Urteil des OLG Hamm vom 02.02.1999

OLG Hamm (kläger, firma, zug, wert, sequester, höhe, schaden, adäquate gegenleistung, 1995, abtretung)

Oberlandesgericht Hamm, 27 U 246/98
Datum:
02.02.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 U 246/98
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, 2 O 143/98
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. Juni 1998 verkündete
Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 50.000,00 DM nebst 5 %
Zinsen seit dem 23.08.1996 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen
Abtretung der eventuell bestehenden Kauf-preisansprüche gegen die
Firma C1.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Beklagten übersteigt nicht 60.000,00 DM.
Tatbestand:
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Der Kläger, Verwalter in der am 26. November 1996 eröffneten Gesamtvollstreckung
über das Vermögen der Firma N GbR (künftig: die Gemeinschuldnerin), begehrt von
dem zuvor am 2. März 1995 zum Sequester über das Vermögen der Gemeinschuldnerin
bestellten Beklagten Schadensersatz.
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Im Herbst 1995 verkaufte Herr I unter Zustimmung des Beklagten aus dem
beschlagnahmten Vermögen Geräte und Maschinen an die Firma C1, Inhaber C2, für
50.000,00 DM netto. Ein schriftlicher Kaufvertrag wurde nicht geschlossen; ein
Eigentumsvorbehalt wurde nicht vereinbart. Mit Schreiben vom 21. August 1996
verweigerte die Firma C1 die Zahlung des Kaufpreises und stellte den Abschluß eines
Kaufvertrages in Abrede.
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Der Kläger hat die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 DM als des
behaupteten Verkehrswertes des veräußerten Inventars für den Verlust des Eigentums
an den veräußerten Gegenständen verlangt, da der Beklagte durch einen Verkauf ohne
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Eigentumsvorbehalt, der einen Eigentumsübergang auf die Firma C1 zur Folge gehabt
habe, seiner Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung der
Gesamtvollstreckungsmaßnahme nicht nachgekommen sei.
Der Beklagte hat sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt, daß der
Gemeinschuldnerin kein Schaden entstanden sei, weil die Firma C1 lediglich die
Zahlung verweigert habe, jedoch nicht zahlungsunfähig sei. Der Kläger müsse die
Kaufpreisforderung gegen die Käuferin geltend machen. Er hat behauptet, der
Verkehrswert der veräußerten Gegenstände liege erheblich unter 50.000,00 DM.
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Das Landgericht hat die Klage als derzeit nicht begründet abgewiesen. Es hat
dahingestellt sein lassen, ob sich der Beklagte durch die Veräußerung der Maschinen
ohne die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes schadensersatzpflichtig gemacht
habe, denn durch sein Verhalten sei dem Vermögen der Gemeinschuldnerin zur Zeit
kein Schaden entstanden. Zwar habe sich durch die Übereignung der Gegenstände der
Wert des Anlagevermögens der Gemeinschuldnerin vermindert, jedoch sei der
Vermögensmasse im Gegenzug der Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe von
50.000,00 DM zugeflossen, wodurch der Verlust des Eigentums in voller Höhe
kompensiert worden sei. Der Kläger habe nicht hinreichend dargetan, daß der
Kaufpreiszahlungsanspruch nicht durchsetzbar sei und der endgültige Verlust des
Eigentums ohne adäquate Gegenleistung eingetreten wäre. Die bloße außergerichtliche
Verweigerung der Kaufpreiszahlung habe keinen Schaden eintreten lassen. Dem
Kläger obliege es zunächst, die Käuferin gerichtlich auf Zahlung des Kaufpreises oder
gemäß den §§ 326, 327 BGB in Anspruch zu nehmen, da vorrangig die rechtlichen
Möglichkeiten aus dem der Übereignung zugrundeliegenden Vertragsverhältnis
auszuschöpfen seien.
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der in erster Linie seinen
Klageanspruch weiterverfolgt. Er vertieft seinen Standpunkt, daß der Beklagte jedenfalls
dadurch gegen seine Verpflichtung als Sequester, das Schuldnervermögen adäquat zu
erhalten und zu sichern, verstoßen habe, daß er eine Veräußerung Zug um Zug gegen
Kaufpreiszahlung unterlassen habe. Der Kaufpreisanspruch könne nicht als Äquivalent
für das Eigentum bewertet werden, weil nicht feststehe, daß die Käuferin von
zweifelsfreier Bonität und auch zahlungsbereit sei. Auf die theoretische Möglichkeit
einer späteren Titulierung und Realisierung eines Zahlungstitels könne er, der Kläger,
nicht verwiesen werden, da gegenwärtig ein in Geld meßbarer und bezifferbarer
Schaden gegeben sei. Ohnehin sei ihm wegen der Masseunzulänglichkeit die Führung
eines Prozesses gegen die Käuferin nicht zumutbar. Bedenken gegen eine Verurteilung
des Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegenüber der Firma C1
bestünden nicht.
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Der Kläger beantragt,
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abändernd
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1.
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 50.000,00 DM nebst 5 % Zinsen
seit dem 23. August 1996, hilfsweise seit dem 21. Februar 1997, zu zahlen,
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2. hilfsweise
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festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm, dem Kläger, in seiner
Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter der Firma N GbR allen Schaden zu
ersetzen, der dadurch entstanden ist und in Zukunft noch entstehen wird, daß der
Beklagte die in der Übergabeliste vom 13. September 1995 aufgeführten, mit
Rechnung vom 10. Januar 1996 nebst Anlagen in Rechnung gestellten Geräte und
Maschinen ohne gleichzeitige Erbringung der vereinbarten Gegenleistung sowie
ohne Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes an die Firma C1, veräußert hat.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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hilfsweise, ihn Zug um Zug gegen Abtretung der evtl. bestehenden Ansprüche
gegen die Firma C1 zu verurteilen.
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Er verteidigt mit näheren Darlegungen das angefochtene Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung und des Vorbringens der
Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze
verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
19
Die Berufung des Klägers ist begründet, denn der Beklagte ist dem Kläger als
Gesamtvollstreckungsverwalter zum Schadensersatz in der vollen geltend gemachten
Höhe verpflichtet. Der Anspruch ergibt sich, da die Rechtsstellung des Sequesters
weder in der GesO noch in der KO geregelt ist, aus § 82 KO in entsprechender
Anwendung (vgl. Kilger/K. Schmidt, § 2 GesO, Anm. 3 und § 106 KO Anm. 4), wobei an
die Stelle der konkursspezifischen Pflichten die sequestrationsspezifischen Pflichten
treten (Kilger/K. Schmidt, § 106 KO Anm. 4).
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1.
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Der Beklagte hat bereits dadurch, daß er überhaupt die in Rede stehenden
Gegenstände der späteren Gemeinschuldnerin veräußert hat, gegen seine Pflichten als
Sequester verstoßen. Die Aufgaben des Beklagten als eines Sequesters haben ihre
Grundlage in § 2 Abs. 3 GesO und in dem darauf beruhenden Sequestrationsbeschluß
des Amtsgerichts Stendal vom 2. März 1995, in welchem der Beklagte als Sequester
beauftragt wurde, das vollstreckungsbefangene Vermögen der späteren
Gemeinschuldnerin in vorläufige Verwaltung zu nehmen. Verfügungen im
Zusammenhang mit der Sicherung und Verwaltung des Vermögens durften nur mit
Zustimmung des Beklagten vorgenommen werden. Die spätere Gemeinschuldnerin
hatte sich jeder Verfügung zu enthalten. Zugleich wurde ein allgemeines
Veräußerungsverbot zur Sicherung der Masse erlassen.
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Danach war es allein Aufgabe des Beklagten, das Vermögen der späteren
Gemeinschuldnerin sicherzustellen und die Masse festzustellen. Zweck der
Sequestration war es demnach, im Interesse der Gläubiger das Vermögen in Besitz zu
nehmen und ferner zu prüfen, ob eine die Kosten des Gesamtvollstreckungsverfahrens
deckende Masse überhaupt vorhanden war. Denn nach § 2 Abs. 3 GesO erfolgt die
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Anordnung der Sequestration als vorläufige Maßnahme zur Sicherung einer
Gesamtvollstreckung. Die Verwertung der Masse ist dagegen nach der gesetzlichen
Regelung allein Aufgabe des Gesamtvollstreckungsverwalters (vgl. BGH NJW 1988,
1912, 1913; Kuhn/Uhlenbruck, § 116 KO, Rdn. 7 m.w.N.). Der Sequester als Bewahrer
des schuldnerischen Vermögens ist grundsätzlich nicht befugt, in Bezug auf die
Vermögenswerte einen endgültigen Zustand zu schaffen, weil die Voraussetzungen für
die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens oder des Konkursverfahrens im
Zeitpunkt seines Tätigwerdens noch nicht geprüft sind (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1992,
344, 346). Eine Verwertung kann deshalb dem Sequester nur gestattet sein, wenn die
Verwertungshandlung im Interesse der Konkursgläubiger eine geradezu zwingend
gebotene Maßnahme zur Sicherung des Schuldnervermögens darstellt (OLG
Düsseldorf, ZIP 1992, 344, 346; OLG Köln OLGR 1992, 284, 286; OLG Hamm ZIP 1995,
50, 52). Diese engen Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Beklagte hat nicht
substantiiert vorgetragen, daß die Verwertung der Gegenstände deshalb erforderlich
war, weil ihr Wert sonst der Masse verlorengegangen wäre. Es fehlt jede
nachvollziehbare Darlegung des Beklagten, daß nur der von ihm vorgenommene
Verkauf eine ansonsten erforderliche Entsorgung entbehrlich gemacht hätte. Dazu hätte
es konkreten Vortrags zu dem Zustand der Gerätschaften bedurft, der gänzlich fehlt. Der
Senat hält die von dem Beklagten im Anschluß an die Kommentierung von
Heß/Binz/Wienberg, § 2 GesO, Rdn. 112 e vertretene Auffassung, bereits eine
masseneutrale Verwertung sei dem Sequester gestattet, weder mit dem Wortlaut noch
der Systematik des Gesetzes für vereinbar. Unerheblich ist, ob der am Amtsgericht
Stendal tätige Amtsrichter mit einer Verwertung einverstanden gewesen wäre, wenn der
Beklagte um seine Zustimmung nachgesucht hätte. Denn im Schadensersatzprozeß
kommt es nicht darauf an, wie das zuständige Gericht tatsächlich entschieden hätte,
sondern wie es richtigerweise hätte entscheiden müssen (vgl. Palandt/Heinrichs,
Vorbem. vor § 249 BGB, Rdn. 85).
2.
24
Letztlich kann der Senat die Frage, ob der Beklagte bereits durch den Abschluß des
Veräußerungsvertrages als solchen schuldhaft handelte, offenlassen, weil jedenfalls
aus den Begleitumständen des Vertragsschlusses ein fahrlässiger Verstoß gegen seine
Pflichten als Sequester folgt.
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Der Sequester ist verpflichtet, alle bewahrenden Maßnahmen vorzunehmen, die
unerläßlich sind, um eine Entwertung der vorgefundenen Ist-Masse zu verhindern
(Kuhn/Uhlenbruck, § 106 KO, Rdn. 8). Wenn sich Verwertungsbedarf ergibt, ist der
Sequester zur "optimalen Verwertung" verpflichtet; die Veräußerung muß sich "für die
Gläubigerschaft als günstiger darstellen" (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, § 106 KO, Rdn. 9 und
Rdn. 13 c).
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Die von dem Beklagten vorgenommene Veräußerung war weder günstig noch optimal.
Zwar ist hier die Veräußerung nicht unter Wert erfolgt; alle weiteren Umstände der
Veräußerung waren jedoch fehlerhaft und ungünstig. So hat es der Beklagte sogar
verabsäumt, einen schriftlichen Kaufvertrag zu schließen, der die Höhe des Kaufpreises
und die Bezeichnung der Vertragsparteien dokumentiert. Dieses ist ein ganz
elementares Versagen. Auch das Übergabeprotokoll vom 13. September 1995 ist nicht
geeignet, diesen krassen Fehler zu heilen. Denn dieses Protokoll läßt noch nicht einmal
erkennen, wer die Gegenstände "übernommen" hat und auf welchen Rechtsgrund hin
dies geschehen ist. Daß die Käuferin "einen guten Ruf" gehabt haben soll, ist
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unerheblich, da der Beklagte nicht vorträgt, auf welche Tatsachen sich dieser Ruf
stützen soll. Tatsache ist jedenfalls, daß die Käuferin mit ihrem Schreiben vom 21.
August 1996 die Erfüllung rundweg verweigert hat, weil sie einen Kaufvertrag in Abrede
stellt. Wenn der Beklagte, wie er vorträgt, die Verhandlungen nicht mit der Forderung
nach einer sofortigen Bezahlung oder einem Eigentumsvorbehalt "belasten" wollte,
hätte er von der Veräußerung Abstand nehmen müssen.
Der Beklagte hat seine Pflichten auch fahrlässig verletzt. Es kann nicht zweifelhaft sein,
daß der Beklagte, der Rechtsanwalt ist, die vermögensschädigenden Folgen seines
Handelns überblicken konnte.
28
3.
29
Auf der Grundlage dieser Pflichtverletzung kann - anders als das Landgericht es
gemeint hat - ein Schaden des Klägers nicht verneint werden. Zutreffend ist allerdings
der Ausgangspunkt der angefochtenen Entscheidung, daß es nach der sog.
Differenzhypothese auf den Vergleich zwischen der durch das Schadensereignis
geschaffenen Güterlage und der unter Ausschaltung dieses Ereignisses gedachten
Vermögenslage ankommt. Ein Vermögensschaden liegt danach vor, wenn der jetzige
tatsächliche Wert des Vermögens geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das
die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde (vgl. Palandt/Heinrichs, Vorbem.
vor § 249 BGB, Rdn. 8). Ein Schaden könnte deshalb nur dann verneint werden, wenn
der jetzt im Vermögen der Gemeinschuldnerin vorhandene schuldrechtliche Anspruch
nach § 433 Abs. 2 BGB dem zuvor dort vorhandenen Eigentum an den Gegenständen
gleichwertig wäre, was jedoch zu verneinen ist. Der Kaufpreisanspruch ist in seiner
Durchsetzung erheblich gefährdet, weil die Käuferin ihre Zahlungspflicht in Abrede stellt
und die vertraglichen Absprachen nicht in einer Weise schriftlich dokumentiert sind, daß
eine Durchsetzung als leicht möglich erschiene. Weder die Identität der
Kaufvertragsparteien noch die Höhe des Kaufpreisanspruchs sind urkundlich belegt.
Daß Zeugen benannt werden könnten, wie der Beklagte geltend macht, ist nicht zur
Kompensation geeignet, weil Zeugen das unsicherste Beweismittel sind und die
ungewissen Aussichten einer Prozeßführung gegen die Käuferin nicht wesentlich
verbessert werden.
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Auf den Streit der Parteien über den Wert der veräußerten Gegenstände kommt es nicht
an. Zunächst fehlt es schon an jedem nachvollziehbaren Vortrag des Beklagten, daß der
tatsächliche Wert der Gegenstände unter dem Kaufpreis gelegen haben soll. Zwar ist
der Kläger als Anspruchsteller grundsätzlich für den Schaden darlegungs- und ggf.
beweisbelastet. Hier gilt jedoch, daß der Kläger wegen der erfolgten Besitzübertragung
durch den Beklagten auf die Käuferin zu näherem Vortrag über den Wert der Kaufsache
nicht in der Lage ist. Denn die Übergabe der Gegenstände erfolgte bereits am 13.
September 1995, während die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens erst am
26. September 1996 erfolgt ist. Dagegen ist es dem Beklagten aufgrund seiner Kenntnis
der Geräte unschwer möglich, substantiiert zum Wert vorzutragen, woran es fehlt. Seine
Beweisantritte liefen daher auf unzulässige Ausforschung hinaus, so daß ihnen schon
deshalb nicht nachzugehen war. Im übrigen bedeutet ein Wert unterhalb des
Kaufpreises gerade, daß ein für die Masse lukrativer Vertrag in seiner Durchsetzbarkeit
beeinträchtigt ist.
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Darauf, ob der Kaufpreisanspruch wirtschaftlich gänzlich wertlos ist oder wenigstens
teilweise Aussicht auf Realisierung besteht, kommt es im Hinblick auf § 255 BGB, der
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ein allgemeines Prinzip des Schadensrechts zum Ausdruck bringt (vgl. BGH NJW 1993,
593, 594), nicht an. Die Anwendbarkeit ergibt sich zum einen daraus, daß die Regeln
über die Gesamtschuld nicht eingreifen und es hier zum anderen um den Verlust des
Eigentumsrechts geht. Die Annahme einer Gesamtschuld scheidet aus, weil keine
wechselseitige Tilgungswirkung besteht; die Verpflichtung im ganzen erlischt zwar,
wenn die Käuferin ihre Schuld erfüllt, nicht aber durch Leistung des zur vorläufigen
Befriedigung verpflichteten Beklagten (sog. abgestufte Haftung, vgl. Palandt/Heinrichs, §
421 BGB, Rdn. 10 sowie OLG Hamm NJW-RR 1989, 681, 682). Als Fall des
Eigentumsverlustes nach § 255 BGB ist auch die Eigentumsübertragung anerkannt (vgl.
Palandt/Heinrichs, § 255 BGB, Rdn. 5).
Angesichts der Anwendbarkeit des § 255 BGB erweist sich die Erwägung des
Landgerichts, der Kläger sei gehalten, zunächst die rechtlichen Möglichkeiten aus dem
der Übereignung zugrundeliegenden Vertragsverhältnis auszuschöpfen, als nicht
zutreffend. § 255 BGB ist Ausdruck des Grundsatzes, daß die Feststellung eines
Schadens nach der Differenzhypothese nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß der
Geschädigte wegen der entstandenen Nachteile auch einen Anspruch gegen einen
Dritten hat (BGH NJW 1998, 749, 751; Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB, Rdn.
19). Durch die Anwendbarkeit des § 255 BGB ist schließlich sichergestellt, daß nicht
jeder Schuldner des Klägers auf die jeweils andere Ausgleichsmöglichkeit verweist, und
daß der Gläubiger die ihm zustehende Leistung nicht doppelt erhält (vgl. OLG
Düsseldorf NJW-RR 1990, 666).
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Da der Beklagte im Senatstermin nach Erörterung sein Zurückbehaltungsrecht geltend
gemacht hat, war er Zug um Zug gegen Abtretung der evtl. Kaufpreisforderung zu
verurteilen.
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5.
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Ein Mitverschulden des Klägers wegen behaupteter zögerlicher
Anspruchsdurchsetzung gegenüber der Käuferin kommt nicht in Betracht. Im Hinblick
auf die fehlende Dokumentation des Kaufvertrages und der Erfüllungsverweigerung der
Käuferin war es für den Kläger naheliegend, zunächst im Interesse der Masse
Schadloshaltung beim Beklagten zu suchen.
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6.
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Der Kläger kann Zinsen bereits ab dem 23. August 1996 in Höhe von 5 % verlangen.
Durch die mit Schreiben vom 21. August 1996 erfolgte Verweigerung der
Kaufpreiszahlung war jedenfalls die Kaufpreisforderung gegenüber der Firma C1 fällig
geworden, so daß der Konkursmasse nach den §§ 352, 353 HGB aus dem Kaufvertrag
Fälligkeitszinsen in Höhe von 5 % zustanden. Da der Beklagte schadensrechtlich für die
ausgebliebene Kaufvertragserfüllung durch die Firma C1 einzustehen hat, hat er auch
den verursachten Zinsschaden zu ersetzen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Ein die Anwendung des § 92 Abs.
1 ZPO rechtfertigendes Teilunterliegen des Klägers liegt nicht darin begründet, daß die
Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung der Kaufpreisansprüche
erfolgt ist. Der Beklagte hat ein solches Zurückbehaltungsrecht erstmals in der
Senatsverhandlung geltend gemacht, woraufhin sich der Kläger, der zuvor zu keinem
Zeitpunkt die Abtretung evtl. Ansprüche verweigert hatte, sofort einverstanden erklärt
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hat. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711,
713 ZPO. Die Festsetzung des Wertes der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Die von dem Beklagten angeregte Zulassung der Revision konnte nicht erfolgen, weil
die gesetzlichen Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht vorliegen. Die
Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht das Urteil des Senats
von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des Gemeinsamen 8. Senates der
Obersten Gerichtshöfe des Bundes ab.