Urteil des OLG Hamm vom 12.02.2008

OLG Hamm: gesellschaft mit beschränkter haftung, geschäftsführer, lex fori, zweigniederlassung, beglaubigung, satzung, handelsregister, resolution, vereidigung, verordnung

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 359/07
Datum:
12.02.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 359/07
Vorinstanz:
Landgericht Paderborn, 7 T 10/06
Tenor:
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom
05.07.2006 werden aufgehoben.
Das Amtsgericht wird angewiesen, die Zweigniederlassung der
betroffenen Gesellschaft in das Handelsregister B beim Amtsgericht
Paderborn wie folgt einzutragen:
Spalte 2
Unterspalte a) (Firma): D
Unterspalte b) (Sitz): T Zweigniederlassung der D mit Sitz in C D2 Nr.
#######
Unterspalte c) (Gegenstand des Unternehmens):
Vertrieb von Dampfmaschinen (Modelle) im Internet (C)
Spalte 3 (Grund – oder Stammkapital): 100,- GBP
Spalte 4:
Unterspalte a) (allgemeine Vertretungsregelung):
Ist nur ein Director bestellt, vertritt er die Gesellschaft alleine. Sind
mehrere Directors bestellt, vertreten diese die Gesellschaft gemeinsam.
Unterspalte b) (Vorstand u.a.):
Director: I, T, * ##########. Er ist zugleich ständiger Vertreter der
Zweigniederlassung und als solcher einzelvertretungsbefugt.
Spalte 6
Unterspalte a) (Rechtsform): private limited company by shares
Gründungsurkunde vom 02.05.2006
Der Geschäftswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf 3.000 €
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Beteiligte wurde nach den von ihr zu den Akten gereichten Unterlagen als Privat
Limited Company (Kapitalgesellschaft) nach dem Gesetz über Kapitalgesellschaften
von 1985 in England am 02.05.2006 gegründet und dort in das "Registrar of companies
for England and Wales" unter der Company No. ####### eingetragen.
Geschäftsgegenstand der Gesellschaft ist laut Ziffer 3 (A) und (B) des "memorandum of
association" die Abwicklung von Geschäften als allgemeines kommerzielles
Unternehmen. Zudem kann die Gesellschaft alle Geschäfte aller möglichen
Geschäftsbereiche tätigen, die nach dem Gutdünken der Geschäftsführung für die
Gesellschaft von Vorteil sein könnten. Die Beteiligte begehrt die Eintragung einer
Zweigniederlassung in das deutsche Handelsregister.
3
Der notariell beglaubigten (Notar T in T/ UR – Nr. ###/##) Anmeldung des Herrn I vom
15.05.2006 sind abschriftlich beigefügt ein "Certificate of incorporation of a private
limited company" und ein "Accepted" des D2, ein "Memorandum of association" und die
"Articles of Association" sowie die Beglaubigung einer englischen Notarin der
Gründungsurkunde, des vorliegenden Gesellschaftsvertrages und der Übereinstimmung
der Gründung mit den Voraussetzungen des englischen Rechts sowie eine Bestätigung
der Notarin der Eintragung der Beteiligten in das D2. Diesen in englischer Sprache
abgefassten Dokumenten schließt sich eine Übersetzung in die deutsche Sprache der
Dolmetscherin X an. Diese ist ermächtigt zur Übersetzung von Schriftstücken am
Landgericht Frankfurt und seit Oktober 2003 zur Beglaubigung von Schriftstücken am
Landgericht Wiesbaden.
4
Zur Vertretungsberechtigung hat die Beteiligte Folgendes angemeldet:
5
"Vertritt die Gesellschaft nur ein alleiniger Geschäftsführer, ist dieser
alleinvertretungsberechtigt. Die Gesellschafter oder die
Geschäftsführerversammlung können einen oder mehrere Geschäftsführer
bestellen und insgesamt oder hinsichtlich eines bestimmten Bereichs mit der
alleinigen Vertretungsbefugnis ausstatten. Sofern nichts anderes per
Gesellschafterbeschluss bestimmt ist, vertreten mehrere Geschäftsführer die
Gesellschaft gemeinsam.
6
Die Geschäftsführer sind berechtigt, für die Gesellschaft Verträge abzuschließen
und können dabei auch für sich selbst im eigenen Namen handeln oder als
Vertreter Dritter auftreten."
7
Des weiteren fügte die Beteiligte der Anmeldung einen in deutscher Sprache gefassten
Gesellschafterbeschluss zur Gründung einer Zweigniederlassung in T und der
Bestellung des I als Director bei.
8
In den "Articles of Association" ist unter dem Kapitel Vollmacht, Pflichten und Abläufe
bzgl. der Geschäftsführer nach der eingereichten Übersetzung in Ziffer 25 folgendes
geregelt:
9
"Gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über Kapitalgesellschaften können die
Gesellschafter oder die Geschäftsführerversammlung einen oder mehrere
Geschäftsführer bestellen, und insgesamt oder hinsichtlich eines bestimmten
Bereichs oder insgesamt mit der alleinigen Vertretungsbefugnis für die Gesellschaft
ausstatten. Sofern nichts anderes per Gesellschafterbeschluss bestimmt ist,
vertreten mehrere Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam."
10
Im englischen Original lautet der letzte Satz wörtlich:
11
"Unless so authorised by resolution, the Company shall be managed and
represented jointly by all Directors."
12
Das Registergericht hat am 05.07.2006, nachdem die Beteiligte ihren weitergehenden
Antrag auf Eintragung der Befreiung des Geschäftsführers von den Beschränkungen
des § 181 BGB zurückgenommen hatte, die Anmeldung zurückgewiesen. Als
Begründung hat das Registergericht ausgeführt, dass die Übersetzung ungenau sei. Im
Übrigen hat das Registergericht Bezug genommen auf eine Zwischenverfügung vom
30.05.2006. In dieser hatte es beanstandet, dass die Übersetzung nicht von einer
öffentlich bestellten oder vereidigten Dolmetscherin erstellt worden und die
angemeldete abstrakte Vertretungsregelung durch mehrere Geschäftsführer ungenau
sei, weil nicht angegeben werde, durch wie viele der bestellten Direktoren im Einzellfall
die Gesellschaft vertreten werde.
13
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht – Kammer für
Handelssachen - mit Beschluss vom 04.09.2007 zurückgewiesen.
14
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten, die sie
mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten, vom 01.10.2007 bei dem
Oberlandesgericht eingelegt hat.
15
II.
16
Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht
eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits daraus, dass ihre erste
Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
17
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts
auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG). Die weitere
Beschwerde führt zur Anweisung an das Amtsgericht, die angemeldete Eintragung
18
vorzunehmen.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen
Erstbeschwerde der beteiligten Gesellschaft ausgegangen.
19
In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts nicht in allen Punkten einer
rechtlichen Nachprüfung durch den Senat stand.
20
Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass sich die Anmeldung der
Eintragung der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft mit beschränkter
Haftung wie einer "Private Limited Company" in das deutsche Handelsregister nach den
§§ 13d, 13e und 13g HGB richtet. Zwar beziehen sich diese Vorschriften dem Wortlaut
nach nicht auf eine englische "Private Limited Company"; diese ist aber insoweit der
deutschen GmbH gleichgestellt ( vgl. Senat in FG Prax 2006, 276; OLG München NZG
2006, 512; OLG Frankfurt NZG 2006, 515; KG NZG 2004, 49f). Dies bedeutet, dass das
Eintragungsverfahren hinsichtlich der Zweigniederlassung grundsätzlich deutschem
Verfahrensrecht als lex fori unterliegt (KG a.a.O.; OLG Jena NZG 2006 434; Ebenroth/
Boujong u.a., HGB, 2. Aufl., § 13d Rz. 15, 16; Keidel – Schmidt, FG, 15. Aufl., Einl. Rz.
64).
21
Vom Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist daher, dass die Vorinstanzen gemäß §
13g Abs. 2 Satz 1 HGB die Anmeldung von dem Einreichen einer beglaubigten
Übersetzung der Satzung in deutscher Sprache abhängig gemacht haben. Im
Unterschied zur Regelung des § 142 Abs. 3 ZPO steht dies nicht im Ermessen des
Registergerichts. Der Begriff der beglaubigten Übersetzung ist nicht gesetzlich definiert.
Erforderlich aber auch genügend ist, dass die Richtigkeit der Übersetzung durch einen
gerichtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder Dolmetscher bestätigt wird. Die
Einzelheiten des Verfahrens zur gerichtlichen Bestellung oder Vereidigung richten sich
nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften (Röhricht, Graf von Westphalen –
Ammon, 2. Aufl., HGB, § 13 f Rz. 6; Heymann/ Sonnenschein – Weitmayer, 2. Aufl.,
HGB, § 13 f Rz. 4, 13 g Rz. 3; LG Leipzig NZG 2005, 759). Daran ändert sich nichts, weil
durch Art. 87 des 1. Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im
Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19.04.2006 (BGBl I
2006, 866, 878) die Verordnung zur Vereinfachung des Verfahrens auf dem Gebiet des
Beurkundungsrechts vom 21.10.1942 (RGBl. I 1942, 609) aufgehoben worden ist. Diese
Verordnung regelte nicht die Voraussetzungen der öffentlichen Bestellung eines
Sachverständigen, sondern setzte sie voraus.
22
Der so beschriebenen formellen Voraussetzung der Vorlage einer beglaubigten
Übersetzung der Satzung hat die Beteiligte genügt, indem sie die von der Dolmetscherin
für die englische Sprache X beglaubigte Übersetzung eingereicht hat. Die Übersetzerin
ist vom Präsidenten des Landgerichts Frankfurt zur Übersetzung von Schriftstücken und
vom Präsidenten des Landgerichts Wiesbaden ermächtigt zur Beglaubigung von
Schriftstücken und daher nach den im Bundesland Hessen einschlägigen
Rechtsvorschriften gerichtlich bestellte Dolmetscherin. Diese Ermächtigungen sind
bislang nicht widerrufen worden. Alleine ein unsorgfältiges Arbeiten in der
Vergangenheit führt nicht zu der Aberkennung der Bestellung als gerichtlich bestellte
Dolmetscherin.
23
Nicht erforderlich ist, dass die Übersetzerin gesondert nach den in Nordrhein –
Westfalen geltenden Regelungen durch einen Präsidenten eines Land- oder
24
Oberlandesgerichts bestellt und vereidigt wurde. Dies ist nur Voraussetzung für die
Bestellung und Vereidigung eines Dolmetschers im Land NRW. Für die
prozessrechtlichen Voraussetzungen ist es indes ohne Bedeutung, in welchem
Bundesland der Übersetzer bestellt wurde, solange deren landesrechtlichen
Bestellungsvorschriften eingehalten wurden (vgl. LG Chemnitz NZG 2006, 517).
Ungenauigkeiten der Übersetzung können lediglich im Einzelfall nach § 12 FGG die
Notwendigkeit weiterer Ermittlungen nach sich ziehen. Sie rechtfertigen aber nicht die
Zurückweisung der Anmeldung wegen des Fehlens einer beglaubigten Übersetzung.
Nur in diesem Zusammenhang spielt der Beweiswert des Beglaubigungsvermerks eine
Rolle.
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Auch im Übrigen hat die Betroffene die formellen Einragungsvoraussetzungen einer
Zweigniederlassung einer "Private Limited Company" erbracht. Die Betroffene hat
insbesondere eine öffentliche beglaubigte Abschrift des Gesellschaftsvertrages
(memorandum of association sowie articles of association), § 13 g Abs. 2 Satz 1 HGB,
und einen beglaubigten Registerauszug (certificate of incorporation), § 13 e Abs. 2 Satz
2 HGB, vorgelegt. Dabei ist ausreichend, dass die Beglaubigung durch einen
englischen Notar erfolgte (vgl. Krafka/ Willer, Registerrecht, 7. Aufl., Rz. 323). Ist - wie
hier - die Bestellung des director nicht in der Gründungssatzung erfolgt, bedarf es
grundsätzlich der Vorlage des Bestellungsbeschlusses der Generalversammlung (Senat
a.a.O. m.w.N.), § 13 g Abs. 2 Satz 2 HGB, 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 GmbHG. Diesem
Erfordernis hat die Betroffene durch die Vorlage des Beschlusses der
Gesellschafterversammlung vom 02.05.2006 entsprochen.
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Von der Frage der formal einzureichenden Unterlagen ist diejenige zu unterscheiden,
ob die Vertretungsverhältnisse – wie beantragt – in der Gründungssatzung in
Übereinstimmung mit der Anmeldung geregelt wurden. Diese Frage unterliegt der
Prüfungskompetenz des Registergerichts (vgl. BayObLG DB 1993, 156). Wörtlich hat
die Betroffene beantragt, dass – sofern nichts anderes per Gesellschafterbeschluss
bestimmt ist – mehrere Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam vertreten. Ob diese
Anmeldung mit der gesellschaftsvertraglichen Vertretungsregelung übereinstimmt, ist
anhand der englischen Originalfassung zu überprüfen. Die deutsche Übersetzung dient
dem Registergericht lediglich als Hilfsmittel, um die Übereinstimmung der Anmeldung
mit dem Inhalt der Urkunden überprüfen zu können. Von daher kommt es nicht auf die
Ungenauigkeit der Übersetzung an, wenn das Gericht den Inhalt der Regelung bereits
anhand der englischsprachigen Originalfassung feststellen kann. In einem solchen Fall
gebietet § 12 FGG nicht die Einholung einer weiteren Übersetzung. Die Satzung der
Gesellschaft kann das Rechtsbeschwerdegericht selbst auslegen, an die Auslegung der
Vorinstanz ist es nicht gebunden (Keidel – Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rz. 50).
Daher kann das Rechtsbeschwerdegericht – wie das Tatsachengericht (Keidel –
Zimmermann, a.a.O., § 9 Rz. 8) - auch selbst eine fremdsprachige Urkunde übersetzen.
Auch ohne Kenntnisse des Wirtschaftsenglischen erschließt sich dem Senat ohne
weiteres die Bedeutung des Satzes "Unless so authorised by resolution, the Company
shall be managed and represented jointly by all Directors." Gemeint ist damit, dass die
Gesellschaft, falls kein anderweitiger Beschluss getroffen wurde, durch alle bestellten
Directors gemeinsam vertreten wird und nicht durch einige von mehreren.
27
In diesem Sinne ist auch die Anmeldung zu verstehen. Es besteht kein Anhaltspunkt,
dass die Beteiligte die Vertretungsverhältnisse abweichend von der Satzung anmelden
wollte. Im Gegenteil hat sie mit Schreiben vom 20.06.2007 sogar erklärt, dass kein
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Übersetzungsfehler vorliege, also der dem Übersetzungstext nachgebildete Antrag sich
mit dem englischen Original decke. Dies wiederum lässt sich zwanglos damit erklären,
dass die Betroffene meint, bereits durch die von ihr gewählte Formulierung "… mehrere
Geschäftsführer vertreten die Gesellschaft gemeinsam …" werde die von dem Senat
angenommene Vertretungsregelung zum Ausdruck gebracht.
Eine im Sinne der Auslegung des Senats verstandene Vertretungsregelung ist auch
eindeutig, weil stets die Anzahl der Directors der Anzahl der die Betroffene gemeinsam
vertretenden Personen entspricht.
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Um im Rechtsverkehr keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, hat der Senat
den Fassungsvorschlag der Betroffenen hinsichtlich der Eintragung der
Vertretungsverhältnisse nicht wortgetreu übernommen, sondern die eindeutige
Formulierung "Sind mehrere Directors bestellt, vertreten diese die Gesellschaft
gemeinsam." gewählt. Das Gericht ist nicht an den Fassungsvorschlag eines Beteiligten
gebunden (Vgl. OLG Köln FGPrax 2004,86; Krafka/ Willer a.a.O. Rz. 173).
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Da die Eintragung auch im Übrigen den Anforderungen nach den §§ 13 e, 13 g HGB
entspricht und damit dem Vollzug der Anmeldung keine weiteren Hindernisse
entgegenstehen, hat der Senat selbst in der Sache entschieden und das Registergericht
angewiesen, die angemeldete Eintragung zu vollziehen.HGB
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Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131
Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 Kosto.
32