Urteil des OLG Hamm vom 14.05.2009

OLG Hamm: fahrtkosten, einkünfte, china, verfügung, nettoeinkommen, erwerbseinkommen, kaufkraftausgleich, firma, fahren, mehrarbeit

Oberlandesgericht Hamm, 6 UF 225/08
Datum:
14.05.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
6. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 UF 225/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Paderborn, 85 F 29/08
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.10.2008 verkündete
Teilaner¬kenntnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts – Familiengericht
– Paderborn unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab Mai 2008 jeweils zum
Dritten eines Monats und mit Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem je-weiligen Basiszinssatz ab dem Vierten des Monats wie folgt
Unterhalt zu zah-len:
1.
Kindesunterhalt für die am 15.9.1992 geborene X in Höhe von monatlich
418,- € von Mai 2008 bis Dezember 2008 und
120 % des Mindestunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle abzüglich
des hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind, somit derzeit 371,- €, ab
Januar 2009,
abzüglich von Mai 2008 bis einschließlich März 2009 monatlich jeweils
ge-zahlter 418,- €,
2.
Kindesunterhalt für die am 20.3.2001 geborene Y in Höhe von monatlich
128 % des Mindestunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle abzüglich
des hälftigen Kindergeldes, somit 336,- €, von Mai 2008 bis Dezember
2008 und
120 % des Mindestunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle abzüglich
des hälftigen Kindergeldes für ein drittes Kind, somit derzeit 302,- €, ab
Januar 2009,
abzüglich von Mai 2008 bis einschließlich März 2009 monatlich jeweils
ge-zahlter
270,- €,
3.
Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich
379,- € von Mai 2008 bis Oktober 2008,
418,- € von November 2008 bis Dezember 2008,
192,- € von Januar 2009 bis 24. Februar 2009,
99,- € vom 25. Februar 2009 bis April 2009 und
42,- € ab Mai 2009,
abzüglich von Mai 2008 bis August 2008 und von Oktober 2008 bis ein-
schließlich März 2009 monatlich jeweils gezahlter 200,- € sowie im
September 2008 gezahlter 631,- €.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 31
% und der Beklagte 69 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens
tragen die Klä¬gerin 68 % und der Beklagte 32 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
1
I.
2
Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren von ihr getrenntlebenden Ehemann, auf
Kindesunterhalt und auf Trennungsunterhalt in Anspruch. Das Amtsgericht hat der
Klage durch das angefochtene Urteil teilweise stattgegeben. In Höhe von 888,00 €
monatlich beruht das Urteil auf einem Anerkenntnis, wobei sich dieser Betrag aus
3
Kindesunterhalt in Höhe von 418,00 € für X und 270,00 € für Y sowie aus
Trennungsunterhalt in Höhe von 200,00 € zusammensetzt. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Tatbestandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf das
angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht
eingelegten Berufung.
4
Die Höhe seines Einkommens im Jahr 2008 ergebe sich aus der Übersicht Bl. 20 d. A.
und sei unstreitig mit 5.307,51 €. Hiervon habe das Amtsgericht zu Recht den
Kaufkraftausgleich in Höhe von 26,87 € nicht berücksichtigt. Entgegen der Ansicht des
Amtsgerichts ebenfalls nicht zu berücksichtigen sei die Härtezulage (Hardship
Allowance) in Höhe von 481,57 €. Mit diesem Zuschlag sollten die Mehrbelastungen
und die Lebensumstände abgegolten werden, die ihn in China treffen. So habe er
erhebliche Mehrausgaben für Lebensmittel, für mehr Getränke und höhere
Reinigungskosten aufgrund der höheren Luftfeuchtigkeit in Shanghai. Auch werde die
Härtezulage für regelmäßige Dürre, Durchfälle, schmutzige Luft und sämtliche Probleme
in China gezahlt.
5
Ebenfalls nicht hinzunehmen sei die vollständige Einbeziehung der
Überstundenpauschale in Höhe von 2.380,06 € monatlich durch das Amtsgericht.
Gezahlt werde für 90 Überstunden im Monat, wobei er seit dem 01.01.2008 auch noch
16 Trainingsstunden monatlich für lokale Mitarbeiter abzuleisten habe, die in den
Überstunden von 90 im Monat nicht enthalten seien. Eine solche Überstundenanzahl
sei unüblich und daher unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Sie würden auf
einer erheblichen Mehrbelastung und Mehrarbeit beruhen, die nach deutschen
Maßstäben, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Arbeitzeitverordnung,
unzumutbar und unzulässig seien. Es könnten nur 528,90 € auf der Basis von 20
Überstunden, höchstens 1.190,03 € auf der Basis von 45 Überstunden eingestellt
werden.
6
Sein für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehendes Einkommen belaufe sich daher
lediglich auf 4.075,63 €. Hiervon abzuziehen seien weiterhin Fahrtkosten für eine
Strecke von 32 km zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, so dass monatlich 336,60 €
unter Zugrundelegung der Hammer Leitlinien abzuziehen seien. Bei der Anhörung vor
dem Senat hat der Beklagte hierzu unwidersprochen erklärt, dass er in China mit dem
Pkw zur Arbeit fahre und es hierzu keine sinnvolle Alternative gebe. Er könne auch nicht
in einer Fahrgemeinschaft fahren. Der Pkw gehöre seiner Lebensgefährtin. Es handele
sich um einen Kia, der von einem Verwandten gekauft worden sei. Er zahle monatlich
ca. 550,00 € an diesen Verwandten sowie weiterhin den Treibstoff.
7
Weiterhin von seinem Einkommen abzuziehen seien unstreitig die mit dem Haus
verbundenen Belastungen, so dass noch ein Nettoeinkommen von 2.467,78 € verbleibe.
Für X und Y schulde er daher Unterhalt in Höhe von 115 % des Mindestunterhalts. Zur
Bedarfsermittlung des Unterhalts der Klägerin sei weiterhin der eheprägende Unterhalt
für die volljährige Tochter Z abzuziehen.
8
Auf Seiten der Klägerin sei eigenes Erwerbseinkommen in Höhe von 377,14 €
einzustellen sowie der Wohnwert mit 700,00 €. Entgegen der Auffassung des
Amtsgerichts als auch der Klägerin sei der Wohnwert für das im Jahr 2001 erstellte
Haus angesichts des Ausbauzustandes und der Größe mit 700,00 € einzustellen.
9
Maßgeblich sei seit Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens der objektive Mietwert.
Gegenüber der Klägerin könne er außerdem noch 100,00 € monatliche Kreditraten für
das für die Klägerin angeschaffte Auto geltend machen, 20,00 € für die Schulbetreuung
von Y sowie GEZ-Gebühren von jährlich 204,36 €.
Für die Zeit ab Januar 2009 entfalle ein Trennungsunterhaltsanspruch. Auch der
Kindesunterhalt belaufe sich nunmehr nur noch auf den Mindestunterhalt. Er könne sein
Anerkenntnis aus Oktober 2008 mit Beginn des Januar 2009 anfechten. Mit Wirkung von
Januar 2009 werde er nach Steuerklasse 1 versteuert und sei außerdem am 25.02.2009
Vater eines weiteren Kindes, W, geworden. Ab Februar 2009 bestehe daher für ihn eine
Unterhaltspflicht gegenüber 4 Kindern. Darüber hinaus sei er gegenüber der
nichtehelichen Mutter des Kindes unterhaltspflichtig, die gleichrangig mit der Klägerin
sei. Für die Entbindung von Wsei ein Mehraufwand von 1.347,00 € angefallen, der als
Mehrbedarf geltend gemacht werde.
10
Ohnehin sei die Klägerin verpflichtet, ab dem Jahr 2009 ihre Erwerbstätigkeit
auszuweiten. Bei der Betreuung eines im Jahr 2009 8 Jahre alt werdenden Kindes sei
sie verpflichtet, einer halbschichtigen Tätigkeit nachzugehen, aus der sie ohne
Probleme ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 750,00 €
erzielen könne. Außerdem mache er nunmehr auch eine Verwirkung gem. § 1579 Nr. 7
BGB geltend, weil die Klägerin in den Monaten April und Mai 2009 jeweils 2.270,62 €
gegen ihn vollstreckt habe mit der Folge, dass er seinen Lebensunterhalt nicht mehr
decken könne.
11
Der Beklagte beantragt,
12
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit
13
er verurteilt worden sei, an die Klägerin
14
1.
15
a)
16
Kindesunterhalt für X, geboren am 15.09.1992 seit Mai 2008 von mehr
17
als 418,00 € monatlich zu zahlen,
18
b)
19
Kindesunterhalt für Y, geboren am 20.03.2001 von mehr als monatlich
20
270,00 € ab Mai 2008 zu zahlen,
21
c)
22
Trennungsunterhalt ab Mai 2008 von mehr als 200,00 € zu zahlen,
23
2.
24
a)
25
für die Tochter X ab Januar 2009 mehr als 100 % des Mindestunter-
26
halts unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu
27
zahlen,
28
b)
29
für das Kind Y ab Januar 2009 mehr als 100 % des Mindestunterhalts
30
abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein drittes Kind monatlich zu zahlen
31
und
32
c)
33
Trennungsunterhalt ab Januar 2009 zu zahlen.
34
Die Klägerin beantragt,
35
die Berufung zurückzuweisen.
36
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vortrages.
37
Der in der Klage zum Verdienst erwähnte Nettobetrag von 5.335,90 € für 2008 sei nicht
mehr unstreitig, denn er basiere auf einer Arbeitgeberbescheinigung von Mai 2008, die
inzwischen veraltet sei. Die Härtezulage sei entgegen der Auffassung der Berufung mit
dem Familiengericht dem Einkommen hinzuzurechnen. Die Höhe der Anrechnung
hänge davon ab, in welchem Umfang der Verpflichtete den Nachweis konkreten, durch
Aufwandsentschädigungen nicht gedeckten Mehrbedarfs infolge des Einsatzes im
Ausland führe; nur dieser Mehrbedarf sei vorweg abzusetzen. Hier fehle es am
erforderlichen konkreten Vortrag des Beklagten. Zu Recht habe das Familiengericht
auch die Überstunden im Rahmen des Einkommens berücksichtigt. Grundsätzlich sei
erzieltes Einkommen aus Mehrarbeit zu berücksichtigen, denn zur Ermittlung der
Leistungsfähigkeit seien alle erzielten Einkünfte heranzuziehen. Die abgeleisteten
Überstunden seien bei einer Tätigkeit im Ausland für einen von vorneherein begrenzten
Zeitraum auch nicht unüblich. Der Vortrag zu den behaupteten berufsbedingten
Fahrtkosten in China sei unsubstantiiert und werde bestritten.
38
Die Darlehensverpflichtungen seien – wie vom Familiengericht – in Höhe von monatlich
1.284,78 € zu berücksichtigen, ab Anfang 2009 allerdings nur noch in Höhe von
1.264,87 € wegen der Reduzierung der Zahlungen an die Kirche. Der Pkw-Kredit in
Höhe von 100,00 € monatlich könne nicht berücksichtigt werden, weil der Pkw vom
Beklagten selbst abgemeldet und nach Polen veräußert worden sei und er den
Veräußerungserlös allein vereinnahmt habe.
39
Soweit der Beklagte die Unterhaltsbedürftigkeit seiner neuen Lebensgefährtin anführe,
sei diese nicht dargelegt und werde mit Nichtwissen bestritten. Ebenso wenig sei die
Höhe des geltend gemachten Bedarfs von 770,00 € dargelegt.
40
Sie selbst verfüge über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe
von 530,00 €, abzüglich Fahrtkosten in Höhe von 475,00 €. Entgegen der Ansicht des
Beklagten sei sie nicht zu einer halbschichtigen Tätigkeit verpflichtet. Die 8jährige
Tochter Y sei hyperaktiv, was einen deutlich höheren Einsatz gegenüber dem
Normalfall verlange. Das Kind macht zur Zeit eine ergotherapeutische
Übungsbehandlung, die bis auf weiteres durchgeführt werden müsse. Zu diesen
wöchentlichen Terminen würden zweiwöchentliche Turnveranstaltungen und
gelegentliche Arztbesuche hinzukommen. Der Wohnwert liege nicht höher als 650,00 €,
wie vom Familiengericht angesetzt. Dies gelte auch dann, wenn man hier den
objektiven Wohnwert für einsetzungsfähig halte.
41
Der Beklagte schulde Kindesunterhalt nach der Einkommensgruppe 8. Hiervon sei er
offenbar auch selbst bei der Errichtung der Jugendamtsurkunde für Z ausgegangen. Bei
der Berechnung des Trennungsunterhalts seien für den Kindesunterhalt im Übrigen nur
die Zahlbeträge, nicht die Tabellenbeträge abzuziehen.
42
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
43
Der Senat hat im Termin vom 14.05.2009 beide Parteien angehört.
44
II.
45
Die ausgeurteilten Ansprüche auf Kindesunterhalt folgen aus den §§ 1601 ff. BGB, der
ausgeurteilte Anspruch auf Trennungsunterhalt folgt aus § 1361 BGB.
46
1.
47
Hierbei geht der Senat – vor Abzug des Kindesunterhalts und vor Abzug weiterer, nur
gegenüber der Klägerin geltend gemachter Abzüge – von einem für die Bemessung des
Kindesunterhaltsanspruchs maßgebenden Einkommen des Beklagten in Höhe von
3.433,37 € netto monatlich im Jahr 2008 und von 2.976,96 € netto monatlich im Jahr
2009 aus.
48
a)
49
Für das Jahr 2008 ist auf der Grundlage der Aufstellung Bl. 20 d. A. zunächst von einem
Einkommen in Höhe von 5.307,51 € monatlich auszugehen. Dieser Betrag ist zwischen
den Parteien unstreitig. Soweit die Klägerin in der Berufungserwiderung hiergegen
Einwände erhoben hat, hat sie diese im Senatstermin nach Erörterung fallengelassen,
weil die Aufstellung auch Prämien, Zulagen und Weihnachtsgeld enthält. Der Beklagte
hat erklärt, dass die Aufstellung zutreffe und er im Jahr 2008 keine höheren Einkünfte
gehabt habe.
50
Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass von dem vorgenannten Betrag ein
Kaufkraftausgleich in Höhe von 26,87 € monatlich abzuziehen ist, der für
Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung steht.
51
Die Härtezulage (Hardship Allowance) in Höhe von 481,57 € hat der Senat zur Hälfte,
also in Höhe von 240,79 €, in Abzug gebracht. Grundsätzlich ist die Härtezulage als
52
Einkommensbestandteil in die Unterhaltsberechnung mit einzubeziehen (BGH FamRZ
1980, 342, Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts,
Rdnr. 802, Wendl/Staudigl-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis,
§ 1 Rdnr. 55 bei Fußnote 20 – 22). Anders verhält es sich allerdings dann, wenn durch
die Härtezulage ein konkreter Mehrbedarf des Unterhaltspflichtigen ausgeglichen
werden soll. Der Beklagte hat insoweit angeführt und durch Fotos von
Supermarktregalen belegt, dass westeuropäische Lebensmittel in Shanghai deutlich
teurer seien als in Deutschland, wobei allerdings unklar ist, in welchem Umfang er diese
westlichen Lebensmittel auch tatsächlich konsumiert. Darüber hinaus dient die
Härtezulage aber auch dem Ausgleich für schwierige Lebensbedingungen (vgl. dazu
Wendl/Staudigl-Dose, a.a.O.). Hier führt der Beklagte zu Recht an, dass er aufgrund der
klimatischen Bedingungen in Shanghai deutlich mehr trinken müsse und häufiger seine
Kleidung reinigen müsse. Auch sind die körperlichen Belastungen aufgrund des in
Shanghai vorherrschenden Klimas als deutlich höher einzuschätzen als in Westeuropa,
was für einen Mitteleuropäer zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Der
Senat hält es unter Würdigung sämtlicher genannter Gesichtspunkte daher für geboten,
die Härtezulage nur zu ½ in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen und sie im
Übrigen anrechnungsfrei zu lassen (vgl. zu einer hälftigen Anrechnung auch das Urteil
des OLG Schleswig FamRZ 2005, 369).
Dagegen hat der Senat die an den Beklagten gezahlte Überstundenpauschale in vollem
Umfang als Einkommen berücksichtigt. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass Einkommen
aus Mehrarbeit, das der Unterhaltsschuldner tatsächlich erzielt, grundsätzlich zu
berücksichtigen ist, da zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit alle erzielten Einkünfte
heranzuziehen sind (vgl. BGH FamRZ 2004, 186, Kalthoener/Büttner/Niepmann a.a.O.
Rdnr. 823, Wendl/Staudigl-Gerhardt, § 1 Rdnr. 55 sowie Nr. 1.3 der Leitlinien des
Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht). Die Zurechnung richtet sich nach
Billigkeitsgesichtspunkten und erfolgt unter Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalls.
53
Danach ist vorliegend die Überstundenpauschale voll anzurechnen. Der Beklagte hat in
seiner Anhörung vom 21.10.2008 vor dem Amtsgericht erklärt, dass er nach China
gegangen sei und dort die ganzen Überstunden leiste, damit es der Familie besser
gehen solle (Bl. 64 R d. A.). Die geleisteten Überstunden waren also eheprägend. Wäre
die Ehe intakt geblieben, würde auch das gesamte Einkommen zum Unterhalt zur
Verfügung stehen. Außerdem kommt hinzu, dass bei dem vom Beklagten gewählten
Auslandsaufenthalt die Ableistung von Überstunden offenbar üblich und erforderlich,
also nicht freiwillig, ist. Er selbst führt im Schriftsatz vom 06.04.2009 auf S. 2 (Bl. 112 d.
A.) aus, dass er der einzige Elektroniker aus Deutschland vor Ort sei und derzeit viele
Probleme dort alleine meistern müsse. Der Beklagte kann also nicht seine geleisteten
Überstunden herunterfahren oder gar beenden, was auch ein Umstand ist, die
geleisteten Überstunden nicht als überobligatorisch anzusehen (vgl. Wendl/Staudigl-
Gerhardt a.a.O.).
54
Fahrtkosten hat der Senat in Höhe von 336,60 € monatlich in Ansatz gebracht. Aufgrund
der vom Beklagten gemachten Angaben im Senatstermin, die oben unter I
wiedergegeben sind und welche die Klägerin nicht mehr bestritten hat, steht fest, dass
der Beklagte mit dem Pkw zur Arbeit fahren muss und dass er alleine fahren muss. Er
hat wechselnde Einsatzorte und wechselnde Arbeitszeiten und kann daher nicht auf
öffentliche Verkehrsmittel verwiesen werden. Weiterhin steht fest, dass ihm durch die
Benutzung des von einem Verwandten seiner Lebensgefährtin angeschafften Pkw
55
Kosten wie einem Eigentümer entstehen. Er zahlt für das Fahrzeug monatlich 550,00 €
sowie weiterhin die Kosten für Treibstoff. Diese Kosten bleiben hinter denjenigen
Kosten, die der Beklagte in Deutschland für das Führen eines eigenen Kraftfahrzeugs
aufzuwenden hätte, nicht zurück, so dass der Senat es für angemessen hält,
Fahrtkosten entsprechend der Regelung in Nr. 10.2.2 der Leitlinien des
Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht in Abzug zu bringen, also von 0,30 € je
Kilometer für die ersten 30 Kilometer und von 0,10 € je Kilometer für die darüber
hinausgehende Wegstrecke. Dies ergibt bei der unstreitigen einfachen Entfernung von
32 Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsstätte einen monatlichen Betrag von 336,60
€, wobei nach den Erörterungen im Senatstermin die in Ansatz gebrachten 32 Kilometer
äußert knapp bemessen sind.
Weiter vom Einkommen des Beklagten in Abzug zu bringen sind die sich aus 4
Positionen zusammensetzenden Hauslasten, die der Beklagte trägt. Sie haben sich im
Jahr 2008 auf monatsdurchschnittlich 1.269,88 € belaufen und im Jahr 2009 auf
monatsdurchschnittlich 1.252,46 €. Hierbei handelt es sich um Zahlungen auf 2 Kredite
der Volksbank in Höhe von monatlich 977,21 € und von 181,25 €, wobei der
letztgenannte Betrag im Senatstermin unstreitig gestellt worden ist, nachdem das
Amtsgericht fälschlicherweise von einem Betrag von monatlich 168,00 € ausgegangen
war. Hinzu kommen Zahlungen auf das Darlehen WFA in Höhe von monatlich 64,00 €
sowie auf das FHH-Darlehen des Erzbistums Paderborn. Bis einschließlich November
2008 wurden monatlich 49,00 € gezahlt, ab Dezember 2008 30,00 €. Für das Jahr 2008
sind dies monatsdurchschnittlich 47,42 €.
56
b)
57
Im Jahr 2009 haben sich die Einkünfte des Beklagten auf monatsdurchschnittlich
5.120,30 € verringert entsprechend der Aufstellung Bl. 124 f. d. A., was nach den
Erörterungen im Senatstermin unstreitig ist. Ebenfalls aufgrund der genannten
Aufstellung unstreitig ist die Erhöhung des in Abzug zu bringenden Betrages
Kaufkraftausgleich auf monatlich 223,87 €, die auf eine Erhöhung des Wertes des CN
Yüen im Verhältnis zum Euro zurückzuführen ist. Die Härtezulage beläuft sich im Jahr
2009 auf 450,36 € und ist wiederum zu ½, also in Höhe von 225,18 €, in Abzug zu
bringen.
58
Darüber hinaus ergibt sich aus den vom Beklagten vorgelegten
Steuerausgleichsberechnungen für die Jahre 2006 bis 2008, sämtlich vom 02.04.2009
(Bl. 115 ff. d. A.), dass ein monatlicher Betrag für Steuernachzahlungen in Höhe von
105,23 € in Abzug zu bringen ist. Nach den vorgelegten Ausgleichsberechnungen hat
der Beklagte für die Jahre 2006 und 2007 Nachzahlungen in Höhe von 975,92 € und in
Höhe von 1.360,53 € zu leisten; für das Jahr 2008 steht ihm eine Erstattung in Höhe von
1.073,65 € zu. Saldiert man diese Beträge, verbleibt eine Nachzahlung in Höhe von
1.262,78 €, was monatsdurchschnittlich 105,23 € entspricht.
59
c)
60
Das monatsdurchschnittliche Einkommen des Beklagten in den Jahren 2008 und 2009
stellt sich danach wie folgt dar:
61
2008
2009
62
Einkünfte
5.307,51 €
5.120,30 €
Kaufkraftausgleich
- 26,87 €
- 223,87 €
Härtezulage zu ½
- 240,79 €
- 225,18 €
Fahrtkosten
- 336,60 €
- 336,60 €
Steuer
-
- 105,23 €
Hauslasten
- 1.269,88 €
- 1.252,46 €
verbleiben
3.433,37 €
2.976,96 €
2.
63
Aus dem zur Verfügung stehenden Einkommen folgt, dass der Beklagte im Jahr 2008
verpflichtet war, an die Klägerin für seine Kinder X und Y Kindesunterhalt in Höhe von
128 % des Mindestunterhalts nach Einkommensgruppe 6 zu zahlen. Für das Jahr 2009
ergibt sich eine Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 120 % des
Mindestunterhalts nach Einkommensgruppe 5. Die am 15.09.1992 geborene X befindet
sich im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend in Altersstufe 3, die am
20.03.2001 geborene Y durchgehend in Altersstufe 2.
64
Für X führt dies im Jahr 2008 abzüglich des hälftigen Kindergeldes zu einem
Zahlungsanspruch in Höhe von monatlich 391,00 €. Da der Beklagte jedoch für das Jahr
2008 auf der Grundlage des von ihm abgegebenen Anerkenntnisses beantragt hat, die
Klage nur insoweit abzuweisen, als er zur Zahlung eines monatlich über 418,00 €
hinausgehenden Unterhalts verurteilt worden ist, war eine monatliche Unterhaltsschuld
in Höhe von 418,00 € für X im Jahr 2008 auszuurteilen. Für das Jahr 2009 ergibt sich
nach der Düsseldorfer Tabelle für X nach Abzug des hälftigen Kindergeldes für ein
zweites Kind ein Kindesunterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 371,00 €.
65
Für Y ergeben sich die ausgeurteilten Beträge ebenfalls aus der Düsseldorfer Tabelle,
also für 2008 nach Abzug des hälftigen Kindergeldes in Höhe von monatlich 336,00 €
und für 2009 nach Abzug des hälftigen Kindergeldes für ein drittes Kind in Höhe von
monatlich 302,00 €.
66
3.
67
a)
68
Bei der Berechnung des für den Trennungsunterhaltsanspruch der Klägerin
verbleibenden Einkommens des Beklagten sind zunächst die Unterhaltszahlungen an X
und Y mit dem Zahlbetrag (vgl. dazu Wendl/Staudigl-Gerhardt, § 4 Rdnr. 193 m. w. N.) in
Abzug zu bringen. Weiterhin sind die Unterhaltszahlungen des Beklagten an die
volljährige Tochter Z abzuziehen, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Abzuziehen
sind die Zahlbeträge in Höhe von monatlich 526,00 € bis einschließlich Oktober 2008
und in Höhe von monatlich 434,00 € ab November 2008 entsprechend der Titulierung
gemäß Urkunde des Jugendamts der Stadt Paderborn vom 21.10.2008 (Bl. 161 f. d. A.).
69
Ab dem 25.02.2009 ist darüber hinaus der vom Beklagten für sein viertes Kind W
70
geschuldete Kindesunterhalt bei der Berechnung des Trennungsunterhaltsanspruchs
der Klägerin in Abzug zu bringen. Der Zahlbetrag, der nach der inzwischen gefestigten
Rechtsprechung des Senats in Abzug zu bringen ist, beläuft sich nach Abzug des
Kindergeldes für ein viertes Kind auf monatlich 240,50 €. What nach der überreichten
Kopie seines Reisepasses (Bl. 114 d. A.) die deutsche Staatsbürgerschaft, was
unstreitig ist. Es ist daher deutsches Recht anzuwenden, da sowohl der
Unterhaltsberechtigte als auch der Unterhaltspflichtige Deutsche sind und der
Unterhaltspflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland
hat, was hier zu bejahen ist, da der Beklagte nach seinen Erklärungen im Senatstermin
eine eindeutige Rückkehrabsicht nach Deutschland hat (vgl. Wendl/Staudigl-Dose, § 9
Rdnr. 9 a ff., BGH FamRZ 1993, 798).
Soweit der Beklagte nunmehr außerdem Mehraufwand für die Entbindung von W in
Höhe von 1.347,00 € geltend macht, ist dieser Vortrag ersichtlich unsubstantiiert, wie im
Senatstermin erörtert. Die vorgelegte Rechnung ist nur auf chinesisch.
71
Weiterhin bei Ermittlung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin in Abzug zu
bringen sind Beträge in Höhe von monatlich 37,00 €, die in Höhe von 20,00 € monatlich
auf die Schulbetreuung für Y entfallen und in Höhe von 17,00 € auf monatsanteilige
GEZ-Gebühren von jährlich 204,36 €. Diese Abzüge sind zwischen den Parteien
unstreitig.
72
Soweit der Beklagte darüber hinaus eine Rate in Höhe von monatlich 100,00 € für den
Pkw der Ehefrau in Abzug bringen will, ist der Senat dem nicht gefolgt. Nach den
Angaben des Beklagten im Senatstermin befindet sich der Pkw seit gut einem Jahr bei
seiner Mutter in Polen in einer Garage. Der Beklagte konnte dem Senat in der
Erörterung nicht vermitteln, warum er das Fahrzeug nicht längst veräußert hat, was zu
einem Wegfall dieser Belastung geführt hätte. Der Klägerin können die Raten für den
Pkw daher nicht entgegengehalten werden.
73
Nach Abzug des Kindesunterhalts sowie der weiteren Abzüge verbleibt daher in den
verschiedenen Zeitabschnitten ein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes
Einkommen des Beklagten in der folgenden Höhe:
74
Mai bis
Oktober 2008
November bis
Dezember 2008
Januar bis
24.02.2009
ab
25.02.2009
Einkommen wie
oben
3.433,00 €
3.433,00 €
2.977,00 €
2.977,00 €
Unterhalt X
- 418,00 €
- 418,00 €
- 371,00 €
- 371,00 €
Unterhalt Y
- 336,00 €
- 336,00 €
- 302,00 €
- 302,00 €
Unterhalt Z
- 526,00 €
- 434,00 €
- 434,00 €
- 434,00 €
Unterhalt W
-
-
-
- 240,50 €
Schulbetreuung
und GEZ
- 37,00 €
- 37,00 €
- 37,00 €
- 37,00 €
verbleiben
2.116,00 €
2.208,00 €
1.833,00 €
1.592,50 €
davon 6/7
1.814,00 €
1.893,00 €
1.571,00 €
1.365,00 €
75
b)
76
Auf Seiten der Klägerin ist bis einschließlich April 2009 von einem
monatsdurchschnittlichen Einkommen in Höhe von insgesamt 1.057,14 € und ab Mai
2009 von einem monatsdurchschnittlichen Einkommen von 1.250,00 € auszugehen.
77
Bis einschließlich April 2009 rechnet der Senat mit dem tatsächlich erzielten
Erwerbseinkommen der Klägerin. Nach ihrem eigenen Vortrag erzielt sie ein
monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 530,00 €, von dem die
Fahrtkosten abgehen, so dass 475,00 € verbleiben. Nach Abzug des
Erwerbstätigenbonus von 1/7 verbleiben monatlich 407,14 €.
78
Ab Mai 2009 ist das Erwerbseinkommen der Klägerin fiktiv zu erhöhen, da sie zu einer
Ausweitung ihrer Berufstätigkeit verpflichtet ist und nach erstmaliger Aufforderung hierzu
von Seiten des Beklagten durch die Berufungsbegründung ausreichend Zeit hatte, sich
um eine Ausweitung ihrer beruflichen Tätigkeit zu bemühen. Die Klägerin ist verpflichtet,
halbschichtig zu arbeiten. Ihr jüngstes Kind Y ist am 20. März 2009 8 Jahre alt
geworden. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin, Y bedürfe
besonderer Betreuung, ist von der Klägerin eine halbschichtige Tätigkeit zu verlangen.
Denn die Tochter besucht die Schule und kann sich sicherlich dort bis mindestens 14.00
Uhr aufhalten, so dass der Klägerin genug Zeit verbleibt, um einer
Halbtagsbeschäftigung nachzugehen, wie im Senatstermin erörtert. Dass sie mit einer
solchen halbschichtigen Tätigkeit 750,00 € netto verdienen kann, bestreitet sie nicht.
Abzüglich Fahrtkosten rechnet der Senat daher mit einem möglichen Nettoverdienst in
Höhe von rd. 700,00 €, so dass nach Abzug des Erwerbstätigenbonus 600,00 €
verbleiben.
79
Dem Erwerbseinkommen hinzuzurechnen ist der Wohnvorteil der Klägerin für das
kostenfreie Wohnen in der Doppelhaushälfte. Der vom Amtsgericht in dieser Höhe
angesetzte Wohnvorteil wird von der Klägerin akzeptiert. Bei einer Wohnfläche der
Doppelhaushälfte von 130 qm ist dieser Betrag auch dann nicht zu gering angesetzt,
wenn man vom objektiven Wohnwert ausgehen würde.
80
c)
81
Es ergibt sich danach der folgende Trennungsunterhaltsbedarf der Klägerin:
82
Mai bis
Oktober
2008
November bis
Dezember 2008
Januar bis
24.02.2009
25.02. bis
30.04.2009
ab Mai
2009
Einkommen
Beklagter
1.814,00 €
1.893,00 €
1.571,00 €
1.365,00 €
1.365,00
Einkommen
Klägerin
1.057,00 €
1.057,00 €
1.057,00 €
1.057,00 €
1.250,00
Differenz
757,00 €
836,00 €
460,00 €
308,00 €
115,00 €
Bedarf der
378,50 €
418,00 €
230,00 €
154,00 €
57,50 €
83
Klägerin
d)
84
Für die Monate Oktober bis Dezember 2008 stellen die so ermittelten Bedarfsbeträge
gleichzeitig den Unterhaltsanspruch der Klägerin dar, wobei die Beträge für Mai bis
Oktober 2008 auf 379,00 € aufzurunden sind.
85
e)
86
Ab Januar 2009 hat eine Mangelfallberechnung stattzufinden, da die Mutter des
jüngsten Sohnes W des Beklagten gegen diesen einen Unterhaltsanspruch gem. §
1615 l Abs. 2 BGB hat. Dieser begann jedenfalls im November 2008, wobei sich der
Bedarf der Kindesmutter auf monatlich 770,00 € beläuft. Wegen des zurückgegangenen
Einkommens ist der Beklagte ab Januar 2009 nicht mehr in der Lage, sowohl den
Unterhaltsanspruch der Klägerin als auch den seiner neuen Lebensgefährtin vollständig
zu erfüllen.
87
aa)
88
Die neue Lebensgefährtin des Beklagten ist Chinesin. Sie hat für eine russische Firma
in Shanghai gearbeitet. Im Senatstermin hat der Beklagte unwidersprochen erklärt, dass
ihr von ihrem Arbeitgeber wegen der Schwangerschaft im 5. Monat gekündigt worden
sei. Mangels konkreterer Angaben geht der Senat von einer Kündigung zu Ende
Oktober 2008 aus, so dass sich grundsätzlich ab November 2008 ein
Unterhaltsanspruch ergeben würde, da dieser Zeitraum innerhalb der Viermonatsfrist
des § 1615 l Abs. 2 S. 3 BGB liegt. Der Beklagte hat auch unwidersprochen angegeben,
dass er seine Lebensgefährtin vollständig unterhalte, was der Senat daher seiner
Entscheidung zugrundelegt. Gem. Art. 18 Abs. 2 EGBGB ist auf den Unterhaltsanspruch
der neuen Lebensgefährtin des Beklagten deutsches Recht anzuwenden. Nach dieser
Vorschrift ist dies dann der Fall, wenn der Berechtigte nach dem gem. Abs. 1 S. 1 oder 2
anzuwendenden Recht vom Verpflichteten keinen Unterhalt erhalten kann. Dies ist
vorliegend der Fall. Denn nach chinesischem Recht kann eine nichteheliche Mutter vom
Kindesvater keinen Unterhalt verlangen (vgl. Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und
Kindschaftsrecht, VR China S. 99). Eine gemeinsame Staatsangehörigkeit i. S. v. Abs. 1
S. 2 der genannten Vorschrift besteht nicht. Den Bedarf der Lebensgefährtin nimmt der
Senat mit monatlich 770,00 € an.
89
bb)
90
Die somit vorzunehmende Mangelverteilung zwischen der Klägerin und der neuen
Lebensgefährtin des Beklagten führt für die Klägerin zu den aus dem Tenor
ersichtlichen Trennungsunterhaltsansprüchen ab Januar 2009.
91
Auf Seiten des Beklagten ist hierbei das ihm vor Abzug des Erwerbstätigenbonus von
1/7 verbleibende Einkommen nach Abzug des Selbstbehalts von 1.000,00 €
zugrundezulegen, also für die Zeit von Januar 2009 bis 24.02.2009 monatlich 833,00 €
und für die Zeit ab dem 25.02.2009 von monatlich 592,50 €. Der Gesamtbedarf der
Klägerin und der neuen Lebensgefährtin des Beklagten beläuft sich in der Zeit von
92
Januar 2009 bis 24.02.2009 auf (770,00 € + 230,00 € =) 1.000,00 €, vom 25.02. bis
30.04.2009 auf (154,00 € + 770,00 € =) 924,00 € und ab Mai 2009 auf (57,50 € + 770,00
€ =) 827,50 €. Diesen Bedarf konnte der Beklagte mit den ihm zu Verfügung stehenden
Mitteln in der Zeit von Januar bis 24.02.2009 zu 83,3 % decken, vom 25.02. bis
30.04.2009 zu 64,1 % und in der Zeit ab Mai 2009 zu 71,6 %.
Dies führt für die Klägerin für die Zeit von Januar bis zum 24.02.2009 zu einem
Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe von (230,00 € x 83,3 % =) 192,00 €, für die Zeit
vom 25.02. bis 30.04.2009 zu einem Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe von (154,00
€ x 64,1 % =) 99,00 € und für die Zeit ab Mai 2009 zu einem
Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe von (57,50 € x 71,6 % =) 41,17 €, gerundet 42,00
€.
93
4.
94
Die vom Senat bei der Tenorierung berücksichtigten Zahlungen sind zwischen den
Parteien unstreitig.
95
5.
96
Soweit die in der Berufungsinstanz ausgesprochenen Verurteilungen des Beklagten ab
Januar 2009 hinter seinem Anerkenntnis erster Instanz zurückbleiben, steht dem das
erstinstanzlich abgegebene Anerkenntnis nicht entgegen. Denn der Beklagte war
berechtigt, es mit Wirkung ab Januar 2009 aufgrund der deutlich geringeren Einkünfte
sowie – mit Wirkung ab 25.02.2009 – aufgrund der Geburt seines weiteren Sohnes W zu
widerrufen. Es ist nämlich anerkannt, dass der eingeschränkte Widerruf eines
prozessualen Anerkenntnisses, das laufende Unterhaltszahlungen betrifft, mit dem Ziel
einer Anpassung i. S. v. § 323 ZPO dann zuzulassen ist, wenn sich die für das
Anerkenntnis maßgebenden Umstände wesentlich geändert haben, wobei die
Abänderung dann auch in der Berufungsinstanz möglich ist (vgl. Zöller-Vollkommer, vor
§§ 306, 307 ZPO Rdnr. 6 m. w. N.).
97
6.
98
Soweit der Beklagte in zweiter Instanz den Einwand der Verwirkung erhoben hat, greift
dieser nicht, da in der Vollstreckung eines gerichtlich erwirkten Titels nicht die Erfüllung
eines Verwirkungstatbestandes gesehen werden kann. Der Beklagte hätte
gegebenenfalls rechtzeitig einen Einstellungsantrag stellen müssen.
99
7.
100
Dem mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 09.06.2009 gestellten Antrag der
Klägerin auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht zu entsprechen.
Die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind nicht dargetan. Weder gibt es
irgendwelche Hinweise für einen Prozessbetrug noch stellt die jetzt vorgelegte
Rahmenrichtlinie für Auslandsentsendungen der Firma C GmbH aus Januar 2009 eine
Urkunde i. S. v. § 580 Nr. 7 b ZPO dar, durch welche die Klägerin in den Stand gesetzt
würde, eine ihr günstigere Entscheidung durch das Gericht herbeizuführen. Denn der
Rahmenrichtlinie kommt kein Beweiswert dahingehend zu, dass der Beklagte ein
höheres Einkommen erzielt oder erzielen könnte. Vielmehr stellt der Vortrag der
Klägerin im Schriftsatz vom 09.06.2009 neuen Vortrag dar, der nicht
101
berücksichtigungsfähig ist. Insbesondere das Thema Fahrtkosten wurde im
Senatstermin breit erörtert. Die tatsächlichen Angaben des Beklagten werden auch mit
dem neuen Schriftsatz nicht bestritten. Vielmehr wird ihm nunmehr zum Vorwurf
gemacht, dass er sich nicht bei der Firma C um Kostenerstattung bemüht habe. Dieser
Vortrag hätte, ebenso wie der neue Vortrag zu den Wohnkosten, bereits zu einem
früheren Zeitpunkt vorgebracht werden können. Schließlich ist ein Antrag auf
Gewährung einer Stellungnahmefrist im Senatstermin nicht gestellt worden.
8.
102
Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286, 288 BGB.
103
9.
104
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
105