Urteil des OLG Hamm vom 11.02.2000

OLG Hamm: unterhalt, auflage, obsiegen, rechtshängigkeit, datum, prozess

Oberlandesgericht Hamm, 11 WF 327/99
Datum:
11.02.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
11. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 WF 327/99
Vorinstanz:
Amtsgericht Beckum, 7 F 172/99
Tenor:
wird der Beschluß des Amtsgerichts Beckum vom 10.09.1999 auf die
Beschwerde der Klägerin vom 17.09.1999 aufgehoben und die Sache
zur Entscheidung über die Erfolgsaussicht der Klage an das Amtsgericht
zurückverwiesen.
Gründe
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1.
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Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Die Klägerin macht in einem selbständigen
Verfahren nachehelichen Unterhalt geltend. Das Amtsgericht hat die beantragte
Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, daß der Beklagte nicht freiwillig
nachehelichen Unterhalt zahlen werde, sei schon während der Rechtshängigkeit der
Ehesache erkennbar gewesen. Eine Partei, welche die Kosten selbst hätte tragen
müssen, hätte den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt im
Scheidungsverbundverfahren geltend gemacht, weil das der kostengünstigere Weg sei.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Klägerin, mit die sie ihren
Antrag auf Prozesskostenhilfe weiterverfolgt, ist zulässig und begründet.
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2.
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Einer Partei ist Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen, wenn die Rechtsverfolgung
mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Die Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn sie von dem
abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem gleich
gelagerten Fall tun würde. Die bisher h. M. geht davon aus, daß eine solche Partei
Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt oder Zugewinnausgleich im
Scheidungsverbundverfahren geltend machen würde, weil dies kostengünstiger sei, als
ein isoliertes Verfahren zu führen. Begründet wird das mit der Überlegung, daß im
Verbundverfahren die Werte der Scheidungssache und der Folgesachen
zusammengerechnet werden und deshalb wegen der degressiven Gebührenstaffel
insgesamt geringere Kosten anfallen, als wenn die Scheidungssache und die
Folgesache in getrennten Verfahren anhängig gemacht werden - (vgl. z.B. OLG Dresden
FamRZ 1999, 601; OLG Hamm FamRZ 1999, 57 6; Heiß/Born, Unterhaltsrecht, 1999,
Kapitel 28, 41; Musielak/Fischer, ZPO, § 114, Rn. 36, 37 alle m. N.). Dabei wird aber
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nicht berücksichtigt, daß eine auf einen kostensparenden Rechtsweg bedachte Partei
nicht nur die
Höhe der anfallenden Gebühren bei der Auswahl des Rechtswegs berücksichtigen wird.
Sie wird sich außerdem auch von der Erwägung leiten lassen, welche Kosten sie bei
der Durchführung des Rechtsstreits selbst wird tragen müssen. Dabei ist zu beachten,
daß Kosten in Folgesachenverfahren im Regelfall nach § 93a I, 1 ZPO gegeneinander
aufgehoben werden, der Unterhaltsgläubiger also selbst dann, wenn er die Klage auf
nachehelichen Unterhalt gewinnt, einen Kostenerstattungsanspruch wegen der Kosten
des Unterhaltsverfahrens gegen den unterlegenen Unterhaltsschuldner, nicht erlangen
wird. Anders verhält es sich, wenn der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt in einem
selbständigen Rechtsstreit eingeklagt wird. In einem solchen Verfahren gilt § 91 ZPO.
Gewinnt der Unterhaltsgläubiger den Prozess, so hat der unterlegene Gegner ihm die
Kosten zu erstatten. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß es unsicher ist ob ein
solcher Kostenerstattungsanspruch erlangt wird, weil erfahrungsgemäß immer wieder
Kläger mit ihrem Begehren scheitern oder nur teilweise obsiegen. Prozesskostenhilfe
darf nach § 114 ZPO nur gewährt werden, wenn die hinreichende Erfolgsaussicht der
Klage zu bejahen ist. Das spricht für ein voraussichtliches Obsiegen des Klägers. Es
liegt also keinesfalls neben der Sache, wenn die Partei bei ihren Überlegungen davon
ausgeht, daß die Kosten des Rechtsstreits voraussichtlich zumindest zu einem
überwiegenden Teil vom Gegner getragen werden müssen.
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Unter Berücksichtigung des Kostenerstattungsanspruchs läßt sich daher nicht
feststellen, daß eine Partei, welche die Kosten selbst tragen muß, sich für das
Verbundverfahren entscheiden würde. Die Geltendmachung des Anspruchs auf
nachehelichen Unterhalt in einem selbständigen Verfahren kann daher nicht als
mutwillig angesehen werden, weil gute Gründe für diesen Verfahrensweg sprechen
(Zöller/Philippi, ZPO, 21. Auflage, § 623, Rn. 24 f.). Das gilt jedenfalls in Fällen wie hier,
in dem der Gegner über tatsächliches Einkommen verfügt, so daß die Durchsetzung des
Kostenerstattungsanspruchs nicht aussichtslos ist.
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Mit der Begründung des Amtsgerichts kann der Klägerin somit Prozesskostenhilfe nicht
versagt werden.
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3.
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Mit der Frage der Erfolgsaussicht der Klage hat das Amtsgericht sich bisher nicht befaßt,
weil es die Klage als mutwillig angesehen hat. Der Senat hat die Entscheidung des
Amtsgerichts daher aufgehoben und zurückverwiesen, um dem Amtsgericht die
Gelegenheit zu geben, nunmehr über diese Frage zu entscheiden (Zöller/Philippi, ZPO,
21. Auflage, § 127, Rn. 3.8).
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