Urteil des OLG Hamm vom 18.02.2002

OLG Hamm: entschädigung, unnötige kosten, sachverständigenkosten, auszahlung, anweisung, vertreter, gerichtsorganisation, winter, rechtsschutzinteresse, rechtspflege

Oberlandesgericht Hamm, 23 W 150/01
Datum:
18.02.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
23. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
23 W 150/01
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 3 S 186/98
Tenor:
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten
werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist gemäß den §§ 8, 5 GKG zulässig.
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Dass der Antrag des Beteiligten zu 1) auf teilweise Niederschlagung der vom
Sachverständigen Dipl.-Kfm. E berechneten und an diesen ausgezahlten
Sachverständigen-Entschädigung vom Landgericht im Rahmen eines Urteils und nicht
durch Beschluss zurückgewiesen wurde, steht der Zulässigkeit der vorliegenden
Beschwerde nicht entgegen. Auch in einem solchen Fall bleibt die grundsätzlich gegen
die Ablehnung der Niederschlagung von Gerichtskosten gemäß den §§ 8, 5 Abs. 2 GKG
statthafte Beschwerde nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung das zulässige
Rechtsmittel (Zöller-Gummer, ZPO, 22. Aufl., vor § 511 Rn. 28 und 29; Hartmann,
Kostengesetze, 29. Aufl., § 8 Rn. 60). Dies gilt auch ungeachtet dessen, dass die
Entscheidung in der Berufungsinstanz erfolgte (Hartmann, a.a.0.).
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In der Sache selbst hat die Beschwerde keinen Erfolg.
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Der Antrag des Beteiligten zu 1), die Sachverständigen-Entschädigung wegen falscher
Sachbehandlung teilweise niederzuschlagen, ist zulässig. Zwar sind diese Kosten
bislang nicht gegen ihn als Kostenschuldner gemäß § 4 GKG in Ansatz gebracht
worden. Doch fehlt seinem Antrag damit nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
Denn aufgrund der Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts muss der Beteiligte
zu 1) als Entscheidungsschuldner gemäß § 54 Nr. 1 GKG damit rechnen, von der
Gerichtskasse wegen der Sachverständigenkosten in Anspruch genommen zu werden.
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Die erstrebte teilweise Niederschlagung der vom Sachverständigen Dipl.-Kfm. E
berechneten Entschädigung kommt aber aus sachlichen Gründen nicht in Betracht.
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Gegenstand der Niederschlagung gemäß § 8 Abs. 1 GKG sind Gerichtskosten, d.h.
Gebühren und Auslagen, zu denen nach KV Nr. 9005 auch die an den
Sachverständigen nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und
Sachverständigen (ZSEG) zu zahlende Entschädigung zählt (vgl. Hartmann, a.a.O. Rn.
4). Die unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 8 Abs. 1 GKG muss jedoch durch
einen Angehörigen der staatlichen Rechtspflege erfolgt sein (vgl.
Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, 5. Aufl, § 8 Rdnr. 11; Markl/Meyer, GKG, 4. Aufl. § 8
Rdnr. 3; BFH RPfl. 1992, 365). Der gerichtlich bestellte Sachverständige fällt nicht
hierunter. Er ist zwar Gehilfe des Gerichts bei der Urteilsfindung, bleibt aber als solcher
außerhalb der Gerichtsorganisation (vgl. OLG Hamburg, MDR 1978, 237 = JurBüro
1978, 818 mwN).
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In Betracht kommt hier eine unrichtige Sachbehandlung durch das erkennende Gericht
oder den mit der Anweisung der Sachverständigenkosten befassten Kostenbeamten. Im
ersteren Fall wäre eine solche zu bejahen, wenn die Anordnung der Begutachtung oder
die Auswahl dieses bestimmten Sachverständigen offensichtlich grob fehlerhaft war.
Darum geht es hier aber nicht. Eine unrichtige Sachbehandlung könnte allerdings in der
ungekürzten Auszahlung der vom Sachverständigen Dipl.-Kfm. E berechneten
Entschädigung an diesen durch den Kostenbeamten zu sehen sein. Letztlich ist aber
auch dieses zu verneinen. Die Auszahlung als solche beinhaltet noch keine zusätzliche
Kosten auslösende unrichtige Sachbehandlung. Denn gegen den Kostenschuldner ist
nach Nr. 9005 KV nicht die gezahlte, sondern die nach dem ZSEG "zu zahlende"
Entschädigung in Ansatz zu bringen. In welcher Höhe der Sachverständige danach zu
entschädigen ist, ob gfl. ihm die geltend gemachte Entschädigung infolge einer unnötige
Kosten verursachenden fehlerhaften Begutachtung nur in gekürztem Umfang zusteht, ist
im Verhältnis Gerichtskasse / Kostenschuldner ausschließlich im
Kostenansatzverfahren nach den §§ 4, 5 GKG zu überprüfen. Dies verdeutlicht die
Regelung des § 16 Abs. 4 ZSEG, nach der die Entscheidungen über die Höhe der
Sachverständigen-Entschädigung im Verfahren nach § 16 Abs. 1 und 2 ZSEG, an dem
die Prozessparteien nicht beteiligt sind, nicht zu Lasten des Kostenschuldners wirken
(vgl. auch LG Berlin MDR 1980, 678). Ob andrerseits der Kostenbeamte bei
offenkundigen Bedenken gegen die Rechnungspositionen der
Sachverständigenliquidation verpflichtet ist, die Auszahlung der Entschädigung so
lange zurückzustellen, bis auf den von ihm veranlassten Antrag des Bezirksrevisors als
Vertreter der Landeskasse die Sachverständigenentschädigung gemäß § 16 Abs. 1
ZSEG richterlich festgesetzt ist, kann dahin gestellt bleiben. Derartige Bedenken
ergaben sich hier nicht. Die allein streitige Frage, ob der Sachverständige E im
vorliegenden Fall überflüssige, weil durch eine unvollständige bzw. teilweise fehlerhafte
Gutachtertätigkeit angefallene Mehrkosten berechnet hat, unterlag nicht der
Beurteilungskompetenz des Kostenbeamten. Dieser ist in erster Linie mit der
Überprüfung der Sachverständigenkosten auf ihre rechnerische und nicht auf ihre
sachliche Richtigkeit hin befasst.
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Letztere bleibt im Verhältnis zum Beteiligten zu 1) als Kostenschuldner im Sinne des §
54 Nr. 1 GKG, wie bereits ausgeführt, dem Verfahren nach § 5 GKG vorbehalten. Ein
solches ist aber derzeit, da ein Ansatz der Sachverständigenkosten nach § 4 GKG noch
aussteht, mangels Beschwer des Beteiligten zu 1) nicht zulässig.
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Ob der Beteiligte zu 1) in Hinblick auf seine demnächstige Inanspruchnahme als
Kostenschuldner gemäß § 54 Nr. 1 GKG vorab im Wege der Feststellung eine für die
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Kostenbeamten verbindliche Festlegung der Höhe der an den Sachverständigen Dipl.-
Kfm. E nach dem ZSEG zu zahlenden Entschädigung zulässigerweise beantragen
kann, bedarf keiner weitergehenden Erörterung. Denn eine Kürzung der an den
Sachverständigen E ausgezahlten Entschädigung kommt aus den zutref-fenden
Gründen der ausführlichen Stellungnahme des Leiters des Dezernats 10 der hiesigen
Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts vom 13. September 2001, denen sich der
Senat anschließt, letztlich nicht in Betracht.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist daher im Ergebnis zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 6 GKG.
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