Urteil des OLG Hamm vom 14.03.2017

OLG Hamm (urkunde, genehmigung, erklärung, beschwerde, grundbuchamt, annahme, grund, ehefrau, vollmacht, interesse)

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 425/77
Datum:
11.11.1977
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 425/77
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 7 T 506/77
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Auf die - erste - Beschwerde werden die Beschlüsse des Amtsgerichts
Gelsenkirchen - Grundbuchamt - vom 3. und 26. August 1977
aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, die beantragte
Grundbuchberichtigung - betreffend den Übergang des Erbteils des
Kaufmanns Heinrich Weßling auf dessen Ehefrau, die Beteiligte zu 1) -
einzutragen.
Gründe:
1
A.
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Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf die ausführliche Darstellung im
angefochtenen Beschluß Bezug genommen.
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Zu ergänzen ist folgendes:
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Das Amtsgericht - Grundbuchrechtspfleger - hat, nachdem die mit der
Zwischenverfügung vom 18. April 1977 gesetzte Frist von 2 Monaten verstrichen war,
zunächst durch Beschluß vom 3. August 1977 "den Antrag der Ehefrau" xxx aus der
notariellen Urkunde vom 29. Januar 1977 betreffend die Erbteilsübertragung
zurückgewiesen. Nach Eingang der vom Notar auf Grund der Zwischenverfügung
vorgelegten weiteren Urkunden hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 26. August
1977 denselben Antrag erneut zurückgewiesen.
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Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts vom 11. November 1977 richtet
sich die vom Notar (Notarvertreter) unter dem 16. Dezember 1977 eingelegte weitere
Beschwerde, mit der der Grundbuchberichtigungsantrag aus der Urkunde vom
29.1.1977 weiterverfolgt wird.
6
B.
7
I.
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Die weitere Beschwerde ist nach §§ 78, 80 GBO zulässig. Da der Notar bei ihrer
Einlegung nichts darüber erklärt hat, für welchen der Beteiligten das geschehen sei,
sind als Beschwerdeführer alle Beschwerdeberechtigten, mithin alle
Antragsberechtigten anzusehen (Horber, GBO, 14. Aufl., § 15 Anm. 6 b in Verb, mit § 71
Anm. 10 Ba und 11 c). Die Antragsbefugnis steht hier nach § 13 Abs. 2 GBO allen vier
Beteiligten zu, und zwar als betroffenem (verlierendem) Teil in ihrer Eigenschaft als
gesetzliche Erben des (noch) eingetragenen Miteigentümers - in Erbengemeinschaft -
xxx der Witwe xxx zudem in ihrer Stellung als von der Eintragung begünstigtem
(gewinnendem) Teil.
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Die Vollmacht des Notars zur Vertretung der Antragsberechtigten im Verfahren der
weiteren Beschwerde ergibt sich gem. § 80 Abs. 1 Satz 3 GBO daraus, daß er in der
ersten Instanz von seinem Antragsrecht aus § 15 GBO Gebrauch gemacht hat; dies geht
insbesondere daraus hervor, daß er auf die Beanstandung des Grundbuchamts vom
18.4.1970 hin Ausführungen gemacht hat (Horber, § 15 GBO, Anm. 4c m.weit.Nachw.).
10
II.
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Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, weil die angefochtene
Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 78 GBO. Die
Vorinstanzen haben den Grundbuchberichtigungsantrag der Beteiligten zu Unrecht
zurückgewiesen.
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1.) Zutreffend ist das Landgericht von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen,
Beschwerdeführer waren indessen alle vier Beteiligten, nicht lediglich die Beteiligte zu
1), wie das Landgericht angenommen hat. Das ergibt sich mangels entgegenstehender
Erklärungen in der Erinnerungsschrift des Notars vom 5.9.1977 aus den gleichen
Erwägungen, wie sie oben unter I. zur weiteren Beschwerde ausgeführt sind.
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Gegenstand der ersten Beschwerde war bei zutreffender Beurteilung nicht nur der
amtsgerichtliche Beschluß vom 26. August 1977, auch wenn die Erinnerungsschrift
diesen allein bezeichnet. Bei einer solchen Beschränkung wäre das
Beschwerdebegehren nämlich ins Leere gegangen, weil der Eintragungsantrag bereits
durch den Beschluß des Rechtspflegers vom 3.8.1977 zurückgewiesen worden war. Als
einen neuen Antrag hat der Rechtspfleger die Eingabe des Notars vom 18. August 1977
ersichtlich - und mit Recht - nicht aufgefaßt. Dem Beschluß vom 26.8.1977 ist daher
keine selbständige Bedeutung beizumessen. In ihm kommt lediglich zum Ausdruck, daß
das Grundbuchamt auch nach Beibringung der neuen Unterlagen im Hinblick auf die
frühere Zwischenverfügung bei seiner zurückweisenden Entscheidung vom 3.8.1977
verbleiben wollte. Als Gegenstand der Erinnerung vom 26.8.1977 ist daher die in den
genannten beiden Beschlüssen verlautbare Zurückweisung des Eintragungsbegehrens
aus der Urkunde vom 29. Januar 1977 anzusehen. Der Senat ist als
Rechtsbeschwerdegericht zur selbständigen Auslegung sowohl von
Verfahrenshandlungen der Beteiligten als auch von Entscheidungen der Vorinstanzen
befugt (Horber, § 78 GBO, Anm. 3b m.weit.Nachw.).
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2.) In der Sache selbst zielte der gestellte Eintragungssantrag, wie das Landgericht
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2.) In der Sache selbst zielte der gestellte Eintragungssantrag, wie das Landgericht
zutreffend erkannt hat, darauf ab, die Beteiligte zu 1) im Wege der
Grundbuchberichtigung anstelle ihres Ehemannes als Miteigentümerin innerhalb der
Erbengemeinschaft auf Grund einer dinglichen Erbteilsübertragung gem. § 2033 Abs. 1
Satz 1 BGB in das Grundbuch einzutragen.
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Irrig ist jedoch die Ansicht des Beschwerdegerichts, der dingliche Übergang des
erwähnten Erbteils sei nicht in grundbuchmäßiger Form (§ 29 GBO) nachgewiesen, weil
die Erben des Verstorbenen durch den Erbfall nicht die Befugnis erlangt hätten, den
vollmachtlosen Vertragsschluß der Beteiligten zu 1) für den Erblasser und ihr
Selbstkontrahieren nachträglich zu genehmigen bzw. zu gestatten. Die vom Landgericht
dafür gegebene Begründung, weder das Genehmigungsrecht i.S. des § 177 Abs. 1 BGB
noch das "Befreiungsrecht" nach § 181 BGB (d.h. Gestattung des Selbstkontrahierens)
gehörten zum Vermögen i.S. des § 1922 Abs. 1 BGB, verkennt diesen gesetzlichen
Vermögensbegriff und wird dem erbrechtlichen Prinzip der Universalsukzession nicht
gerecht.
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Absatz 1 der letztgenannten Vorschrift lautet: "Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht
deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen
(Erben) über." Diese Bestimmung statuiert für das Recht des BGB den Grundsatz der
Universalsukzession. Deren Ziel ist es, im Interesse des oder der Erben und der
Nachlaßgläubiger das Vermögen des Erblassers unverändert auf die Erben zu
überführen; die Erben erhalten das Vermögen "wie es steht und liegt", in demselben
Zustande, wie es sich beim Erblasser befand. Als Leitsatz und Grundregel des
Erbrechts bringt § 1922 BGB knapp und betont die Grundgedanken der Erbfolge zum
Ausdruck, ohne aber den Vermögensbegriff rechtstechnisch voll zu präzisieren; diese
Präzisierung ist nachfolgenden Vorschriften überlassen (Lange/Kuchinke, Erbrecht, 2.
Aufl., § 5 II 2 a u. b = S. 60/61). Während die volkstümliche Vorstellung in der Erbschaft
die konkreten Vermögensstücke erblickt, ist die rechtliche Betrachtung komplizierter. Sie
geht von der Rechtsmacht des Erblassers aus, sondert von dieser die unvererblichen
Bestandteile ab und stellt so das Aktivvermögen fest. Diese Rechtsmacht geht mit allen
ihren Vorzügen und Mängeln auf den oder die Erben über (Lange/Kuchinke, § 5 III 3 a).
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Der in § 1922 Abs. 1 BGB verwendete Vermögensbegriff hat also im wesentlichen die
Funktion, die unvererblichen Rechte und Pflichten aus dem universalen Rechtsstatus
des Erblassers auszuscheiden und diesen Status auf das zu reduzieren, was ohne
Bindung an die persönliche Existenz des Erblassers von den Erben fortgesetzt werden
kann (Soergel/Siebert/Schippel, BGB, 10. Aufl., § 1922 Rdn. 16). Ausgeschieden
werden die überwiegend persönlichkeitsbezogenen Rechte und Pflichten, vor allem die
höchstpersönlichen Rechte (vgl. Palandt/Keidel, BGB, 37. Aufl., § 1922 Anm. 3 b);
dagegen sind die vermögensbezogenen Rechte und Pflichten grundsätzlich vererblich
(vgl. z.B. Brox, Erbrecht, 5. Aufl., § 1 Rdn. 11).
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Zum Vermögen i.S. des § 1922 Abs. 1 BGB gehören dementsprechend, wie in der
Rechtsprechung und im Schrifttum einhellig anerkannt ist, auch die "unfertigen", noch
werdenden oder schwebenden Rechtsbeziehungen, bedingte und künftige Rechte,
ebenso bloße Möglichkeiten des Rechtserwerbs, sog. "Rechtslagen" (vgl. z.B.
Erman/Bartholomeyczik/Schlüter, BGB, 6. Aufl., § 1922 Rdn. 7; BGB-RGRK-Kregel, 11.
Aufl., § 1922, Anm. 15; Staudinger/Boehmer, BGB, 11. Aufl., Rdn. 64, 67, 149, 173 ff.,
201 ff.; Brox, § 2 Rdn. 17, 18; Palandt/Keidel, § 1922 Anm. 3 a, hh).
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Eine unfertige Rechtsbeziehung ist beispielsweise gegeben, wenn derjenige, dem ein
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Vertragsantrag zugegangen ist, vor der Annahme stirbt. Dann geht die Möglichkeit des
Rechtserwerbs, nämlich der Annahme des Vertragsantrages, auf die Erben über, sofern
der Antragende den Vertragsschluß nicht gerade an die Person des Adressaten
gebunden wissen wollte (so: KG, OLG 41, 25; zustimmend:
Erman/Bartholomeyczik/Schlüter, Rdn. 11; BGB-RGRK-Kregel, Anm. 15; Palandt/
Keidel, Anm. 3 a hh, sämtlich zu § 1922 BGB).
In gleicher Weise muß nach Auffassung des Senats das Genehmigungsrecht des
Vertretenen nach § 177 Abs. 1 BGB beurteilt werden. Durch den Vertragsschluß eines
vollmachtlosen Vertreters erlangt der Vertretene die rechtliche Möglichkeit, den -
zunächst schwebend unwirksamen - Vertrag durch Genehmigung mit Rückwirkung (§
184 Abs. 1 BGB) wirksam werden zu lassen und sich seine Wirkungen zunutze zu
machen. Hat der Vertrag einen vermögensbezogenen Gegenstand, so bestehen keine
Bedenken, den Übergang der Genehmigungsmöglichkeit (des Genehmigungsrechts)
auf die Erben anzunehmen (vgl. auch Erman/ Bartholomeyczik/Schlüter, § 1922 BGB,
Rdn. 50 in Bezug auf die Ermächtigung - § 185 BGB - und andere
Zustimmungserklärungen, sofern das Zustimmungsrecht nicht etwa, wie z.B. bei der
Annahme eines Kindes, höchstpersönlich und das Rechtsgrundverhältnis - § 183 BGB
vererblich ist).
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Für die Rechtsmacht eines Vertretenen, dem Vertreter das Selbstkontrahieren im voraus
zu gestatten oder es nachträglich zu genehmigen, kann nichts anderes gelten. Das
verbotswidrig durch Selbstkontrahieren abgeschlossene Rechtsgeschäft ist trotz des
Wortlauts "kann nicht" (in § 181 BGB) nicht schlechthin nichtig, sondern schwebend
unwirksam und wird - ebenso wie ein Vertragsschluß des vollmachtlosen Vertreters
gem. § 177 Abs. 1 BGB - durch Genehmigung gem. § 184 BGB mit rückwirkender Kraft
voll wirksam (OLG Frankfurt, OLGZ 1974, 347, 350 m.weit.Nachw.; Palandt/Heinrichs, §
181 BGB, Anm. 3 m.weit.Nachw.)
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3.) Auf Grund seiner unzutreffenden Rechtsansicht über die Befugnisse der Erben ist
das Landgericht zu einer sachlich unrichtigen Entscheidung gelangt. Denn mit den
vorgelegten Urkunden war dem Grundbuchamt die behauptete Unrichtigkeit des
Grundbuchs gem. § 22 GBO nachgewiesen.
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a) Der notarielle Vertrag vom 29.1.1977 enthält die Übertragung des Erbteils, der dem
Ehemann der Beteiligten zu 1) am Nachlaß seines Vaters xxx zugefallen und in
Erbengemeinschaft gebunden war, auf die Beteiligte zu 1). Aus dem beurkundeten
Passus:
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"Dieser Erbteil wird hiermit schenkweise an Frau xxx geborene xxx übertragen. Die
Übertragung erfolgt auch mit dinglicher Wirkung" ergibt sich bei verständiger Würdigung
nicht nur die Erklärung des übertragenden Teils, sondern auch die zu der Einigung
erforderliche Erklärung der Beteiligten zu 1), die Übertragung anzunehmen. Der
zusätzlichen besonderen Annahmeerklärung der Beteiligten zu 1) in der notariellen
Urkunde vom 17.8.1977, die auf die Zwischenverfügung des Rechtspflegers vom
18.4.1977 zu Ziff. 2 beigebracht worden ist, hätte es daher nach Auffassung des Senats
nicht einmal bedurft.
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Das vollmachtlose Handeln der Ehefrau bei dieser Erbteilsübertragung für ihren
Ehemann ist nachträglich durch die notariell beglaubigte Erklärung der gesetzlichen
Erben des Ehemannes vom 7.2.1977 genehmigt worden. Der Nachweis der Erbfolge
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ergibt sich aus dem Erbschein des Amtsgerichts xxx vom 1.3.1977.
Soweit die Beteiligte zu 1) diese Genehmigungserklärung namens ihrer drei Kinder, der
Beteiligten zu 2) bis 4) abgegeben hat, war sie dazu von ihnen wirksam bevollmächtigt,
was sich aus der Urkunde vom 29.1.1977 ergibt. Zwar findet sich die
Vollmachtserteilung unter Ziff. I f im ersten Abschnitt der Urkunde, der sich mit der
schenkweisen Übereignung des dem Ehemanne gehörenden hälftigen ideellen
Bruchteils an einem Grundstück in xxx am xxx auf die Ehefrau befaßt. Daraus ist
indessen keine entsprechende Beschränkung der Vollmacht herzuleiten, zumal die
ziffernmäßige Gliederung der Urkunde ersichtlich nicht folgerichtig durchgeführt worden
ist. Entscheidend fällt hier ins Gewicht, daß die Beteiligten zu 2) bis 4), "soweit sie durch
Erbfolge dazu berufen sind", ihre Mutter bevollmächtigt haben, "für sie alle Erklärungen,
die zur Rechtswirksamkeit dieser Urkunde erforderlich sind", abzugeben. Mit diesen
Worten wird, wie die weitere Beschwerde mit Recht geltend macht, eindeutig auf dem
Gesamtinhalt der Urkunde, also auch auf die der Vollmachtsklausel nachfolgenden
Vertragsbestimmungen hingewiesen. Das wird umso deutlicher, als die Vollmacht
ausdrücklich "insbesondere die nachträgliche Genehmigung" beurkundeter Erklärungen
umfassen und sich auf Bewilligungen und Anträge für "Eintragungen jeder Art in das
Grundbuch" erstrecken soll.
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Als empfangsbedürftige Willenserklärung mußte die Genehmigung (§ 177 Abs. 1 BGB) -
die gem. § 132 Abs. 1 BGB entweder dem vollmachtlos handelnden Vertreter oder dem
anderen Vertragsteil, in jedem Falle also der Beteiligten zu 1) gegenüber abzugeben
war - zu ihrer Wirksamkeit dem Erklärungsempfänger zugehen (Erman/Westermann, §
177 BGB Rdn. 11). Daß diese Voraussetzung hier erfüllt ist, begegnet keinen
Bedenken. Soweit die Beteiligte zu 1) dabei die Genehmigungserklärung namens ihrer
drei Kinder als Miterben ihres Ehemannes sich selbst gegenüber abgegeben hat, ist ihr
das darin liegende Selbstkontrahieren in der Urkunde vom 29.1.1977 unter I f gleichfalls
ausdrücklich gestattet worden. Es heißt dort nämlich, im unmittelbaren Anschluß an die
Vollmachtserteilung: "Die Bevollmächtigte ist von den Beschränkungen des § 181 BGB
befreit." Auch diese Klausel ist - entgegen der hierzu vom Landgericht vertretenen
Auffassung - nach ihrer Stellung im Zusammenhang und dem erkennbaren Sinn auf den
Gesamtinhalt der Urkunde zu beziehen, nicht lediglich auf den ersten Vertragsabschnitt
über den hälftigen Grundstücksanteil des
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b) Neben der Genehmigung für das Handeln ohne Vertretungsmacht bedurfte es, wie
das Landgericht zutreffend erkannt hat, der Genehmigung des Selbstkontrahierens der
Beteiligten zu 1) in der Urkunde vom 29.1.1977. Diese Genehmigung konnte, wie eben
zu 2) ausgeführt, gleichfalls von den Erben des Verstorbenen erklärt werden und mußte
- entsprechend dem vorstehend zu a) Gesagten - der Beteiligten zu 1) zugehen.
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Die erwähnte Genehmigungserklärung vom 7.2.1977 spricht allerdings den rechtlichen
Gesichtspunkt des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) nicht ausdrücklich an; sie
beschränkt sich auf den Passus: "genehmigt hiermit alle Erklärungen in der Urkunde ...
vom 29.1.1977 ... und tritt dieser Urkunde in allen Teilen zustimmend bei". Das schließt
jedoch die Annahme einer nachträglichen Gestattung nach § 181 BGB keineswegs aus.
Denn es ist durchaus möglich, daß eine Erklärung, die sich äußerlich nur als eine
einzige Erklärung darstellt, eine Vielzahl von Willenserklärungen enthält, wie etwa bei
der Annahme mehrerer Vertragsangebote durch nur eine Annahmeerklärung. Ob die
Genehmigungserklärung, die sich äußerlich als eine einzige Erklärung darstellt, auch
das Insichgeschäft deckt, läßt sich nur auf Grund einer Auslegung der Erklärung aus
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den Umständen beurteilen. Dabei kommt es auf die Sicht des Erklärungsempfängers an,
weil sich der Inhalt einer empfangsbedürftigen Willenserklärung im Interesse des
rechtsgeschäftlichen Verkehrs nicht nach dem wirklichen Willen des Erklärenden,
sondern danach bestimmt, was auf Grund seiner Erklärung dem Empfänger objektiv als
sein Wille erkennbar wird (Palandt/Heinrichs, § 133 BGB Anm. 4 b m.weit.Nachw.).
Dabei ist das vom Erklärenden verfolgte Interesse, soweit es dem Erklärungsempfänger
erkennbar ist, von besonderer Bedeutung (Erman/ Westermann, § 133 BGB, Rdn. 6
m.weit.Nachw.).
Im vorliegenden Falle ging das Interesse der Beteiligten zu 1) in ihrer Stellung als
Erbteilserwerberin wie auch als Miterbin ihres Mannes erkennbar dahin, dem
Vertragsschluß vom 29.1.1977 unter allen in Betracht kommenden rechtlichen
Gesichtspunkten, soweit erforderlich, durch Genehmigung zur vollen Wirksamkeit zu
verhelfen. Daß hierbei auch an § 181 BGB gedacht worden ist, zeigt die im Vertrag vom
29.1.1977 enthaltene Klausel über die Befreiung der Beteiligten zu 1) von den
Beschränkungen der genannten Vorschrift durch die Beteiligten zu 2) bis 4). Die in
dieser Klausel enthaltenen Worte "soweit sie (nämlich die Beteiligten zu 2) bis 4)) durch
Erbfolge dazu berufen sind", deuten offensichtlich auf die seinerzeit wohl erwartete und
dann auch eingetretene Erbfolge der drei Kinder nach ihrem Vater hin. Für einen
anderen Bezug der erwähnten "Erbfolge" läßt sich der Urkunde vom 29.1.1977 und den
sonstigen vorgelegten Urkunden kein Anhaltspunkt entnehmen.
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Demnach konnte das Grundbuchamt davon ausgehen, daß sich die
Genehmigungserklärung vom 7.2.1977 auch auf das Insichgeschäft der Beteiligten zu 1)
vom 29.1.1977 bezog, daß die Genehmigung durch die erteilte Vollmacht gedeckt war
und daß der Beteiligten zu 1) auch die Vornahme dieses - einseitigen - Rechtsgeschäfts
gegenüber sich selbst gestattet war.
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Insgesamt erbringen die vorgelegten Urkunden den Nachweis, daß der Erbteil des xxx
mit dinglicher Wirkung gem. § 2033 Abs. 1 BGB außerhalb des Grundbuchs auf seine
Ehefrau, die Beteiligte zu 1), übergegangen und das Grundbuch dadurch unrichtig
geworden ist.
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Ein Fall nach § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB ist hier nicht gegeben, wie das Landgericht im
Gegensatz zur Auffassung des Grundbuchrechtspflegers zutreffend ausgeführt hat.
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Da auch kein sonstiges Eintragungshindernis besteht, waren der angefochtene
Beschluß und - auf die Erstbeschwerde hin - die Beschlüsse des Amtsgerichts -
Grundbuchamts - vom 3. und 26. August 1977 aufzuheben und das Grundbuchamt
anzuweisen, die Grundbuchberichtigung antragsgemäß einzutragen.
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Dr. Kuntze
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Saggel
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Arps
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