Urteil des OLG Hamm vom 12.01.2010

OLG Hamm (demonstration, auslegung, erklärung, aufforderung, strafbare handlung, einlassung, gegenstand, sache, aufruf, stgb)

Oberlandesgericht Hamm, 2 Ss 451/09
Datum:
12.01.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 Ss 451/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Bocholt, 33 Ds-33 Js 263/08-53/09
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden
Feststellungen
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts -
Strafrichter - Bochum zurückverwiesen.
Gründe:
1
I.
2
Die Staatsanwaltschaft Bochum wirft dem Angeklagten mit ihrer – unter dem 30. März
2009 ohne Änderungen zugelassenen - Anklageschrift vom 07. Januar 2009 vor, am 21.
Oktober 2008 in Bochum und anderen Orten öffentlich zu rechtswidrigen Taten, nämlich
zur Begehung gefährlicher Körperverletzungen sowie zu Verstößen gegen das
Versammlungsgesetz gemäß den §§ 21 und 27 Versammlungsgesetz aufgerufen zu
haben (§§ 111 Abs. 1 StGB i.V.m. 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, 21, 27
Versammlungsgesetz). Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, am 21. Oktober 2008 im
Vorfeld einer für den 25. Oktober 2008 angemeldeten NPD-Demonstration in C unter der
Internetadresse "*Internetadresse*" einen Beitrag mit dem Titel "L, 25.10.2008,!", mit der
grafischen Darstellung einer Comicfigur, welche eine als Torte getarnte Bombe mit
brennender Lunte in der erhobenen Hand halten soll, veröffentlicht zu haben. In dem
Beitrag sei u.a. auf den mutmaßlichen Aufzugweg der rechten
Demonstrationsteilnehmer sowie geplante Gegendemonstrationen hingewiesen
worden. Diese Form der Darstellung im Zusammenhang mit dem vorgenannten Titel
beinhalte laut Anklageschrift den Aufruf, die nicht verbotene Versammlung von
Rechtsextremisten durch die Vornahme oder Androhung von Gewalttätigkeiten zu
verhindern oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, und stelle sich gleichzeitig als
Aufruf an die Teilnehmer der Gegendemonstration dar, bei der öffentlichen
Versammlung Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder
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Beschädigung von Sachen geeignet und bestimmt sind, ohne behördliche
Ermächtigung mit sich zu führen und diese zur Begehung von Vergehen der
gefährlichen Körperverletzung einzusetzen.
Bei der anklagegegenständlichen Abbildung handelt es sich um folgende (hier der
besseren Übersichtlichkeit wegen vergrößert abgebildet):
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Das Amtsgericht – Strafrichter - Bochum hat den Angeklagten mit Urteil vom 02. Juli
2009 aus rechtlichen Gründen freigesprochen.
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Es hat folgende Feststellungen getroffen:
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"Der Angeklagte ist eine im C Stadtgebiet bekannte Persönlichkeit der
Friedensbewegung, linksalternativer politischer Meinungen und antifaschistischer
Maßnahmen. Er betreibt in diesem Zusammenhang das Internetangebot
*Internetadresse*.
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Am 25.10.2008 kam es in C zu einer angemeldeten Demonstration der NPD. In diesem
Zusammenhang organisierte der Angeklagte im Vorfeld Gegendemonstrationen. Zu
diesem Zweck veröffentlichte er unter der genannten Plattform am 21.20.2008 einen
Beitrag mit dem Titel "L, 25.10.2008,". Damit verbunden war die grafische Darstellung
einer Comicfigur, welcher einer bei PC-Spielen bekannten Comicfigur namens "C2"
nachgebildet war. Die ursprüngliche Figur hält in der rechten Hand erhoben einen
rundlichen Gegenstand, welcher erkennbar eine Kugelbombe sein soll, wobei aus dem
oberen Bereich eine als Lunte erkennbare Leitung herausragt, an deren Ende ein Feuer
zu sehen ist. Für die weiteren Einzelheiten dieser Ursprungsfigur wird gem. § 267 Abs. 1
Satz 3 StPO verwiesen auf die Darstellung auf Bl. 71 der Akte (linke Figur). Für die
Einstellung auf der besagten Internetseite wurde dieser kugelförmige Gegenstand mit
dem entsprechenden Feuer ersetzt durch einen Gegenstand, der erkennbar eine Torte
darstellt, wobei insofern ebenfalls ein Gegenstand dünner Natur nach oben herausragt,
an dessen Ende sich ein Feuer befindet. Insoweit wird gem. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO
für die Einzelheiten verwiesen auf die Darstellung Bl. 71 der Akte (rechte Figur).
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Dieser Aufruf war verbunden mit dem Hinweis, gegen die NPD-Demonstration mit
Gegendemonstrationen antifaschister Gruppen aufzutreten. Diesem Aufruf ist
beispielsweise auch der DGB gefolgt.
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Dem Angeklagten war nach seiner unwiderlegten Einlassung die Herkunft dieser
verwendeten Comicfigur als "C2" nicht bekannt. Er beabsichtigte vielmehr, durch die
Comicfigur mit der Torte in der Hand die Vertreter der NPD-Demonstration lächerlich zu
machen.
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Er hat sich auch unwiderlegt dahingehend eingelassen, dass unabhängig von einer
Benutzung dieses umgewandelten Figürchens dieses auch von anderen auf Plakaten
im Zusammenhang mit Gegendemonstrationen gegen die NPD-Demonstration im C
Stadtgebiet ebenfalls mindestens 100 Mal ausgehängt worden ist."
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Weiter heißt es in dem angefochtenen Urteil:
12
" II.
13
Diese Feststellungen beruhen auf der glaubhaften Einlassung des Angeklagten in der
Hauptverhandlung sowie den übrigen im Hauptverhandlungsprotokoll genannten
Beweismitteln (Inaugenscheinnahme, Verlesungen).
14
III.
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Auf der Grundlage dieses festgestellten Sachverhaltes war aus rechtlichen Gründen der
Angeklagte freizusprechen, da eine Strafbarkeit bei diesem Sachverhalt nicht ersichtlich
ist.
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Die hier einzig mögliche Strafbarkeit wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten gem.
§ 111 StGB ist bei dem festgestellten Sachverhalt nicht gegeben. Eine solche öffentliche
Aufforderung verlangt eine bestimmte Erklärung, von einer anderen Person eine
bestimmte strafbare Handlung zu verlangen. Abzugrenzen ist dies von der bloßen
Befüwortung der Begehung von Straftaten durch andere Personen. Zur Beurteilung, ob
eine Handlung als eine solche bestimmte Erklärung aufzufassen ist, ist auf den
objektiven Empfängerhorizont unter Heranziehung des tatsächlichen Umfelds der
Erklärung abzustellen.
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Eine ausdrückliche Aufforderung, hier im Rahmen der Gegendemonstration
Körperverletzungen oder Verstöße gegen das Versammlungsrecht durchzuführen,
enthält weder die Figur noch der diesbezügliche Aufruf. Es könnte sich daher durch die
Verwendung des mit der Torte abgewandelten "C2" allenfalls um eine konkludente
Aufforderung handeln. Hierfür spricht, dass wie in der Originalfigur auch aus der Torte
ein Gegenstand herausragt, den man als Lunte ansehen könnte in Verbindung mit dem
Feuer am Ende. Jedoch lässt sich das zum einen nicht mit der erforderlichen Sicherheit
sagen, denn es könnte sich auch um eine Kerze oder Wunderkerze handeln, wie sie auf
Torten durchaus nicht unüblich ist. Zum andern verbleibt auch die Möglichkeit der
Auslegung, dass hierdurch nicht zu Gewalttaten oder Verstößen gegen das
Versammlungsrecht aufgefordert werden sollte, sondern lediglich dazu, der
Demonstration seitens der NPD laut und offensiv gegenüberzutreten, aber nicht
zwingend aggressiv. Wenngleich es hier nicht unbedingt des Rückgriffs auf die
Grundrechte nach Art. 4 und 5 GG im Zusammenhang mit der Auslegung einer
Erklärung bedarf (vgl. Deutscher StRR 2007, 275 in der Besprechung von OLG Stuttgart,
Beschluss vom 26.02.2007), so müssen doch im Zusammenhang mit dem politischen
Meinungskampf, um den es sich hier ohne Zweifel handelt, erhebliche und deutliche
Aufforderungen an Verhaltensweisen gestellt werden, um diese eindeutig als
Aufforderung im Sinne des Tatbestandes ansehen zu können (vgl. das Urteil des KG im
"Kosovo"-Verfahren, NJW 2001, 2896; OLG Stuttgart, a.a.O.). Wie dargestellt ergibt sich
hier auch die durchaus nicht fernliegende Auslegungsmöglichkeit, dass lediglich
aufgefordert werden sollte, laut und offensiv, aber nicht aggressiv gegen die NPD-
Demonstration aufzutreten.
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Das entscheidende Gericht vermag hierin keine konkludente Handlungsweise
erkennen, die angesichts der dargestellten Anforderungen eindeutig auf die
Herbeiführung fremder Straftaten gerichtet ist.
19
IV.
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Hiernach war der Angeklagte mit der Kostenfolge nach § 467 StPO aus rechtlichen
Gründen freizusprechen."
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Gegen dieses Urteil richtet sich die fristgerecht eingelegte und rechtzeitig mit der
Verletzung materiellen Rechts begründete Sprungrevision der Staatsanwaltschaft
Bochum, die die Aufhebung des Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen und
die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine
andere Abteilung des Amtsgerichts – Strafrichter – Bochum erstrebt. Die
Staatsanwaltschaft Bochum rügt mit näherer Begründung insbesondere die vom Gericht
vorgenommene Beweiswürdigung als lückenhaft und widersprüchlich. Das Amtsgericht
habe bei der Auslegung, ob eine Aufforderung zu Straftaten vorliege, wesentliche
Details des tatgegenständlichen Beitrages unberücksichtigt gelassen. Des weiteren
würden die Feststellungen, die das Gericht zum Vorsatz getroffen habe, den Freispruch
nicht tragen. Soweit das Gericht der Ansicht sei, die Einlassung des Angeklagten, er
habe mit der Comicfigur die Vertreter der NPD-Demonstration lächerlich machen wollen,
sei nicht zu widerlegen, fehle hierzu jede Begründung. Überdies seien die
Urteilsfeststellungen des Amtsgerichts auch insoweit lückenhaft, als bei der
Gesamtwürdigung Umstände unberücksichtigt geblieben seien, die für die
Überzeugungsbildung von Bedeutung sein konnten. Es fehle an einer
Auseinandersetzung mit der einschlägigen Vorstrafe aus dem Urteil des Landgerichts
Bochum vom 09. Dezember 2004 (4 Ns 33 Js 75/03). Auch hier habe der Angeklagte
durch eine Comicfigur, die mit einer Zwille (Schleuder) auf ein unbekanntes Ziel ziele,
einen "Nazi-Aufmarsch verhindern !" wollen, weshalb er wegen öffentlicher
Aufforderung zu Straftaten rechtskräftig verurteilt worden sei.
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Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm ist der Revision der Staatsanwaltschaft
Bochum beigetreten und hat wie erkannt beantragt.
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Die Verteidigerin des Angeklagten hat beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie hält
bereits den objektiven Tatbestand des § 111 StGB nicht für erfüllt, jedenfalls aber lägen
dessen subjektive Voraussetzungen nicht vor.
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Der Angeklagte teilt diese Auffassung und begehrt einen Freispruch.
25
II.
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Die zulässige Revision der Staatsanwaltschaft Bochum hat auch in der Sache -
zumindest vorläufig - Erfolg. Das angefochtene Urteil war mit den Feststellungen
aufzuheben, da seine Ausführungen einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten.
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Die als möglich erachtete Auslegung des Amtsgerichts, dass mit der Abbildung lediglich
aufgefordert werden sollte, laut und offensiv, aber nicht aggressiv gegen die NPD-
Demonstration aufzutreten, ist nicht ausreichend begründet.
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Dabei ist davon auszugehen, dass die Prüfung des Revisionsgerichts auf die Sachrüge
hin sich nicht nur darauf beschränkt, ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt
richtig angewendet worden ist. Das Revisionsgericht hat vielmehr auch zu prüfen, ob die
Urteilsfeststellungen selbst überhaupt eine tragfähige Grundlage für diese Prüfung
bieten, insbesondere ob sie frei von Lücken, Widersprüchen und Verstößen gegen
Denk- und Erfahrungssätze sind. Die Auslegung von Äußerungen, Erklärungen,
Urkunden, bildlichen Darstellungen u.a. ist eine Tatsachenwürdigung, die allein dem
Tatrichter zusteht. Dem Revisionsgericht ist eine diesbezügliche eigene Würdigung
ebenso verboten wie eine eigene Beweiswürdigung. Die Prüfung des Revisionsgerichts
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erstreckt sich allein darauf, ob die Auslegung auf einem Rechtsirrtum beruht, ob sie
lückenhaft ist, weil von mehreren Auslegungsmöglichkeiten nur eine geprüft ist oder
gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln
verstößt. Eine allgemeine Auslegungsregel ist z.B. der Grundsatz, dass der nicht
eindeutige Sinn einer Gedankenäußerung aus dem Zusammenhang und dem Zweck zu
erforschen ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 337 Rdnr. 21, 32).
Gemessen an diesen Anforderungen sind die Gründe des angefochtenen Urteils in
entscheidenden Punkten lückenhaft und unklar, so dass die Beweiswürdigung nicht
nachvollziehbar ist. Die Ausführungen des Urteils hinsichtlich der Bewertung der
anklagegegenständlichen Abbildung sind nicht konkret genug und erlauben dem Senat
nicht die Nachprüfung, ob der Tatrichter den den Entscheidungsgegenstand bildenden
Sachverhalt erschöpfend gewürdigt hat.
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Tatbestandlich im Sinne des § 111 StGB sind solche Bekundungen, die den Eindruck
der Ernstlichkeit erwecken, d.h. der Auffordernde muss nach dem
Gesamtzusammenhang seiner Erklärung zumindest damit rechnen, seine Äußerung
werde vom Leser als zweckgerichtete Aufforderung zur Begehung bestimmter Straftaten
verstanden (vgl. BGHSt 32, 310). Die Auslegung einer Erklärung hat sich dabei nicht nur
auf einzelne Formulierungen zu beschränken, sondern der Inhalt der Erklärung ist unter
Heranziehung des gesamten Kontextes, in dem sie steht, und vor dem Hintergrund des
gesellschaftlichen, sozialen und politischen Geschehens, in dem sie abgegeben
worden ist, zu ermitteln (vgl. KG, NStZ-RR 2002, 10 f.). Bei der Ermittlung des
Aussageinhaltes ist darauf abzustellen, wie die Erklärung von einen unbefangenen,
verständigen Durchschnittsleser verstanden wird (vgl. BGH, NJW 2000, 3421).
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An einer Auslegung durch das Amtsgericht nach den vorstehenden Grundsätzen fehlt es
im vorliegenden Fall. Das Amtsgericht hat sich bei der Begründung des Freispruchs
allein darauf gestützt, es gebe auch die "durchaus nicht fernliegende Möglichkeit, dass
lediglich aufgefordert werden sollte, laut und offensiv, aber nicht aggressiv gegen die
NPD-Demonstration aufzutreten". Weitere Ausführungen zu dieser Annahme enthält das
Urteil nicht. Dies lässt besorgen, dass das Amtsgericht die in der Rechtsprechung
entwickelten Maßstäbe zur Ermittlung des Sinngehaltes und Behandlung mehrdeutiger
Äußerungen außer acht gelassen hat. Es hat sich in den Urteilsgründen nicht
hinreichend mit wesentlichen Details des tatgegenständlichen Beitrages
auseinandergesetzt, obwohl der Sachverhalt dazu drängte.
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Das Amtsgericht hat dabei nicht beachtet, dass nicht nur der von der Figur gehaltene
Gegenstand, sondern auch die Figur an sich, insbesondere deren Gesichtsausdruck
und Körperhaltung, Aufschluss über den Sinngehalt geben kann. Weiter hat das
Amtsgericht keine Gesamtwürdigung von textlicher und bildlicher Gestaltung der
Abbildung vorgenommen. Die Überschrift "L" und die Bildunterschrift "25.10.2008!" sind
bei der als möglich erachteten Auslegung unberücksichtigt geblieben. Diese
Textzusätze können aber in einer Gesamtschau mit der Figur der Annahme entgegen
stehen, es habe nur zu einem lauten und offensiven, nicht aber aggressiven Auftreten
aufgefordert werden sollen. Dabei liegt nach der Überschrift der Figur nahe, dass diese
nicht lediglich eine harmlose, zum Verzehr bestimmte Torte in der Hand hält.
Andernfalls wäre die gewählte Überschrift sinnlos. Der Wortlaut der Bildunterschrift
hingegen verdeutlicht, dass nicht nur zu einer irgendwie gearteten Beeinträchtigung,
sondern gerade zu einer "Verhinderung" des Aufmarsches aufgerufen werden sollte.
Eine Verhinderung der angemeldeten NPD-Demonstration dürfte aber mit legalen
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Mitteln nicht möglich gewesen sein. Schließlich lassen die Urteilsgründe hinsichtlich der
angenommenen Auslegungsmöglichkeit eine Würdigung mit dem Kontext, in dem die
Erklärung steht, insbesondere eine nähere Auseinandersetzung mit dem sonstigen
Inhalt des Beitrages, sowie mit dem Hintergrund des Geschehens, in dem sie
abgegeben worden ist, und den Begleitumständen vermissen.
Da die von dem Amtsgericht als möglich erachtete Auslegung nicht die einzig denkbare
ist, kann der Senat nicht in der Sache selbst abschließend entscheiden. Das Urteil des
Amtsgerichts war mit den dazugehörigen Feststellungen wegen des festgestellten
Mangels aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts – Strafrichter
– Bochum zurückzuverweisen (§§ 353, 354 StPO).
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In Anbetracht der erneuten Entscheidung weist der Senat ergänzend auf folgendes hin:
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Das Amtsgericht wird sich zum einen auch mit der einschlägigen Vorstrafe des
Angeklagten aus dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 09. Dezember 2004
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(4 Ns 33 Js 75/03) auseinanderzusetzen haben. Die Tatsache der rechtskräftigen
Verurteilung und der zugrundeliegende Sachverhalt sind gerichtskundig, da der Senat
auch in diesem Verfahren als Revisionsgericht über ein Rechtsmittel gegen die
verurteilende Entscheidung wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu befinden
hatte. Dem seinerzeitigen Verfahren lag ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde. Am 16.
Februar 2003 hatte der Angeklagte auf seiner Homepage einen Beitrag eingestellt,
welcher eine Comicfigur "F" , die mit einer Zwille auf ein unbekanntes Ziel zielte,
verbunden mit dem Text "Nazi-Aufmarsch verhindern", zeigte. Die Einschlägigkeit der
Vorverurteilung und die frappierende Ähnlichkeit der Sachverhalte geben Anlass, die
Vorstrafe in einem erneuten Urteil aufzuführen und in die rechtlichen Erwägungen
einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um einen zu beachtenden Gesichtspunkt bei der
Bewertung des anklagegegenständlichen Verhaltens des Angeklagten.
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Zum anderen muss bei aus tatsächlichen Gründen freisprechenden Strafurteilen
zunächst der Anklagevorwurf aufgezeigt (vgl. BGHSt 37, 21 f.; BGH NStZ-RR 1997, 374
f.) und sodann darlegt werden, welchen Sachverhalt das Gericht als festgestellt erachtet.
Es hat weiter – für das Revisionsgericht nachprüfbar –, den Weg, der es zu diesen
Feststellungen geführt hat, im Rahmen einer Beweiswürdigung darzulegen. Dabei hat
es von der Einlassung des Angeklagten auszugehen und diese unter Berücksichtigung
der erhobenen Beweise eingehend zu würdigen. Es muss im Einzelnen ausführen,
warum es – trotz glaubhafter Zeugenaussagen oder anderer Belastungsumstände – der
gegensätzlichen Einlassung des Angeklagten gefolgt ist. Bei dieser Würdigung hat es
den Grundsatz zu beachten, dass entlastende Angaben eines Angeklagten, für deren
Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine ausreichenden Beweise gibt, nicht ohne weiteres
als unwiderlegbar der Entscheidung des Tatrichters zugrunde zu legen sind. Vielmehr
hat das Gericht auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses wertend darüber
zu befinden, ob die Angaben des Angeklagten geeignet sind, die Überzeugungsbildung
zu beeinflussen. Hierbei erfordert die Zurückweisung einer Einlassung nicht, dass sich
ihr Gegenteil positiv feststellen lässt (vgl. BGH, NStZ 1990, 448). Das angefochtene
Urteil entbehrt jedweder Würdigung dazu, wie das Tatgericht zu der Annahme gelangte,
die Herkunft der verwendeten Comicfigur als "C2" sei dem Angeklagten "unwiderlegt"
nicht bekannt gewesen, vielmehr habe er beabsichtigt, durch die Comicfigur mit der
Torte in der Hand die Vertreter der NPD-Demonstration lächerlich zu machen. Die
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diesbezüglich pauschale Angabe in dem Urteil, wonach die Feststellungen auf der
glaubhaften Einlassung des Angeklagten beruhen, lässt besorgen, dass das
Amtsgericht die Einlassung des Angeklagten nicht in dem gebotenen Umfang gewürdigt
hat.