Urteil des OLG Hamm vom 08.02.1999
OLG Hamm (kläger, höhe, unterhalt, vergleich, renteneinkommen, offensichtliches versehen, wetter, einkommen, ehefrau, unterlagen)
Oberlandesgericht Hamm, 6 UF 115/98
Datum:
08.02.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
6. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 UF 115/98
Vorinstanz:
Amtsgericht Wetter, 5 F 219/97/07
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 05. Mai 1998 verkündete
Urteil des Amtsgerichts- Familiengericht - Wetter (Ruhr) teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Vergleich des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetter (Ruhr) vom
25. Januar 1994 - 5 F 270/93 - 07 - wird dahingehend abgeändert, daß
der Kläger an die Beklagte für die Zeit ab September 1996
nachehelichen Unterhalt in folgender Höhe zu zahlen hat:
217,00 DM monatlich für die Zeit von September 1996 bis November
1996,
198,00 DM für Dezember 1996,
205,00 DM monatlich für die Zeit von Januar 1997 bis April 1997,
245,50 DM monatlich für Mai und Juni 1997,
261,00 DM monatlich für die Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998,
255,00 DM monatlich für die Zeit von Juli 1998 bis Dezember 1998 und
415,00 DM monatlich für die Zeit ab Januar 1999.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 3/4
und die Beklagte 1/4.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 4/5 dem Kläger und zu
1/5 der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab September 1996.
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Die Parteien, geboren am 21.09.1931 (Kläger) und am 11.08.1935 (Beklagte), waren
seit dem Jahre 1956 miteinander verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des
Amtsgerichts Familiengericht Bochum vom 17.12.1980 (58 F 29/80), das seit jenem
Tage auch rechtskräftig ist, geschieden. Eine nachfolgende weitere Ehe des
inzwischen zum dritten Mal verheirateten Klägers mit einer Frau X ist ebenfalls
geschieden worden. Aus jener Ehe ist der am 13.01.1982 geborene Sohn Tobias
hervorgegangen. Für Tobias, der noch Schüler ist, und Frau X zahlt der Kläger nach
seiner Behauptung Unterhalt in Höhe von monatlich 445,00 DM und 400,00 DM.
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Der Kläger ist seit März 1996 Rentner. Seine Rente beträgt zur Zeit nach Abzug des
Krankenversicherungsbeitrags 2.662,90 DM monatlich. Die Beklagte ist seit September
1996 ebenfalls Rentnerin. Ihre Rente beläuft sich auf rund 1.300,00 DM monatlich.
Beide Parteien wohnen mietfrei in ihnen selbst gehörenden Immobilien; der Kläger hat
ferner Mieteinnahmen.
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Der Kläger hatte sich am 20.02.1981 privatschriftlich verpflichtet, an die Beklagte
Unterhalt in Höhe von monatlich 1.100,00 DM zu zahlen. Für die Zeit ab Januar 1984
betrug seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten aufgrund eines
Vergleichs des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.07.1985 (3 UF 577/84) 900,00 DM
monatlich. Durch Vergleich des Amtsgerichts Wetter vom 25.01.1994 (5 F 270/93 - 07)
ist der Unterhalt schließlich für die Zeit ab August 1993 auf monatlich 500,00 DM
herabgesetzt worden. Im Protokoll des Familiengerichts vom 25.01.1994 heißt es:
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"Grundlagen des vorstehenden Vergleichs sind:
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Der Kläger hat zur Zeit aus Arbeitslosengeld ein Einkommen von 2.753,00 DM. Er
wohnt im eigenen Haus, eine Einliegerwohnung ist vermietet.
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Er zahlt für das Kind Tobias monatlich 445,00 DM und nach seiner Behauptung an
seine zweite Ehefrau 400,00 DM.
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Die Beklagte wohnt in ihrer Eigentumswohnung. Ihr derzeitiges Nettoeinkommen
beläuft sich auf 960,00 DM."
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Im vorliegenden Verfahren erstrebt der Kläger im Wege der Abänderungsklage einen
vollständigen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung für die Zeit ab September 1996. Er
hat erstinstanzlich gemeint, seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten sei
entfallen, da sich deren Einkommen durch Eintritt des Rentenbezuges erhöht habe.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Vergleich des Amtsgerichts Wetter vom 25. April 1994, Aktenzeichen
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5 F 270/93 - 07 dahingehend abzuändern, daß er der Beklagten ab dem
01.09.1996 keinen Unterhalt mehr schulde.
Die Beklagte hat den Klageantrag in Höhe von monatlich 38,93 DM anerkannt und
beantragt,
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die Klage abzuweisen, soweit mit ihr eine Herabsetzung des titulierten Unterhalts
auf weniger als 461,07 DM monatlich verlangt wird.
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Das Familiengericht hat den Vergleich vom 25.01.1994 dahingehend abgeändert, daß
es den Unterhaltsanspruch der Beklagten für die Zeit von Dezember 1996 bis Juni 1997
auf 423,50 DM monatlich und für die Folgezeit auf 415,00 DM monatlich herabgesetzt
hat; die weitergehende Klage hat das Familiengericht abgewiesen. Zu den von ihm
ausgeurteilten Beträgen ist das Familiengericht im wesentlichen dadurch gelangt, daß
es dem Kläger Mieteinnahmen von monatlich 308,00 DM zugerechnet und das
Renteneinkommen der Beklagten, das unstreitig zu einem großen Teil auf der
Durchführung des Versorgungsausgleichs beruht, in vollem Umfang in eine
Differenzberechnung eingestellt hat.
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Gegen das familiengerichtliche Urteil richtet sich die in formeller Hinsicht bedenkenfreie
Berufung des Klägers, der im wesentlichen folgendes rügt: Mieteinkünfte seien in die
Unterhaltsberechnung nicht einzubeziehen, da sie weder bedarfsprägend noch bei der
Festlegung des Vergleichsbetrages berücksichtigt worden seien. Das
Renteneinkommen der Beklagten sei nach der sog. Mischmethode zu berücksichtigen.
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Der Kläger beantragt,
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unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Prozeßvergleich des
Amtsgerichts Wetter vom 25.01.1994 (5 F 270/93 - 07) dahingehend abzuändern,
daß der Kläger an die Beklagte für die Zeit ab September 1996 keinen Unterhalt
mehr zu zahlen hat.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und meint insbesondere, das Urteil sei
schon deshalb nicht zu beanstanden, weil eine Unterhaltsbedürftigkeit der zweiten
Ehefrau des Klägers nicht mehr bestehe.
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Zur ergänzenden Sachdarstellung wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze und auf die von ihnen vorgelegten Unterlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung hat nur teilweise Erfolg. Der Kläger ist auch für die Zeit ab
September 1996 noch verpflichtet, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt zu leisten,
dessen Höhe sich im einzelnen aus dem Tenor des vorliegenden Senatsurteils ergibt.
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Die Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Abänderungsklage ist allerdings
zweifelsfrei. Entgegen der erstinstanzlich vom Familiengericht zunächst vertretenen
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Auffassung kann der Vergleich vom 25.01.1994 ohne weiteres auch rückwirkend
abgeändert werden (vgl. BGH NJW 90, 3274). Zweifelsfrei ist ferner, daß ein der
Beklagten zustehender Unterhaltsanspruch dem Grunde nach aus § 1571 BGB
herzuleiten ist. Die Beklagte ist nach Erfüllung der Voraussetzungen für eine gesetzliche
Altersrente und angesichts ihrer durch Unterlagen belegten gesundheitlichen
Beeinträchtigungen auch unterhaltsrechtlich nicht mehr gehalten, einer Erwerbstätigkeit
nachzugehen. Auf seine im ersten Rechtszug vertretene Auffassung, die Beklagte
könne und müsse jedenfalls noch im Geringverdienerbereich arbeiten, ist der Kläger im
Berufungsverfahren auch nicht mehr zurückgekommen.
Der Höhe nach ist der der Beklagten zustehende Unterhalt unter Berücksichtigung der
im Abänderungsverfahren zu beachtenden Grundlagen des Vergleichs vom 25.01.1994
wie folgt zu ermitteln:
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Das zweifelsfrei in die Berechnung des Unterhaltsbedarfs (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB)
einzustellende Renteneinkommen des Klägers betrug bzw. beträgt nach den
vorliegenden Unterlagen und nach Abzug der Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge:
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(2.989,95 DM - 425,26 DM = rund) 2.565,00 DM monatlich für die Zeit von September
bis November 1996 (vgl. die Unterlagen Bl. 7 und Bl. 153 d.A.),
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(2.989,95 DM - 462,52 DM = rund) 2.527,00 DM für Dezember 1996 (vgl. Bl. 7 und
Bl. 152 d.A.),
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(2.989,95 DM - 448,88 DM = rund) 2.541,00 DM für die Zeit von Januar bis April 1997
(vgl. Bl. 7 und Bl. 152 d.A.),
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(2.989,95 DM - 368,24 DM = rund) 2.662,00 DM monatlich für Mai und Juni 1997 (vgl.
Bl. 7 und Bl. 8 d.A.),
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(3.037,87 DM - 368,24 DM = rund) 2.670,00 DM monatlich für die Zeit von Juli 1997 bis
Juni 1998 (vgl. Bl. 7 und 8 d.A.) und
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(3.055,58 DM - 344,66 DM - 48,02 DM = rund) 2.663,00 DM monatlich für die Zeit ab Juli
1998 (vgl. Bl. 136, 137 d.A.). Das Schreiben der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte vom 23.07.1998 (Bl. 136 d.A.) reicht zur Überzeugung des Senats als Beleg
für die Höhe der dem Kläger ab Juli 1998 gezahlten Rente aus. Die Höhe der danach zu
diesem Zeitpunkt eingetretenen Erhöhung der Bruttorente (von 3.037,87 DM monatlich
auf 3.055,58 DM monatlich) ist plausibel. Soweit der Kläger in der
Berufungsbegründung sein Renteneinkommen abzüglich Krankenversicherungsbeitrag
für die Zeit bis zum 30.06.1998 auf 2.753,00 DM beziffert hat, liegt ein offensichtliches
Versehen, nämlich eine Verwechselung mit dem Betrag des früher vom Kläger
bezogenen Arbeitslosengeldes, vor.
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Ein Wohnvorteil ist dem Kläger bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Beklagten
auch nach deren Vorbringen nicht zuzurechnen. Eine solche Zurechnung ist auch bei
Abschluß der früheren Vergleiche der Parteien nicht erfolgt. Im übrigen ist der
Wohnvorteil auch erst nach der Scheidung der Ehe der Parteien entstanden; er hat
damit nicht die für die Bedarfshöhe maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse
geprägt.
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Auch Mieteinnahmen des Klägers können in die Bedarfsberechnung nicht eingezogen
werden. Die Mieteinnahmen sind unstreitig während der Ehe der Parteien noch nicht
geflossen; sie haben also die für die Bedarfsermittlung nach dem Gesetz maßgeblichen
ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt. Eine von der gesetzlichen Regelung
abweichende und im Abänderungsverfahren bindende Vereinbarung der Parteien läßt
sich dem Vergleich vom 25.01.1994 nicht entnehmen. Zwar wird im Sitzungsprotokoll
vom 25.01.1994 als Vergleichsgrundlage erwähnt, daß eine Einliegerwohnung des
Klägers vermietet sei. Als Grundlagen des Vergleichs werden jedoch auch die unstreitig
für die Höhe des zu zahlenden Unterhalts unerheblichen Wohnvorteile beider Parteien
genannt. Dagegen, daß die Mieteinnahmen des Klägers für die Ermittlung des im
Vergleich vom 25.01.1994 festgelegten Unterhaltsbetrages bedeutsam waren, spricht
ferner, daß sich dem Vergleich die Höhe, in der sich sie berücksichtigt worden sein
sollen, nicht entnehmen läßt. Die vom Familiengericht im erstinstanzlichen Urteil
vorgenommene Rückrechnung erscheint schon deshalb nicht zutreffend, weil dem
Kläger bei dieser Rückrechnung zu Unrecht ein Erwerbstätigkeitsbonus von 1/7 auf das
früher von ihm bezogene Arbeitslosengeld gewährt worden ist. Im übrigen hat die
Beklagte selbst den ihr nach ihrer Auffassung zustehenden Unterhalt in der
Klageerwiderung zunächst ohne Mieteinnahmen des Klägers errechnet (vgl. Bl. 20 d.A.)
und ist insoweit erst durch den Beschluß des Familiengerichts vom 17.11.1997 (Bl. 25 f.
d.A.) zu einer anderen Ansicht gelangt. Schließlich läßt sich die Erwähnung der
Mieteinnahmen des Klägers (und seines Wohnvorteils) im Vergleich vom 25.01.1994
auch damit erklären, daß diese Positionen bereits seinerzeit im Hinblick auf die
unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Klägers von Bedeutung waren.
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Vom Einkommen des Klägers für die Bedarfsermittlung abzusetzen ist entsprechend
der im Vergleich vom 25.01.1994 getroffenen Regelung der von ihm an seinen Sohn
Tobias gezahlte Unterhalt. Daß Tobias als Schüler des M-Gymnasiums der Stadt E
weiterhin unterhaltsbedürftig ist, ergibt sich aus der Bescheinigung jenes Gymnasiums
vom 01.08.1998 (Bl. 167 d.A.). Die vom Kläger als Unterhalt für Tobias geltend
gemachten 445,00 DM/Monat entsprechen dem im Vergleich berücksichtigten Betrag.
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Die unstreitig im Vergleich vom 25.01.1994 als Abzugsposten berücksichtigte
Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber Frau X, seiner zweiten ehemaligen
Ehefrau, kann dagegen im vorliegenden Verfahren nur für die Vergangenheit in die
Ermittlung der Unterhaltshöhe eingestellt werden. Für die Zukunft scheitert eine
Berücksichtigung daran, daß der Kläger die Unterhaltsbedürftigkeit der Zeugin X nicht
substantiiert dargetan hat. Angesichts des Alters des Sohnes Tobias kommt ein
Unterhaltsanspruch der Zeugin gem. § 1570 BGB nicht mehr in Betracht. Dem
Vorbringen des Klägers läßt sich auch nicht hinreichend konkret entnehmen, daß ein
anderer Unterhaltstatbestand (§ 1572, 1573 Abs. 1 oder 2 BGB) eingreift. Eine
Erhöhung führt erst bei einer gewissen Dauer zu einem Unterhaltsanspruch nach
§ 1572 BGB. Für die Zeit bis einschließlich Dezember 1998 ist das Einkommen des
Klägers dagegen um die 400,00 DM monatlich zu bereinigen, die er wie im
Senatstermin unstreitig geworden ist während dieser Zeit an seine zweite ehemalige
Ehefrau als Unterhalt gezahlt hat. Zwar mag es sein, daß die Zeugin X auch während
jener Zeit nicht mehr unterhaltsbedürftig war. Die Annahme des Klägers, noch zu
Unterhaltszahlungen verpflichtet zu sein, kann jedoch nicht als unterhaltsbezogen
leichtfertig angesehen werden, berücksichtigt man, daß er offenbar noch im
Senatstermin geglaubt hat, auch jetzt nhoch an das Feststellungsurteil des Amtsgerichts
Dortmund vom 14.04.1993 (184 F 284/92) gebunden zu sein. Die Tatsache, daß der
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Kläger aufgrund der Einstellung seiner Unterhaltszahlungen an die Zeugin X
voraussichtlich eine auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs nach der
zweiten Ehescheidung beruhende weitere Kürzung seines Renteneinkommens
erleiden wird, kann für die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Beklagten nicht
berücksichtigt werden, da es sich hierbei nicht um einen die ehelichen
Lebensverhältnisse der Parteien prägenden Umstand handelt.
Das Renteneinkommen der Beklagten belief sich in der Zeit von September 1996 bis
Juni 1997 auf (rund) 1.286,00 DM monatlich (vgl. Bl. 9 d.A.) und in der Zeit von Juli 1997
bis Juni 1998 auf (rund) 1.303,00 DM monatlich (Bl. 160 d.A.). Seit Juli 1998 beträgt die
Altersrente der Beklagten (rund) 1.308,00 DM (Bl. 160 d.A.). Der Auffassung des
Klägers, das Renteneinkommen der Beklagten sei nur teilweise in die Bedarfsermittlung
einzubeziehen und in Höhe des auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs
beruhenden Teils (unstreitig rund 640,00 DM monatlich) auf den Bedarf anzurechnen,
vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar träfe die Ansicht des Klägers dann zu, wenn nur
die Beklagte Rentenempfängerin und der Kläger noch erwerbstätig wäre (vgl. BGH NJW
87, 1555). In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem bereits beide Parteien eine
Rente beziehen, würde jedoch durch die Anwendung der vom Kläger für richtig
gehaltenen Berechnungsmethode ein unbilliges Ergebnis entstehen, da sich dann der
altersbedingte Wechsel der Einkommensquellen einseitig zu Lasten des
Unterhaltsberechtigten und zugunsten des Unterhaltsverpflichteten auswirken würde.
Dem Umstand, daß der duch den Versorgungsausgleich vom Unterhaltsschuldner auf
den Unterhaltsgläubiger übergegangene Teil der Ruhestandsbezüge bei intakter Ehe
für den Lebensbedarf beider Parteien zur Verfügung stände, würde nicht angemessen
Rechnung getragen. Ein angemessenes Ergebnis ist vielmehr dadurch zu erzielen, daß
der Unterhaltsbedarf ohne die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs ermittelt und
hierauf dann die aus dem Versorgungsausgleichs stammenden Renteneinkünfte des
Berechtigten angerechnet werden (vgl. Wendl-Staudigl-Gutdeutsch, Unterhaltsrecht,
3. Aufl., Rdn. 345, unter Berufung auf BGH NJW 88, 2101; vgl. ferner Kalthoener-
Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl., Rdn. 539). Zum
rechnerisch gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man die um sonstige
anzuerkennende Abzugspositionen bereinigten Renteneinkommen in ihrer durch den
Versorgungsausgleich ermäßigten bzw. gestiegenen Höhe in eine Differenzberechnung
einbezieht (vgl. Gutdeutsch, a.a.O.).
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Der Beklagten steht damit folgender Aufstockungsunterhalt zu:
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Für die Zeit von September bis November 1996 errechnen sich (2.565,00 DM
Renteneinkommen des Klägers - 445,00 DM - 400,00 DM Unterhaltsverpflichtungen -
1.286,00 DM Renteneinkommen der Beklagten = 434,00 DM : 2 =) 217,00 DM monatlich
und für Dezember 1996 (2.527,00 DM - 445,00 DM - 400,00 DM - 1.286,00 DM =
396,00 DM : 2 =) 198,00 DM. Für die Zeit von Januar bis April 1997 kann die Beklagte
(2.541,00 DM - 445,00 DM - 400,00 DM - 1.286,00 DM = 410,00 DM : 2 =) 205,00 DM
monatlich verlangen, für Mai und Juni 1997 (2.622,00 DM - 445,00 DM - 400,00 DM -
1.286,00 DM = 491,00 DM : 2 =) 245,50 DM, für die Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998
(2.670,00 DM - 445,00 DM - 400,00 DM - 1.303,00 DM = 522,00 DM : 2 =) 261,00 DM
monatlich und für die Zeit von Juli 1998 bis Dezember 1998 (2.663,00 DM - 445,00 DM -
400,00 DM - 1.308,00 DM = 510,00 DM : 2 =) 255,00 DM monatlich. Für die Zeit ab
Januar 1999 errechnen sich ohne weitere Berücksichtigung der früher an die Zeugin X
gezahlten 400,00 DM (2.663,00 DM - 445,00 DM - 1.308,00 DM = 910,00 DM : 2 =)
455,00 DM als Unterhaltsanspruch der Beklagten. Die ihr erstinstanzlich für die Zeit ab
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Juli 1997 zugesprochenen 415,00 DM monatlich sind damit für die Zeit ab Januar 1999
gerechtfertigt.
Daß die fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers (§ 1581 BGB) der Zahlung von
Unterhalt in der vom Senat ermittelten Höhe entgegenstände, ist unter Berücksichtigung
seines Wohnvorteils und seiner Mieteinnahmen nicht feststellbar.
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Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ist auch nicht gemäß § 1579 Nr. 3 BGB verwirkt.
Die Tatsache, daß die Beklagte sich auf eine teilschichtige Erwerbstätigkeit beschränkt
hat, als ein ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeiführendes Verhalten zu werten, ist dem
Senat bereits deshalb verwehrt, weil die Teilzeittätigkeit der Beklagten in den früheren
Prozessen der Parteien nicht beanstandet worden ist.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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