Urteil des OLG Hamm vom 14.03.2017

OLG Hamm (wiedereinsetzung in den vorigen stand, stpo, verteidiger, antrag, wiedereinsetzung, begründung, rechtsmittel, verbindung, verzicht, rechtsmittelbelehrung)

Oberlandesgericht Hamm, 4 Ss OWi 1230/77
Datum:
20.09.1977
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 Ss OWi 1230/77
Vorinstanz:
Amtsgericht Lippstadt, 8 OWi 32 Js 241/77
Tenor:
Die Anträge werden verworfen, der Antrag zu 1.) auf Kosten des
Betroffenen.
Gründe:
1
Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 31. März 1977 wegen Verstoßes
gegen § 24 a StVG zu einer Geldbuße von 800,- DM verurteilt worden. Das Urteil ist in
Gegenwart des Betroffenen und seines Verteidigers verkündet worden. Der Verteidiger
hat ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls die Belehrung des Betroffenen über
die gegen das Urteil gegebenen Rechtsmittel übernommen. Das schriftliche Urteil
wurde dem Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, am 14. April
1977 zugestellt.
2
Durch Beschluß vom 6. Juni 1977 hat das Amtsgericht das als Rechtsbeschwerde zu
behandelnde "Rechtsmittel" des Betroffenen vom 31. März 1977 als unzulässig
verworfen, weil eine Begründung der Rechtsbeschwerde nicht erfolgt war.
3
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 29. Juni 1977, eingegangen am Amtsgericht ...
am selben Tage, beantragt der Betroffene
4
1.)
5
die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur
Begründung der Rechtsbeschwerde unter gleichzeitiger Erhebung der allgemeinen
Sachrüge gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 31. März 1977,
6
2.)
7
die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gegen den am 22. Juni 1977
zugestellten Beschluß des Amtsgerichts vom 6. Juni 1977.
8
Beide Anträge bleiben erfolglos.
9
Die Rechtsbeschwerde ist nicht rechtzeitig begründet worden. Die mit der Zustellung
10
des schriftlichen Urteils am 14. April 1977 in Lauf gesetzte Begründungsfrist von einem
Monat, §§ 79 Abs. 3 OWiG, 345 Abs. 1 StPO, lief, da der 14. Mai 1977 auf einen
Sonnabend fiel, mit dem 16. Mai 1977 ab, § 43 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1
OWiG. Der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die mithin eingetretene
Fristversäumung ist unbegründet.
Der Betroffene hat keinerlei Gründe für die Versäumung der Frist vorgetragen,
geschweige denn - wie in § 45 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG
vorgeschrieben - glaubhaft gemacht.
11
Es besteht auch nicht der Wiedereinsetzungsgrund des § 44 Satz 2 StPO. Zwar ist dem
Betroffenen ausweislich des Sitzungsprotokolls keine Rechtsmittelbelehrung erteilt
worden. Das Protokoll enthält jedoch den Vermerk "Der Verteidiger übernahm
Rechtsmittelbelehrung".
12
Die in Gegenwart des Betroffenen abgegebene Übernahmeerklärung des Verteidigers
kann nur dahin verstanden werden, daß der Betroffene damit auf eine Belehrung durch
das Gericht verzichtet hat. Dieser Verzicht ist wirksam. Seine Erklärung durch den
Verteidiger ist durch die bei den Akten befindliche Vollmacht gedeckt, die ausdrücklich
die noch weitergehende Ermächtigung zum Verzicht auf Rechtsmittel beinhaltet. Auch
aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sind Bedenken gegen die Wirksamkeit des
Verzichts nicht herzuleiten (vgl. hierzu eingehend OLG Hamm NJW 1956, 1330 f).
13
Der Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gegen die Verwerfung der
Rechtsbeschwerde als unzulässig durch das Amtsgericht ist unbegründet. Wie
dargelegt, ist die Begründung der Rechtsbeschwerde nicht fristgerecht erfolgt und sie
bleibt wegen der Ablehnung der Wiedereinsetzung gegen die Fristversäumung
verspätet. Der Verwerfungsbeschluß des Amtsgerichts vom 6. Juni 1977 ist daher zu
Recht ergangen (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 346 Abs. 1 StPO), so daß es bei der Verwerfung
der Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verbleiben hat.
14
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags beruht auf § 473
Abs. 6 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG; die Entscheidung über den Antrag
nach §§ 79 Abs. 3 OWiG, 346 Abs. 2 StPO ergeht gebührenfrei.
15