Urteil des OLG Hamm vom 13.08.2010

OLG Hamm (kläger, antrag, unterbringung, unterlassen, zpo, stellungnahme, zeitpunkt, ergebnis, beweismittel, intervention)

Oberlandesgericht Hamm, 11 U 190/10
Datum:
13.08.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 U 190/10
Vorinstanz:
Landgericht Hagen, 4 O 422/09
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom
19.07.2010 für die Durchführung eines beabsichtigten
Berufungsverfahrens gegen das am 10.06.2010 verkündete Urteil der 4.
Zivilkammer des Landgerichts Hagen (Az.:4 O 422/09) wird
zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten
werden nicht erstattet.
Gründe:
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Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers vom 19.07.2010 war zu rückzuweisen, da die
beabsichtigte Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).
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Soweit der Kläger einen sich aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ergebenden
Entschädigungsanspruch für seine Unterbringung in dem 15,75 qm großen und über
eine baulich abgetrennte Toilette nebst separatem Außenfenster verfügenden Haftraum
Nr. II B 250 in der vor dem 01.01.1977 errichteten JVA Hagen geltend macht, in dem er
vom 12.06.2008 bis zum 11.08.2008 (61 Tage) mit drei weiteren Mitgefangenen
untergebracht war, kommt zwar grundsätzlich unter dem Gesichtspunkt der
Überbelegung ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von kalendertäglich
10,- € (vgl. dazu z.B.: Senatsbeschlüsse vom 23.07.2010 zu I-11 U 187/10; vom
28.07.2010 zu I-11 W 62/10 – st. Rspr.), das heißt insgesamt 610,- €, in Betracht, da
jedem Gefangengen nicht mindestens eine Haftraumgrundfläche von 5 qm zur
Verfügung stand (vgl. dazu z.B.: Senatsbeschlüsse vom 25.06.2010 zu I-11 U 340/09;
vom 23.07.2010 zu I-11 U 187/10; vom 28.07.2010 zu I-11 W 62/10 – st. Rspr.).
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Indes ist nach dem zu berücksichtigenden Sach- und Streitstand davon auszugehen,
dass die Ersatzpflicht gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist, wovon auch das
Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen ist. Der Kläger hat es nicht nur
unterlassen, gegen seine Unterbringung mit Rechtsmitteln im Sinne des § 839 Abs. 3
BGB vorzugehen, wozu insbesondere förmliche Anträge nach §§ 109, 114 StVollzG
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gehören, sondern er hat sich – bis zum 07.08.2008 – überhaupt nicht gegen seine
konkrete Inhaftierungssituation gewendet und diese hingenommen. Nach dem
substantiierten Vortrag des beklagten Landes (S. 4 der Stellungnahme vom 14.12.2009,
Bl. 16 GA), dem der Kläger nicht mehr erheblich entgegengetreten ist, hat der Kläger
erstmals am 07.08.2008 bei dem als Zeugen benannten JVOS X nach einem
Einzelhaftraum gefragt und wurde – insoweit unstreitig – ab dem 12.08.2008 in einem
solchen untergebracht, wobei eine frühere Verlegung bei früherer Intervention des
Klägers möglich gewesen wäre, da ab dem 12.06.2008 immer wieder Einzelhafträume
frei wurden. Soweit der Kläger vorgetragen hat, er habe "unverzüglich" mündlich einen
Antrag auf Einzelunterbringung gestellt und diesen Antrag mehrfach wiederholt,
woraufhin ihm seitens der in der JVA tätigen Beamten immer wieder gesagt worden sei,
Einzelzellen würden der Reihe nach vergeben und ein schriftlicher Antrag sei sinnlos,
ändert dies nichts. Zwar kann das Unterlassen insbesondere von Anträgen nach §§ 109
ff. StVollzG nach Ansicht des Senats im Anschluss an die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs unverschuldet sein, wenn deren Einlegung deshalb nicht zumutbar
war, weil der Gefangene aufgrund der ihm im Einzelfall gegebenen Auskünfte annimmt,
dass er seine Verlegung in einen Einzelhaftraum dadurch nicht beschleunigen kann
(vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 29.01.2009 und vom 12.03.2009 – III ZR 182/08 –
veröffentlicht bei juris). Indes hat der Kläger für seinen Vortrag keinen geeigneten
Beweis angeboten. Das angebotene Beweismittel "Beiziehung der Gefangengenakte"
ist zum Beweis ausschließlich mündlicher Anträge des Klägers ungeeignet, zumal –
nach seinem eigenen Vortrag – auch seitens der JVA zu keinem Zeitpunkt eine
schriftliche Reaktion erfolgte.
Für den 5 Tage umfassenden Zeitraum vom 07.08.2008 bis zum 11.08.2008, in dem der
Kläger seit der Erkundigung nach dem Einzelhaftraum noch in der ursprünglichen
Unterbringungssituation verbleiben musste, ist bereits die vom Senat für erforderlich
erachtete Erheblichkeitsschwelle von 14 Tagen nicht überschritten (vgl. dazu: z.B.:
Senatsbeschluss vom 28.07.2010 zu I-11 U 169/10; vom 25.06.2010 zu I-11 W 168/09).
Unabhängig davon kann dem Kläger indes bereits mangels Erreichens der
Mindestbeschwer gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO keine Prozesskostenhilfe für eine
beabsichtigte Berufung bewilligt werden.
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