Urteil des OLG Hamm vom 25.03.2004

OLG Hamm: vermieter, nichteinhaltung der frist, beratung, zugehör, vergleich, mandat, fristlose kündigung, mietvertrag, handbuch, mietzins

Oberlandesgericht Hamm, 28 U 96/03
Datum:
25.03.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
28. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 U 96/03
Vorinstanz:
Amtsgericht Münster, 16 O 233/02
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. März 2003 verkündete
Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster unter
Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.043,88 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. März
2002 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Klä-ger alle
weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm auf-grund der
fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses über das Ladenlokal M-
Straße, N vom 02. Oktober 1997 entstanden sind oder noch entstehen
werden.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Kläger zu 30%
und dem Beklagten zu 70% auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 42% und der
Beklagte zu 58%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Voll-streckung
der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der
jeweils andere zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
G r ü n d e
1
A.
2
Der Kläger nimmt den Beklagten wegen anwaltlicher Pflichtverletzung auf
Schadensersatz in Anspruch.
3
Am 18.07.1995 schloss der Kläger mit dem Vermieter Q einen Mietvertrag über das
Ladenlokal M-Straße in N zum Betrieb einer Fahrschule. Als Mietzeit wurde der
Zeitraum vom 01.09.1995 bis zum 31.08.2005 vereinbart. Die Miete für das Ladenlokal
betrug zunächst 1.000,- DM / Monat und nach Fertigstellung des Abstellraumes ab April
1997 1.100,- DM/Monat jeweils zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe
von 150,- DM / Monat. Wegen Mängeln der Räume (u.a. Undichtigkeiten) setzte sich der
Kläger mit seinem Vermieter im Dez. 1995 zunächst selbst schriftlich in Verbindung und
minderte die Miete für Januar 1996 in Höhe von 150,- DM.
4
Am 31.01.1996 erteilte der Kläger dem Beklagten das Mandat, dessen Gegenstand die
Durchsetzung der klägerischen Ansprüche wegen der Mängel des gemieteten
Ladenlokals waren. Der Beklagte forderte den Vermieter mit Schreiben vom 02.02.1996
auf, die Mängel abzustellen. Ferner wies er darauf hin, dass der Kläger bis zur
Beseitigung der Mängel zur Mietminderung berechtigt sei. Der Kläger minderte die Miete
bis Mai 1996 weiterhin um monatlich 150 DM.
5
Mit Schreiben vom 28.02.1996 replizierte der Beklagte auf ein Schreiben des
Bevollmächtigen des Vermieters. Er führte u.a. aus, dass der Kläger die Miete bislang
lediglich um 15 % gemindert habe. Bei Fristablauf am 31.03.1996 werde er seinem
Mandanten aber zu einer Mietminderung von 20 bis 25 % raten, die er wegen der
Mängel für angemessen halte. Ferner wies er darauf hin, dass die Einleitung eines
selbständigen Beweisverfahrens vorbehalten bleibe.
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Ab Juni 1996 minderte der Kläger die Netto-Miete um 250,- DM / Monat, ab Oktober
1996 um 45 % auf 550,- DM.
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Nachdem auch die weitere Mängelrüge mit Schreiben vom 19.08.1996 erfolglos war,
leitete der Beklagte im Auftrag des Klägers unter dem 25.09.1996 ein selbständiges
Beweisverfahren ein. Im Rahmen dieses Verfahrens führte der gerichtlich bestellte
Sachverständige, Herr Architekt L, am 14.02.1997 einen Ortstermin in den gemieteten
Räumen durch und stellte diverse Mängel fest. Aus diesem Anlass wurde sodann vor
Ort eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Vermieter geschlossen, mit der
sich der Vermieter u.a. zur Beseitigung der festgestellten Mängel verpflichtete.
Sämtliche Arbeiten sollten bis zum 15.03.1997 abgeschlossen sein und vom
Sachverständigen abgenommen werden. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger,
nach Abschluss der Arbeiten ab dem 01.04.1997 wieder die volle Miete zu zahlen.
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Am 27.03.1997 fand die vereinbarte Nachbesichtigung durch den Sachverständigen L
statt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Mängelbeseitigungsarbeiten auf Veranlassung des
Vermieters zur Dachabdichtung und im Inneren des Ladenlokals durchgeführt worden.
Zumindest der Schlussanstrich auf einer Wandteilfläche fehlte allerdings noch. Der
Sachverständige teilte mit Schreiben vom 10.04.1997 dem Amtsgericht mit, sämtliche
Mangelpunkte seien mit Ausnahme eines Schlussanstriches auf einer Wandteilfläche
beseitigt. Der Kläger habe im Termin erklärt, dass er keine weiteren Rechte mehr aus
den Mängeln herleiten werde.
9
Nach dem Termin am 27.03.1997 teilte der Kläger dem Beklagten jedoch telefonisch
mit, dass noch Mängel an dem Ladenlokal vorlägen. Daraufhin setzte der Beklagte dem
Vermieter Q über dessen Anwalt mit Schreiben vom 15.04.1997 eine Frist bis zum
30.04.1997, binnen derer die noch vorhandenen Mängel zu beseitigen seien. Für den
10
Fall der Nichteinhaltung der Frist kündigte er die Ersatzvornahme an. Ferner wies er
darauf hin, dass der Kläger nach wie vor zur Mietminderung berechtigt sei.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.04.1997 lehnte der Vermieter unter Hinweis auf das
als Anlage beigefügte Schreiben des Sachverständigen L vom 10.04.1997 über den
Nachbesichtigungstermin eine weitere Mängelbeseitigung ab.
11
Der Beklagte übersandte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 07.05.1997 das
anwaltliche Schreiben des Vermieters und bat um Mitteilung, ob noch
Renovierungsarbeiten ausstünden.
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Im Jahre 1997 zahlte der Kläger an den Vermieter für die Monate Januar bis März
jeweils nur 550,- DM statt 1.000 DM Miete und 150,- DM als vereinbarte Nebenkosten.
Nach Fertigstellung des Abstellraumes erhöhte sich die Kaltmiete im April 1997 laut
Mietvertrag auf 1.100,- DM. Der Kläger zahlte auf die Miete 700,- DM.
Nebenkostenvorauszahlungen leistete er nicht. Der Vermieter wurde von der
geänderten Mietminderungshöhe bzw. dem Nichtbezahlen des
Nebenkostenvorschusses nicht in Kenntnis gesetzt.
13
Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.10.1997 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis
wegen Zahlungsverzuges in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten im Zeitraum von
April bis Oktober 1997.
14
Mit Schreiben vom 24.10.1997 widersprach der Beklagte der Kündigung und
unterbreitete einen Vergleichsvorschlag zur weiteren Mängelbeseitigung durch den
Vermieter und zur Mietminderung durch den Kläger. Den Kläger forderte der Beklagte
zur Fertigung und Überlassung einer Zusammenstellung der gezahlten Mieten und der
Minderungsbeträge auf. Der Kläger kam dieser Aufforderung nach. Wegen der
Einzelheiten der Zusammenstellung, die von der Zeugin T gefertigt wurde, wird auf die
zur Akte gereichte Kopie derselben Bezug genommen (Bl. 143 f.).
15
Der Vermieter reichte unter dem 07.11.1997 Klage auf Räumung und Zahlung
rückständiger Mieten ein. Das Landgericht Münster (Az. 2 0 394/97 = BeiA1) verurteilte
den Kläger antragsgemäß zur Räumung und zur Zahlung rückständiger Mieten in Höhe
von 4.400,- DM. In der Berufungsinstanz wurde der Rechtsstreit hinsichtlich des
Räumungsanspruchs übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Kläger das
Ladenlokal zum 01.02.1998 geräumt hatte. Das OLG Hamm wies mit Urteil vom
28.10.1998 die Berufung des Klägers im Übrigen bis auf einen Teil des Zinsanspruchs
zurück. Zur Begründung führte das OLG Hamm u.a. aus, dass es wegen im April 1997
weiterhin vorhandener Mängel gemäß § 545 Abs. 2 BGB einer erneuten Mängelrüge
seitens des Klägers als Mieter bedurft habe, die nicht erfolgt sei; denn das Schreiben
des Beklagten vom 15.04.1997 stelle vor dem Hintergrund des Vermieterschreibens
vom 21.04.1997 keine wirksame Mängelrüge dar.
16
Der Beklagte erklärte für den Kläger mit Schreiben vom 04.02.1999 gegenüber dem
Urteilsbetrag die Aufrechnung mit dem Anspruch auf Kautionsrückzahlung. Mit
anwaltlichem Schreiben vom 30.03.1999 ließ der Vermieter die Aufrechnung
zurückweisen und teilte dem Beklagten darüber hinaus mit, dass er den Kläger, wie
bereits im Rahmen des Räumungsrechtsstreits angekündigt, mit Schreiben vom
29.03.1999 zum Ausgleich des Mietausfallschadens in Höhe von 25.457,39 DM
aufgefordert habe.
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Mit Schreiben vom 12.04.1999 setzte Rechtsanwalt G den Beklagten davon in Kenntnis,
dass er vom Kläger wegen der Forderung des Vermieters vom 29.03.1999 mandatiert
worden sei.
18
Am 16.04.1999 reichte der Beklagte für den Kläger eine Vollstreckungsgegenklage (2 O
237/99 LG Münster = BeiA 2) ein, deren Gegenstand die erklärte Aufrechnung mit dem
Kautionsrückzahlungsanspruch gegenüber dem titulierten Mietzinszahlungsanspruch
war. Im Wege der Widerklage machte der Vermieter sodann gegen den Kläger einen
Betrag von 27.957,39 DM als Mietausfallschaden geltend. Mit Schriftsatz vom
15.06.1999 nahm der Beklagte, dem der Kläger das Mandat entzogen hatte, die
Vollstreckungsgegenklage zurück und zeigte die Mandatsbeendigung an. Der Kläger
wurde sodann von Rechtsanwalt G vertreten. Das Landgericht Münster wies mit Urteil
vom 27.09.1999 die Widerklage ab. In dem Berufungsverfahren vor dem
Oberlandesgericht Hamm wurde die (Wider-)Klage auf einen Betrag von 47.327,82 DM
erhöht. Auf Vorschlag des Senats schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach der
Kläger auf die Mietausfallschäden 45.000,- DM zu zahlen hatte und bei Zahlung in Höhe
von 35.000 DM bis zum 15.07.2000 der Rest erlassen werde. Die Kosten des
Rechtsstreits legte der Senat gemäß § 91 a ZPO dem Kläger auf. Der Kläger bezahlte
die Vergleichssumme.
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Auf die weitere Schadensersatzklage des Vermieters vor dem Amtsgericht Münster (Az.
5 C 2037/01 = BeiA3) wurde der Kläger zum Ausgleich weiterer Mietausfallschäden für
die Zeit Januar bis Juni 2001 in Höhe von 7.500,- DM verurteilt. Dieses Urteil ist durch
das Landgericht Münster am 17.01.2002 bestätigt worden. Diese Summe bezahlte der
Kläger ebenso wie die festgesetzten Kosten in Höhe von 1.651,60 DM.
20
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.02.2002 meldete der Kläger gegenüber dem
Beklagten Schadensersatzansprüche an und forderte ihn vergeblich unter Fristsetzung
zum Ausgleich der bislang entstandenen Schäden in Höhe von 35.000 DM aufgrund
des vor dem OLG Hamm geschlossenen Vergleichs (=BeiA1) und in Höhe weiterer
7.500 DM aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Münster (= BeiA 2) auf. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Aufforderungsschreibens wird auf dessen Fotokopie als
Anlage K 31 zur Klagebegründung vom 07.06.2002 (Bl 118 ff.) Bezug genommen.
21
Auf den am 19.03.2002 eingegangenen Antrag des Klägers erging ein Mahnbescheid
gegen den Beklagten über einen erstrangigen Teilbetrag von 35.000 DM gemäß
Schreiben vom 22.02.2002. Der Mahnbescheid wurde dem Beklagten am 27.03.2002
zugestellt.
22
Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger folgende bezifferte Schäden geltend:
23
Mietausfallschaden gemäß Vergleich vor
24
dem OLG Hamm (BeiA2) 35.000,00 DM
25
Mietausfallschaden gemäß Urteil AG Münster/
26
LG Münster (BeiA3) 7.500,00 DM
27
Zinsen auf das Urteil BeiA3 573,13 DM
28
Festgesetzte erstinstanzliche Kosten der
29
Gegenseite BeiA3 1.651,60 DM
30
Zinsen hierauf 25,32 DM
31
Kosten der Prozessbevollmächtigten
32
des Klägers 1. Instanz BeiA3 1.020,00 DM
33
Kosten der Prozessbevollmächtigten
34
des Klägers 2. Instanz BeiA3 1.300,00 DM
35
Zwischensumme 47.070,05 DM
36
entspricht 24.066,53 €
37
Kosten der Prozessbevollmächtigten
38
des Vermieters 2. Instanz BeiA3 771,62 €
39
insgesamt
24.838,15 €
40
Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte habe ihn nicht ausreichend über die
möglichen Folgen einer Mietminderung aufgeklärt. Der Beklagte habe ihn darauf
hinweisen müssen, dass eine unberechtigte Minderung den Vermieter zur fristlosen
Kündigung und zur Forderung von Schadensersatz berechtigen könne. Wäre er
ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte er den Weg der Ersatzvornahme in
Verbindung mit einer Vorschussklage gewählt anstatt die Miete zu mindern. Die
Mietminderungen seien auch nach dem 07.05.1997 jeweils genauso wie in der Zeit
vorher in Absprache mit dem Beklagten erfolgt. So habe er auch unter dem 10.05.1997
an den Beklagten geschrieben und darauf hingewiesen, dass er bis zum Abschluss der
Mängelbeseitigung weiterhin wie abgesprochen die Miete mindere.
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Zudem habe es der Beklagte pflichtwidrig unterlassen, gegenüber dem Vermieter nach
dem Nachbesichtigungstermin durch den Sachverständigen die noch vorhandenen
Mängel zu rügen. Er, der Kläger, habe nicht gegenüber dem Sachverständigen bei der
Nachbesichtigung am 27.03.1997 erklärt, aus den noch vorhandenen Mängeln keine
Rechte mehr herleiten zu wollen. Hierauf habe er den Beklagten auch hingewiesen. Der
Beklagte habe es jedoch gleichwohl unterlassen klarzustellen, dass noch Mietmängel
vorhanden gewesen seien.
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Der Kläger hat beantragt,
43
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 24.838,15 Euro nebst 5 % Zinsen über
Basiszins aus 771,62 Euro seit dem 13.02.2002 und aus weiteren 24.066,53 Euro
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seit dem 16.03.2002 zu zahlen.
2. den Beklagten zu verurteilen, ihn von sämtlichen
Mietausfallschadensersatzansprüchen des Herrn Q, H-Straße, ####1 N, aus dem
Mietvertrag vom 18.7.1996 über das Ladenlokal M-Straße in N in Höhe von
5.112,92 Euro (10.000,- DM) für den Zeitraum Juli 2001 bis einschließlich Februar
2022 zuzüglich Zinsen und in noch nicht bezifferter Höhe für den Zeitraum März
2002 bis einschließlich August 2005 freizustellen.
3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihn von sämtlichen weiteren
Schäden, die ihm aus der anwaltlichen Fehlberatung durch den Beklagten im
Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Mietminderungsrechts ab Mai
1997 gegenüber dem Vermieter Q aus dem Mietverhältnis über das Ladenlokal M-
Straße in N entstanden sind und noch entstehen werden, freizustellen.
45
Der Beklagte hat beantragt,
46
die Klage abzuweisen.
47
Er hat behauptet, bei der Vorbesprechung zu dem Schreiben vom 15.04.1997 sei
darüber gesprochen worden, dass nach Fristablauf eine Ersatzvornahme vorgenommen
werden solle, da das Ziel, ordnungsgemäße Räume zu erhalten, anders nicht zu
erreichen gewesen sei. Die Kosten der Ersatzvornahme hätten sodann mit den
zukünftigen Mietzahlungen aufgerechnet werden sollen. Nach seinem an den Kläger
gerichteten Schreiben vom 07.05.1997 habe er weder mit dem Kläger noch dessen
Ehefrau, der Zeugin T, über das weitere Vorgehen wegen der Mietmängel gesprochen.
Ein klägerisches Schreiben vom 10.05.1997 habe er nicht bekommen. Er sei weder
über die Vornahme weiterer Mietminderungen noch über deren Umfang informiert
gewesen. Der Kläger habe die Minderungen vielmehr seit April 1997 selbständig ohne
Rücksprache mit ihm vorgenommen.
48
Das Landgericht hat die Parteien gemäß § 141 ZPO angehört und Beweis erhoben
durch uneidliche Vernehmung der Zeugin T.
49
Sodann wurde die Klage erstinstanzlich mit der Begründung abgewiesen, der Kläger
habe nicht bewiesen, dass ihm auf Grund einer Pflichtverletzung des Beklagten
Schäden entstanden seien und weitere Schäden, die ihm noch entstehen könnten,
durch eine Pflichtverletzung des Beklagten verursacht worden wären. Die fristlose
Kündigung vom 02.10.1997 beruhe auf dem Verzug des Klägers mit mehr als zwei
Monatsmieten infolge der Mietminderung im Zeitraum von April 1997 bis Oktober 1997.
Es fehle an einer Pflichtverletzung des Beklagten im Hinblick auf die fehlerhaften
Mietminderung; denn der Kläger habe nicht bewiesen, dass er in Absprache mit dem
Beklagten in der Zeit seit April 1997 die Miete gemindert habe. Auch habe der Beklagte
durch das Schreiben vom 07.05.1997 seiner Aufklärungs- und Informationspflicht
genügt. Ein unterlassenes Vorgehen gegen das Schreiben des Sachverständigen L
vom 10.04.1997 sei jedenfalls für die eingetretenen Schäden nicht kausal geworden, da
das Schreiben nicht Grundlage der Kündigung gewesen sei.
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Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel unter Vertiefung und Ergänzung
seines erstinstanzlichen Vortrags weiter.
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Er rügt, das Landgericht habe übersehen, dass abgesehen davon, dass die Zeugin T
überzeugend eine ständige Information des Beklagten über die jeweils vorgenommenen
Mietminderungen bestätigt habe bereits unter Zugrundelegung des eigenen Vortrags
des Beklagten Pflichtverletzungen gegeben seien: Zum einen habe es der Beklagte
unterlassen, ihn, den Kläger, umfassend über die Rechtslage und seine Rechte wegen
der Mangelhaftigkeit des Mietobjektes aufzuklären. Stattdessen habe der Beklagte seine
Beratung auf das Mängelbeseitigungsverlangen beschränkt und sich nach seiner
eigenen Einlassung gemäß § 141 ZPO befragt für die Höhe der vom Kläger
durchgeführten Mietzinsminderung nicht interessiert. Es habe aber selbstverständlich zu
seinen anwaltlichen Pflichten gehört, ihn, den Kläger, als seinen Mandanten auch über
die angemessene Höhe einer Mietminderung und über die mit einer überhöhten
Mietminderung verbundenen Gefahren der fristlosen Kündigung und der Verpflichtung
zum Ersatz des Kündigungsschadens zu belehren.
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Spätestens die Vereinbarung vom 14.02.1997 im Rahmen des
Beweissicherungverfahrens habe dem Beklagten Anlass gegeben, darauf hinzuweisen,
dass bei Beseitigung der Mängel das Mietminderungsrecht ganz entfalle und bei
teilweiser Beseitigung nur noch eine geringere Mietminderung gerechtfertigt sei. Grund
zu der Annahme, er, der Kläger, kenne seine Rechte und bedürfe keiner Belehrung,
habe der Beklagte nicht gehabt.
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Eine weitere grobe Pflichtverletzung des Beklagten liege darin, dass er sich um den
Verlauf des selbständigen Beweisverfahrens nicht weiter gekümmert habe, nachdem er
an dem ersten Termin mit dem Sachverständigen am 14.02.1997 teilgenommen hatte.
Infolgedessen habe er die Diskrepanz zwischen seinem eigenen Schreiben vom
15.04.1997, dem unstreitig die klägerischen Informationen über die Existenz nicht
beseitigter Mängel zugrundelagen, und dem Schreiben des Sachverständigen vom
10.04.1997, auf das sich der Vermieter im Schreiben vom 21.04.1997 berufen habe,
nicht erkannt.
54
Auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2003, das kein
Ersatz der für das "alte" Mietobjekt nach Räumung desselben gezahlten Mieten
verlangte werden könne, hat der Kläger seinen Schaden in der Berufungsinstanz neu
berechnet. Er verlangt nunmehr Ersatz folgender Positionen:
55
Umzugsaufwendungen iHv 1.173,75 €:
Aufwendungen für die Herrichtung der neuen Fahrschulräume H-Straße. ##2 in
Form von Material und Verpflegungsaufwand für die Helfer.
Mietzins für die neuen Fahrschulräume iHv 25.483,15 €:
Zeitraum 02/98 - 02/02 unter Zugrundelegung, dass bis einschließlich 10/99
531,76 € und ab 11/99 511,30 € brutto monatlich gezahlt worden seien. Anrechnen
lässt sich der Kläger die Vorteile aus dem Vergleich vor dem OLG Hamm (BeiA 2).
Ausgleich für Standortnachteil:
ungünstiger liege und daher günstiger in der Miete sei und zudem von der
Ausstattung her geringwertiger sei, sei aufgrund der Rentabilitätsvermutung davon
auszugehen, dass die Nachteile des Ersatzobjektes mit Einkommenseinbußen
verbunden seien. Letztere ergäben sich aus der Differenz der Mieten und dem
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Mietwert der Renovierungen für das alte Objekt. Die
Einkommensverschlechterung betrage mindestens 2.400 € jährlich.
Kostenschaden iHv 1.653,78 €:
zurückgenommenen Vollstreckungsgegenklage (BeiA 2).
Kostenschaden iHv 2.910,66 €:
Rechtsstreit BeiA 3.
Kostenschaden iHv 918 €:
Rechtsstreit BeiA 4, der derzeit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.
57
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Ergänzung
seines erstinstanzlichen Vortrages. Er macht geltend, das Landgericht sei zutreffend
davon ausgegangen, dass der Kläger - wie bereits vor seiner Mandatierung - die Mieten
monatlich weiterhin völlig eigenständig gemindert habe. Auch habe er ihm nicht
mitgeteilt, die Zusicherung zur Zahlung der vollen Miete ab 01.04.1997 gegenüber dem
Sachverständigen nicht abgegeben zu haben. Ebenso wenig habe er ihn darüber
informiert, dass er, der Kläger, auch nach dem Besichtigungstermin weiterhin
Mietminderungen vorgenommen habe. Deshalb habe er vor dem Hintergrund des ihm
mit anwaltlichem Schreiben des Vermieters übermittelten Schreiben des
Sachverständigen vom 10.04.1997 davon ausgehen dürfen, dass der Kläger nicht
weiterhin eigenmächtige Mietkürzungen vornehme. Da sich somit nicht feststellen lasse,
dass er dem Kläger die Vornahme der Minderungen nach dem 01.04.1997 angeraten
habe, fehle es bereits an der schlüssigen Darlegung einer Pflichtverletzung. Jedenfalls
aber treffe den Kläger das überwiegende Mitverschulden.
58
Soweit der Kläger auf den Hinweis des Senates eine neue Schadensberechnung
vorgenommen hat, rügt der Beklagte Verspätung vor dem Hintergrund der §§ 529, 531
ZPO. Im Übrigen bestreitet er die geltend gemachten Positionen und deren Höhe mit
Nichtwissen.
59
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Protokolle zu
den mündlichen Verhandlungen vom 04.12.2003 und 04.03.2004, auf den
Berichterstattervermerk vom 09.12.2003 sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen und die beigezogenen Akten Bezug genommen.
60
B.
61
Die zulässige Berufung des Klägers ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
begründet; im übrigen ist sie unbegründet.
62
I.
63
Da es um eine Pflichtverletzung aus einem im Jahre 1996 zustandegekommenen
Geschäftsbesorgungsvertrag iSd §§ 675, 611 BGB geht, ist gemäß Art. 229 § 5 S. 1
EGBGB das BGB in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung anzuwenden. Somit
waren die Grundsätze der positiven Vertragsverletzung (pVV) als Anspruchsgrundlage
für den begehrten Schadensersatz wegen einer Verletzung anwaltlicher Pflichten aus
dem Anwaltsvertrag heranzuziehen.
64
II.
65
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch nach den
Grundsätzen der pVV zu, weil der Beklagte den Kläger unzureichend beraten hat, was
zu einem Vermögensschaden beim Kläger geführt hat.
66
1.
67
Der Kläger hat dem Beklagten, der als Einzelanwalt tätig war, ein umfassendes Mandat
zur Wahrnehmung seiner Rechte aus dem Mietvertrag vom 18.07.1995 wegen der
Mangelhaftigkeit des Ladenlokals erteilt.
68
Soweit der Beklagte im Rahmen seiner erstinstanzlichen Anhörung gemäß § 141 ZPO
ausgeführt hat, es sei vorrangig um die Mängelbeseitigung gegangen, während die
Höhe der vom Kläger vorgenommenen Mietminderungen ihn letztlich nicht interessiert
habe, führt dies nicht zur Annahme einer Beschränkung des Mandates.
69
Ob dem Anwalt ein unbeschränktes Mandat erteilt worden ist, hat an sich der Mandant
darzulegen und zu beweisen. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass ein Auftraggeber
einem Anwalt in der Regel ein unbeschränktes Mandat erteilt (Zugehör, Handbuch der
Anwaltshaftung, Rdn. 531; BGH in NJW 1997, 2168 [2169]; NJW 1996, 2929 [2931]).
Der nicht fachkundige Mandant weiß in der Regel allerdings gar nicht, wie eine
Angelegenheit umfassend in seinem Interesse geregelt werden kann, und begibt sich
gerade deswegen in die Beratung eines Fachmannes. Deshalb trifft den Anwalt auch
zunächst einmal die grundlegende Pflicht, das Rechtschutzziel des Auftraggebers
sorgfältig abzuklären (vgl. Zugehör in "Handbuch der Anwaltshaftung" Rdn. 534, 535;
BGH in NJW 2002, 1413 und ihm die Schritte zu empfehlen, die auf dem sichersten
Weg zu dem erstrebten Ziel führen können. Insoweit hat der Anwalt den Auftraggeber so
umfassend zu belehren, dass dieser eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen
vermag (vgl. BGH NJW 2002, 292; BGH NJW – RR 2000, 791 = BB 2000, 536; BGH
NJW – RR 1999, 641, 642 = WM 1999, 645, 646; NJW 1996, 2648, 2649 = WM 1996,
1824; NJW 1995, 449, 450 = WM 1995, 398; NJW 1992, 1159, 1160 = VersR 1992, 827;
Zugehör in "Handbuch der Anwaltshaftung" Rdn. 587). Falls keine ausdrücklichen,
abweichende Vereinbarungen getroffen werden, kann deshalb grundsätzlich von einem
umfassenden und unbeschränkten Mandat ausgegangen werden (vgl. Sieg in "Zugehör,
Handbuch der Anwaltshaftung" Rdn. 42, 43). Nur wenn der Mandant bei der Erörterung
und Aufklärung seines Rechtsschutzzieles eindeutig auf einer, eine
eigenverantwortliche Entscheidung ermöglichenden Grundlage zu erkennen gibt, dass
er der fachlichen Hilfe des Anwaltes nur in einer bestimmten Art, Richtung und
Reichweite bedarf; dann könnte der Mandant dem Anwalt nicht vorwerfen, dieser hätte
dennoch über sein Mandat hinaus beraten und handeln müssen (BGH in NJW 1997,
2168; 1996, 2929 [29331]).
70
Auch wenn es dem Kläger bei Mandatierung des Beklagten vorrangig um die
Durchsetzung der Mangelbeseitigung ging, konnte der Beklagte schon zu diesem
Zeitpunkt nicht davon ausgehen, es werde keine Aufklärung über die mit einer
Mietminderung verbundenen Risiken und Nachteile von ihm erwartet. Der Beklagte
wusste nicht nur um die Vornahme der Mietminderung seitens des Klägers, sondern hat
auch selbst mit Schreiben vom 02.02.1996 und 28.02.1996 gegenüber dem Vermieter
bzw. seinem Bevollmächtigten ausdrücklich auf das Mietminderungsrecht seines
Mandanten hingewiesen. Die Frage der weiteren Vornahme und des Umfanges einer
71
Mietminderung ist sodann im Rahmen der dynamischen Entwicklung des Mandates (vgl.
hierzu Zugehör, Beraterhaftung, RN 621) jedenfalls im Zusammenhang mit der
zwischen dem Kläger und dem Vermieter geschlossenen Vereinbarung über eine
Mängelbeseitigung und die anschließende Beendigung der Mietminderung Gegenstand
der von dem Beklagten übernommenen Interessenvertretung geworden.
2.
72
Der Beklagte hat die ihm als Rechtsanwalt obliegende Pflicht zur Beratung und
Belehrung des Mandanten rechtswidrig und schuldhaft verletzt, weil er den Kläger nicht
ausreichend über die Voraussetzungen und Risiken einer Mietminderung, insbesondere
ab dem 01.04.1997 aufgeklärt und beraten hat.
73
a.
74
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (so schon BGH, VersR
1960, 932, 933 mwN; vgl. auch BGH, NJW 1974, 1865; WM 1986, 199, NJW 1988,
1079, 1080; 1994, 1211, 1212; 1996, 1824, 1825; zuletzt MDR 2003, 928, 929 jeweils
mwN) ist ein Rechtsanwalt zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden
Belehrung des Mandanten in den Grenzen des erteilten Mandats verpflichtet. Er hat in
diesem Rahmen die Interessen seines Auftraggebers nach jeder Richtung und
umfassend wahrzunehmen. Er muss sein Verhalten so einrichten, dass er
Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem
Rechtskundigen vorausgesehen werden können, vermeidet. Dem Mandanten hat der
Anwalt diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Er
muss den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und
vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem Mandanten, sofern mehrere gangbare
Wege zu dem vom Auftraggeber erstrebten Erfolg führen können, den relativ sichersten
Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche rechtliche und auch wirtschaftliche Risiken
aufzuklären, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann; Zweifel
und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit
seinem Auftraggeber erörtern (BGH in NJW 1998, 900; NJW 1995, 449 ff.; NJW 1993,
1320; NJW 1994, 1211, 1212; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars,
6. Auflage, Rn. I 122 ff.; Sieg in Zugehör, Rn. 587 ff., 771 ff.). Er muss seinen
Auftraggeber nicht nur über das Vorhandensein, sondern auch über das ungefähre, in
etwa abschätzbare Ausmaß des Risikos unterrichten, weil der Mandant in der Regel nur
aufgrund einer Einschätzung auch des Risikoumfangs über sein weiteres Vorgehen
entscheiden kann (BGH in NJW-RR 2000, 791 ff.; NJW 1992, 1159; NJW 1991, 2079;
NJW-RR 1990, 1241; NJW 1988, 2113; NJW 1988, 563 [566]; BGHZ 89, 178 (182) =
NJW 1984, 791 [792, 793]; BGHZ 97, 372 (376) = NJW 1986, 2043). Eine solche
Belehrung kann allenfalls dann entbehrlich sein, wenn der Rechtsanwalt erkennt, dass
der Mandant die Risiken des Geschäfts oder der beabsichtigten rechtlichen Gestaltung
kennt und er diese auch bei einer Belehrung auf sich nehmen würde (BGH in NJW
1993, 1320 [1322]; NJW 1992, 1159 [1160]; NJW 1988, 563 [566]; NJW 1977, 2073
[2074]).
75
b.
76
In Befolgung dieser Grundsätze hatte der Beklagte rechtlich darüber zu beraten, dass
wegen der Existenz von Mängeln der Mietsache zwar kraft Gesetzes die geschuldete
Miete gemindert wird (§ 537 BGB a.F.), die Höhe der Mietminderung aber nicht
77
gesetzlich geregelt ist, sondern sich nach Art, Umfang und Bedeutung der jeweils
vorhandenen Mängel richtet. Weiter hatte er darauf hinzuweisen, dass durch die
Mietminderung nach § 537 BGB a.F. der Anspruch auf Gebrauchsgewährung einer
mangelfreien Sache (§ 536 BGB a.F.) nicht beseitigt wird und deshalb dem Mieter
zusätzlich ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB a.F. zusteht (so ausdrücklich
BGH, BGHZ 84, 42). Insoweit geht es nicht um den Teil des Mietzinses, den der Mieter
infolge "automatischer", kraft Gesetzes eingetretener Minderung ohnehin nicht zahlen
muss, sondern um den darüber hinausgehenden Betrag. Dem hätte der Vermieter auch
nicht entgegenhalten können, im Mietvertrag sei mit der Bestimmung des
Zahlungszeitpunkts für den Mietzins eine Vorleistungspflicht des Klägers als Mieters
gegeben. Diese vertragliche Regelung legt abweichend vom § 551 BGB a.F. lediglich
den Zahlungszeitpunkt fest, besagt aber nichts darüber, dass der Mieter im Verhältnis zu
seinem Anspruch auf Herstellung einer mangelfreien Mietsache (§ 536 BGB)
vorleistungspflichtig ist (so ausdrücklich BGH, BGHZ 84, 42).
Wegen des Rechts des Vermieters zur fristlosen Kündigung infolge Zahlungsverzuges
gemäß § 554 Abs. 1 BGB a.F. bzw. um das aus einer überhöhten Mietminderung
resultierende Kündigungsrisiko auszuschalten bzw. jedenfalls zu reduzieren, hatte der
Beklagte den Kläger in Befolgung des Grundsatzes des sichersten Weges dahingehend
zu beraten, zumindest hilfsweise auch von dem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu
machen. Denn durch die Einrede des Zurückbehaltungsrechts wäre bei Vorliegen des
Herstellungsanspruches ein Verzug des Klägers mit der Mietzinszahlung
ausgeschlossen worden (so auch BGH, NJW-RR 2003, 727).
78
Eine solche Beratung hatte grundsätzlich bereits bei der Annahme des Mandates,
jedenfalls nach Abschluss der Vereinbarung vom 14.02.1997 zwischen Kläger und
Vermieter bzw. spätestens aber im Rahmen des unstreitigen Vorgesprächs zum
Schreiben des Beklagten vom 15.04.1997 zu erfolgen, als der Kläger ihm von den
entgegen den Vereinbarungen vom 14.02.1997 im Beweissicherungsverfahren noch
nicht durchgeführten Arbeiten berichtete. Da unstreitig (vgl. Schreiben vom 15.04.1997)
Mängelbeseitigungsarbeiten seitens des Vermieters durchgeführt worden waren,
bestanden Anlass und Verpflichtung für den Beklagten, den Kläger (noch einmal) über
das Minderungsrecht und insbesondere die Höhe der Minderung und die zusätzliche
Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes zu beraten. Diese Verpflichtung wurde
dann nach Übermittlung des Schreibens des Sachverständigen vom 10.04.1997 durch
den Vermieter besonders akut; denn nunmehr war eindeutig, dass Sachverständiger
und Vermieter von der Erfüllung der Mangelbeseitigungspflicht ausgingen. Darauf hätte
der Beklagte den Kläger ausdrücklich hinweisen müssen.
79
c.
80
Diese Hinweis- und Beratungspflichten hat der Beklagte verletzt; denn eine Beratung
des Klägers durch den Beklagten über das Minderungsrecht und die daraus bei
überhöhter Minderung möglicherweise resultierende Kündigungsgefahr sowie über die
Möglichkeit eines Zurückbehaltungsrechtes ist nach insoweit im Kern
übereinstimmendem Parteivortrag nicht erfolgt: Nach dem Klägervortrag wurden die
Mietminderungen zwar jeweils in Absprache mit dem Beklagten vorgenommen; eine
Beratung über das Risiko erfolgte jedoch danach gerade nicht. Der Beklagte, der nach
dem Grundsatz der modifizierten Substantiierungslast konkret die erteilte
Rechtsbelehrung darzulegen hat (vgl. Fischer in "Handbuch der Anwaltshaftung"
Rdn. 1004 ff.; Vollkommer/Heinemann, RN 676; BGH in NJW-RR 1999, 641 [642]; 1994,
81
3295 [3299 unter 2.]; NJW 1993, 1139 (1140 unter c); NJW 1987, 1322 ff.), behauptet
hierzu lediglich, nach dem Schreiben vom 07.05.1997 habe er weder mit dem Kläger
noch seiner Ehefrau über das weitere Vorgehen wegen der Mietmängel gesprochen. Er
sei im Übrigen über die Vornahme der Minderungshöhe nicht informiert gewesen. Der
Kläger habe die Minderungen seit April 1997 selbständig vorgenommen, ohne ihn zu
informieren.
Die schlichte Behauptung, vom Kläger über die Höhe der vorgenommenen
Minderungen nicht informiert worden zu sein, kann den Beklagten abgesehen von der
unterlassenen Beratung und Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes nicht
entlasten. Er hatte den Kläger vielmehr diesbezüglich zu befragen, sich also die
Information zu verschaffen, da es um eine Rechtstatsache, nämlich die kraft Gesetzes
eintretende Minderung des Mietzinses ging, und der Beklagte wusste, dass der Kläger
die Miete minderte. Letzteres ergibt sich zum einen aus den bindenden Feststellungen
des Landgerichts im erstinstanzlichen Urteil als auch aus dem Schreiben des Beklagten
an den Vermieter vom 15.04.1997 und den erstinstanzlichen Erklärungen des Beklagten
gemäß § 141 ZPO.
82
Die Befragung des Klägers zum Umfang der Mietminderungen war insbesondere auch
vor dem Hintergrund erforderlich, dass der Kläger trotz Durchführung nicht unerheblicher
Mangelbeseitigungsarbeiten auf dem Dach und im Inneren die Miete weiterhin kürzte,
was der Beklagte unstreitig wusste. Infolgedessen hatte er den Kläger jedenfalls auf die
Erforderlichkeit einer Anpassung der Kürzung hinzuweisen. Die Tatsache, dass der
Vermieter bis zum Vergleichsschluss im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens die
Mietminderungen hingenommen hatte, ändert nichts. Insoweit konnte der Beklagte
allenfalls darauf vertrauen, dass keine Mietzinsnachforderungen erfolgten (vgl. BGH,
NJW-RR 2003, 727), nicht jedoch darauf, dass sich der Vermieter auch nach
Durchführung der vereinbarten Mängelbeseitigungsarbeiten entgegen der
Vereinbarung im Vergleich weiterhin mit einer reduzierten Mietzinszahlung begnügen
werde, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen.
83
Soweit der Beklagte geltend macht, es sei eine Ersatzvornahme beabsichtigt gewesen,
so ergibt sich daraus ebenfalls nichts anderes; vielmehr hatte er auch in diesem Fall den
Kläger wie dargelegt über die Anpassung der Mietminderung und das
Zurückbehaltungsrecht zu belehren.
84
Entgegen der Ansicht des Beklagten reichte es zur Erfüllung seiner umfassenden
Beratungspflichten auch nicht aus, dem Kläger unter dem 07.05.1997 die Schreiben
vom 21. und 10.04.1997 kommentarlos "informationshalber" zu übersenden und um
Mitteilung über eventuell noch ausstehende Renovierungsarbeiten zu bitten. Vielmehr
hatte er den Kläger vor dem Hintergrund der eingetretenen Veränderungen, der
dynamischen Entwicklung des Mandates ausdrücklich auf die Diskrepanz zwischen den
Schreiben des Vermieters vom 21.04. und dem des Sachverständigen vom 10.04.1997
einerseits, sowie den Angaben des Klägers und dem eigenen Schreiben vom
15.04.1997 andererseits hinzuweisen, und den Kläger erschöpfend über die
Verpflichtung zur Zahlung der vollen Miete im Falle der erfolgreichen
Mängelbeseitigung sowie über die Folgen und Risiken einer unveränderter Vornahme
der Mietminderung zu belehren. Da das Schreiben des Beklagten vom 07.05.1997 somit
bereits pflichtwidrig unzureichend ist, kommt es auf den vom Beklagten bestrittenen
Zugang des klägerischen Schreibens vom 10.05.1997, in dem dieser an seinen
Angaben, die zum Schreiben vom 15.04.1997 führten, festhält und die Vornahme
85
weiterer Mietminderungen bestätigt, nicht an.
3.
86
Die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers im Sinne des § 254 BGB unter dem
Aspekt der vom Beklagten behaupteten eigenständigen Vornahme der
Mietminderungen und der nicht beweisbaren Reaktion des Klägers auf das Schreiben
des Beklagten vom 07.05.1997 kommt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht in
Betracht.
87
Zwar begründet der Anwaltsvertrag auch die Pflicht des Mandanten, den Anwalt nach
bestem Wissen über den ihm bekannten Sachverhalt in Kenntnis zu setzen (vgl.
Zugehör, Beraterhaftung, RN 537 f. und 971 ff.; BGH, NJW 1996, 2929, 2932 = WM
1996, 1832, 1835 = VersR 1997, 187, 189; WM 1997, 1392, 1395). Der Anwalt ist jedoch
seinerseits vertraglich verpflichtet, sich über den entscheidungserheblichen Sachverhalt
zu informieren, weil er grundsätzlich nur dann überhaupt in der Lage ist, seiner weiteren
Grundpflicht, den Mandanten umfassend und zutreffend sachgerecht zu beraten,
nachzukommen (vgl. BGH, NJW 1996, 2929, 2932 = WM 1996, 1832, 1834 = VersR
1997, 187, 189; WM 2000, 189, 190 = NJW 2000, 730, 731; vgl. auch: Fischer, NJW
1999, 2993, 2994; Zugehör, Beraterhaftung, RN 532 ff.). Die Pflicht des Mandanten zur
Informationverschaffung und die anwaltliche Pflicht zu Informationsbeschaffung stehen
in einem Wechselwirkungsverhältnis zueinander (vgl. BGH, NJW 1982, 437 = VersR
1982, 143; Zugehör, Beraterhaftung, RN 973). Da jedoch nur der Anwalt als
Rechtskundiger letztlich maßgeblich und verantwortlich beurteilen kann, welche
Tatsachen für die anstehenden Rechtsfragen von Bedeutung sind, muss er
erforderlichenfalls den Mandanten entsprechend befragen, während der Mandant
seinerseits nach besten Kräften zur Klärung des Sachverhalts beitragen, d. h.
wahrheitsgemäß und vollständig alles an Umständen tatsächlicher Art mitteilen muss,
was nach seinen Kenntnissen und seinem Verständnis für den Anwalt zur Durchführung
des Mandats von Bedeutung sein könnte bzw. aufgrund der Fragen des Anwalts für
diesen erkennbar für bedeutsam erachtet wird.
88
Dementsprechend oblag es dem Beklagten, weil er Kenntnis davon hatte, dass der
Kläger Mietminderungen vornahm, sich über deren Umfang zu informieren und den
Kläger danach zu befragen. Insbesondere hatte er sich vor dem Hintergrund der zuvor
dargelegten dynamischen Veränderung des Mandates durch die mit dem Vermieter
getroffene Vereinbarung im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens darüber zu
informieren, ob und in welchem Umfang der Kläger auch weiterhin die Miete minderte,
während sich der Kläger darauf verlassen durfte, von dem Beklagten über mögliche
Veränderungen der Rechtslage im Laufe des Mandates aufgeklärt zu werden; denn der
Kläger als Rechtsunkundiger wusste nicht um die möglichen Folgen einer Fortsetzung
der Mietminderung nach dem 01.04.1997, so dass er von sich aus auch nicht beurteilen
konnte, welche entscheidungserheblichen Informationen der Beklagte benötigte. Somit
ist nicht dem Kläger anzulasten, dass er wie der Beklagte behauptet nicht von sich aus
dem Beklagten jeweils Mitteilung über die Minderungshöhe gemacht hat, sondern
vielmehr dem Beklagten, dass er den Kläger hierzu nicht befragt hat. Also hat nicht der
Kläger seine Informationsverschaffungspflicht, sondern allein der Beklagte seine
Informationsbeschaffungspflicht verletzt. Ein Mitverschulden des Klägers kommt in
diesem (anwaltlichen) Bereich grundsätzlich nicht in Betracht; vielmehr ist die Annahme
eines Mitverschuldens nur dann gerechtfertigt, wenn der Mandant seinerseits die ihm
obliegende Informationsverschaffungspflicht verletzt hat (vgl. hierzu BGH, WM 1994,
89
1805, 1807; NJW 1996, 2929, 2931 = WM 1996, 1832, 1835 = VersR 1997, 187, 189;
NJW 1999, 1391, 1392 = WM 1999, 647, 649; OLG Hamm, VersR 1988, 192, 193; vgl.
auch Zugehör, Beraterhaftung, RN 538, 975 und 1155), was wie zuvor dargelegt hier
nicht der Fall ist.
4.
90
Der Beklagte hat dem Kläger jedoch nur diejenigen Vermögensnachteile zu ersetzen,
die ihm durch die Pflichtwidrigkeit des Beklagten entstanden sind.
91
a.
92
Für diesen haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen der anwaltlichen
Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden ist darauf abzustellen, welchen
Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten und wie die
Vermögenslage des Betroffenen sein würde, wenn der Pflichtverstoß nicht begangen,
sondern pflichtgemäß gehandelt worden wäre (BGH, WM 1988, 906, 907; NJW 1990,
2882, 2883; WM 1995, 398, 401; sowie Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und
Notars, 6. Aufl., RN I 212 mwN).
93
b.
94
Wie bereits dargelegt, hatte der Beklagte den Kläger anlässlich des Gesprächs im
Nachgang zur Nachbesichtigung der Mängel durch den Sachverständigen und
insbesondere nach Erhalt des Schreibens des Sachverständigen vom 10.04.1997, das
dem anwaltlichen Schreiben des Vermieters 21.04.1997 beigefügt war, nicht nur nicht
belehrt, sondern sich darauf beschränkt, dem Kläger die Schreiben vom 10. und
21.04.1997 zu übermitteln. Hätte er stattdessen den Kläger im Einzelnen zu den
durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten und den gleichwohl noch nicht behobenen
Mängeln befragt, auf den Widerspruch zwischen dem eigenen Schreiben vom
15.04.1997 einerseits und den Schreiben vom 10. und 21.04.1997 andererseits
hingewiesen und über die Anpassung der Mietminderung und die zusätzliche
Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes belehrt, so ist davon auszugehen,
dass der Kläger die Mietzahlung angepasst und den Beklagten beauftragt hätte, den
Widerspruch aufzuklären durch Nachricht an den Sachverständigen bzw. im
Beweissicherungsverfahren und an den Anwalt des Vermieters, wobei gleichzeitig das
Zurückbehaltungsrecht zumindest wegen des unstreitig fehlenden Schlussanstrichs und
der nach Behauptung des Klägers fehlenden weiteren Abdichtung geltend zu machen
war. Hätte er dem Kläger vor Augen geführt, dass insbesondere vor dem Hintergrund
des die Existenz von Mängeln verneinenden Schreiben des Sachverständigen vom
10.04.1997 im Falle des Unterlassens einer Reaktion, und zwar entweder in Form der
Zahlung der geschuldeten Miete oder der erneuten Mängelanzeige, die Gefahr des
Zahlungsverzuges und der fristlosen Kündigung mit anschließender Verpflichtung zum
Ersatz des Kündigungsschadens bestand, so hätte der Kläger entweder die geschuldete
Miete gezahlt oder aber die Minderung und das Zurückbehaltungsrecht der Höhe nach
den noch vorhandenen Mängeln angepasst.
95
Für den Kläger spricht insoweit die Vermutung des beratungsgemäßen Verhaltens. Die
von der Rechtsprechung anerkannte Vermutung, dass derjenige, der einen anderen
wegen seiner besonderen Sachkunde um Rat fragt, sich beratungsgemäß verhalten
hätte, wenn er von diesem zutreffend aufgeklärt und beraten worden wäre (vgl. BGH in
96
hätte, wenn er von diesem zutreffend aufgeklärt und beraten worden wäre (vgl. BGH in
NJW 1998, 749 [750]; NJW 1994, 3295 [3298]; NJW 1993, 3259; (FN 4) NJW 1992,
1159 [1160, 1161]) greift dann ein, wenn - wie hier - bei sachgerechter Aufklärung im
Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände aus der Sicht eines
vernünftig urteilenden Menschen eindeutig eine bestimmte Reaktion nahegelegen hätte
(vgl. BGH, NJW 1994, 3295, 3298; NJW 1993, 3259).
Im Falle pflichtgemäßer Beratung wäre der Kläger entweder infolge vollständiger oder
aber angepasst geminderter Miete in Verbindung mit der Geltendmachung eines
Zurückbehaltungsrechts nicht in Zahlungsverzug geraten, so dass der Vermieter kein
Recht zur fristlosen Kündigung gehabt hätte.
97
c.
98
Wäre es nicht zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges gekommen, hätte der
Kläger das Ladenlokal nicht räumen und dem Vermieter keinen Ersatz des
Kündigungsschadens in Form des Mietausfalls leisten müssen. Zur Mietzahlung an den
Vermieter Q wäre der Kläger, wenn nicht gekündigt worden wäre, gemäß § 535 S. 2
BGB a.F. verpflichtet gewesen; er hätte als Gegenleistung aber die Nutzungsmöglichkeit
gehabt. Der Schaden des Klägers liegt somit nicht in der Mietzahlung, sondern in der
entgangenen Nutzungsmöglichkeit. Nach der Rentabilitätsvermutung ist davon
auszugehen, dass der Kläger die Mietaufwendungen durch Vorteile aus der
vereinbarten Gegenleistung, also durch die Nutzung wieder erwirtschaftet hätte. Der
klägerische Schaden besteht demnach darin, dass er die Mietzinsaufwendungen, die er
bei weiterer Vertragserfüllung ebenfalls gehabt hätte, nicht wieder erwirtschaften konnte.
Das berücksichtigt aber nicht, dass der Kläger ein Ersatzlokal angemietet hat und somit
eine Art Ersatzbeschaffung zur Wiedererlangung der Erwirtschaftungsmöglichkeit
vorgenommen hat. Infolgedessen besteht sein Schaden nicht darin, dass er die
Mietzahlungen, die er bei weiterer Vertragserfüllung ebenfalls gehabt hätte, nicht wieder
erwirtschaften kann, sondern in dem Aufwand, der zur Wiedererlangung dieser
Möglichkeit entstanden ist (vgl. BGH, BB 2000, 1060 = DB 2000, 1169 = MDR 2000, 875
= NJW 2000, 2342 = NZM 2000, 496 = WM 2000, 1017 = WuM 2000, 598; beigefügt als
Ausdruck). Das aber sind allein die Aufwendungen, die für die Anmietung und
Einrichtung der neuen Fahrschule an einem vergleichbaren Standort erforderlich waren.
Also verschlechterte sich durch die Pflichtwidrigkeit des Beklagten die Vermögenslage
des Klägers dahingehend, dass er Umzugskosten und Miete für ein Ersatzlokal
aufwenden musste bzw. muss. Da der Anspruch auf Schadensersatz wegen
Nichterfüllung dahin geht, den Geschädigten vermögensmäßig so zu stellen, wie er bei
ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages gestanden hätte, das heißt nicht schlechter,
aber auch nicht besser (so ausdrücklich BGH, BB 2000, 1060 = DB 2000, 1169 = MDR
2000, 875 = NJW 2000, 2342 = NZM 2000, 496 = WM 2000, 1017 = WuM 2000, 598), ist
der Schaden durch Vergleich der Vermögenslagen dergestalt zu berechnen, dass von
den tatsächlich gezahlten "doppelten" Mieten die nach dem Mietvertrag geschuldeten
Mietzahlungen abzuziehen sind, da nur so der Beklagte auch an dem mit dem Vermieter
geschlossenen Vergleich (BeiA2) partizipiert.
99
Auf diese Rechtslage hat der Senat den Kläger, der seiner Schadensberechnung die an
den Vermieter Q gezahlten Mieten zugrundegelegt hat, gemäß § 139 ZPO hingewiesen,
woraufhin der Kläger seinen Schaden in der Berufungsinstanz entsprechend neu
dargelegt hat. Dieser "neue" Vortrag war auch gemäß § 531 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO vom
Senat zu berücksichtigen. Das Landgericht hat die Klage wie bereits dargelegt
rechtsirrtümlich schon wegen einer fehlenden Pflichtverletzung des Beklagten
100
abgewiesen und deshalb die Frage des durch die Pflichtverletzung des Beklagten
bewirkten Schadens für unerheblich beachtet. Insoweit waren gemäß § 531 Abs. 2
Ziff. 1 ZPO die diesen Gesichtspunkt betreffenden Sach- und Rechtsfragen vom Senat
uneingeschränkt zu prüfen und festzustellen. Soweit der Senat im Rahmen dieser
Prüfung den in erster Instanz weder vom Beklagten, noch vom Landgericht etwa als
unschlüssig gerügten Vortrag des Klägers zur Berechnung seines dem Grunde nach
entstandenen Schadens durch eine doppelte Belastung mit Mietzinsverpflichtungen als
nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügend angesehen
hat, war er zur Vermeidung einer gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen
Gehörs verstoßenden Überraschungsentscheidung verpflichtet, auf die sich aus der
höchstrichterlichen Rechtsprechung ergebenden Schlüssigkeitsbedenken gemäß § 139
ZPO hinzuweisen und dem Kläger Gelegenheit zur entsprechenden Ergänzung und
Berichtigung seines Vortrages zu geben (vgl. insoweit Zöller-Greger, 24. Aufl., ZPO
§ 139 Rdn. 17; vor § 253 Rdn. 23 jeweils m.w.N.).
Zu ersetzen hat der Beklagte dem Kläger im Einzelnen folgenden Schaden:
101
aa.
102
Wie dargelegt hat der Beklagte dem Kläger den zusätzlichen Mietaufwand für die
Ersatzräume unter Berücksichtigung der Vorteile aus dem Vergleich vor dem OLG
Hamm (BeiA 2) zu erstatten, und zwar im vom Kläger geltend gemachten Zeitraum Febr.
1998 bis einschließlich Febr. 2002: Miete für das Ersatzobjekt Grevener Str. hatte der
Kläger ausweislich des vorgelegten Mietvertrages ab Februar 1998 in Höhe von
monatlich 950 DM netto = 485,73 €. Somit ergibt sich für den mit der Klage geltend
gemachten Zeitraum von Februar 1998 bis Februar 2002 (= 49 Mon.) ein Betrag in Höhe
von 46.550 DM = 23.800,64 €. An den Vermieter Q hätte der Kläger im Falle der
Nichtkündigung laut Mietvertrag im o.g. Zeitraum monatlich 1.100 DM, insgesamt somit
53.900 DM Kaltmiete zahlen müssen. Tatsächlich gezahlt hat er aber nur 48.508,25 DM,
nämlich: 35.000 DM für den Zeitraum von Dez. 1997 bis Dez. 2000 und damit 945,95
DM monatlich (= 35.000 DM : 37 Mon.), also für den Zeitraum Febr. 1998 bis Dez. 2000
insgesamt 33.108,25 DM (= 35 Mon. x 945,59 DM) und für den Zeitraum Jan. 2001 bis
Febr. 2002 15.400 DM (= 14 Mon. x 1.100 DM). Infolgedessen ergibt sich ein
Mietzinsvorteil in Höhe von 5.391,75 DM = 2.756,76 €, der von dem Mietzins für das
Ersatzlokal in Höhe von 23.800,64 € in Abzug zu bringen ist. Damit ergibt sich ein zu
ersetzender Mietzinsschaden in Höhe von 21.043,88 €.
103
bb.
104
Nach dem durch den Senat mit Terminsverfügung vom 06.01.2004 gemäß § 139 ZPO
erfolgten Hinweis mangels ergänzenden Vortrags nicht schlüssig dargetan und damit
nicht ersatzfähig ist der vom Kläger begehrte Ausgleich von Vermögenseinbußen
infolge eines Standortnachteils. Abgesehen davon, dass die beiden Mietobjekte gar
nicht weit voneinander entfernt sind (die M-Straße verläuft im selben Stadtteil parallel
zur H-Straße) und beide innerorts liegen, lassen sich die Einkommenseinbußen
entgegen der Ansicht des Klägers jedenfalls nicht anhand der Mietdifferenz abstrakt
berechnen. Die Rentabilitätsvermutung kann insoweit nicht herangezogen werden;
denn sie lässt keine Aussage darüber zu, dass der Kläger im geräumten Fahrschullokal
aufgrund einer besseren Lage einen höheren Gewinn erwirtschaftet hätte, als er jetzt im
Ersatzobjekt erzielt. Insoweit bedarf es vielmehr der Darlegung konkreter Zahlen,
konkret der Darlegung, welche Umsätze der Kläger mit welchem Kostenaufwand in der
105
M-Straße erzielt hat und in welchem Umfang ein Gewinnverlust nach Bezug des
Ersatzobjekts H-Straße eingetreten ist.
cc.
106
Nicht schlüssig dargelegt hat der Kläger trotz entsprechenden Hinweises den geltend
gemachten Umzugsaufwand in Höhe von 1.173,75 €. Dieser Betrag lässt sich bereits
nicht rechnerisch anhand der vom Kläger dargelegten Schadenseinzelpositionen
nachvollziehen. Die Addition der Quittungsbeträge ergibt vielmehr nur einen Betrag in
Höhe von 792,17 €. Hinsichtlich dieses schlüssig dargetanen Schadens ist der Kläger
jedoch beweisfällig geblieben; denn der Beklagte hat die Aufwendungen dem Grunde
und der Höhe nach zulässig mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO bestritten. Der
beweispflichtige Kläger hat sich darauf beschränkt, die Belege für die Einzelpositionen
zur Akte zu reichen. Diese sind allerdings nur hinsichtlich des jeweils aufgewandten
Betrages aussagekräftig und geben keine Auskunft darüber, zu welchem Zweck die
Anschaffungen getätigt wurden. Beweis hat der Kläger nur zur Anschaffung des
Saugers angetreten. Der angebotene Sachverständigenbeweis ist jedoch was keiner
Vertiefung bedarf insoweit kein geeignetes Beweismittel, so dass von einer
Beweiserhebung abzusehen war. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich im
Wesentlichen darauf beschränkt hat, die Einzelpositionen pauschal in einer Liste
aufzuführen, ohne jeweils substantiiert zum Ausgabeanlass vorzutragen, hatte der
Senat auch keine geeignete Grundlage für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO.
107
dd.
108
Nicht kausal verursacht durch die pflichtwidrige Beratung des Beklagten und damit nicht
zu ersetzen sind die vom Kläger geltend gemachten Kosten und Zinsen aus dem
Rechtsstreit mit dem Vermieter Q über die Mietzahlungen für Jan. bis Juni 2001
einschließlich vor dem Amts- und Landgericht Münster (BeiA3) in Höhe von 2.910,66 €.
109
Auch wenn die vergleichsweise Regelung zwischen Kläger und dem Vermieter Q in
dem vor dem 30. Senat geschlossenen Vergleich (BeiA2), wonach sich die damaligen
Parteien (Kläger und Vermieter Q) darüber einig waren, dass der Kläger dem Grunde
nach auf Ersatz des Kündigungsschadens haftet, durchaus dem Grunde nach durch die
Pflichtverletzung des Beklagten "herausgefordert" war, so wird der
Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und dem
geltend gemachten Kostenschaden dadurch unterbrochen, dass der Kläger aufgrund
eines eigenständigen Willensentschlusses die dem Grunde nach infolge des Vergleichs
geschuldeten Zahlungen nicht erbracht und dadurch den Prozess ausgelöst hat. Es
handelte sich bei den vom Vermieter Q eingeklagten Mieten um diejenigen, die im
Anschluss an die Vergleichsregelung hinsichtlich der Zahlung eines Festbetrages für
den Zeitraum bis 30.12.2000 nunmehr ab 01.01.2001 zu erbringen waren. Einen
stichhaltigen Grund für die Nichtzahlung hatte der Kläger nicht. Jedenfalls hat er weder
im Rechtsstreit vor dem Amts- und Landgericht Münster noch im vorliegenden
Rechtsstreit dargelegt, dass er begründeten Anlass zu der Annahme gehabt hätte, der
Vermieter Q habe eine Weitervermietung schuldhaft vereitelt. Dementsprechend wurde
der Kläger auch in beiden Instanzen antragsgemäß verurteilt.
110
ee.
111
Ebenso wenig kausal geworden ist die pflichtwidrige Beratung seitens des Beklagten
112
zur Mietminderung für den geltendgemachten Kostenschaden in Höhe von 1.653,78 €.
Dieser beruht auf der Erhebung der vorneherein unschlüssigen und infolgedessen
später zurückgenommenen Vollstreckungsgegenklage (=BeiA 2). und damit auf einer
selbständigen weiteren Pflichtverletzung, wegen deren wie im folgenden dargelegt
wird die Verjährungseinrede des Beklagten greift.
ff.
113
Nicht zu ersetzen hat der Beklagte auch den weiteren Kostenschaden in Höhe von 918
€ aus dem weiteren Rechtsstreit mit dem Vermieter Q (=BeiA 4); denn dieser
Rechtsstreit ist bislang noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, so dass insoweit
allenfalls eine Vermögensgefährdung bestehen mag, sich aber jedenfalls noch kein
Vermögensschaden beim Kläger realisiert hat, da noch gar nicht feststeht, inwieweit er
mit den Kosten des Rechtsstreits belastet sein wird.
114
gg.
115
Der geltend gemachte Zinsschaden ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
gerechtfertigt unter dem Gesichtspunkt des Verzuges.
116
II.
117
Der zulässige klägerische Feststellungsantrag ist begründet, weil das Mietverhältnis
ausweislich des Mietvertrages bis zum 30.08.2005 fest abgeschlossen war, eine
Weitervermietung ab Febr. 2002 nur zu einem geringeren Mietzins gelungen sein soll
und damit ein weiterer klägerischer Schaden wahrscheinlich ist (vgl. BGH, NJW 2000,
725, 728).
118
III.
119
Dem Regressanspruch des Klägers kann der Beklagte auch nicht mit Erfolg die Einrede
der Verjährung entgegenhalten.
120
1.
121
Die Verjährungsfrist beträgt gem. § 51 b BRAO 3 Jahre. Sie beginnt mit der Entstehung
des Anspruchs, spätestens aber nach Beendigung des Mandats. Nach dem Wortlaut
("spätestens") und dem Sinn der Norm kommt die 2. Alternative des § 51 b BRAO nur
subsidiär zur Anwendung, d.h. sie greift nicht ein, wenn die Verjährungsfrist nach der 1.
Alternative früher abläuft (Feuerich/Braun, 4. Aufl., § 51 b BRAO, RN 21 m.w.N.).
122
Der Anspruch entsteht in dem Zeitpunkt, in dem er fällig und einklagbar ist (BGHZ 113,
188, 193). In seiner neueren Rechtsprechung setzt der BGH bei einem
Schadensersatzanspruch wegen einer anwaltlichen Pflichtverletzung diesen Zeitpunkt
mit dem Eintritt des Schadens für den Mandanten gleich (sogenannte Risiko-Schadens-
Formel, vgl. BGHZ 119, 69, 73 = WM 1992, 1738, 1739 f.; BGH WM 1998, 786, 788; WM
2000, 959, 960; WM 2002, 1073, 1076). Schaden und Ersatzanspruch entstehen noch
nicht, solange noch offen ist, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes
Verhalten zu einem Schaden führt ("risikobelastete Lage"). Sie entstehen vielmehr erst
dann, wenn sich bei wertender Betrachtung die Vermögenslage des Betroffenen durch
123
die Pflichtverletzung objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, dass irgendeine
Vermögenseinbuße entstanden ist, mag ihre Höhe auch noch nicht beziffert werden
können (BGZ WM 2001, 1677, 1679; Zugehör, RN 1234).
2.
124
Im vorliegenden Fall kommt es nicht darauf an, ob sich bereits durch den Zugang der
Kündigung vom 02.10.1997 oder erst durch die Geltendmachung von
Kündigungsschäden mit Zugang des Schreibens vom 29.03.1999 die Vermögenslage
des Klägers objektiv verschlechtert hatte (vgl. hierzu BGH, WM 2000, 959, 960; MDR
2002, 695 = NJW 2002, 1421 = WM 2002, 1073), da auch unter Zugrundelegung des
früheren Kündigungszugangszeitpunktes keine Verjährung eingetreten ist.
125
Primärverjährung gemäß § 51b 1. Alt. BRAO trat unter Zugrundelegung der Kündigung
Anfang Okt. 2000 ein, so dass der klägerische Mahnbescheidsantrag vom 19.03.2002
keine Hemmungswirkung mehr entfalten konnte.
126
3.
127
Es besteht jedoch eine Sekundärhaftung des Beklagten nach den Grundsätzen der pVV
infolge des Unterlassens eines Hinweises auf eigene Schadensersatzverpflichtung und
deren Verjährung nach Übermittlung des an den Kläger gerichteten
Anspruchsschreibens des Vermieters Q.
128
a.
129
Infolge des Anspruchsschreibens vom 29.03.1999, von dem der Beklagte mit Schreiben
vom 30.03.1999 Kenntnis erhielt, hatte der Beklagte vor Verjährungseintritt und vor
Mandatsbeendigung begründeten Anlass zum Hinweis auf die Regressmöglichkeit und
die kurze Verjährungsfrist.
130
Die Pflicht zum Sekundärhinweis ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Kläger
Rechtsanwalt G mit der Abwehr der Schadensersatzansprüche des Vermieters Q
mandatiert hat.
131
Ein Anlass zur Erteilung des Sekundärhinweises besteht nur dann nicht, wenn der
Mandant einer solchen Belehrung nicht bedarf. Das ist der Fall, wenn er rechtzeitig vor
Ablauf der Primärverjährungsfrist von dem möglichen Regressanspruch gegen seinen
Anwalt und
erhält. Eine rechtzeitige Kenntnis über den möglichen Regressanspruch und dessen
kurze Verjährung nach § 51 b BRAO kann der ehemalige Mandant zwar auch durch
einen anderen, neu von ihm beauftragten Rechtsanwalt erlangt haben; ist jedoch der
neue Anwalt nicht (auch) wegen der Regressfrage mandatiert, verbleibt es bei der
Pflicht zum Sekundärhinweis durch den ersten Anwalt. Dass der zweite Anwalt
möglicherweise eine über den eigentlichen Rahmen seines Mandats hinausgehende
nebenvertragliche Warn- und Hinweispflicht auf den möglichen Regress gegen seinen
Kollegen und die kurze Verjährung eines solchen Anspruchs haben kann, lässt die
Sekundärhinweispflicht des ersten Anwalts nicht entfallen (vgl. BGH in NJW 2003, 822
[823]; NJW 2001, 826 [828]; NJW 2000, 2678 [2680]; NJW 2000, 2661 [2663]).
132
Dass Rechtsanwalt G vom Kläger mit der Durchsetzung von
Schadensersatzansprüchen gegen den Beklagten infolge einer pflichtwidrigen Beratung
im Zusammenhang mit den zur Kündigung führenden Mietminderungen beauftragt war,
ist weder vom Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich. Mit Schreiben vom 12.04.1999
hat Rechtsanwalt G gegenüber dem Beklagten lediglich seine Mandatierung zur
Abwehr der Schadensersatzansprüche des Vermieters Q angezeigt. Soweit er mit
weiterem Schreiben vom 15.06.1999 für den Kläger Freistellung von dem durch die
Erhebung der Vollstreckungsgegenklage (BeiA 2) entstandenen Kostenschaden
verlangt hat, liegt einem solchen Regressanspruch - wie bereits dargelegt - nicht die
pflichtwidrig unterlassene Beratung zur Mietminderung, sondern die pflichtwidrige
Erhebung einer von vorneherein unschlüssigen Klage und damit eine weitere,
selbständige Pflichtverletzung zugrunde. Nur hinsichtlich dieser letzteren
Pflichtverletzung ist somit infolge der Mandatierung des Rechtsanwaltes G die
sekundäre Hinweispflicht des Beklagten als regresspflichtigem Rechtsanwalt entfallen.
133
b.
134
Der somit begründete Sekundäranspruch hat gemäß § 249 BGB zur Folge, dass der
Beklagte sich nicht auf den Eintritt der Primärverjährung berufen darf. Dieser
Sekundäranspruch ist auch nicht verjährt.
135
Der sekundäre Schadensersatzanspruch ist seinem Rechtscharakter nach nur eine Art
Hilfsrecht, welches der Verjährungseinrede gegenüber dem primären
(Regress)Anspruch entgegengesetzt werden kann. Er ist aber wenn auch nur mit
eingeschränkter Rechtsfolge und als unselbstständiges Nebenrecht eben ein
Schadensersatzanspruch und nicht nur eine Einwendung und unterliegt daher als
vertraglicher Schadensersatzanspruch aus dem Vertragsverhältnis mit dem Anwalt
ebenfalls der Verjährung nach § 51 b BRAO (§ 194 I BGB a.F.; vgl. BGHZ 94, 380, 389
= NJW 1985, 2250, 2253 = WM 1985, 889, 892 = VersR 1985, 860, 863; NJW 1988,
2245, 2247 = WM 1988, 629, 631).
136
Da das Mandat bereits am 15. Juni 1999 (vgl. Bl. 153 sowie Bl. 83 BeiA2) und damit vor
Eintritt der Primärverjährung beendet wurde, ist bei der Berechnung der Sekundärfrist §
51b, 2. Alt. BRAO zu beachten, so dass Sekundärverjährung mit Ablauf des 15.06.2002
eingetreten wäre. Der Fristlauf wurde jedoch gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB n.F. durch
die Zustellung des Mahnbescheides im März 2002 und sodann durch die
Klagebegründung vom 07.06.2002 gehemmt.
137
c.
138
Primärverjährung ist jedoch hinsichtlich des Kostenschadens wegen der Erhebung der
Vollstreckungsgegenklage (BeiA 2) eingetreten. Der den Lauf der Verjährungsfrist
gemäß § 51 b 1. Alt. BRAO in Gang setzende Eintritt des (Kosten)Schadens nicht erst
durch die bestandskräftige Festsetzung der Kosten aufgrund einer Kostenentscheidung
in einem rechtskräftigen Urteil bewirkt, sondern der Schaden entsteht schon mit der
Verwirklichung des ersten Gebührentatbestandes (vgl. BGH NJW 1995, 2039, 2041;
NJW 1998, 1488, 1491; OLG Hamm NJW – RR 1988, 541, 542) Begonnen hat daher
der Verjährungslauf mit der Rechtshängigkeit der Klage am 27.04.1999, so dass
Verjährung mit Ablauf des 27.04.2002 eingetreten ist. Eine Hemmung des Fristlaufs
durch die Zustellung des Mahnbescheides am 27.03.2002 ist insoweit nicht eingetreten;
denn mit dem Mahnbescheid wurde lediglich eine erstrangige Teilforderung in Höhe
139
von 35.000 € gemäß dem Anspruchsschreiben vom 22.02.2002 geltend gemacht. Mit
Schreiben vom 22.02.2002 wurden folgende bezifferte Schadenspositionen
angemeldet: der durch den Vergleich vor dem Oberlandesgericht Hamm titulierte
Mietausfallschaden bis einschließlich Dez. 2000 (BeiA 2) in Höhe von 35.000 DM =
17.895,22 €, die Mieten von Jan. – Juni 2001 in Höhe von 7.500 DM = 3.834,69 € sowie
die Mieten im Zeitraum Juli 2001 bis Febr. 2002 mit 10.000 DM = 5.112,92 €. Die
Addition dieser Positionen ergibt einen Betrag in Höhe von 26.842,83 €. Somit verbleibt
eine Differenzsumme in Höhe von 8.157,17 € für die weiteren Schadenspositionen laut
Schreiben vom 22.02.2002. Unbeziffert angemeldet wurden darin die Mietdifferenz
aufgrund der Weitervermietung zu einem geringeren Mietzins ab März 2002, deren
Umfang sich nach Vorlage des (Nach)Mietvertrages mit 4.301,64 € berechnen lässt,
sowie die Zinsen und die nicht von der klägerischen Rechtsschutzversicherung
übernommenen Kosten der gegen den Vermieter geführten Rechtsstreite. Nach Abzug
des Mietzinsdifferenzschadens verbleibt damit ein per Mahnbescheid geltend
gemachter Betrag von 3.855,53 € für unspezifiziert angemeldete Zins- und
Kostenschäden. Letztere beziffert der Kläger mit Schriftsatz vom 23.12.2003 auf bereits
insgesamt 5.482,44 €. Damit lässt sich nicht hinreichend bestimmt feststellen, dass der
Kostenschaden in Höhe von 1.653,78 € Bestandteil der mit dem Mahnbescheid
geltendgemachten Forderung von 35.000 € ist. Soweit dieser in der hiesigen
Klagebegründung vom 07.06.2002 per Feststellungsantrag berücksichtigt wurde, ist
Rechtshängigkeit erst am 12.06.2002 und damit nach Eintritt der Primärverjährung
eingetreten.
Ein Sekundäranspruch gegen den Beklagten scheidet diesbezüglich wegen der
rechtzeitigen Mandatierung des Rechtsanwaltes G - wie zuvor dargelegt - aus, weil an
die Stelle einer sekundären Hinweispflicht des Beklagten insoweit jedenfalls die
primäre Belehrungspflicht des rechtzeitig mit der Prüfung und Verfolgung dieses
Regressanspruchs betrauten Rechtsanwalts G getreten ist (vgl. hierzu BGH, NJW 2001,
3543, 3544 = WM 2001, 1677, 1679; NJW 2001, 826, 828 = WM 2001, 736, 739; NJW
2000, 1263, 1265 = WM 2000, 959, 961; NJW – RR 1996, 313, 314 = WM 1996, 33, 34;
OLG Hamm, NJW – RR 1999, 935, 936 f. = VersR 1999, 446 f. = OLGR 1998, 365 ff.
sowie BGH, NJW 2003, 822, 824).
140
IV.
141
Die Voraussetzungen der Zulassung einer Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen
nicht vor. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der
Grundlage weitgehend vertretener und anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung
und Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt so weder grundsätzliche Bedeutung
noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
142
V.
143
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
144
VI.
145
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr.10,
711 ZPO.
146