Urteil des OLG Hamm vom 08.01.2008

OLG Hamm: anstiftung, reform, gewalt, alter, gesetzesentwurf, entlassung, strafvollzug, sicherungsverwahrung, mord, erpressung

Oberlandesgericht Hamm, 3 Ws 717 - 718/07
Datum:
08.01.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 Ws 717 - 718/07
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, StVK P 3414/07 (22b)
Schlagworte:
Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht (...) vom 13.04.2007
Normen:
§ 68 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB n.F.
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird in Nr. 1 dahingehend abgeändert,
dass die Führungsaufsicht nach Vollverbüßung der mit Urteil des
Landgerichts Hagen vom 19. September 2000 (31 Ks 41 Js 756/99 –
8/00) gegen den Verurteilten verhängten Strafe nicht entfällt, und die
Führungsaufsicht nach Vollverbüßung der mit Urteil des Landgerichts
Hagen vom 25. Januar 1993 (41 Kls 41 Js 291/92 – 114/92) gegen den
Verurteilten verhängte Strafe damit beendet ist.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des
Verurteilten werden der Staatskasse auferlegt.
G r ü n d e :
1
I.
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Das Landgericht Hagen hat den Verurteilten am 25.01.1993 wegen versuchter schwerer
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Erwerb der
tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen und Ausübung der tatächlichen Gewalt über
Kriegswaffen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Diese Strafe ist vollständig verbüßt mit dem 20.09.2005.
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Ebenfalls durch das Landgericht Hagen ist der Verurteilte am 19.09.2000 wegen
versuchter Anstiftung zum erpresserischen Menschenraub und wegen versuchter
Anstiftung zur Anstiftung zum Mord zu einer Gesamtstrafe von fünf Jahren und drei
Monaten verurteilt worden. Diese Strafe hat der Verurteilte am 25.12.2007 vollständig
verbüßt.
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Das Landgericht – Strafvollstreckungskammer – Bielefeld hat am 19.11.2007 u.a.
beschlossen (zu Nr. 1), dass die Führungsaufsicht nach Vollverbüßung der mit den
Urteilen des Landgerichts Hagen vom 19.09.2000 (31 Ks 41 Js 756/99 – 8/00) und vom
25.01.1993 (41 Kls 41 Js 291/92 – 114/92) gegen den Verurteilten verhängten Strafen
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nicht entfällt.
Gegen diese Anordnung richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft
Bielefeld vom 28.11.2007, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.
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II.
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Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 454 Abs. 3 Satz 1, 463 Abs. 3 StPO statthaft und
fristgerecht gemäß § 311 Abs. 2 StPO eingelegt worden. Sie ist beschränkt auf die
Anordnung des Nichtentfallens der Führungsaufsicht in dem Verfahren 41 Js 291/92
und hat in der Sache Erfolg.
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Die in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Anordnung, dass die Führungsaufsicht
nach Vollverbüßung der mit Urteil des Landgerichts Hagen vom 25. Januar 1993 (41 Kls
41 Js 291/92 – 114/92) gegen den Verurteilten verhängten Strafen nicht entfällt, steht
nicht im Einklang mit § 68 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB in der Fassung des Gesetzes zur
Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche
Sicherungsverwahrung vom 13.04.2007 (BGBl. I 2007, 513 – 517), in Kraft getreten am
18.04.2007.
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Durch das vorbezeichnete Gesetz sollte die Maßregel der Führungsaufsicht zu einem
flexiblen und effizienten Instrument strafrechtlicher Gefahrenabwehr ausgebaut werden
(vgl. Peglau, NJW 2007, 1558; Schneider, NStZ 2007, 441). Deshalb sieht der neu
gefaßte § 68 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB nunmehr vor, dass mit dem Eintritt einer neuen
Führungsaufsicht jede früher eingetretene, zeitlich befristete Führungsaufsicht erledigt
ist. Denn der Zweck der Führungsaufsicht wird nicht schneller oder besser erreicht,
wenn verschiedene Führungsaufsichten – möglicherweise mit unterschiedlichen
Weisungen – nebeneinander bestehen.
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Nach alter Rechtslage konnte es dagegen dazu kommen, dass mehrere
Führungsaufsichten parallel zueinander liefen (vgl. Gesetzesentwurf des Bundestages,
BT-Drs 16/1993, Seite 21, 22), die einen mehrfachen Verwaltungsaufwand bedingen,
dem kein praktischer Nutzen gegenüber steht (BT-Drs. 16/1993, S. 22).
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Die durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 25. Januar 1993 (41 Kls 41 Js 291/92 –
114/92) verhängte Strafe hatte der Verurteilte am 20.09.2005 vollständig verbüßt; die
durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 19. September 2000 (31 Ks 41 Js 756/99 –
8/00) verhängte Strafe hat der Verurteilte am 25.12.2007 vollständig verbüßt. Mit seiner
zwischenzeitlich erfolgten Entlassung aus dem Strafvollzug ist gemäß § 68 f Abs. 1
StGB kraft Gesetzes Führungsaufsicht eingetreten. Mit dem Eintritt dieser (neuen)
Führungsaufsicht ist die früher eingetretene, zeitlich befristete und nach vollständiger
Verbüßung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 25.01.1993
eingetretene Führungsaufsicht aufgrund der Neuregelung des § 68 e Abs. 1 S. 1 Nr. 3
StGB nunmehr beendet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.2 Satz 2 StPO.
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