehe
noch die finanziellen Verhältnisse der Parteien entgegen. Denn die Zumutbarkeit einer
Tätigkeit lässt sich nicht unter Bezugnahme auf die Vermögensverhältnisse des
Unterhaltspflichtigen allein verneinen, vielmehr kommt es auch auf den sozialen
Zuschnitt der ehelichen Lebensgemeinschaft und das ihn mitbestimmende eigene
Verhalten des Unterhaltsberechtigten bei bestehender Ehe an (Wendl/Staudigl/Pauling,
a.a.O., § 4 Rn. 141). Insoweit ist es von Bedeutung, dass die Klägerin immerhin 9 Jahre
lang verschiedenen Tätigkeiten in fremden Haushalten nachging. Dies ist ihr in
eingeschränktem Rahmen von etwa 8 Zeitstunden pro Woche auch weiterhin
zuzumuten. Der Senat geht davon aus, dass sie aufgrund einer solchen Tätigkeit bei
einem Stundenlohn von 15,--DM brutto im Monat rund 520,--DM steuer- und
sozialversicherungsfrei verdienen kann. Setzt man 1/7 Erwerbstätigenbonus ab,
verbleiben insoweit rund 446,--DM.
162
1.) Zeitraum bis zum 31.12.2000
163
Für die Vergangenheit kann Nachscheidungsunterhalt erst vom Eintritt des Verzuges
oder des Eintritts der Rechtshängigkeit an geltend gemacht werden (§ 1585 b Abs. 2
BGB). Da der Unterhalt hier erstmals mit Schreiben vom 09.05.2000 (Dienstag)
angefordert wurde, ist Verzug nicht vor dem 10.05.2000 eingetreten. Ansprüche für die
Zeit vom 01. bis 09.05.2000 bestehen hingegen nicht.
164
a.)
165
Bei der Bemessung des Bedarfs im Rahmen des nachehelichen Unterhalts kommt es
gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB wiederum auf die Frage der ehelichen
Lebensverhältnisse und insbesondere darauf an, ob - erzielte oder erzielbare -
Zinseinkünfte als prägend anzusehen sind (s. I.). Die Frage ist hier nicht anders als im
Rahmen des Trennungsunterhalts zu entscheiden.
166
aa.)
167
Was den Beklagten angeht, so folgt daraus, dass weiterhin von einem bereinigten
Einkommen des Beklagten in Höhe von 7.000,--DM oder 3.579,--€ auszugehen ist.
168
aaa.)
169
Dass sich sein Anlage-Vermögen in der Zeit ab Rechtskraft der Scheidung im hier
interessierenden Zeitraum wesentlich vermindert hat, ist nicht konkret behauptet
worden.
170
bbb.)
171
Auch ein Rückgang der Mieteinnahmen, wie vom Beklagten behauptet, ist ohne
Bedeutung: Der bei schwankenden Mieteinkünften heranzuziehende möglichst zeitnahe
Mehrjahresdurchschnitt ist hier aus den Mieteinnahmen in den Jahren 1999 und 2000
zu bilden, wobei der Senat das gesamte laufende Jahr 2000 mit heranzieht. Diese
Einnahmen lagen entsprechend den Ausführungen des Beklagten im genannten
Zeitraum bei insgesamt 21.541,--DM und somit monatlich sogar bei rund 898,--DM.
172
Diese Mieteinkünfte sind nach Auffassung des Senats allerdings nicht deshalb zu
erhöhen, weil es der Beklagte unterlassen hätte, sich ausreichend um eine lückenlose
Vermietung der beiden Wohnungen zu bemühen. Der Beklagte hat seine Bemühungen
– auch in den folgenden Zeitabschnitten – um die jeweils baldige Neuvermietung der
beiden Wohnungen konkret dargelegt. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass
diese Bemühungen unzulänglich waren, zumal im freifinanzierten Wohnungsbau
bekanntermaßen ein Überangebot besteht und der private Vermieter nicht mit jedem
Interessenten Vorlieb nehmen muss.
173
Andererseits kommt eine Reduzierung der Mieterträge durch Abschreibungen und
sonstige Aufwendungen nicht in Betracht. Der Beklagte hat solche Abzugspositionen
nicht konkret geltend gemacht. Lediglich in Anlagen befindliche Aufstellungen reichen
insoweit nicht aus. Der Beklagte muss sich ab Rechtskraft der Scheidung überdies den
objektiven Wohnwert für die von ihm weiterhin genutzte, ca. 91 m² große Wohnung
anrechnen lassen, den der Senat in Übereinstimmung mit dem Familiengericht auf 865,-
-DM bemisst, wobei der Nutzungswert einer vom Beklagten in Anspruch genommenen
Garage sogar noch unberücksichtigt bleibt. Dies bedeutet eine Steigerung seiner
Leistungsfähigkeit um 300,--DM monatlich.
174
ccc.)
175
Die Zusatzversorgung der ZVK des Baugewerbes, die rückwirkend ab Mitte 2000 mit
monatlich 33,--€ gezahlt wird, sowie die Anpassungen der Renten, namentlich die
Dynamisierung der Berufsunfähigkeitsrente, führen überdies zu einer weiteren
Steigerung des Einkommens des Beklagten.
176
bb.) Einkommen der Klägerin
177
Der Senat setzt für die Klägerin ein erzielbares Einkommen aus Erwerbstätigkeit in
Höhe von 446,--DM an, wobei bereits der Erwerbstätigenbonus berücksichtigt ist.
178
Als Surrogat für die Haushaltsführung während der Ehe muss sich die Klägerin
weiterhin einen Betrag von 100,--DM monatlich für ihre Tätigkeit im Haushalt der
Tochter anrechnen lassen. Abzüglich eines auch insoweit anzusetzenden fiktiven
Erwerbstätigenbonus verbleiben insoweit (aufgerundet) 86,--DM.
179
Für die Zeit bis Ende 2000 ist sodann weiterhin für die Nutzung der Souterrainwohnung
ein Wohnvorteil von 100,--DM anzusetzen.
180
Die Klägerin im übrigen so zu behandeln, als erziele sie fortwährend Einkünfte aus
eigenem Kapital in Höhe von 281,--DM oder 144,--€ monatlich. Denn auch im Rahmen
des Nachscheidungsunterhalts muss sich die Klägerin darauf verweisen lassen, die
substantiierte Behauptung des Beklagten nicht widerlegt zu haben, wonach sie über
einen Betrag in Höhe von 84.342,05 DM bereits bei der Trennung verfügte. Bei einer
Verzinsung von 4 % p.a., die der Senat auch weiterhin zugrunde legt, ergäben sich
daraus jährliche Einnahmen von 1.725,--€, monatlich also 281,--DM oder 144,--€.
181
Das Einkommen der Klägerin stellt sich demnach wie folgt dar:
182
bereinigtes Erwerbseinkommen
446,--DM
Haushaltstätigkeit für die Tochter (6/7 von 100,--DM)
86,--DM
Wohnwert Souterrain (geschätzt)
100,--DM
Zinseinkünfte
281,--DM
Sa.:
913,--DM
183
cc.)
184
Der Unterhaltsanspruch ermittelt sich demnach wie folgt:
185
bereinigtes Einkommen des Beklagten
7.000,--
DM
bereinigtes Einkommen der Klägerin
913,--
DM
Summe
7.913,--
DM
½
3.956,50
DM
abzügl. Einkommen der Kl.
186
913,--DM
187
Unterhaltsanspruch somit
3.043,50
DM oder
1.556,12
188
Der Anspruch für Mai 2000 stellt sich auf 21/31 des Betrages, dies sind 2.061,17 DM.
Für die Folgemonate beläuft sich der Unterhaltsanspruch sodann auf 3.043,50 DM. Der
Beklagte hat bis einschließlich Oktober 2000 monatlich jeweils 935,--DM erbracht und
ferner am 09.10.2000 weitere 1.126,91 DM gezahlt. Demnach stehen für Mai 2000 noch
1.126,73 DM, für die Monate Juni - September je 2.108,50 DM, für Oktober 981,59 DM
und für die Monate November und Dezember 2000 je 3.043,50 DM offen.
189
b.)
190
Ansprüche auf Nachscheidungsunterhalt sind ebenfalls nicht verwirkt. Die Erwägungen
unter I. gelten entsprechend.
191
c.)
192
Die offenen Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt im Jahre 2000 summieren sich
somit auf
193
8.502,44 € (16.629,32 DM).
194
2.) Zeitraum 2001
195
a.)
196
Die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist neu zu berechnen, da sich die
Einkommensverhältnisse der Parteien geändert haben.
197
aa.)
198
Auf Seiten des Beklagten ist zu berücksichtigen, dass mit dem Abfluss von 256.000,--
DM Ende des Jahres 2000 eine Verringerung der erzielbaren Zinseinkünfte eingetreten
ist, weil der Senat davon ausgeht, dass ihm jetzt nur noch ein Kapital in Höhe von
1.034.000,--DM zur Anlage zur Verfügung steht. Entgeht ihm eine Rendite von 5 % p.a.,
so verringern sich seine Brutto-Einkünfte um jährlich 12.800,--DM auf 51.700,--DM.
Unter Berücksichtigung der übrigen steuerlichen Verhältnisse, wie sie sich aus dem
Einkommensteuerbescheid vom 22.08.2002 für das Jahr 2001 entnehmen lassen,
ergäben sich somit - nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrages (100,--DM) und
des Sparer-Freibetrages von noch 3.000,--DM - Einkünfte aus Kapitalvermögen von
48.600,--DM. Die Summe der positiven Einkünfte läge dann bei 53.832,--DM, nach
Abzug der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verblieben 50.064,--
DM, von denen der Sonderausgabenpauschbetrag (108,--DM) sowie die beschränkt
abziehbaren Sonderausgaben in Höhe von 4.535,--DM abzusetzen wären, so dass ein
zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 45.421,--DM verbliebe. Darauf wäre eine
Einkommensteuer (nebst Solidaritätszuschlag) von 8.682,65 DM zu zahlen.
199
Die Mieteinkünfte des Beklagten bemessen sich, wie bereits dargelegt, nach einem
Mehrjahreszeitraum. Geht man nunmehr von den Jahren 1999 - 2001 aus, so stellen
sich die Mieteinkünfte des Beklagten auf insgesamt 24.816,--DM, dies sind monatlich
rund 689,--DM.
200
Damit ergibt sich folgende Einkommenssituation bei dem Beklagten:
201
Rente BfA (brutto)
2.495,--DM
Berufsunfähigkeits-Rente
625,--DM
ZVK-Rente
64,--DM
Mieteinkünfte
689,--DM
Kapitaleinkünfte (1/12 von 51.700,--DM)
4.308,33 DM
abzgl. Vorsorgeaufwendungen einschließlich Hauslasten
- 1.101,--DM
Wohnvorteil
865,--DM
Sa. bereinigtes Einkommen
7.945,33 DM
anteilige Steuerlast (1/12 von 8.682,65 DM)
- 723,55 DM
verbleiben
7.221,78 DM
202
Daraus ergibt sich, dass auch im Jahre 2001 noch von einem durchschnittlichen
monatlichen Einkommen des Beklagten in Höhe von 7.000,--DM auszugehen ist.
203
bb.)
204
Auf Seiten der Klägerin entfällt durch den Umzug in das Haus der Tochter der Wohnwert
im Hinblick auf die bislang genutzte Souterrainwohnung. Andererseits geht der Senat
davon aus, dass die Dienstleistungen der Klägerin für ihre Tochter nunmehr mit rund
200,--DM monatlich zu bewerten sind. Maßgeblich dafür ist, dass die Tochter innerhalb
ihres Neubaus eine größere Wohnung bezogen hat. Hinzu kommt die arbeitsträchtigere
Neubausituation. Von diesen fiktiven Einkünften ist wiederum ein Erwerbstätigenbonus
in Höhe von 28,--DM abzuziehen, so dass ihr ein Betrag von 172,--DM anzurechnen
bleibt.
205
Insgesamt betrachtet stellen sich deshalb ihre Einkünften auf 899,--DM.
206
Zu beachten ist aber, dass ihr erstmals Ende 2000 Zahlungen des Beklagten auf den
Zugewinnausgleich zuteil wurden. Hier stellt sich die Frage, ob die daraus erzielten
Zinseinkünfte als prägende Einkünfte bereits den Bedarf mitbestimmen oder erst im
Rahmen der Bedürftigkeit der Klägerin zum Ansatz kommen.
207
Vor der Änderung der Rechtsprechung des BGH zur sogenannten
Anrechnungsmethode galt im Grundsatz, dass Zinsen aus einem im Wege des
Zugewinnausgleichs erworbenen Kapitalvermögens nicht als prägend anzusehen sind
(BGH FamRZ 1986, S. 437, 439). Eine Ausnahme wurde nur dann zugelassen, wenn
der Zugewinn beispielsweise lediglich zu einer Aufteilung bislang allein vom Ehegatten
bezogener Zinsen führte (z.B. Wendl/Staudigl/Gerhardt, a.a.O., § 4 Rn. 263). Der Senat
tritt der nunmehr herrschenden Auffassung bei, dass auch Vermögensvorteile, die der
Berechtigte aus dem Zugewinnausgleich zieht, als prägend anzusehen und mithin im
Wege der Differenzmethode in die Bedarfsberechnung einzustellen sind
(Luthin/Margraf, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl., Rn. 1215;
208
Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Aufl., § 1578 Rn 59; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die
Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rn. 442 ; OLG Saarbrücken FamRZ
2003, S. 685). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Vermögen bereits vor dem
Zugewinnausgleich die ehelichen Lebensverhältnisse prägte (so auch Gerhardt in
Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 5.
Aufl,, 6. Kap., Rn. 417). Ein solcher Fall liegt hier jedoch vor (s.o.). Kapitaleinkünfte
verlieren aber nicht deshalb ihre prägende Bedeutung für die ehelichen
Lebensverhältnisse, weil sie im Wege des Zugewinnausgleichs teilweise auf den
anderen (geschiedenen) Ehegatten übertragen werden. Davon geht, wie die Klägerin zu
Recht aufzeigt, für den insoweit vergleichbaren Fall des Versorgungsausgleichs seit
geraumer Zeit auch der BGH aus (FamRZ 1988, S. 817).
Die weitergehende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen auf Seiten der
Klägerin nicht nur die tatsächlich erzielten, sondern auch die erzielbaren Erträge
bedarfsprägend in die Unterhaltsberechnung einzustellen sind, stellt sich nicht, weil sich
die Klägerin so behandeln lässt, als habe sie die aus ihrer Sicht erzielbare Rendite auch
tatsächlich erwirtschaftet.
209
Ausgehend von einem ab dem 01.01.2001 anzulegenden Betrag von 200.000,--DM
errechnet sich bei einem Zinssatz von 4,5 % p.a., wie ihn die Klägerin selbst für
erzielbar ansieht, ein monatlicher Ertrag von 750,--DM.
210
cc.)
211
Damit ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:
212
bereinigtes Einkommen des Beklagten
7000,--
DM
bereinigtes Einkommen der Klägerin
213
Erwerbstätigkeit
Haushaltsführung für die Tochter
Zinseinkünfte aus eigenem Kap.
214
Sa.:
899,--
DM
prägendes Zinseinkommen aus Zugewinnausgleich
750,--
DM
Sa.:
8.649,--
DM
davon ½ (Bedarf)
4.324,50
DM
abzügl. eigene Einkünfte der Kl.
215
216
217
899,--DM
750,--DM
verbleiben
2.675,50
DM
Der Beklagte hat mithin im Jahre 2001 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von
2.675,50 DM zu zahlen.
218
b.)
219
Die Klägerin ist nicht darauf zu verweisen, das im Rahmen des Zugewinnausgleichs
erhaltene Kapital zu Unterhaltszwecken zu verwerten. Die Frage ist jedoch nicht von
vornherein deshalb zu verneinen, weil der Beklagte seinerseits womöglich nicht zur
Verwertung seines verbliebenen Vermögens genötigt wäre. Eine Verwertung kommt erst
dann nicht mehr in Betracht, wenn sie unter Berücksichtigung der beiderseitigen
wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre, was sich stets nach den Verhältnissen im
Einzelfall entscheidet (BGH FamRZ 1985, S. 357).
220
Hier ist bedeutsam, dass der Beklagte der Darstellung der Klägerin, ihm verbleibe sein
restliches Vermögen, während sie es "verzehren" müsse, wenn sie auf die Verwertung
verwiesen werde, nicht entgegen getreten ist. Soweit er geltend macht, im Zuge des
Niedergangs der Aktienmärkte Verluste in Höhe von über 200.000,--DM erlitten zu
haben, fehlt es an einem konkreten Vortrag dazu, innerhalb welcher konkreter
Anlagepositionen sich diese Verluste dauerhaft niedergeschlagen haben. Ohne einen
solchen Vortrag bleibt es dabei, dass der Verweis der Klägerin auf die Verwertung ihres
Vermögensstammes eine Schlechterstellung gegenüber dem Beklagten bedeutete, die
sie nicht hinzunehmen braucht.
221
c.)
222
Die Summe des rückständigen Unterhalts für die Zeit bis zum 31.03.2001 beläuft sich
auf 4.103,88 € (8.026,50 DM).
223
3.) Zeitraum 01.01. - 30.06.2002
224
a.)
225
Das Renteneinkommen des Beklagten beträgt nunmehr 1.123,45 € netto
(Erwerbsunfähigkeitsrente) und 362,45 € (Berufsunfähigkeitsrente).
226
Was seine zurechenbaren Einkünfte aus Kapitalvermögen angeht, so ist ab dem
01.01.2002 ein weiterer Kapitalabfluss in Höhe von 76.693,78 € (150.000,--DM) zu
berücksichtigen. Dieser führt zu einer Verringerung der jährlichen Zinseinkünfte um
3.834,69 € auf 22.599,10 € bzw. monatlich 1.883,26 € (ausgehend von einem restlichen
Kapital in Höhe von 884.000,--DM und einer Rendite von 5 % p.a., mithin jährlichen
227
Zinseinnahmen von 44.200,--DM). Außerdem tritt durch die Auszahlung eines Betrages
von 290.000,--DM oder 148.274,64 € im Mai 2002 an die Klägerin ein neuerlicher
Rückgang der zurechenbaren Einkünfte aus Vermögen um 7.413,73 € jährlich ein, so
dass aus dem Restkapital jährlich noch 15.185,37 € (29.700,--DM) oder monatlich
1.265,45 € zu erzielen sind. Geht man davon aus, dass dem Beklagten das Restkapital
von 884.000,--DM noch bis einschließlich April 2002 zur Verfügung stand, so errechnen
sich jährliche Zinseinkünfte von (4 x 1.883,26 € + 8 x 1.265,45 € =) 17.656,64 €.
Unter Berücksichtigung der steuerlichen Verhältnisse gemäß dem
Einkommensteuerbescheid für den Beklagten vom 30.07.2003 betreffend das Jahr 2002
ergäbe sich danach folgende steuerliche Belastung: Zugrunde zu legen wären
Einkünfte aus Kapitalvermögen - nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrages und
des Sparer-Freibetrages) von noch 16.055,64 €. Die übrigen Einkünfte belaufen sich auf
3.370,--DM, die zu saldierenden Negativeinkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf
(-) 3.170,--€. Unter Berücksichtigung eines Sonderausgabenpauschbetrages (36,--€)
und der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben (1.617,--€) stellt sich das zu
versteuernde Einkommen auf 14.602,64 €. Dem entspricht eine Steuerlast
(Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag) von 1.846,25 €.
228
Die Mieteinkünfte stellen sich im Durchschnitt der Jahre 2000 - 2002 auf insgesamt
18.341,--DM oder 9.377,60 €, dies sind monatlich rund 260,--€. Hinlängliche
Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte unterhaltsrechtlich leichtfertig von einer
weitergehenden Vermietung der beiden Wohnungen abgesehen hat, sind weiterhin
nicht ersichtlich.
229
Damit ergibt sich folgende Einkommenssituation:
230
Rente BfA (netto)
1.123,45 €
Berufsunfähigkeits-Rente
362,45 €
ZVK-Rente
33,--€
Mieteinkünfte
260,--€
Kapitaleinkünfte (1/12 von 17.656,64 €)
1.471,39 €
abzgl. Vorsorgeaufwendungen einschließlich Hauslasten
- 562,93 €
Wohnvorteil
442,27 €
Sa. bereinigtes Einkommen
3.129,63 €
anteilige Steuerlast (1/12 von 1.846,25 €)
-153,85 €
verbleiben
2.975,78 €
231
Das bereinigte Einkommen des Beklagten beläuft sich mithin auf 2.975,78 €.
232
b.)
233
Die Klägerin kann ab dem 01.01.2002 weitere auf den Zugewinnausgleichanspruch
gezahlte 150.000,--DM oder 76.693,78 € zu 4 % p.a. anlegen. Dies führt auf ihrer Seite
234
zu zusätzlichen Zinseinkünften in Höhe von 3.067,75 € jährlich oder 255,65 € monatlich.
Der Senat folgt der Klägerin darin, dass in Anbetracht dieser - teilweise fiktiven -
Einkünfte auch eine Berücksichtigung der zu zahlenden Steuern stattzufinden hat. Im
Hinblick auf die Einkommensteuer relevant sind auf ihrer Seite das Erwerbseinkommen
(bereinigt 446,--DM oder 228,--€) sowie die Kapitaleinkünfte (144,--€ + 383,47 € +
255,65 € =) 783,12 €, zusammen mithin 1.011,12 €. Sie führen im Jahr 2002 zu einer
Steuerlast (Einkommensteuer zzgl. Solidaritätszuschlag ohne Kirchensteuer) von
1.161,60 € jährlich oder 96,80 € monatlich.
c.) Unterhaltsberechnung
235
bereinigtes Einkommen des Beklagten, gekürzt um den auf die
ausgezahlten 256.000 DM und 150.000,--DM entfallenden Zinsanteil
(nach Steuern)
2.975,78
bereinigtes Einkommen der Klägerin
236
Erwerbstätigkeit
Haushaltsführung für die Tochter
Zinseinkünfte aus eigenem Kap.
237
Sa.: prägendes Zinseinkommen aus Zugewinnausgleich Einkommen
insgesamt: bereinigt um ESt. und SolZ verbleiben
459,65 €
(899,--
DM)
383,47 €
(750,--
DM)
255,65 €
1.098,77
238
96,80 €
239
1.001,97 €
Sa. beider Einkommen
3.977,75
davon ½ (Bedarf)
1.988,88
abzügl. eigene Einkünfte der Kl.
240
1.001,97 €
241
242
verbleiben
986,91 €
243
Der Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt beläuft sich mithin ab dem 01.01.2002 auf
986,91 € oder aufgerundet auf 987,--€.
244
4. Zeitraum ab dem 01.07.2002
245
246
a.)
247
Ab dem 01.07.2002 erhöht sich die Erwerbsunfähigkeitsrente des Beklagten auf
1.147,67 €.
248
Der durch die Auszahlung eines weiteren Betrages von 290.000,--DM oder 148.274,64
€ an die Klägerin eintretende Rückgang der zurechenbaren Einkünfte aus Vermögen
sowie die daraus folgenden steuerlichen Konsequenzen sind bereits für das gesamte
Jahr berechnet worden (s. Zif. 3.)) und gelten demzufolge auch für den hier in Rede
stehenden Zeitraum.
249
Hinsichtlich der Mieteinkünfte verbleibt es bei dem Ansatz des Durchschnitts der Jahre
2000 - 2002, somit eines monatlichen Betrages von rund 260,--€.
250
Damit stellt sich die Einkommenssituation des Beklagten folgendermaßen dar:
251
Rente BfA (netto)
1.147,67 €
Berufsunfähigkeits-Rente
362,45 €
ZVK-Rente
33,--€
Mieteinkünfte
260,--€
Kapitaleinkünfte (1/12 von 17.656,64 €)
1.471,39 €
abzgl. Vorsorgeaufwendungen einschließlich Hauslasten
- 562,93 €
Wohnvorteil
442,27 €
Sa. bereinigtes Einkommen
3.153,85 €
anteilige Steuerlast (1/12 von 1.846,25 €)
153,85 €
verbleiben
3.000,--€
252
b.)
253
Die Klägerin kann ab dem 01.07.2002 weitere 290.000,--DM oder 148.274,65 €
anlegen, die ihr vom Beklagten auf den Zugewinnausgleichsanspruch gezahlt worden
sind. Der Senat geht weiterhin davon aus, dass ein Betrag in dieser Größenordnung
auch im Jahre 2002 noch zu einer Rendite von 4 % p.a. hätte angelegt werden können.
Dies ergibt sich bereits aus dem vom Beklagten in Kopie vorgelegten Angebot der
Postbank vom 12.06.2002, wonach für Beträge ab 50.000,--€ bei einer Laufzeit von 3
Jahren Zinsen in Höhe von 4,3 % p.a. gezahlt wurden. Es ergeben sich dadurch
zusätzliche Kapitaleinkünfte von 5.930,99 € jährlich oder 494,25 € monatlich. Damit
errechnet sich auf ihrer Seite unterhaltsrechtlich ein monatliches Einkommen von
1.593,02 €. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass aufgrund der Höhe der
Zinseinkünfte Einkommensteuer zu zahlen ist. Das zu versteuernde Einkommen
errechnet sich aus dem ihr zugeschriebenen bereinigten (fiktiven) Erwerbseinkommen
von 228,--€ (446,--DM) und den Zinseinkünften in Höhe von (144,--€ + 383,47 € +
255,65 € + 494,25 € =) 1.277,37 €, zusammen also aus 1.505,37 €. Es ergibt sich eine
jährliche Steuerlast von rund 2.830,-- €, dies sind monatlich rund 236,--€.
254
c.) Unterhaltsberechnung
255
bereinigtes Einkommen des Beklagten, gekürzt um den auf die
ausgezahlten 256.000 DM, 150.000,--DM und 290.000,--DM
entfallenden Zinsanteil (nach Steuern)
3.000,--
bereinigtes Einkommen der Klägerin
256
Erwerbstätigkeit
Haushaltsführung für die Tochter
Zinseinkünfte aus eigenem Kap.
257
Sa.: prägendes Zinseinkommen aus Zugewinnausgleich Sa.: bereinigt
um die Einkommensteuer verbleiben
459,65 €
383,47 €
255,65 €
494,25 €
1.593,02
€ -236,--
1.357,02
Sa. beider Einkommen
4.357,02
davon ½ (Bedarf)
2.178,51
abzügl. eigene Einkünfte der Kl.
258
260
1.357,02 €
259
verbleiben
821,49 €
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin beträgt mithin 821,49 €, aufgerundet 822,--€,
monatlich.
261
5. Zeitraum ab 01.01.2003
262
263
Auf Seiten des Beklagten ist eine Erhöhung der Berufsunfähigkeitsrente auf 373,70 €
eingetreten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass er aus dem Restkapital jährlich noch
Einkünfte in Höhe von 15.185,37 € (29.700,--DM) oder monatlich 1.265,45 € erzielen
kann. Ausgehend von den weiteren steuerlichen Verhältnissen in 2003 (der
Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 11.6.2004 weist Einkünfte aus
Kapitalvermögen in Höhe von brutto 2.764 € bzw. unter Berücksichtigung des
Werbungskostenpauschbetrages und des Sparer-Freibetrages in Höhe von netto 1.163
€, negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von (-) 1.941 € sowie
sonstige Einkünfte (Leibrenten etc.) in Höhe von 3.367 € aus) ergäben sich Einkünfte
aus Kapitalvermögen in Höhe von 13.584 € anstelle der bislang angesetzten 1.153 €.
Das zu versteuernde Einkommen läge folglich um 12.423 € höher und beliefe sich
13.448 €. Die steuerliche Belastung läge dann bei 1.533,97 € jährlich oder 127,83 €
monatlich.
264
Hinsichtlich der Mieteinkünfte legt der Senat nunmehr der Zeitraum 2001 - 2003
zugrunde. Es errechnen sich anhand der Angaben des Beklagten Gesamteinkünfte in
Höhe von 4.154,11 € oder monatlich 115,39 €.
265
Daraus ergibt sich folgende Einkommenssituation:
266
Rente BfA (netto)
1.147,67 €
Berufsunfähigkeits-Rente
373,70 €
ZVK-Rente
33,--€
Mieteinkünfte
115,39 €
Kapitaleinkünfte (1/12 von 15.185,37 €)
1.265,45 €
abzgl. Vorsorgeaufwendungen einschließlich Hauslasten
- 562,93 €
Wohnvorteil
442,27 €
267
Sa. bereinigtes Einkommen
2.814,55 €
anteilige Steuerlast (1/12 von 1.533,97 €)
- 127,83 €
verbleiben
2.686,72 €
Das bereinigte Einkommen des Beklagten stellt sich mithin auf 2.686,72 €.
268
b.)
269
Am Einkommen der Klägerin hat sich nichts geändert.
270
c.) Unterhaltsberechnung
271
bereinigtes Einkommen des Beklagten, gekürzt um den auf die
ausgezahlten 256.000 DM, 150.000,--DM und 290.000,--DM
entfallenden Zinsanteil (nach Steuern)
2.686,72
bereinigtes Einkommen der Klägerin
272
Erwerbstätigkeit
Haushaltsführung für die Tochter
Zinseinkünfte aus eigenem Kap.
273
Sa.: prägendes Zinseinkommen aus Zugewinnausgleich Sa.: bereinigt
um die Einkommensteuer verbleiben
459,65 €
383,47 €
255,65 €
494,25 €
1.593,02
€ -236,--
1.357,02
Sa. beider Einkommen
4.043,74
davon ½ (Bedarf)
2.021,87
abzügl. eigene Einkünfte der Kl.
274
1.357,02 €
275
verbleiben
664,85 €
276
Der Unterhaltsanspruch beläuft sich demnach auf 664,85 €, aufgerundet auf 665,--€.
277
6. Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 13.04.2005
278
279
Die Erwerbsunfähigkeitsrente hat sich auf 1.159,65 € erhöht. Es ist weiterhin davon
auszugehen, dass aus dem ihm verbliebenen Restkapital Einkünfte in Höhe von jährlich
15.185,37 € erzielt werden können. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004
liegt noch nicht vor, so dass hinsichtlich der steuerlichen Belastung weiterhin von den
Zahlen auszugehen ist, wie sie bereits für 2003 ermittelt wurden. Danach liegt die
steuerliche Belastung bei 1.533,97 € jährlich oder 127,83 € monatlich.
280
Die Mieteinkünfte stellen sich nunmehr, bezogen auf den Zeitraum 2002 - 2004, auf
insgesamt 7.387,63 €, dies entspricht monatlichen Einnahmen in Höhe von 205,21 €.
Damit ändern sich die Einkünfte des Beklagten wie folgt:
281
Rente BfA (netto)
1.159,65 €
Berufsunfähigkeits-Rente
373,70 €
ZVK-Rente
33,--€
Mieteinkünfte
205,21 €
Kapitaleinkünfte (1/12 von 15.185,37 €)
1.265,45 €
abzgl. Vorsorgeaufwendungen einschließlich Hauslasten
- 562,93 €
Wohnvorteil
442,27 €
Sa. bereinigtes Einkommen
2.916,35 €
anteilige Steuerlast (1/12 von 1.533,97 €)
- 127,83 €
verbleiben
2.788,52 €
282
Das bereinigte Einkommen des Beklagten stellt sich folglich auf 2.788,52 €.
283
Die Einkommenssituation der Klägerin ist weiterhin unverändert.
284
c.) Unterhaltsberechnung
285
bereinigtes Einkommen des Beklagten, gekürzt um den auf die
ausgezahlten 256.000 DM, 150.000,--DM und 290.000,--DM
entfallenden Zinsanteil (nach Steuern)
2.788,52
290
bereinigtes Einkommen der Klägerin
286
Erwerbstätigkeit
Haushaltsführung für die Tochter
Zinseinkünfte aus eigenem Kap.
287
Sa.: prägendes Zinseinkommen aus Zugewinnausgleich Sa.: bereinigt
um die Einkommensteuer verbleiben
459,65 €
383,47 €
255,65 €
494,25 €
1.593,02
€ -236,--
1.357,02
Sa. beider Einkommen
4.145,54
davon ½ (Bedarf)
2.072,77
abzügl. eigene Einkünfte der Kl.
288
1.357,02 €
289
verbleiben
715,75 €
Der Unterhaltsanspruch beläuft sich demnach auf 715,75 € bzw. 716,--€.
291
7.) Zeitraum ab 14.04.2005
292
Für die Zeit ab dem 14.04.2005 kann die Klägerin Alters- und Kranken- sowie
Pflegevorsorgeunterhalt geltend machen, weil sie die insoweit verlangten Beträge
nunmehr erstmals beziffert hat. Der erstmaligen - hilfsweisen - Geltendmachung von
Vorsorgeunterhalt in zweiter Instanz steht § 533 ZPO nicht entgegen, da Elementar- und
Vorsorgeunterhalt unselbstständige Bestandteile des einheitlichen Lebensbedarfs
(Wend./Staudigl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4 Rn. 456) und damit Teile ein und desselben
Streitgegenstandes sind. Selbst wenn § 533 ZPO entsprechend anzuwenden wäre,
wären seine Voraussetzungen erfüllt, weil die Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt
sachdienlich ist und die zugrunde liegenden neuen Tatsachen nach § 529 ZPO ohnehin
zu berücksichtigen sind.
293
a.)
294
Was den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag angeht, so hat ihn die Klägerin mit
107,06 € beziffert. Dem ist der Beklagte nicht entgegen getreten.
295
b.)
296
Materielle Voraussetzung des (Alters-)Vorsorgeunterhalts im Rahmen des
nachehelichen Unterhalts ist gemäß § 1578 Abs. 3 BGB das Bestehen eines
Unterhaltsanspruchs nach §§ 1570 - 1573 oder 1576 BGB. Dies ist hier der Fall, denn
die Klägerin kann, wie bereits dargelegt, Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2
BGB verlangen.
297
Die Berechnung des Altersvorsorge- sowie des korrespondierenden verbleibenden
Elementarunterhalts erfolgen nach Maßgabe des BGH (FamRZ 1999, S. 372)
mehrstufig:
298
aa.) Berechnung des vorläufigen Elementarunterhalts nach Abzug des Kranken- und
Pflegevorsorgeunterhalts
299
bereinigtes Einkommen des Beklagten
2.788,52
abzgl. Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt
- 107,06
bereinigtes Einkommen der Klägerin
1.357,02
Sa. beider Einkommen
4.038,48
davon ½ (Bedarf)
2.019,24
abzügl. eigene Einkünfte der Kl.
300
1.357,02 €
301
verbleiben
662,22 €
302
bb.) Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts
303
Vorsorgeunterhalt kann nicht verlangt werden, soweit der Elementarbedarf des
Berechtigten durch Kapitaleinkünfte oder einen Wohnvorteil gedeckt ist, weil diese auch
im Alter unverändert fließen bzw. vorhanden sind (Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, a.a.O., §
4 Rn. 457; Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 353, 360). Der Elementarbedarf der
Klägerin liegt hier - vorläufig - bei 2.019,24 €. Er wird in Höhe von 1.357,02 € durch
304
eigenes Einkommen der Klägerin gedeckt. In dieses Einkommen fließen Kapitalerträge
von insgesamt 1.277,37 € brutto ein (144,--€ Zinseinkünfte aus ursprünglich eigenem
Kapital sowie Zinserträge aus dem im Wege des Zugewinnausgleichs übertragenen
Vermögens in Höhe von 383,47 €, 255,65 € und 494,25 €). Die Netto-Quote beträgt 85
%; mithin sind im Elementarbedarf Kapitaleinkünfte in Höhe von 1.085,76 € enthalten.
Der nicht durch Eigeneinkommen der Klägerin "mit Versorgungswert" gedeckte
Elementarunterhalt beträgt folglich 933,48 €. Dies führt unter Anwendung der Bremer
Tabelle zur Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts (Stand 1.1.2005), die für den
betreffenden Wert einen Zuschlag von 19 % ausweist, zu einer Bemessungsgrundlage
von 1.110,84 €. Unter Berücksichtigung des Beitragssatzes von 19,5 % errechnet sich
ein Vorsorgeanspruch in Höhe von 216,61 €. Doch macht die Klägerin
Altersvorsorgeunterhalt lediglich in Höhe von 200,--€ geltend.
cc.) Endgültige Berechnung des Elementarunterhalts
305
bereinigtes Einkommen des Beklagten
2.788,52
abzgl. Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt
- 107,06 €
abzgl. Altersvorsorgeunterhalt
- 200,-- €
bereinigtes Einkommen der Klägerin
1.357,02,-
-€
Sa. beider Einkommen
3.838,48
davon ½ (Bedarf)
1.919,24
abzügl. eigene Einkünfte der Kl.
306
1.357,02 €
307
verbleiben
562,22 €
308
c.)
309
Die Klägerin kann mithin ab dem 14.04.2005 einen Kranken- und
Pflegevorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 107,06 €, Altersvorsorgeunterhalt in
Höhe von monatlich 200,--€ sowie Elementarunterhalt in Höhe von 562,22 €, zusammen
mithin 869,28 € oder aufgerundet 870,--€, verlangen.
310
Für April 2005 beschränkt sich der Anspruch betreffend den Vorsorgeunterhalt jedoch
auf 17/30 des Monatsbetrages. Er beträgt für den Altersvorsorgeunterhalt mithin 113,33
€ und für den Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt 60,67 €, zusammen mit dem
311
Elementarunterhalt – diesen für den gesamten Monat – 737,--€.
8.
312
Die Klägerin kann die Verzinsung ihrer Ansprüche auf Nachscheidungsunterhalt aus §§
286, 288 BGB verlangen.
313
9.
314
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
315
Veranlassung zur Gewährung einer Stellungnahmefrist für den Beklagten im Hinblick
auf den Schriftsatz der Klägerin vom 20.06.2005 besteht nicht. Neues tatsächliches
Vorbringen, das für die Entscheidung von Bedeutung ist, enthält der Schriftsatz nicht.
Auch der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 04.07.2005 gibt keine
Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
316
Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dies
gilt insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob angesichts der Entscheidung des BGH
vom 13.06.2001 (Az. XII ZR 343/99) die infolge eines vollzogenen Zugewinnausgleichs
auf Seiten des Unterhaltsgläubigers erzielten oder erzielbaren Erträge im Rahmen der
Unterhaltsberechnung als prägend anzusehen und mithin in die Differenzberechnung
einzustellen sind.
317
Die Streitwertfestsetzung erfolgt in Abänderung des Senatsbeschlusses vom
08.07.2004 und trägt dem Umstand Rechnung, dass mit der Klage sowohl Trennungs-
als auch Nachscheidungsunterhalt geltend gemacht wird, so dass hinsichtlich beider
Streitgegenstände § 17 Abs. 1 und 4 GKG a.F. anzuwenden ist.
318