Urteil des OLG Hamm vom 17.02.2005

OLG Hamm: vernehmung von zeugen, grundbuchamt, kaufpreis, gemeinschaftliches testament, rechtskräftiges urteil, zivilprozess, gegenleistung, urkunde, beschränkung, lebenserfahrung

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 460/04
Datum:
17.02.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 460/04
Vorinstanz:
Landgericht Arnsberg, 6 T 54/04
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung
aufgehoben.
Die erste Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des
Grundbuchamtes vom 28.01.2004 wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 2) hat die dem Beteiligten zu 1) im
Erstbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu
erstatten. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der
weiteren Beschwerde findet nicht statt.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf
65.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
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Als Eigentümer eines Miteigentumsanteils von ½ an dem vorbezeichneten, mit einem
Wohnhaus bebauten Grundstück ist weiterhin Herr U eingetragen, der am 25.07.2001
verstorben ist. Dieser hatte mit seiner am 30.11.2003 nachverstorbenen Ehefrau T
zuletzt in notarieller Urkunde vom 11.07.2001 (UR-Nr. 000/2001 Notar J in C2) ein
gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu
befreiten Vorerben einsetzten. Der Ehemann berief ferner den Beteiligten zu 1), seinen
Sohn aus einer vorangegangenen Ehe, zu seinem Nacherben. Die überlebende
Ehefrau konnte wegen einer Erkrankung das Haus zuletzt nicht mehr bewohnen. Eine
Einigung mit dem Beteiligten zu 1) über eine Verwertung des Grundstücks kam nicht
zustande.
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Der Beteiligte zu 2) ist ein Enkelsohn der überlebenden Ehefrau, der von ihrer Tochter O
abstammt. Diese schloss aufgrund einer ihr erteilten Vollmacht namens ihrer Mutter mit
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dem Beteiligten zu 2) in notarieller Urkunde vom 27.11.2003 (UR-Nr. 000/2003 Notar Dr.
U2 in O) einen Kaufvertrag mit Auflassung über den vorbezeichneten
Miteigentumsanteil zu einem bei Vertragsschluss sofort fälligen Kaufpreis von 65.000,00
Euro. Der Urkundsnotar hat mit einem bei dem Grundbuchamt am 28.11.2003
eingegangenen Schreiben die Umschreibung des Miteigentumsanteils auf den
Beteiligten zu 2) beantragt.
Diesem Antrag ist der Beteiligte zu 1) mit der Begründung entgegengetreten, die
Verfügung der zwischenzeitlich verstorbenen Vorerbin sei ihm gegenüber unwirksam,
weil sie unentgeltlich erfolgt sei. Der in dem Vertrag vereinbarte Kaufpreis sei von dem
Beteiligten zu 2) tatsächlich nicht gezahlt worden.
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Das Grundbuchamt hat dem Beteiligten zu 2) zunächst durch Zwischenverfügung vom
07.01.2004 Gelegenheit gegeben, eine Zustimmungserklärung des Beteiligten zu 1) als
Nacherben beizubringen. Durch Beschluss vom 28.01.2004 hat das Grundbuchamt
sodann den Eintragungsantrag zurückgewiesen.
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Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz seiner
Verfahrensbevollmächtigten vom 10.02.2004 Beschwerde eingelegt. Im Laufe der
Erstbeschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 2) mit näheren Einzelheiten behauptet,
er habe den vereinbarten Kaufpreis von 65.000,00 Euro anlässlich des
Beurkundungstermins bar an seine Mutter O bezahlt, die ihrerseits noch am selben Tag
den Geldbetrag in einem Altenheim seiner Großmutter übergeben habe. Über den
Zahlungsvorgang seien jeweils Quittungen ausgestellt worden. Den Kaufpreis habe er,
der Beteiligte zu 2), zu einem Teilbetrag von 15.000,00 Euro aus eigenen Mitteln, den
Restbetrag durch Aufnahme privater Darlehen von seiner Lebensgefährtin sowie
seinem künftigen Schwiegervater und Schwager aufgebracht.
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Das Landgericht hat in den Sitzungen vom 23.06. und 12.10.2004 Beweis erhoben
durch Vernehmung der Zeugen O und M sowie des Urkundsnotars Dr. U2. Durch
Beschluss vom 03.11.2004 hat das Landgericht den Beschluss des Grundbuchamtes
aufgehoben und dieses angewiesen, über den Antrag auf Eigentumsumschreibung
unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer erneut zu entscheiden. In den
Gründen seiner Entscheidung hat das Landgericht näher ausgeführt, aufgrund der
durchgeführten Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der
Beteiligte zu 2) den Kaufpreis von 65.000,00 Euro anlässlich des Beurkundungstermins
vom 27.11.2003 an die Zeugin O in bar gezahlt habe.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1),
die er mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 18.11.2004 bei dem
Landgericht eingelegt hat.
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II.
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Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft sowie gem. § 80 Abs. 1 GBO
formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, daß
das Landgericht die Entscheidung des Grundbuchamtes zu seinem Nachteil abgeändert
hat. Die Beeinträchtigung seiner Rechtsstellung liegt darin, daß das Grundbuchamt bei
dem Vollzug der Auflassung des Vorerben ohne dessen Voreintragung die Rechte des
Nacherben zu wahren hat (siehe dazu näher die nachstehenden Ausführungen) und
das Landgericht im Rahmen seiner abändernden Entscheidung die Verfügung der
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befreiten Vorerbin gegenüber dem Beteiligten zu 1) als wirksam angesehen hat, weil sie
entgeltlich erfolgt sei. Die dadurch begründete Rechtsbeeinträchtigung des Beteiligten
zu 1) ist auch gegenwärtig (BGH NJW 1998, 3347). Die Rechte des Beteiligten zu 1) als
Nacherben werden zwar abschließend erst durch eine Eintragung des Beteiligten zu 2)
als Eigentümer berührt. Daß es zu einer solchen Eintragung kommt, muß jedoch auf der
Grundlage der Entscheidung des Landgerichts als sicher angesehen werden. Denn die
Entscheidung des Landgerichts beschränkt sich nicht etwa auf die Beanstandung einer
Zwischenverfügung (BGH a.a.O.). Vielmehr hat das Landgericht unter Aufhebung der
Entscheidung des Grundbuchamtes die Sache an dieses zurückverwiesen, das bei
seiner erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag an die tragenden
Erwägungen der landgerichtlichen Entscheidung gebunden ist (§ 563 Abs. 2 ZPO
analog). Hinzu kommt, daß anderweitige durchgreifende Eintragungshindernisse nicht
ersichtlich sind, zumal solche zur Zurückweisung der Erstbeschwerde hätten führen
müssen.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts
auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 78 S. 1 GBO). Die weitere Beschwerde führt
zur Wiederherstellung der Entscheidung des Grundbuchamtes.
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In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffen von einer gem. § 71 Abs. 1
GBO zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des
Grundbuchamtes vom 28.01.2004 ausgegangen, durch den sein Eintragungsantrag
zurückgewiesen worden ist.
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Sachlich hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Gegenstand des Eintragungsantrags ist der Vollzug der von der befreiten Vorerbin und
dem Beteiligten zu 2) erklärten Auflassung (§ 20 GBO) des Miteigentumsanteils zu ½,
der im Grundbuch noch für den verstorbenen Herrn U gebucht ist. Die im Allgemeinen
erforderliche Voreintragung des Berechtigten (§ 39 GBO) ist bei der Übertragung eines
Rechts entbehrlich, wenn die Verfügung durch den Erben des eingetragenen
Berechtigten getroffen wird (§ 40 Abs. 1 S. 1 GBO). Diese Vorschrift gilt auch für
Verfügungen eines Vorerben. § 40 GBO darf jedoch nicht ohne Rücksicht die Vorschrift
des § 51 GBO angewendet werden, die das Grundbuchamt verpflichtet, die Rechte des
Nacherben durch die Eintragung eines Nacherbenvermerks von Amts wegen zu
wahren. Die Eintragung des Nacherbenvermerks ist indessen nur möglich, wenn der
Vorerbe als Berechtigter eingetragen wird. Aus dem Zusammenspiel beider Vorschriften
folgt nach anerkannter Auffassung, daß die Eintragung der Übertragung des Rechts
ohne Voreintragung des Vorerben nur möglich ist, wenn dem Grundbuchamt
nachgewiesen wird, daß die Verfügung des Vorerben dem Nacherben gegenüber
wirksam ist (vgl. etwa BayObLGZ 1989, 183, 185; Senat FGPrax 1995, 7, 8; Demharter,
GBO, 24. Aufl., § 40, Rdnr. 5). Da der Beteiligte zu 2) der Verfügung der Vorerbin nicht
zugestimmt hat, kommt nur der Nachweis in Betracht, daß die Vorerbin entgeltlich über
den Miteigentumsanteil zugunsten des Beteiligten zu 2) verfügt hat. Trifft dies zu, ist ihre
Verfügung gem. § 2113 Abs. 2 BGB dem Beteiligten zu 1) gegenüber wirksam, weil sie
durch das notarielle Testament vom 11.07.2001 (§ 35 Abs. 1 S. 2 GBO) die
Rechtsstellung einer befreiten Vorerbin erlangt hat. Die Bindungswirkung (§ 873 Abs. 2
BGB) einer wirksamen Verfügung der Vorerbin erstreckt sich ohne weiteres auch auf
den Nacherben, so daß die Eigentumsumschreibung auch nach dem Tod der Vorerbin
im Grundbuch vollzogen werden kann. Von der Erforderlichkeit des Nachweises der
Entgeltlichkeit der Verfügung der Vorerbin ist auch das Landgericht ausgegangen.
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Eine Verfügung ist unentgeltlich im Sinne von § 2113 Abs. 2 BGB, wenn der Vorerbe –
objektiv betrachtet – ohne gleichwertige Gegenleistung ein Opfer aus der Erbmasse
erbringt und – subjektiv betrachtet – weiß, dass für dieses Opfer der Erbmasse keine
gleichwertige Gegenleistung zufließt, oder er die Unzulänglichkeit der Gegenleistung
zumindest hätte erkennen müssen. Die Entgeltlichkeit der Verfügung, für die es auf das
wirtschaftliche Ergebnis ankommt, ist nach dem Zeitpunkt ihrer Vornahme zu beurteilen.
Der Nachweis der Entgeltlichkeit der Verfügung der befreiten Vorerbin ist grundsätzlich
in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO, also durch öffentliche Urkunden zu führen. Da
eine Beweisführung in dieser Form regelmäßig nicht möglich ist, sind die an die
Beweisführung zu stellenden Anforderungen durch die Rechtsprechung abgeschwächt
worden. Hiernach wird das Grundbuchamt für berechtigt und verpflichtet gehalten, bei
der unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Falles und der vorgelegten
Urkunden vorzunehmenden Prüfung, ob die Entgeltlichkeit nicht als offenkundig im
Sinne von § 29 Abs. 1 S. 2 GBO anzusehen ist, Regeln der Lebenserfahrung und der
Wahrscheinlichkeit heranzuziehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die
Unentgeltlichkeit einer Verfügung des Vorerben nur dann angenommen werden darf,
wenn er die Unzulänglichkeit der Gegenleistung erkannt hat oder bei ordnungsgemäßer
Verwaltung des Nachlasses hätte erkennen müssen (vgl. BayObLG Rpfleger 1988, 525
f.; OLG Frankfurt Rpfleger 1980, 107, 108; Senat OLGZ 1991, 137, 140; FGPrax 1995,
14, 16).
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Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die dem Grundbuchamt
vorgelegten Urkunden einschließlich des Vorbringens der Beteiligten den Schluss auf
die Entgeltlichkeit der Verfügung der Vorerbin auch im Rahmen des dargestellten
erweiterten Prüfungsmaßstabes nicht zulassen. Der notarielle Vertrag mit Auflassung
vom 27.11.2003 enthält in § 3 lediglich die Regelung, dass der mit 65.000,00 Euro
vereinbarte Kaufpreis mit Vertragsunterzeichnung sofort fällig ist. Dass der Kaufpreis
gezahlt worden ist, ergibt sich aus der Urkunde nicht. Vielmehr hat sich der Beteiligte zu
2) wegen des Anspruchs der Vorerbin auf Kaufpreiszahlung der sofortigen
Zwangsvollstreckung unterworfen. Vereinbarungen, die die gegenseitige
Vertragserfüllung sicherstellen, enthält die notarielle Urkunde nicht. Der Antrag auf
Eigentumsumschreibung aufgrund der erklärten Auflassung ist bei dem Grundbuchamt
bereits am Folgetag eingegangen. Entgeltlich kann die Verfügung der Vorerbin deshalb
nur sein, wenn die streitige Behauptung des Beteiligten zu 2) zutrifft, er habe den
vereinbarten Kaufpreis anlässlich des Beurkundungstermins in bar an seine Mutter als
Vertreterin der Vorerbin gezahlt. Der Umstand, dass die Mutter des Beteiligten zu 2) den
Erhalt des Geldbetrages schriftlich quittiert hat, kann jedoch auch unter
Berücksichtigung der Lebenserfahrung dem Grundbuchamt keineswegs die verlässliche
Überzeugung vermitteln, dass diese tatsächliche Behauptung des Beteiligten zu 2)
zutrifft. Denn es ist anerkannt, dass im Gegensatz zu normalen Verkehrsgeschäften mit
unbeteiligten Dritten bei Geschäften im Verwandtenkreis eine kritische Prüfung bei der
Auswertung von Umständen in Bezug auf die Entgeltlichkeit der Verfügung des
befreiten Vorerben geboten ist (OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Braunschweig Rpfleger
1991, 204; Senat FGPrax 1995, 14, 16). Hinzu kommt, dass bereits die eigene
Darstellung des Beteiligten zu 2), er habe sich den überwiegenden Teil des Kaufpreises
von 50.000,00 Euro durch Aufnahme privater Darlehen seiner Lebensgefährtin sowie
seines künftigen Schwiegervaters und Schwagers besorgt, aus sich heraus wenig
plausibel erscheint, wenn die Darlehensmittel zum Erwerb eines Miteigentumsanteils an
einem Grundstück dienten, der für sich genommen wirtschaftlich kaum verwertbar ist,
zumal der Beteiligte zu 2) im Hinblick auf seinen auswärtigen Wohnort keine nähere
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Beziehung zu diesem Grundstück hat.
Davon ausgehend hat das Landgericht angenommen, die bestehende Lücke im
urkundlichen Nachweis der Entgeltlichkeit könne durch eine im
Grundbucheintragungsverfahren vorzunehmende Beweisaufnahme, hier die vom
Landgericht durchgeführte Vernehmung von Zeugen über den behaupteten Vorgang der
Kaufpreiszahlung anlässlich des Beurkundungstermins vom 27.11.2003, sowie
Würdigung des dadurch herbeigeführten Beweisergebnisses geschlossen werden.
Dieser Auffassung kann der Senat nicht folgen, weil sie mit gefestigten Grundsätzen des
Grundbucheintragungsverfahrens nicht in Einklang steht. Dies folgt unmittelbar aus § 29
GBO, der den vom Antragsteller zu führenden urkundlichen Nachweis der
Eintragungsvoraussetzungen vorsieht. Die Vorschrift des § 29 GBO will damit den
Gefahren begegnen, die aus einer unrichtigen Eintragung im Hinblick auf den
öffentlichen Glauben des Grundbuchs erwachsen. Die Beschränkung der Möglichkeit
des Nachweises der Eintragungsvoraussetzungen auf öffentliche bzw. öffentlich-
beglaubigte Urkunden dient dem Zweck des Grundbuchs, über Rechtsverhältnisse an
Grundstücken zuverlässig Auskunft zu geben. Mit diesem Grundsatz des vom
Antragsteller in qualifizierter urkundlicher Form zu erbringenden Nachweises ist eine
ergänzende Anwendung des § 12 FGG nicht zu vereinbaren. Dementsprechend wird in
der Rechtsprechung einhellig der Standpunkt vertreten, dass das
Grundbucheintragungsverfahren kein Erkenntnisverfahren ist und es deshalb in diesem
Verfahren dem Grundbuchamt (und dem an seine Stelle tretenden
Erstbeschwerdegericht) ausnahmslos verwehrt ist, in eigene tatsächliche Ermittlungen
und Beweiserhebungen einzutreten (BGHZ 35, 135, 139; BayObLGZ 1989, 111 = NJW-
RR 1989, 910; Senat OLGZ 1991, 137, 141; FGPrax 1995, 14, 17; NJW-RR 1996, 1230,
1232). Diese Beschränkung gilt auch dann, wenn das Grundbuchamt nach der
Rechtsprechung im Einzelfall berechtigt und verpflichtet ist, auch andere als öffentliche
Urkunden daraufhin zu prüfen, ob in Verbindung mit Sätzen der Lebenserfahrung der
Nachweis der Entgeltlichkeit der Verfügung der befreiten Vorerbin erbracht ist. Es
verbleibt auch in diesem Fall bei der Beschränkung auf präsente, von dem Antragsteller
vorzulegende Urkunden (Senat a.a.O.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der
vom Landgericht herangezogenen Kommentarstelle (Haegele/Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rdnr. 159), in der lediglich die erweiterte sachliche
Prüfungsbefugnis des Grundbuchamtes beschrieben wird, während an anderer Stelle
desselben Werks (Rdnr. 209 b) ausdrücklich auf den verfahrensrechtlichen Ausschluss
eigener Ermittlungen des Grundbuchamtes hingewiesen wird. Kann der Antragsteller
danach den ihm obliegenden Nachweis im Grundbucheintragungsverfahren nicht
führen, bleibt ihm die Möglichkeit, durch Klageerhebung im Zivilprozess gegen den
Nacherben ein rechtskräftiges Urteil zu erwirken, durch das die Wirksamkeit der
Verfügung der befreiten Vorerbin ihm gegenüber festgestellt wird. Es ist
verfahrensrechtlich ausgeschlossen, in einem solchen Fall die in einem ggf. zu
führenden Zivilprozess vorbehaltenen tatsächlichen Feststellungen durch eine
Beweisaufnahme im Grundbucheintragungsverfahren quasi vorwegzunehmen. Denn
die Entscheidungen im Grundbucheintragungsverfahren sind im Gegensatz zu
denjenigen im Zivilprozess nicht der materiellen Rechtskraft fähig. Die gegenteilige
Handhabung des Landgerichts begründet die Gefahr, dass eine durch Beweiserhebung
im Grundbucheintragungsverfahren gewonnene Überzeugungsbildung in Widerspruch
geraten kann zu den in einem anschließenden Zivilprozess getroffenen tatsächlichen
Feststellungen mit der Folge, dass eine als Ergebnis des Grundbuchverfahrens
vorgenommene Eintragung sich später als unrichtig erweisen kann. Die Begründung der
vom Landgericht im vorliegenden Fall vorgenommenen Beweiswürdigung lässt diese
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Gefahr deutlich erkennbar werden: Die Kammer hat zum Ausdruck gebracht, nach den
Aussagen der Zeugen O und M verbliebene Zweifel an der Übergabe des Kaufpreises
im Beurkundungstermin seien maßgebend durch die Aussage des Urkundsnotars
ausgeräumt worden. Dieser hat indessen die Übergabe eines bestimmten Geldbetrages
an die Zeugin O nicht bestätigen, sondern lediglich angeben können, er habe nach dem
Beurkundungsvorgang gesehen, dass die Beteiligten einen Umschlag mit Bargeld in
Euro-Scheinen in der Hand gehalten und den Betrag in seiner Gegenwart hätten zählen
wollen. Er, der Notar, habe dies jedoch für untunlich gehalten und die
Urkundsbeteiligten in den Warteraum geschickt, wo diese das Zählen des Geldes
fortgesetzt hätten. Die Gefahr, dass ein anderes Gericht im Zivilprozess zu einem
anderen Ergebnis der Beweiswürdigung gelangen kann, ist danach durchaus nahe
liegend.
Der Umstand, dass das Landgericht den Zeugenbeweis in verfahrensrechtlich
unzulässiger Weise erhoben hat, führt zugleich dazu, dass das Beweisergebnis im
Grundbucheintragungsverfahren nicht verwertet werden darf (KG Rpfleger 1968, 224,
225; BayObLG FGPrax 2004, 209). Setzt sich das Gericht über das
Beweiserhebungsverbot hinweg, so darf dieser Verfahrensverstoß sich nicht zum
Nachteil eines Verfahrensbeteiligten auswirken, indem die gerichtliche Entscheidung –
wie hier – auf das Ergebnis dieser Beweiserhebung gestützt wird.
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Die Sache ist danach zur abschließenden Entscheidung reif. Der Senat hat anstelle des
Landgerichts die erste Beschwerde des Beteiligten zu 2) zurückgewiesen.
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Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Verfahren der weiteren
Beschwerde entspricht nicht der Billigkeit (§ 13 a Abs. 1 S. 1 FGG). Der sachliche Erfolg
des Rechtsmittels reicht allein nicht aus, um von dem Grundsatz abzuweichen, dass im
Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten
selbst zu tragen haben. Für das Erstbeschwerdeverfahren war hingegen aufgrund der
zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG eine Erstattungsanordnung zu treffen,
nachdem dieses Rechtsmittel nunmehr durch den Senat zurückgewiesen worden ist.
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Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131
Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.
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